Mittwoch, 5. Mai 2010

Staat beim Spekulieren II

"Da muss der kleine Mann wieder für die Sünden der Spekulanten und Banken aufkommen", zürnt Sigmar Gabriel, frühere Pop-Beauftragter der SPD und heute Vorsitzender der deutschen Sozialdemokratie. Immer diese Bänkster, dieses vaterlandslose Hedge-Fonds-Gesindel, diese Jagd nach dem schnellen Geld und dicken Rendite!

Und immer die öffentliche Hand vornweg. In der guten alten Tradition der Landesbanken, die vor drei Jahren halfen, deutsche Milliarden ins Ausland zu bringen und sie auch dort zu lassen, hat das Land Nordrhein-Westfalen die Rücklagen für Beamtenpensionen vorsorglich in griechische Staatsanleihen investiert. Wie der staatliche WDR meldet, sollten 300 Millionen Euro in sicheren griechischen Staatspapieren einst genug abwerfen, um den Ruhestand ausgeschiedener Beamter zu finanzieren. Im Unterschied zu deutschen Staatsanleihen werfen griechische bei höherem Risiko mehr Zinsen ab - ein Grund auch für zahllose Fondsanleger, ihre Depot mit griechischen Grusel-Bonds aufzufüllen.

Das Geld sei nicht in Gefahr, versichern nun Düsseldorfer Finanzministerium und Bundesbank. Durch die geplanten Hilfen von Euro-Ländern und Währungsfonds bleibe Griechenland zahlungsfähig und könne fällig werdende Anleihen bedienen. "Für diese Kredite bürgt der Bund", erklärt die frühere Klimakanzlerin Angela Merkel, "letzten Endes also wir alle". Wer Griechenland hilft, hilft den Rentnern in NRW, wer den Rentnern in NRW hilft, hilft sich selbst.

Es gehe um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunft Europas und damit um die Zukunft Deutschlands, sagt Angela Merkel: "Eine Situation ohne historisches Vorbild". Die Kredite für Griechenland seien deshalb nicht nur eine Frage der europäischen Solidarität, sondern eine der wirtschaftlichen Vernunft, glaubt Merkel. Und sagt Walter Steinmeier, einst beinahe selbst Kanzler und heute der Mann der erinnert: "Wir müssen an die Wurzeln der Krise ran". Er weiß, wovon er spricht: Vor der Einführung des Euro saß Steinmeier als Verantwortlicher im Bundeskanzleramt, gemeinsam mit seinen Genossen Gerhard Schröder und Hans Eichel überwachte er die Einhaltung der Konvergenzkriterien, nach denen Länder in das gemeinsame Währungsgebiet Aufnahme fanden. Griechenland schnitt gut ab. Damals. "Was sollen denn die Leute von uns halten", fragt Walter Steinmeier im Bundestag. Ja, was wohl.

2 Kommentare:

Tim hat gesagt…

Der Bürger sollen nicht immer nur ans Geld denken, wenn es um Finanzen geht. Wo kämen wir denn dann hin!

VolkerStramm hat gesagt…

Wolfgang Münchau (der mit den griechischen Grusel-Bonds) ist wirklich gut.
Dieser Milliardenbetrug würde „Tat verfassungsrechtliche Probleme aufwerfen“ schreibt er allen ernstes und meinst sogar, es „dürfte auch der Bundespräsident ein solches Gesetz nicht unterzeichnen“.

Ein geniales Witzblatt, diese FTD.