Samstag, 9. Dezember 2017

Merkel: "Wenn sie von Nachfolge reden, ist es zu spät"

Wer wird nächste Kanzler
Die großen Gazetten spekulieren schon, ob Angela Merkel noch einmal antritt, weil es keinen Nachfolger gibt.
Annegret Kramp-Karrenbauer, Julia Klöckner, Jens Spahn, Henry Weber, Cindy Möller, Olaf Segeberg - einer dieser Politiker könnte eines Tages Angela Merkel beerben. Aber wann? Und welcher? Herbert Achtelbuscher vom An-Institut für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung, das zuletzt mit dem dem Wahl-o-Rat ein Meinungsforschungsinstrument implementiert hatte, das besser als Infas, Forsa und Co. abschnitt, meint: Merkel ist erledigt, die CDU hat ein Problem, denn "wenn sie erst von Nachfolge sprechen, bist du eigentlich schon erledigt".

PPQ sprach mit Achtelbuscher und ließ sich die neuen Theorien über die monarchische Nachfolgersuche in postdemokratischen Systemen erläutern, die in der vollentwickelten korporativen Parteiendemokratie stets als Besetzung des Postens durch dessen Inhaber geschieht.

PPQ: Die Kanzlerin ist kaum noch zu sehen, sie findet keinen Koalitionspartner, es drängt sich kein Nachfolger auf - in den Medien ist von Kanzlerinnendämmerung die Rede. Was ist da schiefgelaufen?

Achtelbuscher: Was immer schiefläuft. Zuerst sind Menschen in höchsten Machtpositionen darauf angewiesen, alle Konkurrenten wegzubeißen. Merkel hat das mit Merz gemacht, auch mit anderen in der Partei, die ihre unumschränkte Herrschaft in der CDU bedrohten. Dann ist man - nach Jahren - am Ziel und wenn die Nachfolgefrage aufkommt, stellt sich heraus, da ist niemand mehr, den man nehmen kann, weil die großen Köpfe alle weg sind. Deshalb sieht es auch bei Angela Merkel, wie damals bei Adenauer oder Kohl oder Brandt, so aus, dass es zwar eine Notwendigkeit gibt, jetzt schon konkret über Merkels mögliche Nachfolger nachzudenken. Aber keine personelle Alternative zur Kanzlerin.

PPQ: Könnte Merkel sogar 2021 nochmal bei einer Bundestagswahl antreten?

Achtelbuscher: An 2021 denken die Wähler und die Mitglieder jetzt wahrscheinlich noch gar nicht. Aber natürlich denkt Angela Merkel darüber nach. Wenn die Gespräche zwischen Union und SPD scheitern sollten, könnte es ja schon viel früher zu Wahlen kommen. Dann müsste die Union klären, ob Merkel wieder als Spitzenkandidatin antreten soll oder ob man jemanden findet, der vielleicht sogar als Zeichen einer Erneuerung verstanden wird. Merkel hat ja nicht mehr den großen Rückhalt an der Basis wie früher, allerdings wissen wir aus der Geschichte, dass so eine Botschaft bei denen, die sie betrifft, immer zuletzt ankommt. Merkel sieht also sicher keine Notwendigkeit, jemand anderen aufzustellen.

PPQ: Die saarländische Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer schneidet in einer Forsa-Umfrage zu möglichen Nachfolgern für Merkel überraschenderweise am besten ab. Wie erklären Sie sich das?

Achtelbuscher: Sie ist eine Frau, niemand weiß genau, wofür sie steht, weil sie selbst nach  ihrem großen Wahlsieg bei der Landtagswahl im März bundesweit kaum oder gar nicht in Erscheinung tritt.  Und wenn die Leute gefragt werden, wollen sie natürlich nicht zugeben, dass sie gar nichts wissen über diesen oder jenen Namen. Daher kommt dann eine Beliebtheit, die uns professionelle Beobachter zuweilen überrascht.

PPQ: Kramp-Karrenbauer gilt unter uns Experten wie die Kanzlerin als liberal, ein bisschen grün und als  moderat-konservatives Passstück für jede Koalition links des rechten Randes aus AfD und CSU. Ist das ein Vorteil oder eher ein Nachteil?

Achtelbuscher: Im Hinblick auf Wähler und Mitglieder ist es sicherlich ein Vorteil, für die Kritiker aus dem schwindenden konservativen Lager der Union wahrscheinlich weniger. Aber wir wissen  aus vielen Untersuchungen, dass es kein Vakuum im politischen Rand gibt, wie häufig behauptet wird. Je mehr Menschen sich von Merkels Mitte-Kurs abwenden, desto mehr wandern zum rechten Rand und werden Nazis. Das ist weithin akzeptiert und muss durch konsequente Arbeit mit den Wählern und noch besseres Erklären der Notwendigkeit einer Mitte-Links-Politik erklärt werden.

PPQ: Den zweitgrößten Zuspruch unter den möglichen Merkel-Nachfolgern erhält in einer aktuellen Umfrage ein Olaf Segeberg, von dem eigentlich noch niemand gehört hat, selbst im politischen Berlin.  Wie kommt das?

Achtelbuscher: Segeberg ist eine Erfindung von uns, ein junger, dynamischer Aufsteiger nach dem Muster Barack Obama und Sebastian Kurz mit einem Schuss Emmanuelle Macron. Er steht für deutsches Selbstbewusstsein und Weltoffenheit, wie sie Dänemark pflegt, also strikt abgeschottet. So einer wäre als potenzieller Nachfolger ein Volltreffer, den würden die Leute offenbar mit Kusshand wählen.

PPQ: Jens Spahn, der dem Bild am ehesten nahekommt, landete bei einer Forsa-Umfrage zwar vor Ursula von der Leyen und Armin Laschet auf dem dritten Platz, aber hinter Olaf Segeberg. Mindert das seine Chancen?

Achtelbuscher: Es ist zu früh, darüber zu spekulieren. Dennoch wird deutlich, dass Spahns Vorwärtsdrängen noch nicht so honoriert und akzeptiert wird, wie er das wahrscheinlich gern hätte. Bei ihm fällt eines besonders auf: Er ist bei männlichen Mitgliedern weit akzeptierter als bei weiblichen, die weiter lieber von einer Frau regiert würden.

PPQ: Hätte Angela Merkel die nicht längst heranziehen müssen? es geht ja auch um Deutschlands Ruf in der Welt.

Achtelbuscher: Das wäre deshalb riskant gewesen, weil die Anwesenheit eines Nachfolgers den Wählern stets signalisiert, dass es eine Alternative zur derzeitigen Kanzlerin gibt, die aus der gesellschaftlichen und politischen Mitte kommt. Wer weiß, ob Angela Merkel ihre ja stets als "alternativlos" erklärten Entscheidungen so hätte treffen und durchsetzen können, wenn es für andere Ansichten einen personellen Kristallisationspunkt gegeben hätte. Dann wäre wohl viele, die zur AfD abgewandert sind, nicht am äußersten rechten Rand, gelandet. Aber Angela Merkel wäre eben vielleicht auch nicht mehr Kanzlerin.

PPQ: Bis wann sollte Merkel ihre Nachfolge spätestens klären?

Achtelbuscher: Eigentlich ist es für eine geordnete Machtübertragung zu spät. Wenn erst draußen von Nachfolge geredet wird, dann gibt es erfahrungsgemäß kaum noch eine Chance, den Übergang ohne Hauen und Stechen über die Bühne zu bringen. Frau Merkel hätte sich rechtzeitig damit beschäftigen sollen, doch sie glaubte wohl, nun noch vier Jahre Zeit zu haben. Die Wähler und Mitglieder waren allerdings nicht geduldig genug, um ihr diese Jahre zu geben. Da hat sie sich verspekuliert.

1 Kommentar:

Casper von Milz hat gesagt…

Wenn es der großen Vorsitzenden gelingt, die Flüchtlinge aus den Medien zu bekommen, könnte ihr Stern wieder aufgehen. Spahn liebt Männer, was seine geringe Popularität bei Frauen leicht erklärt.