Samstag, 1. Oktober 2022

Bundeskühlschranklichtkontrolle: Stromsparen dank Sondenloch

Harmlos stehen sie in fast allen gemütlichen Wohnküchen - doch was wirklich im Inneren eine Kühlschranks geschieht, wenn die Tür geschlossen ist, weiß niemand.

Sie sind eiskalte Killer, so unauffällig, dass ihnen kaum jemals Aufmerksamkeit geschenkt wird, wenn nicht die EU gerade eine Regelverschärfung zur Energeieffizienzmarkierung beschlossen hat, um das zuständige Vorschriftenressort beschäftigt zu halten.Kühlschränke stehen still in einer Küchenecke, oft sogar in einer extra Abstellkammer. Sie brummen ein wenig und leisten stille Kärrnerarbeit sogar in kalten Winternächten, wenn ihre Besitzer für ein Woche zum Skifahren unterwegs sind. 

Alles frisch auf den Tisch  

Kommen sie wieder nach Hause, geschafft und müde, ist alles frisch im Kühlfach. Bedenkenlos kann gegessen werden, was noch nicht übel riecht. Kühlschränke haben so vor allem in Deutschland, das sich aufgrund der Klimakatastrophe weltweit seit Jahren am stärksten erwärmt, zahllose Leben gerettet. Kaum noch sterben Menschen an verdorbener Nahrung. Kaum noch müssen Lebensmittel sofort verbraucht oder mühevoll in der Sonne gedörrt werden, um sie längere Zeit haltbar zu machen. 

Die dunkle Seite der modernen Kältetechnik aber lauert im Inneren. Zwar benötigen die deutschen Haushalte den größten Teil  ihres Energieverbrauches zum Heizen und zum Erwärmen von Wasser. Gleich dahinter aber folgt der Strombedarf für Kühlschränke und Tiefkühltruhen. Trotz neuem Energielabel für alle Geräte benötigt ein einziger Kühlschrank im Jahr 90 bis 125 kWh Strom - Kühlschränke allein in Deutschland benötigen im Jahr 3.000 Gigawattstunden Strom. Das sind 1.000 Megawatt - mehr als die die halbe Jahresleistung eines mittleren Atomkraftwerkes wie dem Kernkraftwerk Emsland, das zum Jahresende abgeschaltet werden wird.

Verschwiegene Verschwender

Der Strom wird dann fehlen, zumal Kühlschränke dauerhaft unter Strom gehalten werden müssen - ein Bedarf, den Sonne und Wind nicht durchgängig garantieren können. Andererseits können Kühlschränke auch nicht verboten werden, weil ihre segensreiche Wirkung beim Essenretten außer Frage steht.

Gespart werden soll deshalb an anderer Stelle: bei der Kühlschrankbeleuchtung. Bis heute gilt für die meisten Menschen zwar als ausgemacht, dass das Kühlschranklicht ausschließlich leuchtet, wenn die Kühltruhe geöffnet wird. So versichern es die Hersteller zumindest. Ob das stimmt, ist aber noch nie wirklich wissenschaftlich nachgewiesen worden. Möglich scheint ebenso, dass das Licht im Schrank immer an ist - eine Überprüfung im laufenden Betrieb fällt schwer, wer eine Öffnung gemäß den Gesetzen der Quantenphysik sofort unmittelbar Einfluss auf das zu überprüfende Ergebnis nimmt.

Bisherige Vermutungen von Kühlschrank-Kritikern gehen dahin, dass in bis zu 70 oder 80 Prozent der deutschen Kühlschränke  rund um die Uhr Licht brennt. Die Dunkelziffer könnte sogar noch viel höher sein.

Geheimnisvolle Lichtverschmutzung

Würde das Licht aber auch nur in der Hälfte von fast 40 Millionen deutschen Kühlgeräten Tag und Nacht leuchten, würde hier ähnlich viel Strom verschwendet wie bei der Beleuchtung von 17 leeren Gewerbegebieten am Rand mecklenburgischer Kleinstädte. Der Klimaschaden wäre enorm. Im Bundesumweltministerium ist deshalb im Zuge der allgemeinen Energiesparplänen in den vergangenen Monaten in Zusammenarbeit mit dem Klimawatch-Institut im sächsischen Grimma (CLW) ein Prüfplan ausgearbeitet worden. Danach werden ab November Bundeskühlschranklicht-Kontrollkommissionen (BKLKK) bundesweit nach und nach alle Haushalte aufsuchen, um die korrekte Innenbeleuchtung von "Kühlschränken und kühlschrankähnlichen Haushaltgeräten" zu prüfen, wie es im Verordnungsentwurf heißt.

Dabei wird minimalinvasiv ein Sondenloch in die Tür des zu testenden Kühlschrankes gebohrt, durch das der Prüfer oder die Prüferin sich ein Bild von der tatsächlichen Beleuchtungssituation im Schrank machen kann. Ist es wirklich dunkel im Inneren, bekommt der Kühlschrank anschließend umstandslos und unbürokratisch ein amtliches Bundeskühlschranklicht-Prüfsiegel, das - ein Vorschlag eines jungen Neuererkollektivs im CLW - mit einem wärmedämmenden Propfen in das 8er Bohrloch eingeführt wird.

Aller zwei Jahre soll auf diese Weise künftig von den Behörden nachgeschaut werden, ob die Verdunklungsvorschriften für Kühlschrankinnenräume wie in der Kühlschranklicht-Verordnung  2016/6795 des Europäischen Parlaments und des Rates vorgesehen und vorgeschrieben ist. Gebohrt werden muss dann nie wieder, aber ertappte Kühlschranklichtsünder müssen wohl spätestens bei der ersten Nachkontrolle mit empfindlichen Strafen rechnen.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ein früher Vorschlag, Kühlschranklichter zu verbieten und stattdessen Kurbellampen mitzuliefern, mit denen Verbrauchende in den geöffneten Kühlschrank hineinleuchten, wurde in einer späteren Entscheidungsphase verworfen.

Anonym hat gesagt…

„Kühlschränke, die ein Gefrierfach, aber nur einen Kompressor haben, müssen den Kühlraum unter bestimmten Bedingungen (geringe Differenz der Kühlraumtemperatur zur Umgebungstemperatur) elektrisch beheizen, damit sie das Gefrierfach weiter abkühlen können, ohne den Kühlraum zu weit herunter zu kühlen.

Diese Beheizung funktioniert entweder über ein elektrisches Heizelement oder, bei ganz billigen Modellen, indem die Beleuchtung auf sehr geringer Leistung betrieben wird.“

https://www.gutefrage.net/frage/kuehlschranklampe-glimmt-bei-geschlossener-tuer

Anonym hat gesagt…

Wer kenn noch "Die Schimauski-Methode" von Walter Moers? Ebend.