Sonntag, 5. Oktober 2008

Bodenplatte für den Zusammenbruch

Bush ist böse, so viel ist klar. Der Kriegstreiber im Sold der Ölindustrie hat den Graben zwischen Europa und Amerika ausgehoben, den Nahen Osten destabilisiert, Rußland in einen neuen Kalten Krieg getrieben und das Weltfinanzsystem durch maßlose Kreditschöpfung in die Mega-Spekulationsblase katapultiert, so steht es von "Spiegel" bis "HZ" geschrieben wie in Stein gemeißelt.

Dabei war es doch Bill Clinton, der Zigarrenpräsident und Kopf des besseren Amerika, der vor neun Jahren auszog, den Grundstein für die Spekulationsblase an den Finanzmärkten zu legen. Clinton verfügte damals, dass der staatliche Immobilienfinanzierer Fannie Mae Kredite auch an Schuldner vergeben dürfe, die nach landläufigen Kriterien nicht ausreichend kreditwürdig sind. Die New York Times berichtete vor genau neun Jahren darüber, dass Fannie Mae daraufhin die Rückzahlungsauflagen und Sicherheitshinterlegungen reduzierte - die Bodenplatte für das, was bei Peer Steinbrück "US-Finanzkrise" heißt, war gelegt.

Denn von nun an funktionierte die Welt ganz einfach: Immer mehr Menschen in Amerika konnten sich Immobilienbesitz leisten. Immer mehr Häuser wurden verkauft. Die Preise stiegen aufgrund der wachsenden Nachfrage. Bei steigenden Preisen mussten die Banken nicht um die Rückzahlung ausgereichter Kredite fürchten, denn entweder zahlten die Schuldner, oder das betreffende Objekt fiel an die Bank - die es zu noch höheren Preisen verkaufen konnte, um den ausgefallenen Kredit zu decken.

Ein todsicheres Geschäftsmodell, dass deutsche Banken anzog wie die Motten das Licht. Jahrelang zogen deutsche Staatsbanken wie die West LB, die Sachsen LB, die Kreditanstalt für Wiederaufbau und die IKB genau wie ihre privaten Konkurrenten Milliardengewinne aus dem Hütchenspiel mit den verbrieften Krediten. Kein Gerhard Schröder und kein Hans Eichel, kein Peer Steinbrück und keine Angela Merkel jammerte über die willkommenen Zusatzeinnahmen, kein Gewerkschafter und kein Genosse aus der Linken fand, dass die Finanzierung von Eigenheimkredite in Minnesota keine Aufgabe einer deutschen Sparkasse oder Landesbank sein sollte.

Erst als die Musik aussetzte und nicht jeder mehr einen freien Stuhl fand, gellt die Klage aus Berlin: Mehr "Transparenz" müsse her, mehr "Kontrolle" und mehr "Aufsicht". Im Aufsichtsrat der KfW, Mutter der Pleitebank IKB und zuletzt mit Millionenverlusten aus Geschäften mit der US-Investmentbank Lehman Bros. aufgefallen, sitzt seit Jahren die gesamte Politelite der Republik von Steinbrück über DGB-Sommer bis zu Linken-Chef Lafontaine. Und in den USA war das Office of Federal Housing Enterprise Oversight mit 200 Mitarbeitern stets nur dazu da, die staatlichen Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac zu überwachen. Hat es auch gemacht - getreu den Auflagen, die die vom Demokraten Jimmy Carter geführte US-Regierung 1977 im "Community Reinvestment Act" erließ, um "wenig oder nicht-kreditwürdigen Personen" Zugang zu geborgtem Geld zu veschaffen. Und die der Demokrat Bill Clinton 1999 noch einmal lockerte. Wie sagt der Demokrat Barack Obama? Geld dürfe nicht nur Richtung Wall Street fließen. Geholfen werden müsse auch "den kleinen Hausbauern". Auch die nächste Krise braucht schließlich eine Bodenplatte.

1 Kommentar:

Eisenschwein hat gesagt…

wer aber hat heutzutage noch zeit, so tief zu graben?