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Mit seiner entschiedenen Corona-Strategie bewirbt sich Armin Laschet um den Platz im Kanzleramt. |
Man tut ja in Berlin seit Monaten, was man kann. Weiß aber leider nie, was es bringt. Vom ersten Tag der Corona-Krise an lag das Hauptaugenmerk aller Schutzmaßnahmen in Deutschland darauf, eine Eindämmung der Virusverbreitung durch Verordnungen zu erreichen, die sichtlich nicht die höchste Wirksamkeit versprachen, sondern bei höchstmöglicher Durchsetzbarkeit den größten Aufmerksamkeitseffekt in Aussicht stellten. Dabei blieb es immer, selbst als sich zum wiederholten Mal herausgestellt hat, dass es nahezu unmöglich ist, mit einem Nagel einen Hammer in die Wand zu schlagen.
Klare Schwerpunkte
Irritiert hat das jeweils nur kurzzeitig, immer gerade, bevor der nächste Nagel als Hammer dienen musste. Bereits im Frühjahr 2020 hatte eine Studie aus China ein mögliches Geheimnis der erfolgreichen Corona-Bekämpfung verraten: 20.000 Infizierte unter 60 liefern Intensivstationen und Beatmungsbetten genau so viele Patienten wie 540 Infizierte über 80. Die Bundesregierung überlegte nur kurz. Und beschloss dann, sich darauf zu konzentrieren, die 20.000 Infektionen zu verhindern, erst mit einem lockdown light, dann mit einem lockdown hard. Immer aber ohne Erfolg.
Oder gibt es ihn etwa doch? Abseits der Fernsehzahlen und der erschütternden Nachrichten über verzögerte Impfstarts, aggressivere Corona-Varianten und eine mit einem Mal möglich unumgänglich erscheinende Schließung der deutschen Grenzen, nachdem EU-Partner wie die Niederlande ihre bereits geschlossen haben, wirft der sogenannte CoDAG-Bericht Nr. 4 vom 11.12.2020 zumindest für Bayern eine Einordnung der ersten zehn Corona-Monate zu.
Die Hölle der Hochbetagten
Adjustiert auf die Einwohnerzahl zeige sich keine ausgeprägte Übersterblichkeit, aber eine "problematische Entwicklung der Fallzahlen bei den Hochbetagten", heißt es da. Dort verfehlten "die bisherigen Corona-Maßnahmen den notwendigen Schutz". Auch der jüngst verschärfte lockdown habe keinen deutlichen Rückgang bewirkt. Immerhin aber gebe es, anders als die Dauersirene in den Medien vermuten lasse, "seit der 3. Oktoberwoche insgesamt einen stabilen Verlauf."
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Jede Maßnahme war weniger erfolgreich als die zuvor. |
Die Zahlen bleiben hoch, doch der steile Anstieg ist gestoppt. Und dank des Impfstoffes, dessen Verabreichung medientechnisch in jedem einzelnen Fall von wenigstens einem Tagesschau-Team begleitet wird, wächst Hoffnung auf ein Ende des Dramas: Wäre jetzt genug da vom vakzin, dann wäre alles schnell überstanden.
So aber ist bloß nicht mitrechnen erste Bürgerpflicht. "Bereits 18.454 Menschen gegen Covid geimpft" bejubelte die sozialdemokratische Beteiligung Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) nach dem ersten Angriff an der Impffront. Wenn das kein Grund zur Freude ist, wären doch bei gleichbleibendem Verlauf schon in einem Jahr beinahe sieben Millionen Deutsche immunisiert, zumindest zur Hälfte. Da zwei Spritzen notwendig sind, wären es aber wohl eher drei bis vier Millionen. Zum Vergleich: Die erste Millionen haben die beiden Corona-Versagerstaaten USA und Großbritannien binnen vier Wochen geschafft gehabt.
Langsam, aber gerecht
Nun, in Deutschland wie in der EU, Regionen, auf die die Welt in diesen Tagen wie gebannt schaut, geht es nicht um Geschwindigkeit, sondern um Gerechtigkeit. So lange alle nichts haben, ist alles in Ordnung, zumindest solange bei allen Impfstoffentwicklern gleichermaßen Bestellungen aufgegeben wurden, ganz egal, ob sie ein Corona-Mittel im Angebot haben. Das dient dem Frieden in der Gemeinschaft, die die Nachwehen der Maskenkriege vom Frühjahr noch längst nicht verwunden hat. Damals kämpften Partner miteinander um chinesische Mundlappen und Symbolmasken aus Bangladesh und fast schien es, als seien alle früheren Treueschwüre, alle Liebeserklärungen und heiligen Verträge damit hinfällig.
Der Impfstoff, eingekauft auch bei der französischen Firma Sanofi, die keinen hat, ebenso aber auch bei der deutschen Firma Curevac, die noch emsig forscht, brachte den Frieden zurück. Am Hintereingang der Unternehmen, die wirklich liefern können, bestellte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Nachschlag, schließlich steht die Bundestagswahl vor der Tür und trotz aller Impfgegner und Impfverweigerer leben genug Leute im Land, die eines nicht allzu fernen Tages vermutlich fragen werden, ob sie denn nun zum Impfen privat nach Polen oder in die Türkei fahren müssen.
Im Meinungsmixer
Im Moment geht es noch, gerade so. Das Publikum ist gut beschäftigt mit Debatten über die von der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) punktgenau in den Meinungsmixer geworfenen Begriffe "Priorisierung" und "Lizensierung", über bundesbehördliche Produktionsbeschleunigungen und die Einführung einer warp speed-ähnlichen Kriegswirtschaft in der Impfstoffherstellung. Enteignen, zentral planen und dabei auch gar kein bisschen mehr europäisch denken, das ist etwa die Idee von ganz links bis zu den früheren Liberalen, den Schattengewächsen des Ausnahmezustandes.
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