Erst wollte es niemand machen, dann wollten es alle verhindern, schließlich hieß es, der bekannte Moderator Elton werde anstelle von Jan Böhmermann auftreten, weil Stefan Raab noch für sein Comeback trainieren müsse. Aber es war dann doch das bekannte Duo Joko und Klaas, das sich - letztlich beim Nischensender Welt. TV gelandet - über alle Fernsehkonventionen im politischen Berlin hinwegsetzte und in einer neuen Folge von "Das Duells um die Welt" zeigt, wie es aussehen würde, dürften Faschisten, Nazis und fernsehunerfahrene ostdeutsche Provinzpolitiker im Wahlkampf vor aller Augen aufeinander einteufeln, um Werbung für sich selbst zu betreiben und die politische Konkurrenz als fürchterliches Verderben für Volk und Land zu enttarnen.
Alle feiern einen schönen Sieg
Es ging, dieses Fazit zogen nahezu alle Beobachter nach den gefühlten vier Stunden mit den beiden Standup-Komikern, für alle Seiten gut aus und zugleich in die Hose. Zwar hatten die Drehbuchautoren sowohl Klaas, der als thüringischer Christdemokrat Mario Voigt geschminkt war, als auch Joko, der im enganliegenden Kampfanzug mit silbergrauem Binder den typischen westdeutschen Gymnasialpauker Bernd Höcke darstellen sollte, durchaus glaubwürdige Textflächen auf die Teleprompter gelegt - wenn auch so, dass jeder der beiden Kandidaten wusste, was im Drehbuch des anderen steht.
Trotzdem misslang an diesem Abend, der mit sieben Spielrunden der klassischen ProSieben-Show "Schlag den Raab" folgte, allen beinahe alles. Die "Mettbrötchenschlacht um Thüringen" (Der Spiegel) scheiterte letztlich an den hohen Erwartungen des Publikums. Björn Höcke hatte "Verschwörungsmythen und Abschottungsnationalismus" mitgebracht, Mario Voigt seinen "gediegenen Regionalpatriotismus". Der eine versucht bewusst hinterlistig, die ihm innewohnende Mordlust auf Andersdenkende, Andersglaubende und Zugereiste zu verbergen. Der andere schaut dem mit heruntergezogenen Mundwinkeln zu, als hätten nicht alle genau davor gewarnt.
Es ging zeitweise hoch her, wenn alle durcheinanderredeten. So warb Höcke für mehr soziale Leistungen und höhere Geburtenraten, Voigt hatte sich dafür eine engagierte Verteidigungsrede für die als "Globalisierungsagentur" und "zentralistisches Bürokratenmonster" bezichtigte EU zurechtlegen lassen. Beide Kandidaten reklamierten für sich einen gesunden Nationalismus ohne Ablehnung des Fremden, beiden wiesen den Vorwurf des Hasses zurück, aber nur einer bekannte, die strafbare Wortreihung "Alles für D-Wort" gekannt zu haben, ehe sie der "Spiegel" im vergangenen Jahr hektisch aus einem Kommentar zum - mittlerweile längst vergessenen - "Deutschland-Pakt" strich.
Windige Ausflüchte, falsche Zahlen, Buchenwald und Remigration, es war angerichtet für einen Abend, der das Wagnis einging, dass die kruden Thesen des einen Duellanten draußen an den Empfängern weitere Millionen Menschen willenlos machen. Oder aber dass die Argumente des anderen - "Ich bin demokratisch, Sie sind autoritär" - dafür sorgen, dass sich Wählerinnen und Wähler entsetzt abwenden.
Doch wer gehofft hatte, Höcke werde einen Wirkungstreffer oder gar einen Niederschlag kassieren, wurde ebenso enttäuscht wie der, der erwartete, dass Voigt noch im Fernsehstudio zu Kreuze kriechen und dem fürchterlichen Demagogen das Du und seine Mitarbeit in einem künftigen blau-schwarzen Kabinett anbieten würde. Beide Darsteller belauerten sich. Beide fuhren einander in die Parade. Am Ende aber hätten sich die beiden Kandidaten, die in ihren Rollen sichtlich aufgegangen waren, beinahe wohl herzend in den Arm genommen, glücklich darüber, den Auftritt so gut überstanden zu haben, dass beide als Sieger vom Platz gehen konnten. Waren sie auch, denn im letzten Moment siegte die politische Vernunft über die in der adrenalingeschwängerten Luft liegende Verbrüderung.
Streit der Mett-Ideologien
Unterhaltsam war das, ja, vom Grundsatzstreit um den richtigen Namen für ein Brötchen mit rohem Fleisch, bei dem der Ossi Voigt dem Wessi Höcke mit dem Hinweis in die Mett-Parade fuhr, dass "wir in Thüringen Gehacktes" sagen. Kurz irritiert, gab der Mann, der zahllosen Artikeln zufolge in jedem Beitrag über ihn einmal "Faschist" genannt werden muss, nach. Doch da hatte der vor Jahren aus Groß-Gerau ins grüne Herz Deutschland ausgewanderte Westfale zweifellos schon bei vielen Zuschauern*innen verloren. Keiner von hier. Keiner, den man wählen kann.
Kontrahent Mario Voigt präsentierte sich hingegen als Ostdeutscher, der gerade Sätze zu sagen vermag, nicht immer mit Anfang und Ende, aber durchaus bestimmt. Anfangs gab Klaas seinem CDU-Funktionär aus Jena noch leicht verhuschte Züge, er neigte den Kopf immer wieder, um das kleine Wohlstandskinn des Mittvierzigers zu betonen.
Damit wollte der Demokrat unter den beiden Duellanten unterstreichen, was er verbal an Warnungen mitgebracht hatte: Schon an der Figur des Höcke, asketisch dürr und jeder Freude entwöhnt, so die Botschaft, könne jeder sehen, was Deutschland drohe, sitze der seit vielen Jahren beurlaubte Lehrer erst in der Erfurter Regierungsstraße und betreibe von dort aus den geplanten Austritt aus der EU. "Leere Regale wie in Norwegen, Hungernde auf den Straßen wie in der Schweiz".
Schwierige Spaltungsverhältnisse
Vorteil Voigt, der aufgrund der schwierigen Spaltungsverhältnisse in der Thüringer Wählerschaft nicht ins Studio gekommen war, um zu gewinnen. Voigt reicht es bei der Landtagswahl im Herbst vollkommen, Zweiter zu werden, denn daraus ergäbe sich die Möglichkeit, eine alle dann noch im Landtags vertretenen demokratischen Parteien zu einer Thüringen-Koalition zu vereinen. Höcke hätte dann zwar gesiegt, aber doch verloren - und er weiß das genau, wie sein Auftritt im Welt-Studio zeigte.
Immer wieder versuchte der 52-Jährige, sich selbst zu verharmlosen, er machte Erinnerungslücken über sein Hauptwerk "Nie zweimal in denselben Fluß" geltend und war bestrebt, sich so zur Kamera zu stellen, dass die langen Reißzähne nicht zu sehen sind. Voigt, zu Beginn sichtlich als angespannt und leicht überfordert dargestellt, musste manchmal ob der Bemühungen seines "Kollegen" (Höcke) schmunzeln.
Biedermann gegen Brandstifter
Abschrecken, dämonisieren, Masken vom Gesicht reißen und den Biedermann als Wiedergänger von Hitler zeigen, der es darauf anlegt, sich ein Europa untertan zu machen und es als ein Weltreich zu führen - das war eines der Ziele, die Höcke gehabt haben mag, als er den bekennenden EU-Fan Voigt zum Duell um die Welt aufforderte. Beobachter hatten den Spitzenkandidaten der CDU, die die letzte Landtagswahl erst nach einer beherzten Intervention aus dem Kanzleramt in Berlin für sich hatte entscheiden können, vor einer direkten Begegnung mit dem nachgewiesenermaßen radikalisierten Rechtsaußenextremisten gewarnt. Höcke sei unberechenbar, er könne jederzeit die Art russischer oder anderer rechtsextremer Parolen verbreiten, mit denen seine Partei es seit Jahren schafft, sich Wähler trotz aller Warnungen derer, die es besser wissen, fügsam zu machen.
Doch um Ministerpräsident werden zu können, musste Mario Voigt das Unerhörte, das Tollkühne wagen und mit Höcke in den Ring steigen. Noch sitzt ihm der derzeitige Amtsinhaber Bodo Ramelow mit seiner Linkspartei im Nacken, wenig nur bräuchte es für ein Weiterso in Erfurt, wo seit Jahren schon ohne Mehrheit regiert wird. Insoweit sind nach dem großen Fernsehexperiment mit den beiden letztlich grandios in ihren Rollen aufgegangenen Comedy-Giganten alle Chancen für die Landtagswahl 2024 intakt: Der eine wird dann am Ende vermutlich die Wahl gewinnen, der andere als Sieger vom Platz gehen und Ministerpräsident werden.
6 Kommentare:
Geschenkt, die Klugscheixxerei auf Pipi, aber so etwas von. Hätte, hätte, Fahradkette. Wenn geschickt und ganz gezielt auf die nun einmal gegebene physiologische Blödheit der Masse "aufgepfropft" wird, ist der Erfolg sicher.
Das wird nix mehr hier.
Egal, unerwünschte Wahlergebnisse in den Ländern werden in Berlin korrigiert. Gibt ja schon wieder Gedankenspiele.
'Es muss demokratisch aussehen.'
-olle Walter
Die Bürgermeisterwahl von Großschirma, bei der sich der AfD-Politiker Rolf Weigand (39) durchgesetzt hatte, ist für ungültig erklärt worden.
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Nein, nicht olle Walter.
Es seien mehrere Verstöße gegen westliche Wahlvorschriften festgestellt worden.
Die Kommunalaufsicht
Leiterin: kommissarisch Kristin Lippmann
keinen fußbreit!
OT
Hadmut öfter mal recht ergötzlich:
Der am Ende genannte Verweis auf die Frage 21277 bringt noch hervor, dass Geschlechtsanpassungsoperationen schlicht nicht erlaubt sind und als Verstoß gegen Allahs Werk betrachtet werden.
Frage 6285 stellt dagen klar, dass sich Schwule und Lesben keinesfalls darauf berufen können, so geboren zu sein, und damit als Allahs Werk respektiert werden könnten. Es fehle schon an der Glaubwürdigkeit, und Allah habe auch keine solche Baureihe aufgelegt.
Zusammenfassend kann man sagen: Queer haram. Das wäre also geklärt. Der Gender-Kram ist Satans Werk. (War mir eigentlich schon klar, als ich gewisse Gender-Professorinnen gesehen habe.)
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Nur: Es ergötzt lediglich. Nützen tut es gar nichts.
Kristin Lippmann ...
Der Vorname klingt christlich, aber das ist auch bei (((Christian Rakowski))) der Fall. Der Nachname - nun ja, nun Gott, nun ja ... Eingeräumt: Man kann alles übertreiben.
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