Montag, 9. Juni 2025

Verdeckter Einsatz gegen Europa: Fördermilliarden im Klimakrieg

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Die EU-Kommission kann nicht alles selbst tun. Deshalb gibt sie Jahr für Jahr Milliarden aus, um zivilgesellschaftliche Organisationen zu finanzieren. Abb: EU-Kommission

Ein Skandal, der keiner ist. Für Mark Schieritz, einen der Vordenker des Umbaus Europas zu einer einheitlichen und zentral angeleiteten Zivilgesellschaft für ganz Europa, deutet alles auf eine rechte Verschwörung gegen die Gemeinschaft. "Die Verstrickungen der EU-Kommission mit den nicht-staatliche Organisationen sind so geheim, dass es dafür sogar eine Webseite gibt", schrieb er und nutzte geschickt ein Argument, das gerade von erklärten Feinden der demokratischen Demokratie häufig genutzt wird. Niemand, der Böses plant und unsere Demokratie aushöhlen will, würde darüber im Internet informieren.  

Durchsichtiger Angriff  

Nein, in Wahrheit ist es genau andersherum, wie der grüne EU-Parlamentarier Michael Bloss umgehend bestätigte: Für eine undurchschaubare zentralistisches Leitungsinstanz, wie sie sich die derzeit noch 27 Mitgliedsstaaten der EU mit der EU-Kommission geschaffen haben, ist die finanzielle Unterstützung und ideologische Anleitung von zivilgesellschaftlichem Engagement unterstützt nicht nur "gängige Praxis und absolut notwendig" (Bloss). Sie ist auch keineswegs verwunderlich oder gar empörend. 

Michael Bloss, der ohne Umwege über ein bürgerliches Berufsleben nach dem Studium als politischer Referent einer grünen Abgeordneten im Europaparlament in seine Politikerkarriere  gestartet war, ist hier wie Schieritz einem Skandal auf der Spur, wo keiner ist. NGO steht im Englischen für "Non-Governmental Organisation", auf Deutsch wird der Begriff allerdings schon lange mit "Nocheineregierungsorganisation", kurz NRO, übersetzt. 

Uneigennützige Fördermittelverbraucher 

Das Besondere an NROs ist, dass sie zum überwiegenden Teil von Regierungen, Ministerien oder über undurchsichtige Stiftungen finanziert werden. Nach außen hin aber als uneigennützige Vertretungen eines gesellschaftlichen Gesamtinteresses auftreten, das infragezustellen als unanständig oder gar demokratiefeindlich gilt. Nach Jahrzehnten des Auf- und Ausbaus eines Tausende Organisationen umfassenden Systems aus pressure groups, Institutionen zur Lieferung von wissenschaftlich verkleideten Stichwort-Studien, Abmahn- und Klagevereinen, Faktencheck-Agenturen und  Petitionsplattformen ist das Biotop mit seinen zehntausenden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mächtig genug, sich selbst gegen jeden Angriff zu verteidigen.

Eine Erfahrung, die auch der derzeit amtierende deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz und seine Union machen mussten, als sie im Bundestagswahlkampf versuchten, die an der Seite von Grünen, SPD und Linkspartei kämpfenden Zivilgesellschaftler mit Hilfe von 551 Fragen als nur pro forma ausgelagerten Teil des Staatsapparates zu überführen. 

Instrumentalisierte Wissenschaftler 

Die kleine Bundestagsanfrage mit dem Titel "Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen" wurde von den Organisationen selbst als Frontalangriff auf die Demokratie gewertet. Lobbygruppen sprangen den Lobbygruppen zu Seite. Wissenschaftler ließen sich instrumentalisieren und Medien erklären jede Nachfrage zum Verblieb von  hunderten Millionen Euro Steuergeld zum Versuch, verdienstvolle Programme wie "Demokratie leben!",  das sich der Staat allein 182 Millionen Euro pro Jahr kosten lässt, zu torpedieren.

Solche Anfragen zur Herstellung angeblicher Transparenz seien ein "Foulspiel", klagte SPD-Chef Lars Klingbeil. Die linke Bundestagsabgeordnete Clara Bünger, die nach dem Studium ohne den Umweg über eine bürgerliche Erwerbstätigkeit als Mitarbeiterin einer grünen Abgeordneten im Bundestag in ihre Politikerkarriere gestartet war, kritisierte, dass die "freie Zivilgesellschaft" durch die Fragen nach ihrer staatlichen Finanzierung behandelt werde wie "in autoritären Staaten". 

Der Steuerzahler soll vertrauen 

Sobald der Steuerzahler wisse, bei wem sein Geld lande, das ist medialer Konsens, leiden Demokratieförderung, Vielfaltsgestaltung und Extremismusprävention. Der gute Zweck stünde unter öffentlichem Zustimmungsvorbehalt - mit womöglich weitreichenden Folgen. Ein gemeinnütziger Verein wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH), dem es immer wieder gelingt, Bauvorhaben  durch Klagen nach dem Unterlassungsklagengesetz um Jahrzehnte zu verzögern und um Milliarden zu verteuern, könnten plötzlich infragegestellt werden. Und das alles nur, weil die DUH mit ihrer Tochter DUH Umweltschutz Service GmbH sogenannte Kommunikationdienstleistungen in Zusammenhang mit der Durchführung der Klimawende für die Bundesregierung erledigt, von der sie mit Projekt- und Fördermitteln ausgestattet wird.

Niemand, der am Ruder sitzt, kann das wollen. Die Union, als Regierungspartei seit einigen Wochen selbst mit der Verfügungsgewalt über die Geldhähne, gab unmittelbar  nach Übernahme der Geschäfte Ruhe. Einzelne Abgeordnete nur beklagen noch die "manipulierte Demokratie", die man geschaffen habe.  Der CDU-Parlamentarier Sven Simon etwa empört sich, dass der Staat Lobbygruppen so auskömmlich finanziere, dass sie Diskurs beherrschen können, "als Exekutivorgane jenseits des Staates" agieren, als Legitimationsquelle für immer neue Verbotsforderungen dienen und dabei helfen, abweichende Meinungen zu delegitimieren und als extremistisch zu brandmarken. 

Eine heimliche Allianz 

Aber das ist eine Einzelstimme auch nach den vermeintlichen Enthüllungen der "Welt" über Geheimverträge der EU-Kommission mit NGOs, denen gegen Bezahlung mit Fördermillionen detaillierte Arbeitsaufträge gestellt wurden. Die "heimliche Allianz" haben das Ziel verfolgt, mit Hilfe der selbsternannten Aktivisten fossile Energieunternehmen und Handelsabkommen zu torpedieren. Die EU-Kommission habe über den unauffälligen Umweg selbst Klagen gegen Klarftwerksbeteiber finanziert, um deren "finanzielles und rechtliches Risiko" zu erhöhen. 

Die undurchsichtige NGO-Dachgesellschaft "Friends of the Earth", die ihren Unterhalt schon seit Jahren überwiegend aus Steuermitteln bestreitet, wurde dem Bericht zufolge beauftragt, das Freihandelsabkommen Mercosur zwischen Europa und Südamerika zu torpedieren. Andere Gruppen bekamen Geld für die Beeinflussung von EU-Abgeordneten vor Abstimmungen zu Pflanzenschutzmitteln und Chemikalien. 

Methode Mao 

Die Methode erinnert an Mao Zedong, der für seine Kulturrevolution die Jugend in Anspruch nahm. Der unumschränkte Herrscher des revolutionären China rief die Roten Garden zur Bekämpfung der alten Ideen, der alten Kultur, der alten Gewohnheiten und der alten Sitten auf. Bürgerliche Elemente in  Regierung und Gesellschaft sollten beseitigt werden, Kinder waren aufgerufen, ihre Eltern als Konterrevolutionäre oder "Rechtsabweichler" zu denunzieren. Die ersten Trusted Flagger, die die Denunziation und nachfolgende Abstrafung weniger zu einem Herrschaftsinstrument machten, das viele erzog, waren halbwüchsige Chinesen, deren zivilgesellschaftliches Engagement mit Lob statt Geld vergolten wurde.

Dafür steht heute niemand mehr auf. In der EU sind die Mieten zu hoch, die Strom- und Lebensmittelpreise zu stark gestiegen, als das selbst überzeugte Sozialisten Kampagnen gegen Klimaleugner, Rechtsabweichler und politische Feinde einer immer weiter fortschreitenden Staatswerdung der EU gratis betreiben könnten. Die Infrastruktur muss unterhalten werden, die Büros, Vermetzungskonferenzen, Sozialabgaben für die Mitarbeiter, alles kostet. 

Unumgängliche Millarden

Dass die EU-Kommission hauptberufliches zivilgesellschaftliches Engagement zusätzlich zu den von den Mitgliedsstaaten fließenden Fördermitteln unterstützt, ist daher unumgänglich. Die 3.691 Organisationen, die im Europäischen Transparenzregister in der Kategorie "NGO" geführt werden, benötigten einem bericht des Europäischen Rechnungshohes zufolge zwischen 2021 und 2023 7,4 Milliarden Euro, um die EU in Sachen Kohäsion, Forschung, Migration und Umwelt tatkräftig zu unterstützen. Wie genau das erfolge, konnten die Rechnungsprfer allerdings nicht herausfinden: Die Kommission veröffentliche nur bruchstückhafte Informationen. Es sei daher nicht vollständig klar, welche Rolle NGOs in der EU-Politik spielen.

Und das ist gut so. 7,4 Milliarden Euro - davon 4,8 Milliarden Euro von der EU-Kommission und 2,6 Milliarden Euro von den Mitgliedstaaten - sond pro Kopf jedes Eu-Bürgers gerademal 15 Euro. Kein Geld, das irgendjemandem fehlt, wenn es ein anderer hat. Dass EU-Beamten vor der Auszahlung der Mitten an die Hilfsverbände genau formuliert haben sollen, was die europäische Gemeinschaft als  Gegenleistung erwartet – etwa eine bestimmte Anzahl an Lobby-Briefen, Nachrichten in den sozialen Medien und Treffen mit Abgeordneten des Europäischen Parlaments - spricht für das hohe Maß an Verantwortungsbewusstsein, mit dem jeder einzelbne Euro ausgegeben wird. 

Verdeckter Einsatz gegen Europa 

Der verdeckte Einsatz von  Umweltverbände gegen Unternehmen und von der EU finanzierte Klagen gegen Firmen und die Planung Kampagnen zur Verschärfung von Nachweispflichten für Bauern bis zu einer schwelle, an der sie zur Aufgabe ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit gezwungen wären, sollte letztlich viel Gutes für die Gesellschaft und die Umwelt bewirken. Sinkender Energieverbrauch, sinkende Klimalasten, sinkende Abhängigkeit von traditioneller Selbstversorgung - dass die Kommission ihren geschickte Beeinflussungspolitik nicht auf dem Marktplatz diskutiert hat, erscheint nachvollziehbar. Kein Zaubertrick funktioniert, wenn er vorgeführt wird, ohne die Illusion zu erzeugen, er beruhe nicht auf geschickter Manipulation. 

Wer die staatlich durchfinanzierten nichtstaatlichen Organisationen angreift, zielt auf diese Illusion. Wer diese Illusion anvisiert, will die über Jahre sorgsam aufgebaute hauptamtliche Zivilgesellschaft schwächen, die aus der Demokratie "unsere Demokratie" gemacht hat. Diese noch relativ neue Spielart einer Volksherrrschaft ohne Volk kommt ohne kritische Stimmen aus. Erforderlich ist ausschließlich das staatlich kanalisierte Engagement von Bürger*innen in sogenannten "Bürgerräten", um einen demokratischen Diskurs zu simulieren.

Die Legende von der "Zivilgesellschaft" 

Vertrauen ist gut, Kontrolle nicht notwendig. Nach den perfiden Vorwürfen aus Deutschland hat die EU-Kommission umgehend klargemacht, dass "einige Finanzierungen aus dem 5,4 Milliarden Euro schweren EU-Umweltprogramm LIFE möglicherweise unangemessen gewesen" seien. Gemeint waren Vereinbarungen der Kommison mit NGOs, die darauf abzielten, Abgeordnete des Europäischen Parlaments so lange vermeintlich von außen zu bearbeiten, bis sie der Kommissionslinie zustimmen. 

Andere NGOS waren beauftragt, die Öffentlichkeit von der Klimapolitik der EU zu überzeugen: Auch sie spielen dabei die Rolle angeblich unabhängiger, durch wissenschaftliche Erkenntnisse motivierter Akteure aus der Zivilgesellschaft. 

Unter dieser Legende führten sie "radikale Aktionen, verdecktes politisches Lobbying und die Druckausübung auf Entscheidungsträger", durch, erklärte die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier der WamS. Sowohl der frühere EU-Kommissar für Klima Frans Timmermans als auch Umwerlt-Kommissar Virginijus Sinkevičius hätten pauschale Zuschüsse gegeben, um ihre "subversiven Pläne" (Hohlmeier) umzusetzen.


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