Dienstag, 18. Januar 2011

Verbot der Woche: Schwuchtelpop und dürrer Rock

Das macht Mut, das baut auf, das zeigt, dass jedermann die Freiheit schätzen lernen kann, auch wenn sie nie perfekt ist. Sie kann es immer noch werden, glauben Kanadas Medienaufseher, die jetzt in einer auch für Deutschland richtungsweisenden Entscheidung beschlossen haben, den alten Dire-Straits-Hit "Money for Nothing" zu verbieten. Nur 25 Jahre nach der Erstveröffentlichung des Liedes, das auf einem für Dire-Straits-Verhältnisse recht rockigem Riff ruht, war aufgefallen, dass Mark Knopfler im Text das Wort "Faggots" singt - auf deutsch "Schwuchtel". Damit habe sich das Stück für die PPQ-Initiative "Verbot der Woche" qualifiziert, teilte die Medienaufsicht in Kanada mit.

Ein Hörer in Neufundland, wo den Menschen im Winter bis heute nicht viel anderes übrigbleibt als Radio zu hören, hatte die seit mehreren Jahren aufgelöste englische Popband angezeigt. Mit Erfolg: Der Text sei "nicht akzeptabel", da er gegen die ethischen Normen und die Menschenrechts-Klausel der Canadian Association of Broadcasters verstoße. Damit darf "Money for Nothing", ein früher Klagegesang gegen die Finanzkrise, die SPD und die Machenschaften von Managern mit Multimillioneneinkommen landesweit nicht mehr im Radio gesendet werden.

Während Dire Straits-Keyboarder Guy Fletcher die Entscheidung kritisierte und sie "eine Verschwendung von Papier" nannte, weil Texter Knopfler die betreffenden drei Zeilen im Lied "in der Rolle und der der realen alltäglichen Straße blöder amerikanischer Arbeiter" singe, fordern Menschenrechtsverbände ein schnelles Nachziehen der deutschen Behörden. Vor allem die rheinische Gruppe BAP falle immer wieder dadurch auf, dass sie mit einer Version des Dire-Straits-Klassikers zum Hass aufwiegele, in dem die offenbar wörtlich übersetzten Zeilen "Schau da der Schwule mit dem Ohrring und dem Make up – das kann ich auch noch, Karl, das ist nicht schwer. Der kleine Schwule da – ein Schwuler mit Privatjet! Der kleine Schwule da ist ein Millionär!" vorkommen. Aller paar Jahre fänden sich öffentlich-rechtliche Medienmanager überdies bereit, Konzertmitschnitte des menschenverachtenden Liedes im Fernsehen auszustrahlen. Diese Gefahr drohe auch demnächst wieder, wenn die Kapelle um den Text-Übersetzer Wolfgang Niedecken ihr 35. Jubiläum feiere. Unweigerlich würde wieder zum Hass aufgestachelt, wenn alte Rockpalast-Mitschnitte mit der Schwulenhetze über den Sender gingen, fürchten Betroffene, denen das Urteil aus Kanada Mut gemacht hat, nach Jahrzehnten stillen Leidens mit ihrer Angst an die Öffentlichkeit zu gehen.

Sie sind nicht die einzigen. Obwohl die Dire Straits noch versuchen, ihr moralisches Versagen mit dem Argument zu entschuldigen, ein Urteil wie das kanadische sage "ziemlich viel über die Gesellschaft, in der wir leben" aus, regt sich auch Widerstand gegen andere unmoralische Rockmusiktexte. Das auf höhergewichtige Mitmenschen zielende "na, du fette Sau" des Hamburger Armani-Rockers Müller-Westernhagen gehöre genauso auf den Prüfstand einer Bundestags-Enquette-Komission wie die Andersliebende verunglimpfende Nummer "Schwule Mädchen" von der Sprechgesangsformation "Fettes Brot" und die gegen homosexuelle Untergewichtige gerichtete Katy Perry-Schmuddelhetze "Your so gay".

Zur bürgerschaftlich engagierten Reihe Verbot der Woche

2 Kommentare:

VolkerStramm hat gesagt…

Es ist ja alles noch viel schlimmer.
Wann wird endlich Sailor verboten, besonders deren rassitoid-faschistische Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften?

derherold hat gesagt…

Für derartige Entlarvungen soll an Zivilcouragierte demnächst die *Rob Gayford-Medaille* vergeben werden ... statt Geld-, gibt es einen Sachpreis: einen Nieten-/Lack-/Leder-Anzug.

... you don't know what it's like, you don't have a clue
if you did you'd find yourselves doing the same thing too ...