Sieht harmlos aus, doch für eine "zweite Meinung" besteht eigentlich kein Bedarf. |
Kanada ist dabei, auf inständige Bitten der Bürgerinnen und Bürger für mehr Schutz vor fremden Ansichten zu reagieren. Mit einem neuen Gesetz gegen schädliche Inhalte im Internet soll die Meinungsfreiheit im Musterland für das andere Amerika umfassend geordnet und gesittet neu gestaltet werden. Das BILL C-63 genannte Gesetz ermöglicht zum Beispiel lebenslange Haft für Online-Äußerungen, darunter versteht der kanadische Gesetzgeber nicht nur soziale Netzwerke, sondern auch Messenger, Video-Streaming und Erotik-Angebote.
Milde Hassverbrechen
Wie es sich der Citizens' Assembly on Democratic Expression (Bürgerrat zur Meinungsfreiheit) gewünscht hatte, entsteht auch eine neue Behörde, die weiterreichende Befugnisse als das deutsche Bundesblogampelamt (BBAA) im mecklenburgischen Warin sie besitzt: Die Digitale Safety Commission kann die Zensur von Inhalten direkt anordnen, Rechner und Server durchsuchen, hohe Bußgelder verhängen und alle durch sie regulierten Plattformen verpflichten, ihren Mitarbeitern Zugang zu sämtlichen Datenbeständen inklusive Nutzerdaten zu geben.
Verstöße werden hart geahndet: Schon bei sogenannten "milderen Hass-Vergehen" drohen bis zu fünf Jahren Gefängnis. Wer digitale Meinungsverbrechen begeht, denen als "Motiv der Hasses für bestimmte Eigenschaften" zugrundeliegt (heise.de), wandert lebenslang hinter Gitter. Ein Vorbild, das in Deutschland wenig Aufsehen erregt hat. Kaum eine Notiz findet sich zu den Plänen der kanadischen Regierung in den Leitmedien, die den Deutschen ihr Bild von der Welt malen. Einzig das Ströer-Werbeportal Giga erwähnt die "neuen Gesetze, um gegen die negativen Auswirkungen des Internets vorzugehen".
Plötzlich harsche Kritik
Harsche Kritik von denen, die ansonsten üblicherweise Kritiker kritisieren, bekommt dafür die schottische Regierung, die vergleichsweise zahme Maßnahmen zur Verhinderung von verbalen Übergriffen im Digitalen beschlossen hat. Von "schlechten Nachrichten für die Redefreiheit" schwadroniert die "Zeit", eine "umstrittene Regelung" will die direkt aus dem Bundeshaushalt finanzierte Deutsche Welle entdeckt haben. Der "Spiegel" ordnet wenigstens noch ein, dass die "Harry Potter-Autorin J.K. Rowling" verantwortlich dafür sei, dass im seit dem Brexit eigentlich mit der EU verbündeten Schottland Streit um das neue Hass-Gesetz ausgebrochen ist.
Doch der Tenor ist bedenkenschwer: "Wo enden provokative Meinungen, und wo fängt strafbarer Schüren von Hass an?", fragt Zeit-Kommentäter Jochen Bittner ins Leere. Eine Frage, die in Deutschland nicht erst offen ist, seit die Bundesregierung Hohn zum neuen Hass erklärt hat und auch nicht-strafbare Äußerungen für verfassungsschutzrechtlich relevant. Schon Heiko Maas, der den "Hass im Netz" (®© BWHF) vor vielen Jahren entdeckte, mit dem NetzDG ein Gesetz dagegen schreiben ließ und eine ganze Hassbekämpfungsinfrastruktur schuf, musste noch vor seinem Rückzug ins Privatleben feststellen, dass niemand nichts meldete, jedenfalls nicht einmal annähernd in den Größenordnungen, auf die die Hassbekämpfer gehofft hatten.
Statt 250.000 jährlicher Meldungen, aus denen sich mit gutem Willen und den eingeplanten 200 Beamten der Mouse-Police zum Start etwa 150.000 Strafverfahren hätten machen lassen sollen, gingen nur 1.950 ein. Auch später wurde es kaum mehr. Mittlerweile haben auch die eifrigsten Verfechter strenger Regeln die Berichterstattung zum Thema gänzlich eingestellt. Der Aufwand lohnt keine Mühe, keine Zeile. Und Meldungen über die desaströse Bilanz der behördlichen Hass-Bemühungen würden doch wieder nur Zweifel bei berühmten "Falschen" wecken.
Gute deutsche Praxis
Warum aber die deutsche Praxis infrage stellen, wenn es doch in Schottland Regeln gibt, die die Behauptung, es gebe nur zwei Geschlechter oder der Islam sei gar keine Religion des Friedens aus dem Bereich der freien Meinungsäußerung in der Verbreitung falscher Fakten sortieren wie es der "Hate Crime and Public Order Act" tut? Schottland liegt in sicherer Entfernung, ein mutiger Kommentar mit der Frage, wo denn nun eigentlich "anstößige, spitze und provokative Meinungen" enden, "und wo fängt dieses strafbare Hass-Schüren an" kann kaum den Verdacht erregen, hier gehe es darum, gezielt unterhalb der Strafbarkeitsgrenze zu bleiben, um die vom Staat so großzügig gewährten Freiheiten zur Verbrfeitung von "unzulässigen nicht-strafbaren Äußerungen" (Thomas Haldenwang) zu missbrauchen.
Der Mut wächst mit dem Quadrat der Entfernung zum Gegner, dafür gibt es zahllose prominente Zeugen. Der verfassungsschutzrelevanten Delegitimation schottischer Parlamentsbeschlüsse kann sich ein deutscher Kritiker selbst mit der Behauptung nicht schuldig machen, dass die in Edinburgh gegen "Hate Crime" aufgebaute "Meldeinfrastruktur Anreize für Anzeigen" schaffe oder dass ein "Strafrecht, das die Redefreiheit beschneidet, maximal präzise und chirurgisch vorgehen" müsse.
Freund der Meinungsfreiheit
Jochen Bittner, ein eingeschworener Freund der Meinungsfreiheit, seit er 2018 Hymnen auf die Maas-Regeln gesungen hatte, glaubte damals nicht "einer eigentümlichen Allianz aus AfD und FDP, Grünen und Linken", die nicht einsehen wollten, dass gewisse Verbote helfen "Netz zu zivilisieren" (Bittner). Er widersprach den "Konzern-Lobbyisten und Netz-Aktivisten", die warnten, dass Deutschland mit den Maas-Regeln kein freies Land mehr sein werde, sondern eines, in dem die Meinungsfreiheit unterdrückt wird. Der Mann war auf der Höhe der "Zeit" und beruhigte die Ängstlichen: Niemand müsse fürchten, sich "mit Äußerungen zu umstrittenen Themen ins Unrecht zu setzen". Erst jetzt bekomme er ja "den Schutz der Meinungsfreiheit" in echt und ganzer Größe.
Nur in Schottland nicht. Dort, vermutet der Experte, wüchsen nun zweifellos Zweifel darüber, was man überhaupt noch sagen dürfe. Dann aber sage man "lieber weniger". Und das "schadet nicht nur dem gesellschaftlichen Fortschritt, sondern auch der liberalen Demokratie". Auf einmal ist sie da, irgendwo im Hochland, den Schottenrock um die Schenkel, diese "abschreckende Wirkung", der eintritt, wenn niemand nichts Genaues weiß, aber alle fürchten, dass immer mehr Äußerungen unter Hassverdacht stehen.
Hate to go
Schottland hat von Deutschland gelernt, wie "wichtige Trennlinie" zwischen verboten und strafbar und erlaubt und nicht strafbar einfach nicht gezogen werden, so dass jeder seine Äußerungen danach ausrichtet, was schlimmstenfalls geschehen könnte. 400 Meldestellen für mutmaßliche Fälle von Hass hat die schottische Regierung eingerichtet, "in Einkaufsstraßen, Universitäten, Rathäusern und Cafés". Hate to go als Methode, die auch in Deutschland zu endlich brauchbaren Meldezahlen von Hassverbrechen beitragen könnten.
Statt das Positive zu sehen und zu schauen, ob Deutschland nicht auch "jede Straftat, die aus Sicht des Opfers oder irgendeiner anderen Person (ganz oder zum Teil) motiviert ist durch Boshaftigkeit oder Böswilligkeit gegenüber einer sozialen Gruppe" als Hassverbrechen definieren könnte, so dass die endgültige Entscheidung darüber, was Hass ist, nicht mehr bei dem liegt, der hasst, sondern bei dem, der meint, gehasst zu werden, wird bei der "Zeit" eine "Redefreiheit" propagiert, die "nicht nur das Anstößige, sondern auch das Irritierende, das Umstrittene, das Exzentrische, das Häretische, das Unwillkommene und das Provokative" umfasst, "vorausgesetzt, es provoziert keine Gewalt".
Die Schotten müssten wissen, dass die "Freiheit, nur unanstößig zu reden", es "nicht wert ist, dass man sie hat."
Der flammende Appell ist auf Deutsch.
3 Kommentare:
Das sei den oberflächlichen Geistern aufs Brot geschmiert, die da meinen, "wir" hätten den ersten Platz in Untertanenmentalität und kollektiver Blödheit inne. (Der Pipifax "Metaspawn" will gar nach Kanadesien auswandern.)
Und, unseren Hebräophilen seien nochmals die ach so gefälschten Protokolle ans Herzl gelegt, desgleichen die Rakowski-Protokolle. Möglich übrigens, dass beide nicht sind, was sie vorgeben zu sein, sondern ebenso zynische wie zutreffende Kommentare zum Zeitgeschehen - das Kriterium der Wahrheit ist bekanntlich die Praxis.
Guckst Du bei Danisch:
Tobias Singelnstein ...
Hier macht sich wohl so mancher ins Hemde, ob aus, allerdings verständlicher, Vorsicht, oder wegen Stockholm-Syndrom, lasse ich mal offen.
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