Montag, 17. März 2025

Großkurskorrektur: Kalter Kulturkrieg

Amtliche Gewissheiten sind dazu da, verteidigt zu werden, bis es Zeit ist, klarzustellen, dass sie nie verteidigt worden sind.

Pünktlich zum Jahrestag war alles anders. Mit einem Schlag stehen eherne Gewissheiten auf dem Spiel, Verantwortliche, die nur versucht hatten, Informationen vor der Bevölkerung zu schützen, sitzen auf einer virtuellen Anklagebank, vorgeführt ausgerechnet von denen, auf die sie sich drei Jahre lang hatten blind verlassen können. Von einem Augenblick zum anderen werden staatliche Behörden als Waffe gegen staatliche Institutionen verwendet. Sensationsgier besiegt die Pflicht zu verantwortungsvoller Berichterstattung über ehemals notwendige und unumgängliche Schritte aus der Pandemie.

Plötzlich soll alles ganz anders gewesen sein. Plötzlich stehen Leugner als Wahrsager da und Warner müssen sich frech fragen lassen, warum sie nicht nur verschwiegen haben, was sie wussten, sondern die, die darüber sprechen wollten, in eine Ecke schoben, wo niemand mehr mit ihnen Kontakt aufnehmen sollte.

Der Medienpsychologe Hans Achtelbuscher forscht seit Jahren an Phänomenen der medialen Demenz, an Großkurskorrekturen bei Gemeinsinnsendern und dem immer wieder auftretenden Effekt des Herdentriebs. Im Gespräch mit PPQ beschreibt der Experte für Sprachregelungsmechanismen, wie sich  subkutane Wünsche auf die berichterstattete Realität auswirken - und weshalb der Begriff "Verschwörungserzählung" wichtiger Teil einer Wirklichkeitsbegradigung wurde.

PPQ: Herr Achtelbuscher, lassen Sie uns nicht bei der akut auftretenden Laborthese anfangen, sondern bei Elon Musk. 

Achtelbuscher: Das ist immer ein Thema, immer gut. Also bitte. Ich dachte zwar, wir sprechen über Corona und die auf einmal so virulente Laborvermutung, aber mir soll es recht sein.

PPQ: Wir kommen dahin, versprochen. Zuerst aber Musk. Als der Tesla-Chef begann, sich für Donald Trump stark zu machen, war man sich in Deutschland ja weitgehend einig. Als reichster Mann der Welt tat er das, um seinen Reichtum und seinen Einfluss zu mehren, das lag auf der Hand. Auch die Aufgabe bei seinem DOGE-Department sollte diesen Erklärungen nach einzig der Ausweitung der eigenen Macht dienen. Schauen wir im Augenblick aber...

Achtelbuscher: Ha, ich weiß, was Sie meinen. Seit November hat Musk nahezu die Hälfte seines Vermögens verloren. Die Verkaufszahlen bei Tesla sind eingebrochen, die Gegner des erratischen Firmeneigners machen Jagd auf Tesla-Fahrer, es gibt Boykottaufrufe. Sie möchten wissen, wie Musk auf diese Weise seine Macht und seine Vermögen mehrt.

PPQ: Das ist die Frage.

Achtelbuscher: Natürlich gar nicht. Er hat an allem verloren, an Geld, an Ruf, an Bewunderung, die es ja durchaus gab. Und lassen Sie es mich so sagen: Wer sich sehenden Auges als Feldherr in einen solchen kalten Kulturkrieg begibt, der weiß vorher, dass er dafür einen Preis wird zahlen müssen. Denn die Kräfte, mit denen sich Musk da angelegt haben, sind ja nicht weg gewesen, nachdem Trump ins Weiße Haus eingezogen ist. Sie stehen immer noch für fast die Hälfte der Amerikaner, nach dieser epischen Niederlage von Frau Harris konsterniert, aber da kommt eine Figur wie Musk natürlich  gerade recht.

PPQ: Als Feindbild?

Achtelbuscher: Als Feindbild, genau. Mit ihm lässt sich mobilisieren, also gegen ihn. Er gibt eine Zielscheibe ab, auf die es sich zu schießen lohnt.

PPQ: Das einzige störende Detail daran ist, dass die Behauptungen, Musk tue das alles, weil er noch mehr Geld und Macht wollte, sich als Fake News herausgestellt haben. Waren denn die, die das behauptet haben, wirklich der Ansicht, das sei das Ziel?

Achtelbuscher: Davon gehe ich aus. Sehen Sie, es ist für einen echten Linken vollkommen außerhalb jeder Vorstellung, dass Menschen etwas tun, ohne daraus selbst einen Nutzen zu ziehen. Die letzten Linken, die ihre Sache um der Sache willen verfolgt haben, waren Marx und mit Abstrichen Friedrich Engels. Danach hat jeder Linke mit dem Ruf nach Freiheit, Sozialismus und Frieden immer die Vorstellung verbunden, dass er dann das Sagen haben werde. Daraus ergibt sich ein Blick auf  Typen wie Elon Musk oder Donald Trump, der aus demselben Reflex erklärbar ist. Niemand, der entsprechend sozialisiert ist und sich als echter Linker fühlt, traut Menschen zu, dass sie das, was sie tun, aus innerer Überzeugung tun.

PPQ: Das ist eine böse Unterstellung. Lässt sich das denn belegen?

Achtelbuscher: Diese linke Lesart ist in der Literatur vielmals beschrieben worden. Sie lautet, dass politische Gegner immer hoffen, sich persönliche Vorteile verschaffen zu können, wie man das selbst erhofft. Der reichste Mann kann als nur noch reicher werden wollen und der mächtigste noch mächtiger. Einem Musk zuzutrauen, dass er den Staat verschlanken will, um ihn zukunftsfest zu machen, oder Donald Trump zuzugestehen, dass er den Ukrainekrieg beenden möchte, weil ihm Krieg an sich zuwider ist, ist aus diesem Winkel betrachtet unmöglich. Jede Vorstellung, dass diese beiden aufgrund bestimmter Überlegungen, die nichts mit ihrem privaten Reichtum oder Ihrem privaten Fortkommen zu tun haben , handeln, wie sie handeln, verbietet sich. So denkt ein Linker nicht, weil bei einem Linken stets der Eigennutz im Mittelpunkt steht, wenn er nach Gerechtigkeit und Solidarität ruft.

PPQ: Es handelt sich bei den vorab aufgemachten Vorwürfen also um eine dieser berüchtigten Verschwörungserzählungen?

Achtelbuscher: Sehen Sie, jetzt sind Sie selbst in die Falle gegangen.

PPQ: Falle? Wieso?

Achtelbuscher: Kennen Sie denn die Genese des Begriffes, den Sie eben verwendet haben? Verschwörungserzählung?

PPQ: Sagt man das nicht so?

Achtelbuscher: Heute schon, aber um zu verstehen, worum es sich dabei handelt, müssen wir ein wenig zurückschauen. Sehen Sie, den ,Verschwörungserzählung' gab es vor fünf Jahren ja noch gar nicht.  Damals waren das ,Verschwörungstheorien', das war allgemein bekannt, jeder hatte schon einmal eine gehört oder einen großen Kino-Film über die Kennedy-Ermordung oder die Mondlandung gesehen. Das war für viele amüsant, mit dem Gedanken zu spielen, dass hinter der Realität noch eine verborgene  zweite Realität stecken könnte, in der die Bilderberger das Schicksal bestimmen und, vielleicht kennen Sie die auch, Echsenmenschen irgendwelche absurden Rituale vollführen, um Chemtrails zu beschwören.

PPQ: Jetzt verharmlosen Sie aber kräftig.

Achtelbuscher: Keineswegs. Bis 2020  war es gesellschaftlicher Konsens, dass es Leute gab, die sich mit dem Gedanken beschäftigten, was denn wäre, wenn nicht Osama Bin Laden die Twin Towers angegriffen hätte, sondern irgendwelche US-Behörden. Spannend! Jeder durfte nahezu ungestört den Kopf schütteln oder sich in seiner Freizeit mit der Brennbarkeit von Stahlträgern beschäftigen. Und jetzt merke ich: Sie haben mich nun genau dorthin manövriert, wo Sie haben wollen.

PPQ: Corona.

Achtelbuscher: Corona. Das ist der Punkt. Mit dem Beginn der Pandemie startete nämlich auch der Versuch, diese harmlosen, nerdigen und verrückten Verschwörungstheorien neu zu deuten. Wer ab März 2020 die berühmten Zweifel äußerte, wie es der Nachrichtensprecher Claus Kleber damals so schön und unverhohlen auf den Punkt bracht, war ein unsicherer Kandidat. Gegen den musste etwas unternommen werden.

PPQ: Um die Verbreitung einzudämmen sicherlich?

Achtelbuscher: Deshalb die Umbenennung von Verschwörungstheorien in Verschwörungserzählungen. Sehen Sie, das war ein aus Sicht der beobachtenden Medienwissenschaft ein zentraler wichtiger Schritt. Denn das Wort Verschwörungstheorie kommentiert sich zu sehr selbst. Es besagt ja, dass es ja nicht, dass es sich um etwas handelt, das die Wahrheit ist. Sondern ausdrücklich, dass wir von einer Theorie sprechen, die so lange richtig sein kann, bis das Gegenteil erwiesen wird oder sie bleibt eine Theorie, die sich nicht beweisen lässt. Oder sie bleibt eine Theorie, die widerlegt werden konnte. Wenn ich jetzt medial gegen eine Verbreitung antreten will, ist eine Theorie ein elender Gegner. Sie entzieht sich, sie glitscht mir weg. Deshalb kam damals von den Experten der Amadeu-Stiftung der Vorschlag, künftig nur noch den Begriff Verschwörungserzählung zu verwenden. Ein sehr kluger und gewitzter Schachzug.

PPQ: Aber ändert das denn etwas daran, dass sich immer wieder Verschwörungserzählungen bestätigen?

Achtelbuscher: Das ist für den dort mit Vehemenz geführten Kampf bedeutungslos. Gelingt es, in der konkreten Situation die Deutungshoheit zu erringen, ist es in der Regel egal, ob sich später herausstellt, dass die eigenen Argumente noch schlechter waren als die der Gegenseite mit ihren Verschwörungstheorien oder Verschwörungsmythen, das war der Begriff, den meiner Kenntnis nach die Bundesworthülsenfabrik in Berlin zur Verwendung freigegeben hatte. Wichtig ist nur, dass das neue Leben für alle Arten von Verschwörungsbehauptungen eine Ausweitung der Kampfzone bis in die misstrauische Mitte ermöglicht, also bis zu denen, die eigentlich ganz treue und folgsame Staatsbürger und Wähler sind, auch Steuerzahler natürlich. Die aber leider auch immer selbst denken, ohne etwas wirklich zu wissen, und dabei manchmal zu Überzeugungen gelangen, die es schwer machen, sie zu regieren.

PPQ: Mit dem neuen Label erweiterte sich also die Zielfläche, so nenne ich es jetzt einmal. Und es ließen sich Menschen beliebig vor den Karren spannen, um eine akut erhöhte Bedrohlichkeit zu attestieren, der aus Behauptungen wie der Laborthese, der angeblich geplanten Impfpflicht oder der Fremdschutzwirkung der Spritzen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt entsprang?

Achtelbuscher: So ist es. Ich sage ja, eine sehr kluge Strategie aus wissenschaftlicher Sicht.

PPQ: Aber wenn sich nun vieles als unzutreffend herausstellt, sich sogar erweist, dass die Regierung Informationen geheimgehalten hat und wieder besseren Wissens Dinge behauptete, von dene sie wusste, dass sie nicht stimmen, richtet das nicht viel mehr schaden an?

Achtelbuscher: Das würde jeder glauben, der klein denkt. Oh, diese Aufregung jetzt, oh, diese geplötzen Lügen. Wir lesen es ja im Institut immer wieder in den sozialen netzwerken. Aber wenn wir mal kurz zurückschauen auf Elon Musk, der sich da diese unbezahlte Aufgabe des Bürokratieabbaus übergeholfen hat und dafür bezichtet wurde, nur seinen reichtum mehren und Staatsauträge kassieren zu wollen, haben Sie das Ergebnis. Es war falsch, das zu behaupten. Aber das ist selbstverständlich für niemanden, der es behautet hat, ein Grund, zu sagen, genug okay, wir haben uns geirrt, vielleicht tut der das wirklich aus Idealismus, aus einer aus unserer Sicht verqueren Art von Idealismus. Nein, so funktioniert ein linksgepoltes Gehirn nicht. es weiß instinktiv, dass die Verschwörungstheorien, die man sich im eigenen Lager ausdenkt, gut sind, so lange sie nicht widerlegt werden. Danach wird dan einfach nicht mehr darüber gesprochen.

 


Sonntag, 16. März 2025

Kathatrina die Große: Die grüne Milliardenfrau

Katharina Dröge ist die 100-Milliarden-Frau der Grünen
Katharina Dröge (l.) ist der neue Star der Grünen - und ihre letzte Hoffnung. Abb: Kümram, Schlämmkreide auf Glas

Im politischen Berlin sagen sie, dass sie aussehe, wie sie heiße. Ein wenig langweilig, auffällig unauffällig, stattlich, aber keinesfalls imponierend. Wenn Katharina Dröge früher auflief, um die Welt aus Sicher der grünen Parteizentrale zu erklären, standen vorn Annalena Baerbock und Roboter Habeck, die großgewachsene Fraktionschefin verschwamm im Hintergrund wie eine Tapete ohne Muster. Bescheiden wirkte sie nicht, aber unscheinbar. Katharina Dröge hat kein Charisma wie Baerbock. Sie hat nicht die angenehm einschläfernde Stimme wie Habeck. Niemand weiß überhaupt noch, wie sie dorthin geraten konnte, wo sie immer noch ist.

Aus der zweiten Reihe

Eine Frau für die zweite Reihe, zuverlässig, aber schon vergessen, wenn die Kamerateams den Mikrofonwald abbauten. Es schien den Grünen Grauenhaftes zu drohen, als das Traumpaar Baerbock/Habeck seinen Rückzug erklärte. Wer sollte denn jetzt führen? Diese Dröge? Ihre Kollegin Haßelmann? Der von vielen als abgehalftert beschriebene Anton Hofreiter, der ein übergroßes Ego unter langen Haaren versteckt? Oder Cem Özdemir, der immer ungeduldiger wartet, dass die Partei ihn endlich ruft?

Es war dann zur großen Überraschung aller Beobachter die 40-Jährige aus dem beschaulichen Heidedorf Ladbergen, die entschlossen nach dem Ruder griff. Aufgewachsen im Tecklenburger Land, lebte die studierte Volkswirtschaftlerin bis zum Abitur tief in der Provinz des Münsterlandes. 

Hier, wo auch Friedrich Merz seine Wurzeln hat, trat sie noch als Schülerin bei den Grünen ein, lange vor dem Nahen der Kipppunkte, die spätere Generationen deutscher Klimakämpfer in Angst und Schrecken versetzten. Dröge gründete die "Grüne Jugend" im 6000-Einwohner-Ort Ladbergen und agitierte unter Gleichaltrigen für die Erhöhung des Benzinpreises auf fünf Mark, den deutschen NATO-Austritt und die Halbierung der Bundeswehr.

Im geschützten Raum

Dröge übt, so hat sie später beschrieben, "Politik im geschützten Raum". Die junge Frau rebelliert nicht wie andere, sie folgt: Dröges Vater ist grüner Gemeinderat, ein Vorbild, dem sie nacheifert. Die Grünen seien die einzige Partei gewesen, die "den Umweltschutz", wie es damals noch hieß, "so ernst nimmt". Übt sie nicht für später, reitet sie gern. 

Später geht sie nach Köln, sie studiert Volkswirtschaftslehre, macht 2010 ihr Diplom und statt wie ursprünglich geplant die Welt der Wissenschaft zu erobern, nimmt die Landesvorsitzende der Grünen Jugend und Vorsitzende der Kölner Grünen in Köln das Angebot ihrer Partei an: Ein Job im Umweltministerium von Johannes Remmel, unter dessen Fittichen die 26-Jährige sich das Rüstzeug holen soll, das für höhere Parteiämter unabdingbar gilt.

Nach nur drei Jahren nimmt die geplante politische Karriere Fahrt auf. Katharina Dröge zieht über die Wahlliste der Grünen in den Bundestag ein. Sie bekommt einen Platz im Wirtschaftsausschuss und wird Obfrau der Wettbewerbs- und Handelspolitik. Dröge gehört zu denen, die es schaffen, das lange verhandelte Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) zu torpedieren und damit die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass das politische Berlin sich heute so lautstark über die Zollpolitik Donald Trumps empören kann.

Die Partei dank es ihr: Zweimal noch zieht Katharina Dröge über einen sicheren Listenplatz in den Bundestag ein. Beim ersten Mal bekommt sie eine der vier Stellen als Parlamentarische Geschäftsführerin anvertraut, beim zweiten Mal schon den Job als eine von zwei Fraktionsvorsitzenden. Im dritten Anlauf hat sie Kölnerinnen und Kölner überzeugt: Im Wahlkreis Köln III holt sie die meisten Erststimmen und erringt das Direktmandat.

Unauffällig und unaufgeregt

Katharina Dröge amtiert unauffällig, unaufgeregt und nach außen hin ohne eigene Ambitionen. Ihre Partei hat immer recht, wenn sie ihre Positionen wechselt, ist Dröge die Erste, die in die andere Richtung marschiert. Als sich die Bürgerinnen und Bürger über zu hohe Strompreise beschweren, ist sie es, die "das CO₂-Problem deutlich klimaneutraler als mit Atomkraft angehen" will und tröstet: Das atomfreie Deutschland werde ohne die preistreibende Wirkung von Kernkraftwerken Strompreise haben, die weit unter denen im Rest der Welt liegen, sobald Wind und Sonne kostenlosen Strom liefern. 

Auch als die ersten Ängste vor einer langanhaltenden Rezession aufkommen, betet sie die Lage routiniert gesund. Immerhin sei "der Wirtschaftsaufschwung im Osten viel stärker als im Westen", versicherte Katharina Dröge. Und wenn eines Tages der Aufschwung komme, dann mit aller Macht.

Sie glaubt sich selbst

Eine Funktionärin, die auch selbst glaubt, was sie predigt. Katharina Dröge hat in ihren 40 Jahren fast drei beinahe im Alltag der normalen Menschen verbracht. Seitdem pendelt sie unerschrocken zwischen ihrem Abgeordnetenbüro in Köln und dem parlamentarischen Betrieb in Berlin, sie hält die Fraktion zusammen, springt in die Bresche, wenn Kolleginnen und Kollegen die Depression anfällt und als die Chancen auf den ausgerufenen Durchmarsch Robert Habecks schwanden, rief sie eine Aufholjagd aus.

Dass daraus nichts wurde, hat Katharina Dröge zum neuen "Machtzentrum der Partei" (Tagesspiegel) gemacht. Neben und hinter ihr ist kaum noch jemand anderes da, der gelenkig genug ist, Friedrich Merz die Kanzlerfähigkeit abzusprechen, um ihm nur einige Wochen später gegen die Zahlung von 100 Milliarden Euro ins Amt zu verhelfen.

Die 100-Milliarden-Frau

Als "100-Milliarden-Euro-Frau" (Bild), die den dauerhaften Wirtschaftsausstieg eigener Aussage nach "ins Grundgesetz" verhandelt hat, ist die mit einem öffentlich Unbekannten verheiratete Mutter zweier Kinder die neue Königin der Grünen. Dröge handelte dem kommenden Kanzler mehr Geld für den Transformationsfond ab, als der hatte, ehe ihn das Bundesverfassungsgericht zur Ader ließ. Dröge verschaffte den Grünen einen Traumstart in die kommende Wahlperiode, der verspricht, die anstehenden Oppositionsjahre erfolgreicher zu machen als die desaströse Ampelzeit.

Katharina Dröge hat jetzt alle Karten in der Hand. Da ihre Kollegin Britta Haßelmann nur als Zählkandidatin gilt, ähnlich wie bei der SPD Parteivizechefin Saskia Esken, wird sie entscheiden, wer grüner Bundestagsvize werden darf. Und sie wird auch bestimmen, welche Verwendung der neuen Geldberge als "Investition in die Zukunft" gelten werden und welche nicht.

Linkspartei und AfD: Zwei allein gegen alle

Merz hält an der schuldenbremse fest.
Einen Politikwechsel hatte Friedrich Merz früh versprochen, einen Politikwechsel hat er eingeleitet: Statt in 100-Milliarden-Schuldenpaketen zu rechnen, steigt seine Bundesregierung sofort mit 500er Paketen ein.

Es bleiben immer noch satte 48 Stunden, um das Ruder noch einmal herumzureißen. Eine letzte Galgenfrist für die Demokratie, eingeräumt vom Grundgesetz und erst kurz vor dem Wochenende noch einmal von der 2. Kammer des Bundesverfassungsgerichtes bestätigt. Angerufen von Linkspartei und AfD, der Brandmauer wegen selbstverständlich nicht gemeinsam, sondern streng getrennt, hatten die Karlsruher Richter auf die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit einer Grundgesetzänderung durch ein bereits abgewähltes und formal sogar schon aufgelösten Parlament grünes Licht gegeben.

Die Verfassung macht es leicht

"Die Wahlperiode des alten Bundestages wird gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) erst durch den Zusammentritt des neuen Bundestages beendet", heißt es da. Solange das nicht geschehen sei, werde "der alte Bundestag in seinen Handlungsmöglichkeiten nicht beschränkt". Die Abgewählten können entscheiden, was sie wollen. Sie könnten Gesetze beschließen oder sie aufheben, sie sind sogar befugt, das Grundgesetz zu ändern, selbst wenn sie beschlössen, darin festzuhalten, dass eben jener Art. 39 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG), der ihre Amtszeit begrenzt, umgehend zu streichen sei.

Abwenden lässt sich diese von den Müttern und Vätern des erst vor 35 Jahren zur deutschen Verfassung erklärten Provisoriums von 1949 Grundgesetzes nur, wenn der neue Bundestag beschließt, sich vor dem erneuten Zusammentreten des alten zu konstituieren. Der Weg dorthin ist denkbar einfach: "Beantragt ein Drittel der Mitglieder des Bundestages dessen Einberufung, ist die Bundestagspräsidentin hierzu nach Art. 39 Abs. 3 Satz 3 GG verpflichtet", unterstrichen die Verfassungsrichter im Bemühen, den mit dem kleinen Staatsstreich durch CDU, CSU, SPD und Grüne hadernden Oppositionsparteien bei der Hand zu nehmen. 

Die tragende Wand der Schuldenkoalition

Nach allem, was die Verfassungsrichter signalisiert haben, ist der Weg zur Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen einfach, leicht und schnell zu gehen. Die Brandmauer, die die neue ganz große Koalition der Billionenbeschwörer als tragende Wand ihres Schuldengebäudes eingeplant haben, spielt für die Verhinderung der Umsetzung eigentlich keine Rolle. Sie kann stehenbleiben, hoch wie immer. Nicht einmal geheime Kassiber müssen durch die Ritzen geschmuggelt werden, um aus dem Hufeisen der rechtesten und der linkesten Partei im künftigen Parlament eine gemeinsame Front zu schmieden.

Denn die Rechnung der Parteien der demokratischen Mitte, dass AfD und Linkspartei zusammen zwar haben zwar die nötige Anzahl an Sitzen haben, diese Mehrheit aber nicht gemeinsam gegen die demokratische Mitte und deren explodierende Milliardenträume einsetzen können, geht nur auf, wenn die beiden Oppositionsparteien nach den Regieanweisungen der ehemaligen und künftigen Regierungsparteien mitspielen. Die Linke ist danach verpflichtet, niemals zusammen mit den Faschisten und Rechtsextremisten der AfD abzustimmen, weil sie ansonsten alle ihre heiligen Eide brechen würde. 

Kein anderer Zauber gilt im politischen Berlin als verlässlicher bei der Abwehr unerwünschter Aufwallungen an Demokratie. Die Brandmauer spaltet nicht nur nachhaltig, sie ist auch Grundlage der Fortsetzung der bislang bewährten Politik: Statt wagemutige Reformen anzugehen, die kurzfristig schmerzhaft sein würden und die eigene Machtbasis bedrohen, setzt seit 20 Jahren jede neue Regierung auf das alte Rezept, ein weiteres Stück Zukunft zu verpfänden, um den Status Quo wenigstens noch eine Weile weiterfinanzieren zu können.

Nach uns die Sintflut

Nach uns die Sintflut, nach uns die Staatsschuldenkatastrophe. Im Unterschied zu Volkswirtschaften können Schuldenlasten bis Unendliche wachsen und in der Politik gilt schon jemand wie Robert Habeck, der mit einer Ausweitung des Staatsdefizits auf mehr als drei Prozent ein Minus des Bruttoinlandsproduktes von 0,2 Prozent herbeiverschuldet hat, als ökonomisches Genie. Merz zielt nun auf eine Verdopplung plus X, erzeilt werden soll damit ein Wachstum von einem Prozent. Quergerechnet kommt der bei Blackrock geschulte Christdemokrat die Steuerzahler damit günstigstensfalls doppelt so teuer zu wie der Ökosozialist im Kabinett des verbotsverliebten Sozialdemokraten.

Die Hoffnungen im Lager der Mitte, mit diesem vielleicht schon letzten Versuch eines gigantischen Strohfeuers aus neuen Schulden durchzukommen, ist allein wegen der Begeisterung der Medien groß, sondern vor allem wegen der Brandmauer. Linke und AfD könnten den alten Bundestag zusammen aufhalten, theoretisch. Aber praktisch können sie gar nichts nicht zusammen. Und allein können sie noch viel weniger. 

Der leichte Weg

Dabei steht von "gemeinsam" oder "zusammen2"nichts in Artikel 39 Abs. 3 Satz 3 des Grundgesetzes, der bestimmt, dass der Präsident des Bundestages verpflichtet ist, den Bundestag einzuberufen, "wenn ein Drittel der Mitglieder es verlangen". Mit keiner Silbe ist von einem gemeinsamen Antrag die Rede, nicht einmal von einem durch die betreffenden Mitglieder kollektiv einzureichendem Verlangen oder auch nur einer Pflicht, sich vor dem Antrag zur Einberufung des Bundestages abzustimmen.

Um zu verhindern, was sie erklärtermaßen verhindern wollen, müssten Linkspartei und AfD weder zusammenarbeiten noch gemeinsam auftreten. Die beiden antagonistischen Parteien, die ihre Popularität zu einem Gutteil der rituellen Verteufelung der jeweils anderen verdanken, könnten beruhigt jede auf ihrer Seite der Brandmauer bleiben. Nicht einmal telefonieren müssten Jan van Aken und Ines Schwerdnter mit Alice Weidel und Tino Chrupalla, weil für eine Einberufung des Bundestages durch ein Drittel seiner Mitglieder keine Form vorgegeben ist. 

2016 einzelne Faxe

Die 216 Bundestagsabgeordneten, auf die es die früher teilweise vom Verfassungsschutz beobachtete Linke und die heute vom Verfassungsschutz beobachtete Rechte gemeinsam bringen, könnten jeder für sich ein Fax schicken, eine E-Mail oder einen Brief. Sie könnten ihren Willen, den 21. Bundestag sofort zusammenzurufen, in zwei großen Parteipools gesammelt oder auch in beliebig zusammengestellten Gruppen sammeln und "Verlangen" so an den Bundestagspräsidenten Bärbel Bas richten, den neuen 21. Bundestag umgehend einzuberufen. 

Nach den Buchstaben der Verfassung wäre die Sozialdemokratin, die sich selbst in einer selbstgemachten fantasiereichen Interpretation der Bezeichnung im Grundgesetz gern "Bundestagspräsidentin" nennt, daraufhin "verpflichtet", das neue Parlament zusammenzurufen. Dessen Konstituierung wiederum würde es der Vorgängervolkskammer unmöglich machen, weiter zu amtieren. Der Traum von den Billionenschulden, die in nur zwei Wochen so hoch ausfielen wie in den 20 Jahren zuvor, wäre ausgeträumt. Der anstelle des von Friedrich Merz versprochenen "Politikwechsels" geplante Staatsstreich zur Enteignung kommender Generationen durch einen gehenden Bundestag abgesagt.

Doch die Angst gewinnt

Warum es nicht so kommen wird, liegt auf der Hand. Die Linkspartei, von Friedrich Merz und der antifaschistischen Ampel-Koalition gerade erst vom Totenbett gezerrt, hat letztlich kein Interesse daran, die Schulden nicht möglichst exorbitant zu erhöhen. Gegen die halbe Rüstungsbillion wären die halbbellizistische Pazifistenpartei schon, aber die 500 Infrastrukturmilliarden nähme doch gern. Wie die AfD einfach nur dagegen zu stimmen, weil vermutlich alles besser ist als mit unfassbaren Summen Samen zu kaufen, der anschließend sorgfältig auf einer Stahlplatte ausgesät wird, kann die Linke vermeiden, weil sie die Brandmauer hat, die am Ende doch wichtiger ist als der Versuch, ein Verhängnis zu verhindern, dessen verheerende Auswirkungen noch gar nicht absehbar sind.

Die Linke weiß, je schlechter es dem Land geht, desto größer sind ihre Chancen, die schlimmen Zustände erfolgreich zu beklagen. Auch die AfD sieht genau an diesem Punkt die Quelle künftiger Stärke. Es muss erst noch viel schlimmer werden, damit es den beiden Randparteien noch besser gehen kann. Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Katharina Dröge, die CDU, die CSU, die SPD und die Grünen, sie legen am kommenden Dienstag den Grundstein dafür. Und die Opposition kann frohlocken: Offizielle waren ihr die Hände gebunden. Inoffiziell haben sie einfach stillgehalten.

Samstag, 15. März 2025

Zitate zur Zeit: Es war nicht wahr

Es wird behauptet und rasch verbreitet, das Bundesministerium für Gesundheit / die Bundesregierung würde bald massive weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens ankündigen.

Das stimmt NICHT! 

Bitte helfen Sie mit, ihre Verbreitung zu stoppen.

Bundesgesundheitsministerium, 14.3. 2020, zwei Tage vor dem ersten Lockdown

Billionenpaket: Billiger wird's nicht

freidrich Merz Politikwechsel wird teuer
Der Politikwechsel, den Friedrich Merz im Wahlkampf versprochen hatte, wird tiefgreifender und längerwirkender sein, als irgendjemand erwarten konnte.


Die Einigung lag am Ende natürlich nicht in der Mitte, sondern am mittleren oberen Rand. Einen halben Fratzscher benötigte CDU-Chef Friedrich Merz, um die hart pokernden Grünen für seinen "großen Sprung" (Mao, Merz) zu gewinnen. 100 Milliarden, noch vor zehn Jahren das Zehnfache eines handelsüblichen Rettungspaketes, spendierte der künftige Kanzler für das Weltklima, um die ehemalige Ökopartei einzukaufen: Kommt nichts Unerhörtes mehr dazwischen, werden die Grünen am kommenden Dienstag mit CDU, CSU und SPD für billionenschwere neue Schulden stimmen.

Ein Berg an Verbindlichkeiten

Dieser Berg an zusätzlichen Verbindlichkeiten, von den künftigen Koalitionären auf Anraten der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin nach einer Idee des scheidenden Kanzlers Olaf Scholz als "Sondervermögen" bezeichnet, kommt nicht zustande, weil jemand ausgerechnet hat, was genau gebraucht wird und wie viel es kostet. Was zählt, ist allein die schöne runde Zahl, die als "Signal" (Merz) an die europäischen Mitgefangenen im russisch-amerikanischen Friedensspiel gedacht sind. Aber auch, in dieser Reihenfolge hat es Merz gesagt, "an Trump und Putin".

Der Feind steht rechts und links, im Osten und im Westen und um Handlungsfähigkeit zu beweisen,  dürfen die üblichen Grenzen  der Demokratie auch mal überdehnt werden wie der Geburtskanal bei einer Steißgeburt. Den alten Bundestag zu benutzen, um dem neuen die Haushaltshoheit aus den Händen zu schlagen, ist eine Idee, an der sie bei SPD und Union nicht einmal lange tüfteln mussten. Formal bleibt ein Bundestag im Amt, so lange der neue nicht zusammengetreten ist. 

Ausweg aus Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht, angerufen von AfD und Linkspartei, musste sich nicht einmal sehr bemühen, einen Weg zu finden, um die Anträge der beiden Parteien verwerfen zu können, die sich gegen die Einberufung des 20. Deutschen Bundestages zu den beiden Sondersitzungen am 13. und 18. März 2025 richteten, bei denen das größte Schuldenpaket der deutschen Geschichte noch schnell durchgepeitscht werden soll, ehe die Mehrheitsverhältnisse im gerade gewählten neuen Bundestag das unmöglich machen.

Die KleiKo (WDR), die die Planung ihrer Regierungsvorhaben ebenso ausschließlich auf die "Sondervermögen" gründet wie sich die vorhergehende Ampelkoalition die ihren auf den von Angela Merkel hinterlassen Transformationsfond verließ, weiß, dass mit den Grünen im Boot nichts mehr schiefgehen kann. Zwar bestimmt Art. 39 III GG, dass der Bundestagspräsident verpflichtet ist, den neuen Bundestag einzuberufen, wenn das "ein Drittel der Mitglieder verlangen". 

Sie müssten nur wollen

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat das in seiner Entscheidung über die Anträge der Vor-Fraktion Die Linke im 21. Deutschen Bundestag und die AfD-Fraktion im 20. Deutschen Bundestag noch einmal ausdrücklich betont  und eine Handlungsanweisung gegeben, wie die erneute Einberufung des 20. Deutschen Bundestages vom 21. Bundestag leicht zu verhindern wäre.

"Die Wahlperiode des alten Bundestages wird gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) erst durch den Zusammentritt des neuen Bundestages beendet", heißt es da. Bis das geschehe, sei "der alte Bundestag in seinen Handlungsmöglichkeiten nicht beschränkt". Wann der Zusammentritt erfolge, entscheide allein der neue Bundestag, denn "beantragt ein Drittel der Mitglieder des Bundestages dessen Einberufung, ist die Bundestagspräsidentin hierzu nach Art. 39 Abs. 3 Satz 3 GG verpflichtet."

Schützende Brandmauer

Doch da sei die Brandmauer davor. AfD und Linkspartei haben zwar die nötige Anzahl an Sitzen. Ehe die Linke aber mit der Rechten gemeinsam Front macht gegen die demokratische Mitte, zu der sie sich selbst zählt, müsste mehr passieren als nur ein leiser Staatsstreich, der als "Politikwechsel" (CDU) getarnt den teuersten Wechsel auf eine kommende Generation ausstellt, dem jemals ein deutsches Parlament ohne große Diskussion zugestimmt hat. 

Nach Diktat verreist wird es nach der finalen Abstimmung über Geld heißen, von dem heute nicht einmal jemand sagen könnte, wofür genau es ausgegeben werden soll. Neue Panzer? Neue Panzerfabriken? Flugzeuge? U-Boote? Handfeuerwaffen oder Kasernen? Uniformen? Drohnen oder Panzerfäuste? Wenn der Russe mit 1,34 Millionen Mann "vor der Tür steht" (Jens Spahn), wie groß muss dann eine Bundeswehr sein, um ihn vor dem Rhein zu stoppen? 

Mit genügend Geld geht alles

Ausgerechnet ist das bisher nicht. Die Planungen gehen bisher davon aus, dass sich schon Investitionsmöglichkeiten genug finden werden, wenn erst einmal genügend Geld da ist. Die Abgeordneten, die dem Ganzen zugestimmt haben werden, halten es dann perspektivisch wie Angela Merkel: Man wird sich "außerstande sehen, sich zur Sache selbst zu äußern".

Es ist Bonanza-Zeit, Goldgräberstimmung. Schon überlegt der Panzerbauer Rheinmetall, ob er nicht VW-Fabriken übernehmen kann - die komplette Wertschöpfung bliebe im Land. Der üble Amerikaner wäre düpiert. Der Russe von Furcht geschüttelt.

Griechischer Witz

Es ist wie in dem alten griechischen Witz, in dem ein Mann in ein Hotel aus Korfu kommt und sich ein Zimmer anschauen möchte. Dafür muss er dem Hotelier 100 Euro Kaution hinterlassen. Als der Gast im Zimmer verschwindet, nimmt der Hotelier die 100 Euro und läuft zum Fleischer, dem er noch 100 Euro schuldet.

Der freut sich, geht zum Bauern, gibt dem 100 Euro, die er ihm schuldet. Der Bauer bezahlt damit eine Prostituierte, bei der er noch mit 100 Euro in der Kreide stand. Die Dame hat es nun eilig, schnell rennt sie zum Hotel, um die 100 Euro für das Zimmer zu bezahlen, die sie dem Besitzer noch schuldet. Kaum liegt das Geld auf dem Tisch, erscheint der Gast wieder. Das Zimmer hat ihm nicht gefallen. Er nimmt seine 100 Euro und verlässt den Ort, in dem nun niemand mehr Schulden hat. 

Aus den Gewinnen von Rheinmetall, so rechnet das politische Berlin, können die neuen  Sonderschulden locker zurückgezahlt werden, wenn nur genug Panzer bestellt werden. Zudem: Hensoldt, ein anderer aufstrebenden Profitcenter aus der deutschen Waffenbranche, zahlt seine Dividenden nicht nur an irgendwen. Sondern zu einem Viertel direkt an den Eigentümer Bundesrepublik.

Ein genialer Zaubertrick


Ein Zaubertrick im Kleinen wie in der Politik im Großen. Die 100 Milliarden Euro für den Klimaschutz, auf die sich Union und SPD beim Handel mit den Grünen geeinigt haben, sind ebenso wenig zweckgebunden wie die 500 Milliarden für die Bundeswehr für die Bundeswehr gedacht sind. 

Die grüne Bank beim Hinterzimmerpoker hat ausgehandelt, dass ein Teil des frischen Geldes für die Nachrichtendienste verwendet werden, die sich "mit der Demokratie nicht vertragen", wie Bündnis90/Die Grünen jahrelang vergebens predigten. Auch "Unterstützungshilfen für völkerrechtlich angegriffene Staaten" werden von der Schuldenbremse ausgenommen, zudem alle sonstigen Ausgaben, die sich als der Verteidigung dienlich erklären lassen. 

Als Zückerchen obendrauf hat Friedrich Merz auch den sehnlichsten Wunsch der Abgewählen erfüllt. Die "Klimaneutralität bis 2045" aus dem Parteiprogramm bekommt mit der Aufnahme ins Grundgesetz Verfassungsrang. Platz ist dort jetzt, denn die Schuldenbremse kommt ja raus.

Koste es, was es wolle 

Koste es, was es wolle. Die Höhe der Kosten ist vollkommen egal, denn dieser Panzerzug hat keine Bremsen. Alles, was so teuer wird, dass Kredite aufgenommen werden müssen, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen, zählt nicht mehr als Schulden, sondern als "Sondervermögen". 

Der Begriff, von Haus aus durchsichtig und anfangs schrill verlacht, hat sich medial etabliert. Statt von Schulden, von Lasten und Krediten zu sprechen und damit Teile der Bevölkerung zu beunruhigen, greifen Medien flächendeckend zum amtlichen Euphemismus.


Die deutsche Nabelschnur

"Sondervermögen"  ist die Nabelschnur, an der das neue Deutschland hängt, der Brunnen, aus dem es mehr Geld bei ausgeglichenen Haushalten trinkt, die Zitze, an der es "zusätzlichen Spielraum für die Länder" (Tagesspiegel) saugt und die Bundesländer davon überzeugt, dem Zauber zuzustimmen. Das Geld, das nicht da ist und in den nächsten 20 Jahren mit 600 Milliarden Euro Zinskosten bezahlt werden muss, ist für alle da: 100 Milliarden sollten die Länder bekommen, jetzt werden es noch einmal 16 Milliarden mehr. "Das wird nach einem bestimmten Schlüssel auf die Länder aufgeteilt", kündigte Friedrich Merz an und die Wortwahl verrät: "Details klären wir später", wie Robert Habeck sagen würde.

Dessen feuchter Finanztraum vom vergangenen Jahr, als der damalige grüne Star am liebsten 1.600 Milliarden aus dem Nichts geschöpft hätte, wird nun doch noch wahr. Mit dem Infrastruktur-Sondervermögen und dem Bundeswehr-Sondervermögen wird sich die kommenden Jahre leidlich wirtschaften lassen, weil trotz der vereinbarten "Zusätzlichkeit", die bisher nicht einmal im Duden steht, genug für konsumtive Staatszwecke abfallen wird. Denkbar sind nur wieder Prämien für Reiche, die sich E-Autos anschaffen. Für Eigenheimbesitzer, die eine Wärmepumpe nicht selbst bezahlen wollen, weil sie sich bei den hohen Strompreisen nicht rechnet. Und für die Bahnfahrer fällt zum Trost sicher auch noch etwas ab.

Merz triumphiert

Friedrich Merz jedenfalls feiert seinen ersten Sieg. Sein im Wahlkampf versprochener Politikwechsel vollzieht sich tatsächlich, und er vollzieht sich umfassender, tiefgreifender und längerwirkender als es irgendjemand außerhalb des Konrad-Adenauer-Hauses hat absehen können. Alle Investitionen, für die in den kommenden Jahren Geld aus dem Fenster geworfen wird, sind gratis, für alle kommt allein der Staat auf, der nun nicht mehr Geizen und Sparen muss, weil es das Falscheste wäre, was er in einer Krise tun könnte. 

Die Frauen und Männer, die das alles auf Kosten der kommenden Generationen ausgehandelt haben, sind zu recht stolz auf das Erreichte. Die SPD hat die handzahmen Grünen gelobt, die im Moment des Machtverlustes mehr erreicht haben als in drei Jahren Regierungsbeteiligung. Die Grünen zeigten sich damit "sehr zufrieden" (Katharina Dröge), auch Friedrich Merz wirkte am Ende entspannt. Auf der Pressekonferenz vor dem Reichstag sprach SPD-Partei- und Fraktionschef Lars Klingbeil von einem historischen Signal. "Wir lösen damit eine jahrelange Blockade auf", sagte Klingbeil. 

Und jetzt beginnt wiedermal das eigentliche Projekt.

Freitag, 14. März 2025

Wuhan-Verschwörung: Was Merkel nicht vertuschte

Sie war die Seherin, die mehr wusste als andere, aber nichts vertuscht hat.

Dass sie nicht viele Worte machte, war einer der großen Vorzüge der früheren Kanzlerin. Angela Merkel führte, ohne zu sehen zu sein. Bei ihr gab es keine großen Diskussionen, sondern die Verkündung von Entscheidungen, die getroffen wurden, wenn es nicht mehr anders ging. In aller Regel gab es dann auch keine Wahl mehr, dies zu tun oder jenes. Was Merkel anwies, war alternativlos.

Das ersparte allen viele Diskussionen und Millionen Bürgern die Mühe, immer überall mitreden zu müssen, eine Meinung zu haben und sich auch noch die Mühe machen zu müssen, zu überlegen, welche Argumente dafür und welche dagegen sprechen. Das Gefühl, gut regiert zu werden, wurde durch eine umsichtige Verwaltung erreicht. Politische Ziele gab es nicht. Die Wirtschaft lief so lala. Und wenn es dem Esel zu gut ging, kam eine Großkrise aus Europa oder aus Asien, und das disziplinierte alle, die schon auf dem Weg zur Eisbahn waren, zumindest für geraume Zeit.

Mechanikerin der Macht

Merkel als Mechanikerin der Macht zu bezeichnen, ist genauso falsch wie ihr die Hymne zu singen, sie, als Physikerin, habe "die Dinge vom Ende her betrachtet". So viel Mühe musste die Kanzlerin sich nie machen. Alle verließen sich darauf, dass sie schon wisse, was sie tue. Es war doch noch immer jot jejange, ob Euro-Rettung oder Atomausstieg. 

Angela Merkel gelang es, das berühmte Konzept der "asymmetrischen Mobilisierung"  aus ihren einschläfernden Wahlkämpfen auf den politischen Alltag zu übertragen. Zuerst kippten die Medien betäubt weg. Später, als von draußen garstiges Grummeln kam, ob das wohl alles wirklich das Gelbe vom Ei sei, formierten sie sich als Schutzwall um die am liebsten als "Ostdeutsche" auf Schild gehobene Frau aus Hamburg.

Beschwörerin des Volksglaubens

Dass Corona schlimm war, "die schlimmste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg", wie Merkel selbst dekretiert hatte, konnte jeder nachvollziehen. Dass Deutschland dank der klugen Führung der Kanzlerin sehr gut durch die Seuche kam, war an Zahlen nicht abzulesen, aber dank unermüdlicher Werbung der Bundesregierung und aller angeschlossenen Abspielstationen bald allgemeiner Volksglaube. Was nicht optimal lief, tat es, weil es niemand wissen konnte. Was Merkel wusste, das hat sie jetzt auf Merkel-Art bestätigt, wurde nicht geheimgehalten, im Panzerschrank vergraben oder absichtlich vor der Öffentlichkeit verborgen gehalten. Sondern nur nicht öffentlich gesagt.

Den Vorwurf, frühe Erkenntnisse des Bundesnachrichtendienstes nicht weitergegeben zu haben, hat die Altbundeskanzlerin am Tag nach der Enthüllung der Wuhan-Verschwörung von einer Mitarbeiterin abmoderieren lassen. Sie weise "den Vorwurf einer Vertuschung von Erkenntnissen über den Ursprung des Coronavirus gegenüber der deutschen Öffentlichkeit zurück", ließ die 70-Jährige bestellen. Der ihr vom "Tagesspiegel" als "Frage formulierte Vorwurf"  sei nicht zutreffend. Merkel sehe sich "zudem außerstande, sich zu der Sache selbst zu äußern".

Ein echtes Merkel-Manöver

Ein echtes Merkel-Manöver, das politische Kommunikation wie ein Versteckspiel betreibt. Auf den Vorwurf, sie habe vertuscht, bestreitet sie nur das Wort, nicht den Vorgang. Geheime Informationen geheimzuhalten, ist natürlich kein Vertuschen. Auf die Frage, ob sie etwas "sagen könne zum Vorwurf, das Kanzleramt habe unter ihrer Führung relevante Informationen vor der Öffentlichkeit" verborgen gehalten, antwortet die frühere CDU-Vorsitzende, sie sehe sich "außerstande, sich zur Sache selbst zu äußern". 

Das ist kein Dementi, sondern eine Bestätigung, zudem eine, die ohne jede inhaltliche Begründung auskommt: Ist Merkel krank? Erkältet vielleicht? Kann sie nicht sprechen? Oder bedroht sie jemand mit einem empfindlichen Übel, um sie an einer Aussage zu hindern? In Kenntnis der Spitzfindigkeiten, auf die Merkel immer vertraut hat, lässt sich aus den kargen Sätzen ihrer Reaktion einiges herauslesen. Merkel manövert im Merkelischen: Sie lässt ihr Büro "darauf hinweisen", "dass Sie sich zur Beantwortung Ihrer Sachfragen an das Bundeskanzleramt wenden mögen, da amtliche Unterlagen aus der Amtszeit der Bundeskanzlerin a. D. im Bundeskanzleramt veraktet sind, nicht im Büro der Bundeskanzlerin a. D.". 

Eine Bürokratiepapierrakete, die ungefragt aufsteigt und erkennen lässt, dass der Vorwurf des FDP-Abgeordneten Wolfgang Kubicki zutreffen ist, die Bundesregierung habe "die deutsche Öffentlichkeit im Ungewissen gelassen". 

Außerstande zu Äußerungen

Im Ungewissen lassen ist nicht verboten. Nicht allen alles sagen kein Verbrechen. Bürgerinnen und Bürger haben kein Recht, nicht hinter die Fichte geführt zu werden. wer nicht glauben wollte, was gesagt wurde, musste ja meint nicht unbedingt. 

Wie Merkel immer darauf beharrt hat, sie habe die Grenzen 2015 nicht geöffnet, sondern nur eben nicht geschlossen, bestreitet sie jetzt weder den Geheimdienstbericht zum Ursprung von Corona noch ihre frühe Kenntnis darüber, dass der BND es schon 2020 für wahrscheinlich hielt, dass ein Laborunfall im chinesischen Wuhan die Ursache der weltweiten Corona-Pandemie mit sieben Millionen Toten gewesen ist. Nur etwa dazu zu sagen, sieht sie sich "außerstande".  

Deutsche Panzerromanze: Wollt ihr den totalen Frieden

Die neue Liebe der Deutschen zur Hochrüstung verdankt sich dem inneren Antrieb durch das klug in Dienst genommene alte Feindbild Russe, das Fremdenhass und Ablehnung erlaubt.

Fast zwei Drittel dafür. Endlich wieder! Aber es war denkbar knapp. Bis zuletzt wucherten Zweifel, ob es wirklich gelingen würde, das festgerostete Rüstungsruder herumzureißen und die Menschen wieder zu begeistern für das Kriegshandwerk. Über Jahre hinweg hatte die Politik es geschafft, Debatten über Krieg und Frieden ausschließlich als Simulation zu führen. Den hundsmiserablen Zustand der Bundeswehr zu beklagen, gehörte zu den traditionellen Ritualen, wenn der sogenannte Wehrbericht erschein, verdoppelte sich die Lautstärke kurz.

PPQ-Kolumnistin Svenja Prantl hat es gelernt, zu dienen. Hier schreibt sie über den fatalen Weg der ehemaligen Wehrmacht in ihren heutigen beklagenswerten Zustand, der es ihr unmöglich macht, die neue Lust der Zivilgesellschaft an Gewalt und Waffenklirren zu befriedigen

Insgesamt aber war Deutschland mehr als stolz, mit seinem militaristischen Erbe grundlegend gebrochen zu haben. Man war zivil geworden, man lobte sich als "Zivilgesellschaft", ein Begriff, den es vor 1980 noch gar nicht gegeben hatte. Damals war noch Wehrdienst, damals stand der Russe noch vor der Tür und es stand zwar infrage, wie lange das deutsche Heer dem Ansturm der entmenschen Soldateska der Sowjets widerstehen könnte. Aber dass es müsste, war ausgemachter gesellschaftlicher Konsens.

Verfall der Streitmacht

Die Friedensdividende verklebte dann die Augen. Die Bundeswehr machte Skandal, weil sie nazi war, nicht, weil sie nicht schießen konnte. Spitzenpolitiker saßen Sonntagabend in Fernsehstudios beieinander und sie waren sich einig: Lieber keine Armee als so eine. Medien stießen ins gleiche Horn. Über zwei Jahrzehnte schauten sie schweigend zu, wie aus einer ehemals imposanten Streitmacht zu Luft, zu Wasser und auf dem Land eine Truppe wurde, die sich außerstande sah, sich selbst zu verteidigen. 

Die Magie der Macht, mit der Politik herrscht, vermochte es jedoch, das als einen und sehr außerordentlichen Unfall darzustellen. Da wurde nichts an die Oberfläche gespült, über das man hätte sprechen müssen, bis die Vergabe eines "Anti-Gifts" (Katharina Brandner) als Therapie vereinbar worden wäre. Die Methode gleicht der, mit der das moderne Debattendesign im politischen Raum häufig arbeitet: Ein Thema wird fürsorglich mit einem anderen erstickt, bis es vergessen ist. Erst wenn es zu spät ist, zeigt dieses Schaffensprinzip der Politikgestaltung seinen Pferdefuß. 

Vermeidung der Wahrheit

So gelang es der später gescheiterten Ampel-Koalition beispielsweise, das gefürchtete Wort "Rezession" über fast 24 Monate Rezession vollkommen aus den Medien herauszuhalten, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen. Ersatzhalber waren Zeitungsredaktionen und Gemeinsinnsender auf Begriffe wie "schwächelnde Wirtschaft" oder "fehlendes Wachstum" eingeschworen worden. Entsprechende Beiträge wurden mit Zuversicht und Gottvertrauen in die Strategie des Klimawirtschaftsministers Robert Habeck gewürzt. Die Zukunft sollte, auch angesichts der trüben Gegenwart, etwas sein, auf das man sich freuen konnte, ja, musste. 

Ein Volk, ein Wachstum, mein Aufschwung, mit diesem Versprechen rettete sich die Ampel durch eine halbe Legislaturperiode. Erst als der Niedergang nicht mehr zu leugnen war, die Entlassungswellen rollten und sich all die Wummse und Weiterso als Taschenspielertricks einer Laiendarstellerschar entpuppten, wurde in höchster Not umgeschaltet: Die Straße drückte das Thema Migration in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, ausgerechnet im Wahlkampf, für den sich alle Parteien der demokratischen Mitte geeinigt hatten, es damit zu halten wie all die Jahre zu vor. Don't ask, don't tell, kein Wort ist besser als eins und wer das Tabu bricht, wird vom Nazi gefressen.

Furcht vor fehlendem Zuspruch

Ohne akute Not brach Friedrich Merz diese Vereinbarung. Aus Furcht vor fehlendem Zuspruch der Wählerinnen und Wähler griff der Unionskandidat ins unterste Regal, dorthin, wo die menschenfeindlichen Parolen vom konsequenten Abschieben im großen Stil, Lagern außerhalb der EU. und Abschottung samt Zurückweisung an den Grenzen der etwa vom Hamburger Magazin "Spiegel" erträumten künftigen "Festung Europa"  liegen. 

Glück hatte der Unionskandidat damit nicht. Seine Kampagne appellierte zwar an die niedersten Instinkte der Bürgerinnen und Bürger. Doch erwartungsgemäß spülte das Wasser auf die Mühlen der Populisten, die einmal mehr versprachen, gegen Hitler zu kämpfen, der jetzt Merz hieß, und ein Viertes Reich zu verhindern, das errichtet werden würde, wenn der Wählerschaft erlaubt würde,  seinen Gefühlen zu folgen.

Merz versprach einen "echten Politikwechsel", verstieß dabei aber schon vor seinem Wahlsieg gegen eine Grundregel des politischen Handwerks. Niemals sollen Politiker dem Gebrüll der Straße folgen und sich der Probleme annehmen, die das gemeine Volk für besonders wichtig hält. Die Aufgabe von Politik ist es vielmehr, nicht nur, "das Zusammenleben in unserer Gesellschaft zu organisieren", wie es die SPD sich als Aufgabe gestellt hat. Sondern vor allem, der Gesellschaft vorzugeben, was ihre Mitglieder beschäftigen soll, was die Menschen aufgeregt diskutieren müssten und was sie auf ihre Wunschzettel für die Regierung zu schreiben haben.

Demokratie ohne Mitmachen

Ein Verhältnis wie Regisseur und Schauspieler, wie Drehbuchschreiber und Publikum. Demokratie ist aus Sicht der gestaltenden Parteien kein Spiel zum Mitmachen, sondern ein Unterhaltungsangebot mit Simulationscharakter: Vor der Wahl ist immer vor dem Kompromiss. Nach der Wahl ist immer die Zeit der gebrochenen Versprechen, weil nur so regierungsfähige Bündnisse zustandekommen.

Diesmal war es einerseits besonders schwer, alles abzuräumen, was im Wahlkampf als Markenkern der neuen Regierung poliert und gewienert worden war. Andererseits war es ausnehmend leicht, weil die von Friedrich Merz bereits im vergangenen Jahr herbeigehoffte Gelegenheit, einen nächsten "Zeitenwende"-Moment ausrufen zu können, sich tatsächlich bereits wenige Tage nach der Bundestagswahl ergab.

Trumps Streit mit Selenskyj im Weißen Haus, ein brutaler Versuch des US-Präsidenten, dem ukrainischen Mündel die neue Beschlusslage beizubringen, verschaffte Merz die ersehnte Chance, mit allem zu brechen, was er zehn Tage zuvor noch geschworen und beteuert hatte. Alles hinfällig! Neue Lage. Kommando zurück. Und siehe da: im Verbund mit den treuen Sendern und zuverlässigen Medienhäusern gelang es tatsächlich, an die Stelle der bis dahin aufgeregt und ratlos debattierten Themen ein neues zu setzen, dessen präsenz seitdem alles überstrahlt. 

Die Bedrohung aus dem Osten

Der Russe ist zurück, die Bedrohung aus dem Osten, der alte Reflex, der Opa bis zuletzt im Graben aushalten ließ, er funktioniert noch. Binnen weniger Stunden glückte das Wagnis: Die friedensverliebten Deutschen begeistern sich für mehr Aufrüstung, sie sehen eine militärische Führungsrolle des eigenen Landes nicht mehr kritisch und zwar mag nur eine sehr kleine Minderheit von 17 Prozent bereit sein, wirklich selbst zu kämpfen. Aber die übrigen hoffen, dass viel mehr Geld für Panzer, Flugzeuge, Raketen und neue Uniformen ausreichen wird, die Feinde totzuschießen.

Es ist ein Triumpf des Diskussionsdesigns, wie es schulbuchmäßiger nicht hätte angewandt werden können. Schien es noch vor vier Wochen so, als habe die Politik sich zum Sklaven der Bürgerinnen und Bürger geamxht, künftig gewzungen, deren Wünsche umzusetzen, zeigt das aktuelle Geschehen rund um die neue Rüstungslust, dass Politik und traditionelle Medien im Verbund noch imemr in der Lage sind, zu bestimmnen, was gerade wichtig ist. Und was nicht. 

Das ideale Feindbild

Mit dem Russen wurde ein geradezu idealtypisches Feindbild gefunden, um den Beweis anzutreten. Der Russe gilt in Deutschland als blut-, macht- und landgierig, er ist rätselhaft in seinem Wesen, ein auch nach 55 Jahren Anwesenheit im Ostteil des Landes fremdgebliebener Ausländer, der sich gar nicht integrieren will.

Im Russen vereinen sich alle Voraussetzungen für einen Feind, den man seinem schlimmsten Feind nicht wünschen würde. Er handelt irrational, er ist von Grund auf böse, er duckt sich unter die Knute eines Herrschers, dessen Joch deutsche Demokraten längst beiseitegefegt hätten. Der Russe bietet die Gegenheit, all die atavistischen Emotionen auszuleben, zu denen im Normalfall nur sächsische Wutbürger stehen: Fremdenhass, rassistische Vorurteile und die Ablehnung einer als nieder empfundenen Kultur sind plötzlich möglich, nicht nur in der Dorfkneipe von Pirna oder auf der Hassdemo gegen die israelischen Besatzer, sondern im Bundestagsfoyer, wo es tagtäglich neue Milliarden regnet.

Dunkle Triebe

Das muss jetzt so, denn auch wenn der Russe in der Vergangenheit manchmal romantisiert wurde, hat er sich doch nun als der entpuppt, der damals mit dem Satz "Frau mitkommen" in zehntausende deutsche Keller stieg. Auch deshalb wird der Russe von den meisten Deutschen innerlich abgelehnt, auch deshalb lädt er ein, ihn  anständig zu hassen: Der Russe ist primitiv, brutal und ein Knecht aus Leidenschaft. In seiner Unfähigkeit hat er den Sozialismus zerstört und nun plant er das Gleiche mit dem Kapitalismus. Er tut das nicht aus Gründen, er tut es einfach weil er glaubt, es zu können. 

Es steckt in ihm drin, das pure Böse wie eine kleine in der größeren Matroschka. Der Russe kan einmal nicht einmal richtige Zigaretten rauchen und um Tee zu kochen, hat er eine der wenigen Dinge erfunden, die nicht anderswo schon erfunden worden waren. Der Weltmarkt aber blieb dem Samowar verschlossen. Außerhalb Russland wollte niemand einsehen, dass diese aufwendige Apparatur braucht.

Schlimm, aber umso besser für Deutschland. Mit dem Russen ist ein Popanz gefunden, mit dem sich stabile Verhältnisse binnen von nur zwei Wiochen wiederherstellen ließen. Die politische debatte ist wieder in der Spur, die leidigen Themen Wirtschaft, Migration, Energieversorgung, Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit sind abgeräumt, an ihre Stelle trat eine Fantasie von der Festung Europa, dem "stählernden Stachelschwein" (Ursula von der Leyen), das sich von innen zu einem Riesen aufbläst, der so mächtig aussieht, dass dem Russen der Wunsch vergeht, sich nach der Krim und dem Donbass auch den rest Europas unter den Nagel zu reißen.

Der totale Frieden

Europa, das ist das neue, zentrale Versprechen, wird bald allein so mächtig sein, dass es auch alle zwingen kann, zu tun, was ihm als richtig und gut erscheint. Wollt ihr den totalen Frieden? Oh, ja. 60 Prozent der Deutschen zeigen sich zufreiden mit den Aussichten, dass Deutschland und Europa auf einem guten Weg sind, es bald mit Russland und den Vereinigten Staaten zugleich aufnehmen zu können - der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hat umschrieben, wie chancenlos die einen wie die anderen wären: "500 Millionen Europäer, 300 Millionen Amerikaner und 130 Millionen".

Das wird ein Aufwasch, schnell genug, um abgertocknet zu sein, ehe schaffen der Chinese auf seiner Seidenstraße bis nach Europa durchmarschiert ist. Nach Adler und Bär kommt dann der Drache dran. Die Politiker, die  zwölf Jahre gebraucht haben, bis der Bundestag symbolisch verkleinert, und die mit dem Bau des kleinen Provinzflughafens vor der eignen Wohnungstür auch nicht schneller vorankamen, sind jetzt dabei, aus den Resten der Bundeswehr wieder eine kriegstüchtige Armee zu machen. 

Wenn andere nicht zu schnell sind, wird die frische Begeisterung für mehr Rüstung reichen, es der kommenden Regierungskoalition ein Fundament zu geben.

Donnerstag, 13. März 2025

551 Fragen, keine Angaben: Deutschland, halt's Maul

Hass gegen Friedrich Merz Plakat hakenkreuz
Die Union vermutet, dass der Hass gegen Friedrich Merz zum Teil mit staatlichen Fördermitteln finanziert wurde. Die Bundesregierung hat jetzt entschieden widersprochen: Sie weiß es nicht.

Es steht da nicht "Deutschland, halt's Maul". Aber die Antworten, die die Bundesregierung auf die unverschämten 551 Fragen der Unionsfraktion gegeben hat, kurz nach Ablauf des gesetzten Termins, sprechen dennoch eine deutliche Sprache. "Keine Angaben", steht dort immer da, wo es um Antworten geht. Die Botschaft ist deutlich. Was genau und wen, warum und weswegen die Bundesregierung sogenannte Nichtregierungsorganisationen mit Millionen und Abermillionen Euro fördert und füttert, geht niemanden etwas an. Meist wissen es die Ministerien, die als Zahlstellen funktionieren, sowieso  selbst nicht.  

Nicht jeder muss alles wissen

Dieser Staat funktioniert in Teilen nach dem alten Prinzip des russischen Geheimdienstgründers Nikolai Gawrilowitsch Tschernyschewski, Jeder darf nur so viel wissen, wie für die Erfüllung seiner Aufgabe unbedingt nötig ist. Daraus ergibt sich, dass etwa ein Steuerzahler sehr viel sicherer und unbeschwerter lebt, wenn er keine Kenntnis darüber hat, was die Regierung mit seinem Geld anstellt. 

Parteien, die gerade nicht regieren, können zwar prinzipiell verlangen, dass ihnen die politische Konkurrenz Auskunft erteilt, welche Lobbygruppe, die sich finanziell selbst nicht unterhalten kann, mit staatlichen Geldern am Leben gehalten wird. Doch die Verpflichtung zu einer erschöpfenden Antwort endet dort, wo die verantwortlichen Ministerien offen und ehrlich sagen können, sie wissen es selbst nicht.

"Keine Angaben" bedeutet, nicht nur, dass es dort, wo das Geld ausgezahlt wird, niemand weiß. Es bedeutet zudem, dass es nichts zu wissen gibt. Und: "Keine Angaben" heißt vor allem: Es geht niemanden etwas an, welche Organisationen sich Parteien halten, um ihre für alle vorteilhaften Pläne zur gesellschaftlichen Umgestaltung in schwierigen Zeiten durchzusetzen.

Nur wenige Millionen

Hier ein Million und dort eine Million, 100 Millionen aus den allenthalben knappen Kassen für  "HateAid" und das "Projekt Firewall" der Amadeu Antonio Stiftung (Eigenschreibweise),  alles in allem mehr als eine Milliarde jährlich allein für den "Kampf gegen rechts", so dass auf jeden amtlich registrierten Rechtsextremisten eine halbe Million Steuergeld kommt. So ist es beschlossen, so ist es sinnvoll. So verbietet sich der demokratische Anstand jede Nachfrage.

Entsprechend harsch mutet die aufs Äußerste simplifizierte Auskunft der scheidenden Bundesregierung auf die unverschämten 551 Fragen der Union an. Finanziert der Staat ihm wohlgesonnene politische Meinungsmacher wie die Neuen Deutschen Medienmacher, wie Correctiv und die zivilgesellschaftliche Großorganisation der Amadeu-Stiftung, die ihre Personalausgaben vollständig aus staatlichen Zuschüssen bestreitet? 

Organisieren sich Ministerien mit Unterhaltszahlungen an vermeintlich unabhängig agierende Vereine wie Agora, PETA, Greenpeace und die Deutsche Umwelthilfe absichtlich Lobbygruppen, die bereitstehen, immer wieder ultimative Forderungen nach schärferen Regulierungen, strikteren Verboten und härteren Bandagen an die Regierung zu stellen, die diese dann wohl oder übel erfüllen muss? 

Verweigerte Antworten

Aus den verweigerten Antworten lassen sich nur wenige Rückschlüsse ziehen darauf ziehen, dass die selbsternannte Zivilgesellschaft, die "unsere Demokratie" zu tragen vorgibt, komplett verstaatlicht worden ist. Im Vergleich zur DDR, in der die Staatspartei SED  sich ein System geschaffen hatte, das darauf fußte, Parlamentsmehrheiten generell über vermeintlich unabhängig agierenden Gewerkschaften und Jugend- wie Frauenorganisationen herzustellen, ist das von SPD und Grünen unterhaltene Unterstützungsnetzwerk komplizierter, aber auch sehr viel undurchsichtiger. 

Um eine "Schattenstruktur" aber, das hat die Bundesregierung in ihrer fehlenden Antwort auf die Anfrage der Unionsfraktion klargestellt, handele es sich schon allein deshalb nicht, weil die Relevanz von zivilgesellschaftlichem Engagement hoch sei und es kein Gesetz verbiete, dass "Organisationen auch politisch aktiv sein dürften" in dem sie etwa Kataloge von Nazi-Begriffen erstellen oder zu hasserfüllten Demonstrationen gegen Parteien der demokratischen Mitte aufrufen.

Die Union braucht sie auch

Was die Union bezweckte, die in ihrer Regierungszeit kaum weniger Dividende an Projekte gegen Demokratie und Meinungsfreiheit ausgeschüttet hatte, um die Nutzung der Grundrechte zu kanalisieren, liegt auf der Hand. Wütend über die als ehrenrührig empfundene Demaskierung als Helfershelfer der extremen Rechten hat sich CDU-Parteichef Friedrich Merz unbedacht hinreißen lassen, mit seinem provozierenden Auskunftsersuchen die Axt an die Muskelstränge und das Sehnensystem "unserer Demokratie" zu legen. 

Das war kurzsichtig und vorschnell. In wenigen Tagen schon wird es Friedrich Merz sein, der nicht mehr nur auf Anweisungen aus Brüssel verweisen wollen wird, wenn er unangenehme Maßnahmen erlassen muss. Auch seine Regierung wird professionell organisierte Wortmeldungen von Vereinen wie Attac und Campact oder Correctiv und Agora brauchen, um gesellschaftliche Diskussionen in die richtigen Bahnen zu lenken und den Kampf gegen rechts in der Fläche zu führen, ohne dabei ablenkende Details zu betonen

Winzige Beträge

Die paar hundert Millionen, die an die organisierte Zivilgesellschaft fließen, sind ein geringer Preis für deren Service am Gemeinwesen. Auch wenn die ausgezahlten Summen auf den ersten Blick irritierend hoch zu sein scheinen, machen selbst die anderthalb Milliarden Fördermittel, die als Gesamtbetrag im Raum stehen, der an die engagierten Mitarbeiter des zweiten öffentlichen Dienstes gehen, nur knapp 0,4 Prozent der gesamten Staatsausgaben aus. 

Und diese überschaubare Summe relativiert sich noch durch die galoppierende Geldentwertung in den zurückliegenden drei Jahren. Für ihre 840.000 Euro Fördermittel aus dem Bundeskanzleramt, dem Bundessozialministerium und dem -Innenministerium hätten sich die Neuen Deutschen Medienmacher vor einiger Zeit noch 1,5 Millionen Kilokaffee für den Automaten im Flur der Potsdamer Straße 99 in Berlins pulsierender Mitte kaufen können. Heute reicht es nur noch für etwas mehr als die Hälfte.

Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung: Die Wuhan-Verschwörung

Die Schreckensbilder aus Wuhan hat der junge Maler Kümram bereits 2022 in einem großen Ölgemälde mit dem Titel "Laborratten" interpretiert.

Jetzt soll alles nicht mehr wahr gewesen sein. Die gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Wildtiermarkt. Die strikte Weigerung der Bundesregierung, sich auf Diskussionen über eine mögliche Verantwortung Chinas für den Ausbruch des Corona-Virus vor fünf Jahren einzulassen. 

Nicht einmal, dass niemand nichts Genaues wusste, stimmt mehr: Nach gemeinsamen Recherchen der beiden Großredaktionen von "Die Zeit" und "Süddeutscher Zeitung" war der Bundesnachrichtendienst (BND) bereits Anfang des Jahres 2020 zur Überzeugung gelangt, dass ein Laborunfall im berüchtigten "Wuhan Institut für Virologie" ursächlich für die Pandemie war, die das öffentliche Leben in Deutschland bis zum Einmarsch Russland in die Ukraine weitgehend lahmgelegt hatte.

Unerwünschtes Jubiläumspräsent

Ein Jubiläumspräsent, das unpassender nicht hätte kommen können. Wie die beiden Blätter, in den Pandemiejahren Speerspitzen der Verteidigung der strengen Berliner Maßnahmepolitik, schreiben, sei es damals im Rahmen einer nachrichtendienstlichen Operation mit dem Codenamen "Saaremaa" - der Codename verweist auf eine Ostseeinsel, die zu Estland gehört -  gelungen, Hinweise darauf zu beschaffen, dass der Ursprung des Covid-19-Virus nicht etwa auf dem Wildtiermarkt in der Stadt am Jangtse-Fluss lag. Sondern in dem streng abgeschirmten High-Tech-Labor, das später auch WHO-Inspektoren nur kurz und eher touristisch hatten besuchen dürfen.

Wasser auf die Mühlen der Verschwörungstheoretiker, die früh behauptet hatten, dass eine solche Möglichkeit bestehe. Die damalige Kanzlerin Angela Merkel sei frühzeitig über den Verdacht informiert worden, ebenso später auch ihr früherer Vizekanzler Olaf Scholz , als er ihr im Kanzleramt nachfolgte. Beide schwiegen, wie "Zeit" und "SZ" vermuten, wohl aus außenpolitische Rücksichtnahme. Niemand in Deutschland wollte China beschuldigen. Niemand wollte vor allem in Donald Trumps Bezichtigungen einstimmen, es handele sich um ein "chinesisches Virus"

Bloß nicht mit Trump

Stattdessen entschied man sich, so die beiden eigentlich verlässlich auf Regierungskurs liegenden Zeitungen, nicht nur der Öffentlichkeit, sondern auch dem Parlamentarischen Kontrollgremium zu verschweigen, was die eigentlich als notorisch uninformiert geltenden BND-Spione eruiert und mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 bis 90 Prozent bewertet hatten.

Fünf Jahre danach könnte alles begraben und vergessen sein. Glimpflich war die Veröffentlichung der RKI-Protokolle im vergangenen Jahr ausgegangen, kaum jemand im Land hatte angesichts der Vielzahl der aktuellen Krisenlagen noch gesteigertes Interesse daran, den tiefen Topf der Maßnahmejahre noch einmal aufzumachen. Ob Covid-19 nun aus einer Fledermaus oder aus einem undichten Biowaffen-Labor gekrochen kam, spielte längst schon keine Rolle mehr, wo doch bald der Russe vor der Tür steht, wie der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eben erst gewarnt hat.

Angriff aus dem Labor

Und in diese prekäre Situation platzt die Meldung von der Pandemie als Folge eines Laborunfalls. Zwar war es demnach kein Biowaffenangriff, der seinerzeit im chinesischen Wuhan gestartet wurde. Aber auch so wirkt die auf den Jahrestag des deutschen Erstausbruchs gelegte Enthüllung wie ein gezielter Angriff auf die amtliche Wahrheit, wie sie über Jahre bundeseinheitlich verkündet worden war. Von Süddeutscher Zeitung über "Zeit", den Spiegel und die Taz bis hin zu eigens zur Gefahrenabwehr gegründeten Portalen wie "Correctiv" und "Volksverhetzer" war die Laborthese als ausgemachter Schwindel sächsischer Schwurbler gebrandmarkt worden. Wer an die Möglichkeit von Absicht oder Unfall in China glaubte, glich einem Kind, das vom Weihnachtsmann nicht lassen will. 

Es gab "keine Belege", es gab Virologen, die "widersprachen" und eine Gruppe von 27 Wissenschaftlern veröffentlichte schon im Februar 2020, lange bevor irgendjemand irgendetwas wissen konnte, einen offenen Brief in der Fachzeitschrift "The Lancet", in dem sie die Laborursprungstheorie als Verschwörungstheorie bezeichneten. 

Die einzige Wahrheit

Damit war ein für allemal klar, dass selbst Virologen und Epidemiologen, die die Theorie eines natürlichen Ursprungs des Virus aus Sicht von Fachleuten nicht vorbehaltlos unterstützen, sich fragen lassen mussten, wo sie charakterliche Mängel haben. Selbst die Weltgesundheitsorganisation WHO stellte in einem Bericht über die Ursprünge von COVID-19 fest, dass ein Laborursprung "extrem unwahrscheinlich" sei, so dass als einziger Entstehungsweg der spontane Übertragungsweg von Tieren auf Menschen denkbar sei .

Wer anderes behauptete, Anzeichen dafür zu sehen meinte oder auch nur darauf hinwies, dass niemand etwas wissen könne, so lange nicht alles gründlich untersucht sei, galt als Quertreiber, böswilliger Verächtlichmacher und Zweifler an der einzigen Wahrheit, auf die sich alle geeinigt hatten, um weitergehende Konflikte zu vermeiden. In Unkenntnis der deutschen Spionageinformationen stellten auch die US-Geheimdienste in einem Bericht von 2021 fest, dass es keine Beweise dafür gibt, dass das Virus in einem Labor entwickelt wurde. In Deutschland wurde das gelesen als: Keine Beweise für die Entstehung im Labor heißt keine Zweifel am natürliche Ursprung.

Auf einmal alles anders

Nu aber soll das auf einmal nicht mehr gelten. Deutschland ist kopflos, die alte Regierung räumt bereits die Büros aus, die neue weiß noch nicht, ob ihr als Arbeitsgrundlage geplantes Schuldenprogramm von der künftigen Opposition noch schnell durchs Parlament gewunken wird. Und ausgerechnet in diesem Augenblick macht der Vorwurf die Runde, gleich zwei Bundesregierungen hätten vertuscht, betrogen und gelogen - in etwas also genau das getan, was Schwurbler, Leugner und Querdenker von Anfang an behauptet hatten.

Hybride Russenaktion?

Beim Volksverhetzer wussten sie es immer.
Steckt wie bei der Anschlagsserie vor der Bundestagswahl wieder der Russe dahitler? Hat der Kreml, der das wehrbereite Deutschland gern friedensreif schießen würde, die Verschwörungserzählung vom Labor-Unfall wieder aufgewärmt, um über die als renommiert geltenden "Zeit" und "SZ" eine seiner bekannten hybriden Attacken zur verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates zu reiten? Dagegen spricht die Behauptung, die fraglichen Dokumente seien bereits kurz nach dem Beginn der Pandemie vorgelegt, dann jedoch umgehend unter Verschluss genommen worden. Dafür spricht die verheerende Wirkung, die das Coronavirus nun zum zweiten Mal entfaltet.

Wieder leidet das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Wieder stehen die demokratietragenden Parteien als Versager da, die lieber mit dunklen Mächten kuscheln als transparent darzulegen, auf welcher streng wissenschaftlichen Grundlage sie ihre alternativlosen Entscheidungen treffen. Statt offener Kommunikation, wie sie Angela Merkel selbst in den Tagen der allgemeinen Maskenpflicht immer wieder pflegte, nährt der Bundesnachrichtendienst Vermutungen, es sei immer nur gesagt worden, was gerade ins Seuchenkonzept von Strammziehen und Lockern passte.

Verführerisches Angebot

Für die Blätter, die in den schweren Jahren der Ausgangssperren, Schulschließungen und der "einheitlichen Beschränkung sozialer Kontakte" noch bereit waren, ohne viele Fragen einfach ihre gesellschaftliche Pflicht zu tun und der Bundesregierung wie gewünscht zu attestieren, sie habe Deutschland supergut durch die Krise gebracht, ist das Angebot unwiderstehlich. Alle springen sie auf den Zug, alle behaupten, da sei etwas "unter der Decke gehalten" (FAZ)  und eine Veröffentlichung "verhindert" (Spiegel) worden. 

Kein einziges Blatt fragt, wie es sich mit den Aufgaben des deutschen Auslandsgeheimdienstes verträgt, dass auf geheimdienstlichem Weg erlangte wissenschaftliche Daten aus chinesischen Forschungseinrichtungen in Deutschland auf dem Medienmarkt landen. Und wieso ausgerechnet eine betuliche Bundesbehörde, die über Jahre nicht einmal mitbekam, dass direkt vor ihrer Nase sämtliche Kanzler abgehört wurden, einen solchen Coup landet. Und es ihr zudem gelingt, die gewonnenen Erkenntnisse über riskante sogenannte "Gain of Function"-Experimente trotz deren für die gesamte Menschheit akut bedrohlichen Natur vor den übermächtigen Partnerdiensten geheim zu halten. 

Bedrohung der Menschheit

Nur in Deutschland wussten sie alles über die in Wuhan vorgenommenen künstlichen Veränderungen der natürlich vorkommenden Viren, über die zahlreichen Verstöße gegen Vorschriften für die Labor-Sicherheit und die Lügen, mit denen die chinesische Führung versuchte, die Weltgemeinschaft über die verheerenden Folgen der geheimen Bioexperimente zu täuschen. 

700 Millionen Infektionen und sieben Millionen Tote weltweit gehen damit auch das Konto der beiden Bundesregierungen unter Merkel und Scholz, denn jeder Versuch, Covid-19 zu erforschen, um wirksame Impfstoffe und Therapien dagegen zu entwickeln, mussten scheitern, so lange Forscher über die Umstände der Entstehung absichtlich getäuscht wurden.

Ein Bärendienst

Mehr kann eine Bundesregierung einem Land nicht schaden, einen größeren Bärendienst kann ein Geheimdienst der Zivilgesellschaft nicht leisten, die ihn finanziert. Der bekannten Regierungslogik folgend, müsste der Bundesnachrichtendienst jetzt ein Fall für den Verfassungsschutz werden. Die Hinweise sind nicht zu übersehen, dass die Behörde zumindest in Teilen als gesichert gefährlich registriert werden muss. 

Von Zeitungen und Gemeinsinnmedien aber wäre zu erwarten, dass sie sich nicht zur Dienstmagd eines hybriden Angriffs aus dem Kreml machen und die irritierenden Corona-Vorwürfen an die Bundesregierungen wahllos weiterverbreiten. Die Schweigeallianz zwischen Bundesnachrichtendienst und Bundeskanzleramt war nicht umsonst verhängt worden. Wer verantwortlich berichtet, sollte sich daran halten, und nicht berichten. Denn das dient nur den Falschen und ist Mühlen auf die Wasser derjenigen, die nun behaupten, sie hätten es schon immer nicht sagen dürfen.