Sonntag, 30. Mai 2010

Chinesische Bruchlandung

Als hätte in Berlin jemand etwas anderes erwartet: Der neue Protzflughafen BBI wird nicht wie geplant fertig. Alles dauert länger, alles wird teurer, alles bleibt anders. Ausgerechnet die Firma, die für die Innenausbauplanung verantwortlich zeichnete, ist insolvent. Heimlich, still und leise, so scheint es, verabschiedete sie sich aus dem Geschäft. Keiner will es gewusst haben, aber auch das ist nicht neu in der Hauptstadt der Landowskys, Diepgens, Homburgs und Canisius-Lehrer.

Weder Aufsichtsrat (Senat) noch Flughafenbetreiber Airport Berlin will es mitbekommen haben. Und wollen es auch jetzt noch nicht. "Der Termin Eröffnung Oktober 2011 steht", heißt es parallel von beiden. Allerdings habe man einen Gutachter gebeten, "die daraus resultierenden Konsequenzen zu bewerten", so ein Flughafensprecher. Ein Gutachten, das Geld und Zeit kostet und im Ergebnis das liefert, was sich unter den noch nicht insolventen Firmen am BBI sowieso bereits herumgesprochen hat: Der Termin ist nur zu halten, wenn man ab sofort "unter chinesischen Verhältnissen" (ein Architekt) arbeiten würde. Also 24 Stunden pro Tag, sieben Tage in der Woche. Doch das machen die deutschen Baugewerkschaften natürlich nicht mit. Wo kämen wir da hin, wenn wir so arbeiten würden wie die Chinesen. Nein.
Eine Startverzögerung wird sich kaum verhindern lassen. Zum Ärger vieler Berliner, die, seit Jahren in der Einflugschneise Tegels wohnend, sich schon sehnsüchtig auf den Herbst 2011 gefreut hatten. Aber auch zum Ärger für den Regierenden, dem solch eine Bruchlandung auf die Füße fallen könnte. So mitten im Wahlkampf. Noch vor zwei Wochen hatte er beim Richtfest lustig gescherzt. "Ich bin voller Stolz, es ist viel passiert", sagte Damals Klaus Wowereit. "Wir sind einen weiten Weg gegangen. Der war erfolgreich und wird bis zur Eröffnung des dann neuen Willy-Brandt-Flughafens am 30. Oktober nächsten Jahres auch erfolgreich bleiben." Als der Applaus an dieser Stelle ausblieb, ergänzte er: "Ja, da kann man ruhig klatschen. Es gab wohl zu wenig Sekt, was?" Doch es klatschte keiner. Waren doch zum Empfang mit den Mitarbeitern der Baufirmen hauptsächlich die geladen, die es besser wissen müssen.

4 Kommentare:

VolkerStramm hat gesagt…

Ist ja ein Totalversager, der Wowereit.
Einen Staatsakt aufziehen ohne Claqueure in die erste Reihe zu setzen - das wäre Honnecker nicht passiert.

bpb hat gesagt…

Aber es gleicht sich auch gewissermaßen. Bei Honecker (mit einem N) wäre die Eröffnung wegen Mangel verschoben worden, bei Wowereit wegen Pleite.

derherold hat gesagt…

Ach watt, ...

... selbstverständlich wird im Oktober ´11 Einweihung gefeiert !

Ohne Druck geht NIX am Bau !

VolkerStramm hat gesagt…

Warum nicht.
Die Fa. Cargolifter hat ja auch mal den Produktionsbeginn gemeldet.