Samstag, 19. Mai 2018

Steuerstaat: Ein Muster an Bescheidenheit

Um 61 Prozent sind die Steuereinnahmen des Staates in der Ära Merkel gestiegen, sie liegen nun bei 732 Milliarden Euro, ein Rekord für die Ewigkeit, aber nur bis zum nächsten Jahr, wenn die Einnahmen weiter klettern werden. Und für den Bund doch Anlass zur Bescheidenheit: Die Ausgaben der Bundesregierung wuchsen in derselben Zeit nur um 32 Prozent, der Staat, obgleich  von mächtigen Interessengruppen beständig bedrängt, die Steuern zu senken, wirtschaftet gut, er ist ein bescheidener Staat, der auf lange Sicht gesehen nur leicht mehr Geld ausgibt als er hat. Und seine Ausgaben strategisch gesehen auch stets im Gleichschritt mit dem Zuwachs bei den Gehältern und Löhnen seiner Bürger steigert.

Kurzfristig mag es ungerecht aussehen, wenn der Staat 60 Prozent mehr einnimmt und 32 Prozent mehr ausgibt, seine Steuerzahlen aber nur ein Wchstum der durchschnittlichen Bruttogehälter um vergleichsweise schmale 21 Prozent feiern können und davon 36 Prozent mehr Steuern zahlen müssen.

Aber über Jahrzehnte gesehen (Grafik oben) holt ein Naturgesetz jeden Finanzminister ein: Es lässt sich nicht mehr aus der Kanne gießen, als Kaffee gekocht wurde. Mit Schwankungen marschieren Staatsausgaben und Einkommen nebeneinander her, begleitet von Finanzministersprüchen wie „Höhere Steuern wären Gift für die Konjunktur, deshalb stehen sie nicht zur Debatte“, Steuererhöhungen, dem Versprechen, die Steuern gar bald spürbar zu senken und dem Hinweis, dass es der Konjunktur gerade so gut - oder aber: so schlecht - gehe, dass gar kein Spielraum vorhanden sei, dies zu tun.

Verständlicherweise sind Steuersenkungspläne in den USA für einen Moment unangenehm und wenn Italiens neue Regierung Steuersenkungen verspricht, macht sie das automatisch zu einer "Grusel-Koalition" für eine Bundesregierung, die ihre Finanziers gerade mit einer Entlastung von vier bis elf Euro mehr im Monat ab kommendem Jahr lockt. Wie auch sonst? Jede Bundesregierung seit dem Ende der Ära Schröder war zutiefst überzeugt davon, dass es der Staat ist, der mit dem Geld seiner Bürger Besseres anzufangen weiß als diese selbst. Geleitet von dieser Grundüberzeugung muss er ihnen so viel nehmen, wie er kann. Um es dann "klug" (Julia Klöckner) in Milliardengräber wie Stuttgart 21, den Berliner Flughafen, die Elbphilharmonie oder das Berliner Stadtschloss auszugeben.

Die vorliegenden Eckwerte der Finanzplanung bis 2022 lassen keinen Zweifel daran, dass Angela Merkel ihr Kabinett weiter in der Pflicht sieht, Gerechtigkeit und Glück der Bürger mit unzähligen Subventions-, Förder- und Klientel-Programmen zu sichern. Im Vergleich zum Vorjahr steigt das Haushaltsvolumen um 2,6 Prozent, bis 2021 werden es acht Prozent sein - das entspricht dem Zuwachs der letzten Legislaturperode und liegt etwa doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Kohl-Jahre.

Auch 30 Jahre nach dessen Erfindung des Solidaritätszuschlages als vorübergehendem Notopfer zur Finanzierung des Aufbaus Ost muss dessen Abschaffung noch warten: Sie wird erst ab 2021 beginnen, um im dann laufenden nächsten Bundestagswahlkampf für gute Stimmung zu sorgen. Auch der Rest der Planungen zeigt ein Staatswesen, das sich Gewogenheit zu erkaufen sucht:  Für die Jahre 2018 bis 2021 plant die Regierung mit Ausgaben von insgesamt 1.421 Milliarden Euro, beständig steigen soll dabei der Anteil der Mittel, die nicht für Investitionen, sondern für konsumtive Ausgaben in die Stützung des Lebensstandards von Rentenbeziehern, Pensionären und sozial Schwachen ausgegeben werden.

Bis 2022 steigen allein die Bundeszuschüsse zur Rentenkasse auf mehr als 109 Milliarden (16 Prozent), der Bundeshaushalt insgesamt wird dann nicht mehr nur zu 52 Prozent aus Ausgaben für soziale Zwecke bestehen. Sondern zu 58 Prozent.

Noch vor fünf Jahren lag deren Anteil bei nur 47 Prozent. Gelingt es der Bundesregierung, die Steigerungsrate beizubehalten, wäre im Jahr 2050, pünktlich zur Verfehlung des 2015 vereinbarten Zwei-Grad-Zieles beim Weltklima, der gesamte Bundeshaushalt ein Sozialausgabenhaushalt.

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