Freitag, 31. März 2023

Es geht voran: Gut ist im Schuh

Kein Bürger der 15-Minuten-Stadt braucht 20 oder zehn Paar Schuhe. Immer mehr Händler sehen das ein.

Erst Görtz, nun Reno, davor schon Salamander und Ara und Klauser, die eher kleinen Mitspieler Hengst Footware und Bültel Worldwide Fashion nicht zu vergessen. Mit dem Neun-Euro-Ticket begann eine beispiellose Pleitewelle unter deutschen Schuhhändlern. Mit der Aussicht auf die baldige Einführung des 49-Euro-Nachfolgers nimmt sie nun nach einer kurzen Atempause wieder Fahrt auf. E-Roller und Elektrofahrräder, aber auch der erste Ausblick auf die 15-Minuten-Stadt, die lange Fußwege nicht nur obsolet macht, sondern auch Sohlenabrieb spart, geben immer mehr Fachhändler und Ketten den Versuch auf, die Deutschen zum nunmehr unnötigen Nachkauf immer neuer Fußbekleidung zu überreden.

Scham vom Schuh

Das grüne Schrumpfen, es beginnt ganz unten. Trug der damalige EU-Vorsitzende Jean-Claude Juncker im Vorkriegsnovember 2018 demonstrativ noch je einen Schuh aus zwei Paaren, um zu zeigen, dass es der unablässig steigende Wohlstand in der EU erlaubte, einen ganzen Schuhschrank voller verschiedener Modelle für unterschiedliche Gelegenheiten vorzuhalten, hat sich im Zuge von Corona-Krise, Krieg und Geldentwertung die Vernunft durchgesetzt. Galten dem Stahlarbeitersohn aus dem ehemals französischen, ehemals deutschen und ehemals niederländischen Redingen gute Schuhe noch als Zeichen eines guten Lebens, obwohl engagierte Mahner seinerzeit schon auf die umweltvernichtenden Auswirkungen der globalen Bekleidungsindustrie hinwiesen, setzt sich nun mehr und mehr der Gedanke mutiger Aktivisten durch: Das Böse braucht Stiefel. Das Gute geht barfuß.

Der Gedanke, dass Schuhhändler zeitweise keine Schuhe mehr verkaufen, ist nicht neu. Robert Habeck selbst hatte die Idee zeitweiser Bundesbetriebsferien  im vergangenen Jahr bei einem Besuch in der Talkshow von Sandra Maischberger öffentlich vorgestellt. Bäckern machte der Wirtschaftsminister den Vorschlag, ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten zunächst einzustellen und wieder aufzunehmen, wenn die Zeiten besser sind. Eine Beschränkung nur auf das backende Gewerbe sah Habeck eindeutig nicht vor.  "Bestimmte Branchen", sagte er, "könnten einfach erstmal aufhören zu produzieren und zu verkaufen."

Gewaltiges Sparpotenzial

Die anfangs verblüfft aufgenommene Anregung macht nun sichtlich Schulhe. Taten sich Ketten wie Reno und Görtz bisher ohne Rücksicht auf die endlichen Ressourcen der Erde gütlich am ewiggestrigen Glauben der Deutschen, sie bräuchten 20 Paar Schuhe im Falle von als Frauen gelesenen Personen oder wenigstens doch zehn Paar, wie Statistiker für Menschen herausgefunden haben, die sich selbst als Mann bezeichnen, beweisen die aktuellen Entwicklungen, dass ein durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 3,78 Paar Schuhen weder gesund für die Umwelt, noch notwendig sind, um immer mehr zu Fuß zu gehen, damit die Umwelt geschont wird. 

Es ist auch viel sparsamer. Verglichen mit 110.000 Tonnen Reifenabrieb, die mehr als 43 Millionen Kraftfahrzeuge und 81 Millionen Fahrräder Jahr für Jahr in die Luft verstäuben, summieren sich die 109 Gramm Schuhsohlenabrieb, die jeder Deutsche pro Jahr produziert, nur zu knapp 10.000 Tonnen Mikroplastik. Zudem füllt der Rückzug der Schuhhändler die Brieftaschen der Bürgerinnen und Bürger, die bislang  Jahr für Jahr Schuhe im Wert von knapp 100 Milliarden Euro gekauft hatten, obwohl die alten Treter in vielen Fällen durch aus noch gut waren

Es geht also im wortwörtlichen Sinne vorwärts, wenn auch noch ein wenig langsam. Was von wirtschaftsnahen Auguren als schwere Krise des Schuhhandels in Deutschland bezeichnet wird, nur weil binnen eines Jahres 13 Prozent der zuvor etwa 10.000 Schuhläden ihre Türen schlossen, ist zweifellos eine große Chance für eine transformierte Gesellschaft mit kurzen Wegen, deren Mitglieder sich vorzugshalber mit ÖPNV, E-Roller oder Lastenrad fortbewegen.


4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Konsum, BHG, Kneipe, Kindergarten, Schule, Werkstatt für die Landmaschinen und die meisten anderen Arbeitsplätze, alles im Dorf.
Der Sozialismus bis 1990 war seiner Zeit weit voraus.

Anonym hat gesagt…

OT

>>> gonger 30. März 2023 at 14:47

Natürlich ist es leicht festzustellen und sich darüber lustig zu machen daß Dick und Doof früher 2 Personen waren aber das hilft der Sache nicht weiter ... ... ...

Trotzdem bin ich der Meinung daß die FDP das Schlimmste verhindert hat bei den Koalitionsgesprächen und die Grünen in die Schranken verwiesen hat ... <<<


Genau das ist eben der Sinn der Übung: Sehet her, die Äffdepäh ist DOCH zu etwas gut, was, wenn die nicht gewesen wäre ...

Anonym hat gesagt…

https://www.youtube.com/watch?v=AaJxYNCznCY

Intellektuellenbernd hört IDEAL und guckt sich kulturzeitbilder an .

danach frischer Salat + Flugfrachtrindfleischsteak und Video on demand , event. kommt heute sogar noch eine Latexnutte ausm Katalog . mal schaun

Anonym hat gesagt…

Das fällt unter entartete Kunst. --- Aber was soll's, vi är i röven.
Vitzlis Freakshow, der Volksleerer, Latexnutten ...
Und auf morbus ignorantia schilt man sich nur mehr gegenseitig kognitiver Defekte und geschlechtlicher Verirrungen. Dat ward nix mehr, Kinnings.