Freitag, 6. Juli 2018

Raumschiff Brüssel: Europa fragt die Bürger - und versagt

Irgendwo in Brüssel hat es geklingelt. Eine Alarmsirene schrillt durch die Hallen der selbsternannten Europa-Verwaltung, die zwar nur für einen Teil der Europäer und nur für den kleineren Teil der europäischen Landmasse spricht. Sich selbst aber traditionell zuschreibt, als EU identisch zu sein mit Europa, dem Kontinent, der bis zum Ural reicht und mehr enthält als die EU.


Es ist auch diese Abgehobenheit, diese DFB-artige Selbstgefälligkeit, dieses Anmaßende, das die gute Idee einiges Europa so viele Sympathien ausgerechnet der eigenen Bürger gekostet hat. Galt das Subsidiaritätsprinzip früher als Grundlage guter Regierungsführung, riss mit der Etablierung der EU als Möchtegern-Staat ein Brüsseler Wasserkopf immer mehr Entscheidungen an sich, die besser dort gefällt würden, wo Bürgerinnen und Bürger mit ihnen leben müssen.

Die EU-Kommission, von niemandem gewählt, und das EU-Parlament, nach den europäischen Verträgen zu keiner regelgerechten Gesetzgebung berufen, verwalten den Kontinent mit Hilfe von Verordnungen und Richtlinien. Weit entfernt vom Leben, aber immer darauf bedacht, die von Nord bis Süd und Ost nach West unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten, Wohlstandsniveaus und tradierten Gewohnheiten mit einer Elle zu messen.

Dass das nicht gut ankommt, schwant allerdings nun wohl auch den harthörigsten Verfechtern einer Revolution von oben, die glaubten, sie könnten dauerhaft von oben durchregieren und die Regierten würden am Ende schon immer noch schlucken, was ihnen aufgetan wird. Die überraschende Ablehnung der Einführung von Upload-Filtern und Linklizenzen durch das EU-Parlament zeigt, dass die Abgeordneten zehn Monate vor der nächsten EU-Wahl - die sie in Brüssel wie selbstverständlich "Europa-Wahl" zu nennen belieben - die Furcht überkommt, ein Weiter-so gegen den Willen weiter Teile der Bevölkerung könne sich an der Wahlurne übel auswirken.

Noch deutlicher aber beweist eine Petitesse, wie eifrig das Raumschiff Brüssel plötzlich auf bürgernah und Inklusion macht: Bei der - verglichen mit Euro-Rettung, Asylpolitik und europäischer Verfassung - völlig nebensächlichen Frage, ob es in Europa (sie meinen die EU) künftig weiter eine Zeitumstellung geben soll, werden erstmals die Bürgerinnen und Bürger befragt. In einem Online-Fragebogen bittet die EU-Kommission um deren Meinung, abschaffen oder nicht? Wenn ja, dann lieber für immer Sommer- oder Winterzeit?

Für den Monolithen in Brüssel, der die EU als "Europa (sic) zum Mitmachen" rühmt, sich Zeit seiner Existenz aber noch nie um die Ansichten derer geschert hat, für die er vorgibt, zu sorgen, kommt das einer Revolution gleich. Eine allerdings, die im ersten Anlauf mangels Übung glatt ins Wasser fiel: "Der Europa-Server (sic) steht zur Zeit leider nicht zur Verfügung", meldete die Internetseite, auf Bürgerinnen und Bürger eigentlich ihre Stimme zur Zeitumstellung abgeben können sollten.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Der anonyme Vielvölkerstaat ist natürlich der feuchte Traum eines jeden Funktionärs. Funktionär ist die Bezeichnung für denjenigen der alles hat, um sich vorzustellen im fairen Wettbewerb keinerlei Chance zu haben. Das natürliche Gegengift gegen Funktionäre und anonyme totalitäre Herrschaft ist folgendem Zitat von GK Chesterton zu entnehmen (Dass ich bei Marco Gallina fand): The men whom the people ought to choose to represent them are too busy to take the jobs. But the politician is waiting for it. He’s the pestilence of modern times. What we should try to do is make politics as local as possible. Keep the politicians near enough to kick them. The villagers who met under the village tree could also hang their politicians to the tree. It’s terrible to contemplate how few politicians are hanged today.