Mittwoch, 13. August 2025

Ritterliche Bundeswehr: Ohne Drohne auf dem Feld der Ehre

Bundeswehr, Weltraumkommando, Drohnenflotte, Boris Pistorius, Zeitenwende, Leopard-Panzer, Friedensdividende
Die Bundeswehr hat ein Weltraumkommando, aber keine Drohnenflotte. Auf moderne Kriegführung ist das neue Massenheer von Boris Pistorius nicht eingerichtet.  

Ob der drohende Frieden wirklich kommt, mit Friedhofsruhe an der Ostfront, oder ob sich die Europäer mit ihrer Forderung an den US-Präsidenten durchsetzen, das Völkerringen an der Ostflanke nicht ausgerechnet jetzt zu beenden, wo die EU beschlossen hat, die Ukrainer weiterhin bei ihrem Verteidigungskampf zu unterstützen, weiß niemand.  Trump agiert ohne Absprache und Rückendeckung, seine Verbündeten müssen wie ihre Feinde Rätselraten, was genau er bezweckt und wie sie sich taktisch am klügsten verhalten, um ihn nicht zu verärgern.  

Leben von der Friedensdividende 

Es hängt viel davon  ab, dass das gelingt, gerade für das alte Europa, den Kontinent, der sich darauf eingerichtet hatte, bis in alle Ewigkeit von der Friedensdividende der 90er Jahre zu leben. Keine Rüstung mehr, nur noch symbolische Armee.  Die Heere in der Produktion, wo sie fleißig Maschinen, Anlagen und Markenware für die ganze Welt produzierten. Der Mechanismus der Weltwirtschaft war ein einfacher: Deutschland und China lieferten Dinge, die USA kaufen sie mit Geld, das sie sich von den beiden Lieferländern geborgt hatten, denn die verfügten dank ihrer Exportüberschüsse über jede Menge davon. China bekam im Gegenzug US-Investitionen. Europa bekam militärischen Schutz.

Ein Modell, das der russische Angriff auf die Ukraine nachhaltig zerstörte, ehe es der neue US-Präsident Donald Trump in den Abfalleimer der Geschichte warf. Seine Überkapazitäten würde China, so hofften die Europäer, künftig dazu nutzen, die EU preisgünstig zu versorgen. Die eigenen aber würden umgestellt auf Waffen, Munition, Panzer und Raketen. 

Im stählernen Stachelschwein 

Das "stählerne Stachelschwein", das die frühere deutsche Verteidigungsministerin  Ursula von der Leyen als EU-Chefin zum Leitbild ausgerufen hatte, es würde ganz und gar europäisch gerüstet sein. "Re-armed", wie es die Frau nennt, die aus den seinerzeit noch kampftauglichen Resten der Bundeswehr eine Trachtentruppe gemacht hatte, die kaum mehr über zwei Bataillone in Stiefeln  verfügte.

Das muss jetzt alles anders werden. Nicht seit dem russischen Überfall auf die Ukraine, sondern seit dem amerikanischen Überfall auf den ukrainischen Präsidenten im Weißen Haus ist wirklich Zeitenwende. Boris Pistorius, ein ehemaliger Gefreiter, marschiert voran. Sein Ziel ist es, die deutschen Streitkräfte bis zum erwarteten Angriff der Russen im Zeitraum 2028 bis 2030 massiv auszurüsten. Für bis zu 25 Milliarden Euro sollen neue Panzer und Fahrzeuge bestellt werden. Der Wirtschaftsdienst "Bloomberg" hat aus den Investitionssummen, mit denen Pistorius plant, die Anschaffung von 1.000 Leopard-2-Panzer und 2.500 Kampffahrzeugen errechnet. 

Das Weltraumkommando zu Fuß 

Mehrere neue Nato-Brigaden seien auszurüsten, sieben soll Deutschland bis 2035 stellen. Im Jahr 2021 hat Deutschland zugesagt, bis 2030 zehn Einheiten zu je 5.000 Soldaten kampfbereit zu machen. Acht sind zumindest auf dem Papier so weit, die Rumpftruppe der neunten steht in Litauen auf, sie soll ab 2027 gefechtsbereit sein. 

Auf der Hardthöhe, von der aus die Bundeswehr im kalten Krieg schon ihre Beteiligung an einem denkbaren Dritten Weltkrieg geplant hatte, wird der Begriff bis heute traditionsbewusst verstanden. Das Verteidigungsministerium hat sich zwar bereits vor zwei Jahren ein eigenes "Weltraumkommando" zugelegt. Doch das muss mangels deutscher und europäischer Raumflugkapazitäten noch auf unabsehbare Zeit weiter als Kostümeinheit exerzieren.

Der letzte Versuch, 80 Jahre nach der ersten V2 wieder ein Geschoss bis ins Weltall zu bringen, war im Frühjahr tragisch gescheitert. Zuvor schon hatte sich die neue "Ariane" als Rohrkrepierer erwiesen. Boris Pistorius setzt deshalb auf Waffen, die am Boden bleiben: Leopard-Panzer und Boxer-Schützenpanzer, hergestellt von Rheinmetall und KDNS, rollen gegen den in der Ukraine zu beobachtenden Trend an, Kriege ferngesteuert mit Drohnen zu führen. 

Deutschland braucht keine Drohnen  

Diese unbemannten und vielfältig einsetzbaren Flugkörper haben sich an der Ostflanke als Hauptwaffe für alle Einsatzfälle entpuppt. Sowohl die Ukraine als auch Russland setzen kleine, größere und ganz große Drohnen zur Aufklärung ein, im Luftkampf und zur Bekämpfung von Bodenziele. Die billig, aber massenhaft hergestellten Flieger sind als Kamikaze-Drohnen im Einsatz und als Ersatz für Aufklärungstrupps. Die beiden kriegsführenden Seiten setzten täglich hunderte Drohnen ein, große Fabriken liefern einen nie nachlassenden Strom an Ersatzflugkörpern, die beständig verbessert werden. Ohne Drohnen, so sagen Soldaten auf beiden Seiten, wäre dieser Krieg nicht zu führen. Die Seite, die keine einsetzen würde, hätte ihn binnen weniger Wochen verloren.

Das sind Nachrichten, die im deutschen Verteidigungsministerium skeptisch betrachtet werden. Hier, wo der moderne Panzerkrieg erfunden wurde, mag sich heute noch niemand vorstellen, dass der nächste Krieg mit dem Joystick oder gar automatisch von Künstlicher Intelligenz geführt wird. Mit einem Verteidigungshaushalt von aktuell 62,43 Milliarden Euro hat sich die Bundeswehr bisher rund 600 Drohnen zugelegt. Nicht alle gehören ihr, viele sind geleast. 

Unmoralischer Fernkrieg 

Die meisten sind unbewaffnet, weil Grüne und SPD den ferngesteuerten Krieg für unmoralisch halten - aus Sicht der beiden Parteizentralen müssen in einem ehrlichen Kampf Soldaten Mann gegen Mann antreten, es muss Blut fließen und Menschen müssen aus Gründen von Moral und Völkerrecht zahlreich sterben.

Unter dem Druck der Frontlage sind die völkerrechtlichen, verfassungsrechtlichen und ethischen Bedenken gegen eine Kriegsführung  nach der Art des 21. Jahrhunderts zwar vollkommen verstummt. Doch ungeachtet dessen halten die deutschen Kriegsplaner an der romantischen Vorstellung fest, dass der Abwehrkampf gegen die 2028 oder spätestens 2030 angreifenden Russenheere mit ihren klapprigen Restbeständen an fehlender Munition, kaputten Panzern und Rollstuhlsoldaten wie gehabt auf dem Feld der Ehre geführt wird. 

Ehrlich Mann gegen Mann 

Aus dem Panzer und dem Schützenloch, in der Luft geschützt von den Urenkeln des roten Barons in  35 brandneuen Kampfjets des Typs Lockheed Martin F-35A Lightning II, die planmäßig ab 2026 2027 geliefert werden, soll der Endkampf gegen den Aggressor stattfinden. Allen aktuellen Plänen zufolge sind für das kommende Jahr 82,69 Milliarden Euro an Rüstungsausgaben eingeplant, für 2027 93,35 Milliarden Euro und für das Jahr 2028 sogar 136,48 Milliarden Euro. Doch der Kampfwert von Drohnen erscheint den Pistorius' Einsatzplanern weiterhin so zweifelhaft, dass die Bundeswehr  zunächst nur in kleinem Maßstab Drohnen anschaffen wird, um selbst zu testen, ob es stimmt, dass Drohnen die Kriegsführung revolutioniert haben. 

Nur nichts übers Knie brechen. Und nicht einem regelrechten Hype folgen, der in einem Bereich stattfindet, in dem die Bundeswehr vor mehreren Jahrzehnten weltweit führend war, ehe die Truppenplaner beschlossen, dass deutsche Soldaten ehrlich kämpfen und "der beklagenswerte Ausstattungsstand der deutschen Streitkräfte" (hartpunkt.de) auf diesen Bereich ausgeweitet werden muss. 

Allen Zeitenwenden zum Trotz 

Allen Zeitenwenden zum Trotz hielt die alte und hält auch die neue Bundesregierung, bekannt geworden für die Vielzahl in kürzester Zeit gebrochener Versprechen, in diesem Bereich Kurs: Bei Waffenkäufen wird aufs Tempo gedrückt, doch um gegen die russische Bedrohung gewappnet zu sein, stattet die Bundesregierung die deutschen Verteidiger ausschließlich mit den Waffen aus, die vor 84 Jahren erfolgreich beim deutschen Vormarsch Richtung Moskau eingesetzt wurden. 

Eines Tages sollen zwar "alle deutschen Soldaten Drohnen einsetzen" können. Bisher aber dienen die beiden einzigen Verträge zur Belieferung der Truppe mit sogenannten Kamikaze-Drohnen allein dem Erprobungsbetrieb -  im Unterschied zu anderen Streitkräften ist die deutsche Armeeführung noch keineswegs überzeugt davon, es hier mit der wichtigsten Waffe der Zukunft zu tun zu haben. 

Die technologische Revolution der Kriegsführung führt in Deutschland nicht zur Gründung einer neuen Waffengattung und nicht einmal zur Ausstattung der bestehenden Teilstreitkräfte mit bewaffneten Drohnen und Drohnen zur Drohnenabwehr.

Ritterlich in den nächsten Krieg 

In den nächsten Krieg, der allen Planungen der obersten Heeresführung zufolge nur noch 36 Monate entfernt liegt, wird die Bundeswehr wie gehabt in Panzer und Schützenpanzer in die Schlacht ziehen, als hochmoderne Truppe daran erkennbar, dass diesmal keine Pferdefuhrwerke mehr eingesetzt werden. Offen und ehrlich und Mann gegen Mann, so ritterlich plant Deutschland das Abendland zu verteidigen, ohne neugierige Blicke von oben auf die eingegrabenen und verbunkerten Stellungen des Gegners und ohne hinterlistige Angriffe bewaffneter Drohnen.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

OT
SPD-Ministerpräsident Woidke setzt auf inhaltliche Auseinandersetzung mit AfD ...

Warum nicht? Könnte klappen. Mit "UNSERER historischen Verantwortung" hat die "AfD" doch schon mal einen Anfang gemacht.

Anonym hat gesagt…

Schätze, dass man 15 Jahre lang für 50 Milliarden Euro eine ethische Eurodrohne entwickeln wird. Falls das schiefgeht, wird die ukrainische Drohnenbastelindustrie für ein paar Euro extra ein paar Container mit so Dingern rüberschicken.

Der lachende Mann hat gesagt…


"SPD-Ministerpräsident Woidke setzt auf inhaltliche Auseinandersetzung mit AfD ..."
Wenn das so ist, brauchte er doch nicht dem "Verfassungsschutz" Brandenburg, dem gegenüber er weisungsberechtigt ist, den Befehl zu geben, die AfD als gesichert rechtsextrem zu verleumden.