Donnerstag, 13. November 2025

Die Öko-Krieger: Mit Klimakampfstoff ins Gefecht

Der erste deutsche Elektropanzer entstand bereits in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der hochgerüsteten DDR.

Es klappt leider nicht, es klappt nirgendwo und dort, wo es versucht worden ist, werden die ersten Testfabriken bereits wieder auseinandergebaut. Die Geschichte des Traums vom klimaneutralen Verbrenner ist nicht so alt wie die der FDP, aber nicht weniger tragisch. Schon vor 20 Jahren schob eine führende deutsche Physikerin die ersten Pflöcke ein.  

Gute Leute, gut bezahlt 

Mit der "NOW GmbH Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie" gründete sie eine bundeseigene Gesellschaft, die den erst Jahre später verkündeten Energieausstieg vorbereiten sollte. NOW war dazu gedacht, die Wasserstoffwirtschaft vor dem Hintergrund des damals noch undenkbaren Verbrennerverbots neu zu denken. Kleine Firma. Zwei Geschäftsführer, gute Leute, gut bezahlt. Nicht Stroh zu Gold sollten sie spinnen, sondern Wasser zu Benzin machen.

Nachhaltige Beschaffung, nannte die Bundesregierung das später, nach einigen Wendungen, die zwischendurch auch einmal dafür sorgte, dass NOW nur noch in Elektro machte, ein Irrweg, den in den USA auch Elon Musk ging. Aus NOW und NIP, dem "Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie" wurde das Vorhaben, "die Gestaltung, Koordination und Umsetzung nationaler Strategien und öffentlich-privater Programme im Technologiefeld nachhaltige Antriebe" zu befördern. 

Teuer und nutzlos 

Auch das stellte sich als teuer und überwiegend nutzlos heraus. 17 Jahre  nach der Gründung von NOW ist in Freiburg inzwischen ein elektrischer "Linienbus in Sichtweite", in Wensickendorf (Landkreis Oberhavel, Brandenburg) gab es den Spatenstich ein neues Wasserstoffwerk, das als "Teil der deutschlandweit einzigartigen Verbundvorhaben Wasserstoffschiene Heidekrautbahn" bald grünen Wasserstoff für die danach dürstende Metropolregion Berlin-Brandenburg produzieren wird.

Neue Hoffnung kommt aber jetzt aus dem Teil der Wirtschaft, die brummt wie seit 80 Jahren nicht mehr. Denn auch Deutschlands größte Waffenschmiede Rheinmetall macht auf Öko: Aus Sorge, dass der Russe nach 2029 Deutschlands Treibstoffversorgung kappen könnte, will der Börsenüberflieger mit dem Projekt "Giga PtX" Vorsorge treffen. Um die Versorgung der Streitkräfte im Kriegsfall sicherzustellen, sollen aus Wasserstoff und CO₂ klimaneutrale Kraftstoffe produziert werden. Eine Idee, die anschließt an das "Leuna-Benzin" der I.G. Farben, die Deutschlands Ölmangel schon vor 100 Jahren mit verflüssigter Kohle zu beheben sucht, damals verkauft als "Deutsches Benzin".

E-Fuels statt deutschem Ersatzbenzin 

Ein Name, der nicht heute mehr taugt. Das neue europäische Netzwerk von Produktionsanlagen für Nicht-Öl-Produkte wie sogenannte "E-Fuels" herstellen, sündhaft teure Ersatztreibstoffe, die in Druck-Alkali-Elektrolyseuren des Hersteller Sunfire gekocht werden. Zu Literkosten von derzeit noch vier bis fünf Euro pro Liter. 

Bei einem Kraftstoffbedarf zwischen 20 bis 60 Liter pro Tag und Soldat, den Rheinmetall selbst als Mittelwert für alle Teilstreitkräfte errechnet hat, macht das für die gesamte Bundeswehr in Friedensstärke neun Milliarden an Treibstoffkosten im ersten Jahr. Ein Kampfpanzer wie der Leopard 2 verbraucht auf der Straße etwa 340 Liter und im Gelände bis zu 530 Liter Diesel pro 100 Kilometer - allein bis zur Suwalki-Lücke braucht ein einziger Leo damit Sprit im Wert von 25.000 Euro. Sunfire verspricht allerdings, dass die hauseigene SOEC-Technologie schon bei einer Produktionsmenge von 100 Millionen Litern pro Jahr zu Preisen von 1,50 pro Liter liefern wird.

Ums Geld geht es nicht 

Und ums Geld geht es auch gar nicht. Sondern um Sicherheit. Wenn Russland spätestens 2029 Deutschlands fragile fossile Versorgungslinien angreift, um die 300 Kampfpanzer der Bundeswehr lahmzulegen, bleiben wie vor 85 Jahren nur synthetische Kraftstoffe aus mit Wind- und Sonnenkraft erzeugtem grünem Wasserstoff und CO₂, um Versorgungssicherheit und Verteidigungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. 

Nachdem im Friedensbetrieb alle Versuche gescheitert sind, die etablierten Lieferketten für fossilen Kraftstoff, auf die Stahl- und Chemieindustrie seit Jahrzehnten vertrauen, durch eine neuaufgebaute Wasserstoff-Wirtschaft zu ersetzen, bleibt nur die Lösung, die schon einmal funktioniert hat: Für Hitlers Wehrmacht war Deutsches Benzin aus Leuna und Lützkendorf der "Lebenssaft" (Der Spiegel). Für die Bundeswehr sollen es  nach dem "Zusammenbruch der Lieferketten im Kriegsfall" (Rheinmetall) die "D-Fuels" sein - aus Erneuerbaren gebrauter klimaneutraler Diesel, Schiffsdiesel und Kerosin, die die Kraftstoffresilienz in Deutschland und Europa nachhaltig zu stärken versprechen.

Vater aller E-Fuels 

Der Krieg, nach einem Wort des griechischen Philosophen Heraklit von Ephesos Vater aller Dinge, hilft der lahmenden Transformation hin zur flächendeckenden Wasserstoffversorgung auf die Beine. Sonne und Wind schreiben zwar eine Rechnung, doch dezentrale Anlagen sorgen "für geringere Transportwege",  die für russische Bomber ebenso schwer zu treffen sein werden wie die deutschen Benzinfabriken im Zweiten Weltkrieg. Etwa eine Million Liter nachhaltigen Diesel brauchen die 300 deutschen Leoparden, fünf bis sieben Millionen Liter Klimakampfstoff werden die Sunfire-Elektrolyseure liefern, wenn der Hochlauf erst gelungen ist.

Europäische Innovation leistet dann einen unverzichtbaren Beitrag für ein widerstandsfähiges Europa, das auch im Kriegsfall nicht von seinen Prämissen abgeht: Eine Welt ohne fossile Brennstoffe kann nur durch die grüne Transformation der Industrie erreicht werden. Ein Krieg, der der Umwelt nicht schadet, ist mit Hilfe synthetischer Kraftstoffe aus erneuerbaren Quellen möglich.

Faktencheck: Was ist da los im Weihnachtsland?

Wie eine Einladung: Seit Betonpoller alle Weihnachtsmärkte schützen, hat sich die Zahl der Vorfälle erhöht.

Gefundenes Fressen für rechte Trolle, Systemzweifler und Gegner der demokratischen Mitte. Weil Behörden nach dem Weihnachtsmarktvorfall von Magdeburg im vergangenen Jahr verstärkt auf Sicherheit und Gesundheit von Besuchern achten, streuen bestimmte Kreise Gerüchte über abgesagte, aufgefallene oder verbotene Christmärkte. Dabei bedienen sie sich den klassischen Methoden der Desinformation und der Hilfe ausländischer Informationsmanipulatoren, die mit ihrer Einmischung Verunsicherung sähen wollen. Solche Vorgänge, warnt das Bundesblogampelamt (BBAA) im mecklenburgischen Warin, stelle eine ernsthafte Bedrohung für unsere Gesellschaften dar.  

Die EU geht gegen Falschmeldungen vor 

Die Mitarbeiter*innen der Meinungsfreiheitsschutzaufsicht dort haben zuletzt akribisch analysiert, wie  Weihnachtsmärkte durch gezielte Falschinformationen über angebliche Absagen untergraben werden soll. Zwar hat die Europäische Kommission mit dem Europäischen Zentrum für demokratische Resilienz - einem zentralen Bestandteil des European Democracy Shield -  bereits begonnen, mit einem neuen Instrument gegen hybride Angriffe und Desinformation aus dem Ausland vorzugehen. Doch deutsche Weihnachtsmärkte sind besonders anfällig für Fake News – die sich jedoch bei genauerer Betrachtung und gründlicher Recherche schnell enttarnen lassen. 

Falsch ist, dass auf X und TikTok, aber auch bei Facebook und in verschiedenen Medien behauptet wird, in Deutschland müssten Weihnachtsmärkte wegen zu hoher Sicherheitsanforderungen abgesagt werden. Das ist nicht der Fall. Einzelne Absagen gibt es – aber aus verschiedenen Gründen, etwa weil Behörden keine Genehmigung gegeben haben oder Veranstalter keine Veranlassung sahen, ausreichend in Sicherheit zu investieren. Richtig ist also, dass vereinzelt Weihnachtsmärkte aus verschiedenen Gründen abgesagt werden. Etwa, weil Veranstalter wegen des sich verschärfenden Klimawandels nicht mehr dem früher jahreszeitüblichen Schnee rechnen. 

Sicherheitskosten spielen keine Rolle 

Die Falschbehauptung aber, dass es Sicherheitsgründe seien, die vielerorts den Ausschlag gäben, erfüllt bekannte Merkmale von Desinformation. Offenkundig zielt die Fake News darauf ab, Unsicherheit zu schüren und Menschen Angst vor einem Weihnachtsmarktbesuch zu machen. Interessierte Kreise versuchen ganz offensichtlich, den Eindruck zu erwecken, als lasse sich Deutschland durch einige Vorfälle der vergangenen Jahre seine Art zu leben nehmen.

Das haben sowohl Angela Merkel als auch Olaf Scholz bereits mehrere Male ausdrücklich ausgeschlossen. Auch Friedrich Merz hält an dieser klaren Linie fest: Ausdrücklich hatte er Weihnachtsmärkte bei seiner berühmten Stadtbild-Kritik ausgeklammert. 

Weihnachtsmärkte waren, sind und sie bleiben sicher. Wo das noch nicht der Fall ist, arbeiten Behörden, Kommunen und Veranstalter in diesen Tagen und Stunden vor dem 1. Advent gemeinsam daran, ein sicheres Glühweinerlebnis zu ermöglichen. Dass es sich bei jedem Weihnachtsmarkt um einen potenziellen Anziehungspunkt für Gewalttäter handelt, wie die Magdeburger Oberbürgermeisterin Simone Borris aus einem offiziellen Schreiben des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt zitiert hatte, ist zwar zutreffend. 

Nie so gut wie heute 

Doch die Sicherheit in Deutschland war insgesamt noch nie so gut gewährleistet wie heute. Im vergangenen Jahr allein sankt die Gesamtzahl der polizeilich erfassten Straftaten um weitere 1,7 Prozent auf nur noch 5,84 Millionen. 2015 waren es noch mehr als 5,9 Millionen gewesen, 2005 sogar mehr als 6,3 Millionen. weniger Straftaten als aktuell hatte es - abgesehen von der Corona-Zeit - überhaupt nur Anfang der 90er Jahre gegeben.

Was die Idylle trübt, sind die Querschüsse von  Zweiflern und Scharfmachern, die zur eigenen Unterhaltung oder gegen Rechnung für fremde Mächte Unruhe schüren. Die gestreuten Gerüchte über eine vermeintliche Weihnachtsmarktkrise sollen die Konsumlaune trüben, dem Einzelhandel die inzwischen einzige umsatzträchtige Zeit im Jahr verderben und die Bundesregierung zwingen, ihre zuletzt zunehmend optimistischeren Konjunkturprognosen zurückzunehmen. 

Als Nebenwirkung ist fest eingeplant, dass die Festtage für Millionen Familien überschattet werden: Wenn Fake News eine Bedrohungslage suggerieren, werden Bürgerinnen und Bürger daran gehindert, fundierte Entscheidungen zu treffen und das Risiko, auf einem sicher abgepollerten Weihnachtsmarkt Opfer einer Straftat zu werden, korrekt einschätzen zu können.

Ein einfacher Trick 

Die Täter bedienen sich dabei eines einfachen Tricks. Sie behaupten, dass es keine absolute Sicherheit gebe, nicht einmal auf Weihnachtsmärkten, die von den Behörden als sicher eingestuft und zugelassen worden seien. Rechte Politiker*innen geben diesem Affen gern Zucker. Provokant reden sie von "Weihnachtsmärkten ohne Poller", als habe es sich seinerzeit bei der Austragung dieser oft über Wochen laufenden Veranstaltungen ohne ausreichende Sicherheitskonzepte nicht um bedauernswerte Vorgänge, die - zum Glück überwundene - eine kollektive Verantwortungslosigkeit zeigen.

Viele gängige Klischees über deutsche Weihnachtsmärkte sind über viele Jahre zum Exportschlager geworden. Seit Jahren wird unter Tannenbaum, mit Weihnachtsmann und Glühweinstand weltweit im deutschen Stil in die Weihnachtszeit gefeiert, bislang meist noch ohne vom Tüv abgenommene Terrorsperren, Nato-Drahtverhaue und versenkbare Nagelbretter. Vielerorts fehlt es global nicht nur am Bewusstsein für die Gefahr, sondern auch an einem entsprechend aufgeblähten Verwaltungsapparat, der Zufahrtsschutz und die Organisation der Sicherheitskräfte aus fachlicher Sicht zu optimieren weiß.

Nur eine kurze Fahrt 

In Deutschland gibt es im Vergleich zu anderen Staaten ohnehin kein Weihnachtsmarktdefizit. Zwischen 2.500 und 4.000 solcher Märkte werden hierzulande veranstaltet - trotz der vereinzelten Absagen aus Angst vor Terror und steigenden Sicherheitskosten ist die Weihnachtsmarktdichte in Deutschland verglichen etwa mit der in den Vereinigten Staaten überaus beeindruckend. Niemand in Deutschland muss auf seinen Weihnachtsmarktbesuch verzichten. Oft sind es nur Minuten oder eine Stunde vom eigenen Wohnort bis zum nächsten heimeligen Märchenwald mit Lebkuchen- und Glühweinbude.

Weihnachtsland ist immer nur einen kurzen Abstecher entfernt, wenn man nicht den Untergangsparolen glaubt, die sehr ähnlich sind, obwohl sie auf verschiedenen Kanälen veröffentlicht werden. Nach Angaben des Schaustellerverbands wird die große Mehrheit der Feste stattfinden, "gut vorbereitet, sicher und mit der allseits beliebten festlichen Atmosphäre". 

Demnächst im Wirkbetrieb 

Das sind die reinen Fakten, wie sie zweifellos auch das Europäische Zentrum für demokratische Resilienz bestätigen wird, sobald die Disinformation-Unit unter der federführenden Verantwortung von Justizkommissar Michael McGrath den Wirkbetrieb aufgenommen hat. Im nächsten Jahr können Falschmeldungen zu Weihnachtsmärkten dann bereits durch die zentrale Anlaufstelle für den Informationsaustausch zwischen EU-Staaten und EU-Institutionen abgewehrt werden. In diesem Jahr aber müssen hybride Angriffe wie die koordinierten Online-Desinformationskampagnen auf die zentralen Orte der deutschen Weihnachtskultur noch improvisiert abgewehrt werden.

In der Sammlung "Mythos und Wahrheit" finden Interessierte bis dahin die schönsten Antworten auf rund 30 Vorurteile und Falschmeldungen zum Schmökern und Schlauerwerden. Spätestens wenn der üble Querdenker-Schwager am Glühweinstand auftaucht, lässt sich mit der amtlich geprüften und abgenommenen Argumentationshilfe in der Hand viel Gutes bewirken.

Mittwoch, 12. November 2025

Neuer EU-Geheimdienst: Jetzt auch noch intelligent

Ursula von der Leyen plant die Gründung eines eigenen Geheimdienstes, um Bedrohungen der EU durch Kritiker, Gegner und fremde Mächte wirksamen begegnen zu können.


Das fehlte natürlich noch. In etlichen Bereichen, in denen ihr ursprünglich keine Kompetenz zustand, hat sich die EU-Kommission inzwischen selbst eine zugeteilt. Die Gründerväter der Gemeinschaft konnten nicht alles wissen. Sonst hätten sie dem obersten Regierungs- und Verwaltungsorgan ihres geplanten Staatenbundes sicherlich selbst schon den Auftrag erteilt, nicht nur für Wettbewerbsrecht, Handelspolitik, Zölle und die Abstimmung der Währungspolitik der Mitgliedsstaaten alleinverantwortlich zu sein.

Zusammenhalt durch Zentralisation 

Zusammenhalt braucht Zentralisation. Gemeinsamkeit muss sich ausdrücken im umfassenden Ersatz einzelstaatlicher Diversität durch Planvorgaben von ganz oben. Diese Überzeugung, Einstellungsbedingung für jeden, der bei der EU arbeiten will, hält die heute noch geteilten Zuständigkeiten zwischen Staaten und EU bei Binnen- und Arbeitsmarkt, Sozialem, dem sogenannten Zusammenhalt, der Landwirtschaft, der Fischerei, bei Umwelt-, Verbraucherschutz- und Energiefragen, bei Justiz und Grundrechten und  Migration und Inneres für längst überholt.

Dank der ihr zugebilligten Teilzuständigkeit in wolkig beschriebenen Bereichen wie dem "wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt" und einem gewissen "ergänzend" genannten Mitspracherecht bei Gesundheitsschutz, Bildung, Kultur und Sport, Industrie und Tourismus ist es der EU gelungen, immer weiter in unbekannte und verbotene Gefilde vorzudringen. Seit Ursula von der Leyen in Brüssel das Zepter schwingt, ist nichts mehr unmöglich im Berlaymont-Gebäude.

Eine Kommission ohne Tabus 

Einer entschlossenen Riege von Kommissaren unter einer Kommissionschefin, die keine Tabus mehr kennt, gelang es der früheren deutschen Verteidigungsministerin, eine Kommission zusammenzustellen, deren  Kommissare nahezu ausschließlich für Themen zuständig sind, für die EU ausdrücklich nicht zuständig ist. Eine Teresa Ribera etwa amtiert im Bereich "Sauberer, fairer und wettbewerbsfähiger Wandel", eine Henna Virkkunen hat sich für "Technologische Souveränität, Sicherheit und Demokratie" zuständig erklärt und ein Wopke Hoekstra ist der Chef von "Klima, Netto-Null-Emissionen und sauberes Wachstum". 

In Zeiten, in denen der Russe wieder vor der Tür steht, darf die EU natürlich auch bei der Verteidigung nicht fehlen. Nach den europäischen Verträgen liegt die Zuständigkeit hier allein bei den Mitgliedstaaten, die die EU-Kommission allenfalls bei Gesprächen über die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) hinzuziehen können. Doch Ursula von der Leyen ist eine Frau, die Chancen erkennt und keinen Widerspruch duldet. Kaum war der Krieg im Osten in Gang gekommen, etablierte sie ihre Kommissarsrunde als Konkurrenz zu GSVP und Nato. 

Die EU ist für alles zuständig, wenn sie nur will 

Die EU sei jetzt zuständig für dieses bedeutsame Thema, ließ Ursula von der Leyen bei der Vorstellung des früheren litauischen Ministerpräsidenten Andrius Kubilius als Kommissar für "Verteidigung und Weltraum" wissen. Sie habe einen "Fahrplan zur Wahrung des Friedens", der eine gemeinsame Aufrüstung vorsehe. 

Kubilius, von dem öffentlich nicht bekannt ist, ob er den bis zur Loslösung Litauens von der Sowjetunion vorgeschriebenen Wehrdienst in der Sowjetarmee abgeleistet hat, sei berufen worden, um Europas Armeen massiv aufzurüsten und die Gemeinschaft in eine Militärmacht zu verwandeln. Aus dem einzigen Kontinent, der jemals mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, soll das "stählerne Stachelschwein" werden, von dem die EU-Chefin glaubt, es werde Putin wirksam abschrecken.

Keine Armee, aber große Pläne 

Der Litauer hat für die Erfüllung seiner Aufgabe aber nicht nur keine Zuständigkeit, er hat auch kein Geld, keine Armee, keine Waffen. Abgesehen von einer mehr als 35 Jahre andauernden Funktionärskarriere, die den 69-Jährigen schon in sämtliche Parlamente und Ämter gespült hat, verfügt Kubilius - auf Deutsch "würfelförmig" - nur über das Wort als Waffe. In Zeiten, in denen der Ruf nach der Gründung der Vereinigten Staaten von Europa so leise geworden wie der nach der Gründung einer EU-Armee, ist das nicht viel mehr als ein symbolischer Sieg über die Vorgaben der Verträge. 

Gerade diese Strategie der fortwährenden Ausdehnung der EU-Verantwortlichkeiten aber hat Brüssel so stark gemacht wie es heute ist. Der frühere Kommissionschef Jean-Claude Juncker, ein Freund des extrem rechten Italieners Silvio Berlusconi, der bekannt geworden war für eine seltene Art Rückenschmerzen, die das Tragen von zwei Paar Schuhen gleichzeitig erforderte, hat das Erfolgsrezept auf einen Nenner gebracht. "Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert", sagte Juncker bereits 1999. Wenn es dann kein großes Geschrei gebe und keine Aufstände, "weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter."

Applaus statt Protest 

Statt Geschrei erntete Ursula von der Leyen für ihre Idee, dass Brüssel jetzt auch die Verteidigung der EU verantwortet, großen Applaus. Europa dürfe nicht nur aufwachen, sondern es müsse auch aufstehen, zitierte die "Tagesschau" einen Tobias Cremer, der als "außenpolitischer Sprecher der SPD im Europaparlament" niemals zuvor öffentlich in Erscheinung getreten war. Europa müsse "seine eigene Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit" herstellen. Das gehe nur über die EU.

Was soll schon passieren, wenn die europäischen Verträge von der Institution ignoriert und ausgehöhlt werden, die durch die Verträge zur Hüterin der Verträge bestimmt worden ist? Es gibt kein Ende, keine Grenze, kein langes Innehalten. Nicht einmal ein ganzes Jahr nach der Vorstellung der Kommission von der Leyen II, die der einzigartigen Tradition der verrückten EU-Kommissariatsnamen mit Ressortbezeichnungen wie "Sauberer, gerechter und wettbewerbsfähiger Übergang", "technologische Souveränität, Sicherheit und Demokratie" oder "Soziale Rechte und Kompetenzen, hochwertige Arbeitsplätze und Vorsorge" Highlights aufsetzte wie noch keine zuvor, geht Ursula von der Leyen den nächsten Schritt.

Ein eigener Geheimdienst 

Die Europäische Kommission arbeitet an der Gründung eines eigenen Geheimdienstes. Die neue  Spionage-Einheit solle direkt von der Leyen unterstellt werden, meldet die "Financial Times". Vertrauen ist gut, doch Kontrolle ist besser. Die Chefin von 440 Millionen Europäern war zuletzt schon gezwungen, sich wegen der verschärften Sicherheitslage im europäischen Stadtbild weitgehend in ihre Zimmerfluchten im 13. Stock der EU-Zentrale zurückzuziehen. Nur um ihre bedeutsamen und  wegweisende Reden  über die De-Priorisierung von Klimafragen, Demokratie und Sozialpolitik zu halten, verlässt die Präsidentin ihr Hauptquartier noch. 

Ursula von der Leyen aber hat das Gefühl, sie dringe nicht mehr recht durch mit ihrer Politik der jähen Wendungen, die eben noch den Klimatod von Millionen beschworen hat, wenn Brüssel nicht binnen weniger Jahren Millionen Europäer zum Heizungswechsel zwingt. Und einen Moment später schon behauptet, es werde nun doch nicht das Klima sein, sondern Putin, der den übriggebliebenen Wohlstand rauben wolle. Bis hin in die eigenen Kreise muss von der Leyen inzwischen mit Kritik rechnen. 

Ein englischer Name 

Bei der Namenswahl für eigenen Geheimdienstes orientiert sich Ursula von der Leyen nicht europäischen Vorbildern dem Bundesamt fü Verfassungsschutz, dem Bundesnachrichtendienst, dem französischen Direction générale de la Sécurité extérieure oder Italiens Agenzia Informazioni e Sicurezza Esterna: Aus Rücksicht auf die nach dem Austritt der Briten immer noch verbliebenen fast zehn Millionen englischer Muttersprachler unter dem 440 Millionen Europäern hat sich von der Leyen für einen englischen Namen mit "Intelligence" entschieden, eine Anleihe bei der amerikanischen CIA, die, so hofft die EU, für Intelligenz steht.

Die kann niemand der Frau absprechen, die auf Geheiß der damaligen Kanzlerin Angela Merkel nach Brüssel flüchten musste, als sich ihre SMS-Affäre zum handfesten Skandal auszuwachsen drohte. In Brüssel hat von der Leyen im vergangenen Jahr von mehreren hundert der mehr als 300 Millionen Europäer ein starkes Mandat erhalten, auch den Job als Europas Geheimdienstchefin noch nebenbei zu erledigen. Warum also nicht?

Traum von der Großmacht 

Der Traum von einer Großmacht EU, die in der Weltpolitik mitreden dürfe, sei geplatzt, bescheinigte ihr Mario Draghi, als langjähriger EU-Politiker und frühere Chef der Europäischen Zentralbank einer, auf den eigentlich Verlass hätte sein sollen. Ach wirtschaftlich bescheinigte der von von der Leyen selbst beauftragte Italiener der EU eine desaströse Leistung: In Europa sei die Produktivität "schwach, sehr schwach". Über Jahre habe sich "zwischen der EU und den USA eine große Lücke im Bruttoinlandsprodukt aufgetan". 

Die traurige Folge sei, dass das "verfügbare Pro-Kopf-Einkommen in den USA seit 2000 fast doppelt so schnell gestiegen sei wie in der EU. Das Zurückfallen hätten die europäischen Haushalte "in Form eines entgangenen Lebensstandards gezahlt".

So fängt es immer an, so beginnen Weltreiche zu bröckeln, bis sie schließlich unter der Last der eigenen Versäumnisse zusammenbrechen. Der neue EU-Geheimdienst - Arbeitstitel SEUI wie Secret European Union Intelligence - soll unter Leitung des Generalsekretariats der Kommission Informationen sammeln und analysieren. So will die EU ihre eigene Sicherheit stärken und besser auf Bedrohungen durch Kritik, Zweifel oder Vorwürfe durch Äußerungen von US-Präsident Donald Trump, seinem Vize JD Vance oder anderen Lautsprechern der populistischen Rechten reagieren. 

Ein Sieg der Gemeinsamkeit 

Ein konkreter Zeitplan für die Umsetzung der Geheimdienstpläne liegt laut "Financial Times" noch nicht vor, auch weil die Kommission noch innere Widerstände überwinden muss. Heute schon betreibt der diplomatische Dienst der EU, eine Unit, die Auftrag des jeweiligen  Hohen Vertreters der EU für Außen- und Sicherheitspolitik tätig ist, das "Intelligence and Situation Centre", das als Unterdirektorat des European External Action Service (EEAS)  ausschließliche zivile Aufklärungsmissionen erfüllt, die den Entscheidungsträgern der EU vor Fehlentscheidungen detaillierte Analysen liefert. 

Die neue spezielle Nachrichtendienststelle hingegen werde "die Sicherheit angesichts geopolitischer Schwierigkeiten stärken", bestätigte ein EU-Sprecher der "Financial Times". Eingestellt werden sollten Beamte "aus der gesamten EU-Nachrichtendienstgemeinschaft", so dass der Datenabgleich mit den  Informationen der Heimatdienste jederzeit gewährleistet werde.

Hamburg und die Hamas: Am Ende ist es doch Liebe

Spiegel Heldengeschichten aus Gaza
Der "Hamas-Kämpfer" ist zurück. Er ist manchmal brillanter Techniker und liebender Vater. Niemals aber Terrorist!

Am Ende ist es dann doch die Liebe, die über alle Zweifel, alle Ablehnung, die Vorbehalte und den Hass siegt. Zwei Jahre nach den Massakern, bei denen Mörderkommandos der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel mehr als 1.200 Juden umbrachten, wagt das frühere Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" eine sprachliche Rückkehr in die ersten Tage danach. Damals waren die Killer in deutschen Medien meist als "Kämpfer", "Rebellen" oder wertfrei als "Hamas-Angehörige" bezeichnet worden. Hochachtung sprach aus den Hymnen, die auf die Tapferen gesungen wurden, die von den "Hamas-Behörden" (Stern) ausgeschickt worden waren.

Böse Opfer

Hingebungsvoll beklagten die ganz großen Adressen die üble Härte, mit der Israel sich gegen die wehrte, die dem Judenstaat nicht nur das Existenzrecht absprachen, sondern ihren Plan zu seiner Vernichtung auch mit Waffengewalt vorantrieben. Ginge das nicht auch verbindlicher, zarter und ohne den Einsatz von Bomben und Granaten? Sollte man sich nicht besser einfach mal zusammensetzen und über die gegenseitigen Wünsche reden?

Die armen Kinder der "Kämpfer", schallte es. Schon in Tagen, wusste die Welt bis hin zu den traditionell gegen Israel Vereinten Nationen (UN), werde in Gaza kein Wasser mehr fließen. Noch ehe zwei Millionen Menschen wegen der durch die IDF unterbundenen Versorgung der Hamas-Anhänger durch eine bunte Vielfalt an Hilfsprogrammen verhungern könnten, würden sie verdursten.

Die Speisung der mehr als 5.000

Traurig genug, aber es kam dann anders. Wie das Wunder geschah, dort, in einer Region, in der schon Jesus mit seiner wundersamen Brotvermehrung am See Genezareth die legendäre "Speisung der Fünftausend" durchführte, blieb unaufgeklärt. Der Hunger verschwand, der Durst zog sich aus Gaza zurück. Die Anzahl der vom "Hamas-Gesundheitsministerium" offiziell bestätigten Todesopfer - alles Kinder, Frauen und Alte! - wurde nicht mehr täglich durchgegeben.

Die Versorgungsschwierigkeiten eines Landstrichs mit mehr als zwei Millionen Bewohnern, die seit Jahrzehnten allein über das Saugen an den globalen Zitzen an der Weltwirtschaft partizipieren, blieben ein Topos der Berichterstattung. Doch ihre Hauptklage verlegten die Aktivisten in den deutschen Schreibmaschinengewehrstellungen auf die älteste antisemitische Klage, dass Israel Kinder ermorde, auch Frauen, und der Bundeskanzler handeln müsse.

Killer als "Kämpfer" 

Wegen der Wortwahl aber kam Kritik auf. Killer als Kämpfer zu bezeichnen, Islamisten als Aktivisten und antisemitische Terroristen als Befreiungskämpfer, das schien selbst unter deutschen Bedingungen keine kluge Wahl. Im Gaza-Streifen zog sich der Hamas-Kämpfer in die Tunnel zurück, die seine Ingenieure dank großzügiger Geldgeschenke aus Europa über Jahre hatten graben können.

 In den Leitmedien der Spendiernation Nummer 1 verschwand er weitgehend in Reservate beim ZDF. Abgelöst wurde er vom "Hamas-Terroristen", vom "Miliz-Angehörigen" und dem "islamistischen Kämpfer", ausweislich der Bezeichnung allesamt recht patente Kerle, die dem so oft so hochgelobten israelischen Geheimdiensten aber mal richtig einen eingeschenkt hatten

Klammheimliche Freude 

"Kalt erwischt" nannte die Süddeutsche Zeitung den tausendfachen Mord, begangen von Angehörigen einer "militanten Palästinenserorganisation" (ZDF) im Rahmen eines "Krieges der Hamas gegen Israel". Warum auch nicht. Die Terrortruppe war in Europa nicht einmal verboten, sie hätte an Straßenständen Spenden einwerben dürfen für die bedauernswerten Opfer eines Völkermords, die natürlich dieselben Leute waren, die die Hamas zuvor gewählt hatten. Aber hätten sie das wissen können? Dass es einen Punkt gibt, an dem ein Angegriffener nicht mehr die andere Wange hinhält, sondern zurückschießt mit fast allem, was er hat?

Von Deutschland aus gesehen, das heute noch gelegentlich an den Verletzungen leidet, die ihm die beiden Terrororganisation RAF (ca. 50 Mitglieder) und NSU (ca. 3) zugefügten haben, führte das alles zu nichts. Hätten Annalena Baerbock, Georg Restle und Richard C. Schneider das Sagen gehabt, wäre der Zwist zwischen Juden und Arabern in Windeseile beigelegt worden.

Eine friedliche Lösung 

Für den Anfang hätte Israel seine Siedlungen abgerissen und die Mauer zum Gazastreifen gleich mit. Die Regierung in Jerusalem hätte die Hamas-Regierung als legitime Vertretung des Staates Palästina anerkannt und die mit der Hamas auf den Tod verfeindete Regierung des greisen Fatah-Rentners Mahmud Abbas im Westjordanland gleich auch noch. Deutschland hätte nach dieser Dreistaatenlösung  die Versorgung der beiden neugegründeten Länder übernommen, vielleicht unterstützt von den palästinasolidarischen Regierungen in Frankreich, Spanien und Schweden. 

Friede, Freude, Eierkuchen im heiligen Land. Dass sich Benjamin Netanjahu weigerte, solchen Vorschlägen auch nur zuzuhören, vervielfachte den ohnmächtigen Zorn der Nahost-Touristen. Nur weil die Hamas manchmal "bis zu 2.000 Raketen in Richtung Israel" (FR) in einer Nacht geschossen hatten, muss man doch nicht die Geduld verlieren, mahnte Annalena Baerbock, die auf den letzten Metern ihrer Regentschaft im Auswärtigen Amt jedes Interesse an anderen Themen verlor. Ihre Mission war die, den Palästinenser Frieden zu bringen. Ihr großer Kummer der, dass niemand ihre Ratschläge hören wollte.

Noch schnell anerkannt 

Es waren dann nicht die Deutschen und ihrer europäischen Partner, die das von der Terrororganisation beherrschte, unterdrückte und ausgebeutete Gaza kurz vor dem Finale noch schnell als richtigen Staat anerkannten, sondern der US-Präsident, dem es gelang, dem Grauen ein Ende zu machen. Nach Bomben gegen Kuweit, Bomben gegen den Iran und Einsätzen gegen die Hisbollah stimmte die Restführung der Hamas einem taktischen Waffenstillstand zu. 

In Deutschland feierten Medien das angemessen: Der Austausch von palästinensischen Gefängnisinsassen, häufig wegen Mord und wegen Attentaten verurteilt, gegen die am 7. Oktober 2023 entführten Geiseln, lief regelmäßig unter "Geiselaustausch". Die beste Art, der einzigen Demokratie im Nahen Osten noch eine mitzugeben, wenn sich deren unerbittliche Strategie nun schon für den Moment  als richtig herausgestellt hat.

Aufmärsche von Antisemiten 

Die Terrorhelferflottenfahrten von Admiralin Thunberg endeten. Die als "pro-palästinensische Demonstrationen" bezeichneten Aufmärsche von mehr Antisemiten als in Deutschland jemals seit den 40er Jahren offen auf der Straße für ihre Sache einstanden, verloren an Zulauf.  Das Thema war medial durch, nicht mit dem besten Ende für die Anhänger der "palästinensischen Sache" (Georg Restle), aber mit einer "Täter-Opfer-Umkehr der perfidesten Art", wie der frühere Bundeskanzler Olaf Scholz sich selbst womöglich zitieren würde, hielte ihm heute noch jemand ein Mikrophon hin.

Der "Spiegel" jedenfalls ist zurück im Soli-Modus. Jetzt, wo es keine Opferzahlen des "Hamas-Gesundheitsministeriums" (ZDF) mehr zu vermelden gibt, sorgt sich das frühere Nachrichtenmagazin um "unter Rafah eingeschlossene Hamas-Kämpfer", die eine "Kapitulation" ablehnen, obwohl sie "im eigenen Tunnel hinter der Gelben Linie gefangen" sind. Rund 200 dieser "Kämpfer harren in Rafah unter der Erde aus, über ihnen hat die israelische Armee Stellung bezogen", schildert das Blatt die Situation. Und es zieht den Hut vor den letzten Aufrechten: "Aufgeben wollen die Palästinenser nicht."

Eine Liebesgeschichte 

Es ist nicht die einzige Liebesgeschichte, die im Hamburg dieser Tage produziert wird. Zuvor schon war unter der Zeile "Brillanter Techniker, liebender Vater – und Terrorist?" eine Saga veröffentlicht worden, die die Geschichte des "mutmaßlichen Hamas-Kämpfers" (sic!) auf links drehte, der "jahrelang für eine Partnerfirma des ZDF gearbeitet" hatte, "bis die Israelis ihn töteten". Aus niederen Beweggründen mit Sicherheit. Denn wie die Recherche zutage fördert, unterschied sich Ahmed Abu Mutair gar nicht so sehr von Goebbels, Meinhof und Mundlos - auch er hing an seiner Familie, liebte seine Kinder. 

Für ein fünfköpfiges "Spiegel"-Team zeigt der Fall Ahmed Abu Mutair nun keineswegs, was geschieht, wenn ein öffentlich-rechtlicher Sender aus Deutschland sich ähnlich naiv auf Beteuerungen eines Terroristen verlässt wie deutsche Ministerien sich auf die Versprechen von NGOs und UNRWA verlassen hatten, dass deutsches Geld nicht beim Judenmord hilft. Mittlerweile will die Bundesregierung nicht mehr für Märtyrerrenten zahlen, obwohl das immer schon ausgeschlossen war. 

Er war nur ein Techniker 

Nein, im "Spiegel" wird der Fall des vom ZDF als "Techniker" bezeichneten Hamas-Offiziers, der dfür das Zweite "im Bereich der Übertragungstechnik beschäftigt" und nie redaktionell gearbeitet hat, zum Beweis dafür, "wie schwer die Berichterstattung aus Gaza ist, solange Israel westlichen Medien den Zugang verweigert". Mag der Mann auch Hamas-Mitglied oder sogar Hamas-Offizier gewesen sein. Schuld daran, dass er den Sender in Mainz infiltrieren konnte, nur zum Broterwerb selbstverständlich und ohne böse Absicht, waren die Juden.

Wie immer also. Schon seit Jahren richten die großen deutschen Medien ihre Berichterstattung deshalb konsequent am sogenannten Drehrumbum-Prinzip aus. Nach dem vor vielen, vielen Jahren schon erfolgreichen Muster hat die "Spiegel"-Redaktion unvergessliche Meisterwerke des Antisemitismus geschaffen, wie sie Goebbels` Propagandaschmieden nicht brillanter hätten produzieren können.

Drehrumbum regiert 

"Gaza-Krieg: Israel erwidert trotz neuer Waffenruhe Beschuss aus Gaza" entstand bereits 2014. Die Lionie aber hält: "Nach zwei Monaten greift Israel wieder den Gazastreifen an und bricht damit die Waffenruhe", hieß es im März, als ein vorhergehender Hamas-Angriff keine Zeile wert war. "Das kurze Comeback des Krieges", feierte das Magazin im Oktober und wieder war der vorangegangene Angriff der Terrororganisation im Kleingedruckten versteckt. 

In der pro-palästinensischen Heldendichtung an die tapferen "Kämpfer" im Untergrund ist nun vom "bewaffneten Teil der Hamas" die Rede, aber auch von einem "sogenannten Friedensplan von US-Präsident Donald Trump".  Es ist recht deutlich zu spüren, wo die Liebe hinfällt: Da ja, dort nicht. 

Dienstag, 11. November 2025

Merz wird 70: Danke, Merkel!

Friedrich merz 70. Geburtstag
Seit seiner Wahl zum Bundeskanzler hat Friedrich Merz vieles richtig gemacht. Heute wird der CDU-Vorsitzende 70 Jahre alt und zur Feier des Tages steht kein Krisengipfel an.

Wenn das ein Grund zum Feiern ist! Friedrich Merz wird 70, aber er hat sich zu seinem Ehrentag ein wenig frei genommen. Nach dem offiziellen Kalender des Bundeskanzlers weilt der CDU-Vorsitzende noch in Brasilien, vermutlich, denn der letzte Eintrag im Dienstkalender lautet "Am Freitag nimmt der Bundeskanzler am World Climate Leaders‘ Summit in Belém in Brasilien teil und hält dort eine Rede." Erst morgen steht wieder Arbeit an - nach der Entgegennahme des Sachverständigengutachtens zum aktuellen Stand der Deindustrialisierung tauscht sich der Kanzler am Nachmittag mit den Sprecherinnen des Deutschen Behindertenrats über die Politik für Menschen mit Behinderungen aus.

Vollgepackte Tage 

Soll vollgepackt die Tage, so wenig Zeit hat der Chef der schwarz-roten Koalition, Glückwünsche entgegenzunehmen. Zum Glück, denn wo Kunst- und Kulturschaffende, Engagierte und einfache Menschen aus dem gemeinen Volk seiner Vorgängerin Angela Merkel noch mit Kränzen und Blumen die Aufwartung machten und große, kritische Medienhäuser ein feierliches Geburtstagsliedersingen für die Kanzlerin organisierten, fehlt es Merz bisher an genau dieser hingebungsvollen Zuneigung und Liebe seiner Bürgerinnen und Bürger.

Der Mann, der tut, was er kann, wird keineswegs so geschätzt, wie er es aus eigener Sicht zweifellos verdient hätte. Statt seinen Mut zu rühmen, an der Brandmauer zusätzliche Wachen aufzustellen, wird Merz als neuer Hitler mit Hakenkreuzaugen karikiert. Unterhalb der Strafbarkeitsschwelle, aber zumindest moralisch ein ernster Verstoß gegen den Majestätsbeleidigungsparagrafen, den dünnhäutigere Politiker wie der grüne Kanzlerkandidat Robert Habeck wahrscheinlich umgehend zum eigenen Nutzen und zum Schutz der Demokratie instrumentalisiert hätten.

Auf der größeren Bühne 

So einer aber ist der Neue im Bundeskanzleramt nicht. Merz spielt wie Merkel auf einer größeren Bühne. Seine Welt ist die Weltgeschichte. Er steht über den Dingen und er widersteht dem Drang, im Kleinklein eines politischen Alltags zu scheitern, in dem jedes akut erscheinende Problem sofort zur "Chefsache" erklärt wird. Olaf Scholz, Umfragen zufolge vielleicht schon der letzte Bundeskanzler der SPD für viele, viele Jahrzehnte, wenn nicht für alle Zeiten, hatte sich das zur Methode gemacht. Keine Krise, die er nicht selbst verwaltete. Kein Problem, dessen Lösung er nicht in seiner TikTok-Aktentasche mit sich herumtrug.

Vom Hamburger Heidi-Kabel-Platz, überlieferten Urkunden zufolge Scholzens allererste Chefsache, bis zu Bundeswehr und Tesla häufte Scholz seine Chefsachen zu Bergen an. Kurz vor seinem Scheitern hatte er es auf 13 aktenkundige Vorgänge gebracht. Ein echter Kümmerer, den das frühere Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" prompt fragte: "Wann führt der Kanzler endlich?" 

Das führt einer 

Bei Merz stellt sich diese Frage nicht. Der Münsterländer, den Angela Merkel so lange als Reserve für wirklich schlimme Zeiten zurückgehalten hatte, ist kein Zögerer, Zauderer oder Zupacker. In seinem Wahlkampf noch war der lange als konservativer Knochen gelesene Christdemokrat davon ausgegangen, dass seiner anvisierten Koalition mit einer geschwächten, enttäuschten und ideologisch ausgebrannten SPD  eine innere Mechanik zugrunde liegen werde, die die Entscheidungsfindung einfacher macht. Alle Probleme, die Deutschland seit Jahren quälen und einen so drastischen wirtschaftlichen Abstieg verursacht haben, dass es die Gesellschaft innerlich zerreißt, seien seit Jahren diagnostiziert, rief Merz seinen Anhängern zu. 

Zu viel soziale Hängematte. Zu viel Staat. Zu wenig private Investitionen. Zu wenig Zukunftstechnologie. Zu wenig Dynamik. Zu wenig Wagemut. Dafür Bürokratie ohne Ende, hohe Steuern, hohe Abgaben und ein Staat, der zwar teurer ist als jeder andere weltweit. Der aber einfach nicht mehr funktioniert. Da führt einer, wisperten sie sich in Wahlveranstaltungen leise zu. Vor manch innerem Auge tauchten Bilder von Kettensägen auf. Die Frage, wie das angesichts der Mehrheitsverhältnisse zu bewirken sein würde, stellte sich nicht. Merz hatte einen Plan.

Eine treue SPD 

Der Wahlkämpfer Merz, obschon auch vor einem Jahr kein junger Mann mehr, ging zumindest in seinen öffentlichen Erklärungen davon aus, dass die Einsicht in die unausweichliche Notwendigkeit grundlegender Veränderungen ihm die deutsche Sozialdemokratie zu einem Verbündeten machen würde. Immer, wenn es darauf ankam in der deutschen Geschichte, war die Sozialdemokratie schließlich bereit gewesen, nationale Interessen über ideologische Festlegungen zu stellen. Das würde, in Anbetracht der verzweifelten Lage hegte Friedrich Merz daran keinen Zweifel, auch diesmal wieder so sein.

Um die letzte Kugel der Demokraten, mit der die AfD noch tödlich getroffen werden könne, nicht zu verschwenden, müsse alles renoviert, saniert und modernisiert werden. Weg mit dem lähmenden Wust an Vorschriften.  Klare Ansagen an Brüssel, dass Deutschland, wie schon 2016 von Angela Merkel angekündigt, keine EU-Richtlinie mehr zu 200 Prozent übererfüllen wird.

Der Tiger brüllt 

Der Tiger brüllte, sprang und er landete im Suppentopf der Selbstzufriedenheit, in dem schon Merkel ihr Süppchen gekocht hatte - immer alles vom Ende her bedenkend und immer überrascht darüber, welche Konsequenzen die einsamen eigenen Entscheidungen hatte. Friedrich Merz ist neu im Amt, aber keiner, der an den alten Ritualen rüttelt. Der langen deutschen Tradition der medial beliebten Themengipfel, begründet bereits im Jahr 1934, hat er den "Stahlgipfel" und den "Chemiegipfel" hinzugefügt. Richtung Europa schrieb er einen Bittbrief. Ob man nicht, wenns nichts ausmache, eines Tages darüber nachdenken könne, die "Fesseln der Bürokratie" (Merz) vielleicht ein wenig zu lockern?

Seine grundstürzenden Veränderungen, allesamt bitter nötig, um wirtschaftliche Dynamik zu entfalten und die bleiernen Zeiten unter Merkel und Scholz zu beenden, setzt der Bundeskanzler wie ein Hütchenspieler durch. Gemeinsam mit Lars Klingbeil verschiebt er Milliarden von hier nach dort, aus einer Tasche in die andere, Netzentgelt weg und Gaszulage aus dem Haushalt, dafür Zusatzbeitrag bei den Krankenkassen hoch und Klimageld weg. Kein Sonderstrompreis für Arme, aber ein neuer Name für das Bürgergeld. 

Bestechende Merz-Logik 

Die Merz-Logik ist bestechend. Wenn deutscher Stahl durch die hohen Steuern und Abgaben und die astronomischen Energiepreise nun mal zu teuer ist, warum sollen dann nicht deutsche Unternehmen vom Steuerzahler die Mehrkosten erstattet bekommen, die sie tragen müssen, wenn sie mit deutschem Stahl bauen? Das bessert vielleicht nicht die Gesamtsituation, aber die Stimmung steigt. Und weil alles sowieso aus derselben Schatulle bezahlt wird, kostet es keinen Cent.

Keiner wird es viel schlechter gehen, vielen aber auch nicht besser, und das wäre schon ein Erfolg. Es ist ein Rundrum-Sorglos-Paket für alle, das Merz verspricht. Dass ihm von seinen Gegnern vorgeworfen wird, seine Eingriffe gingen "sogar über die Planwirtschaft von Robert Habeck hinaus" (Die Welt), ficht den früheren Blackrock-Manager nicht an. Für den Steuerzahler mögen die Belastungen im Augenblick schwer zu tragen sein. Aber für das Bild, das Deutschland global abgibt, ist es unumgänglich, am "klaren Kompass" (Merz) festzuhalten und keine Diskussion über die Klimaziele zuzulassen, deren Erreichen einen weiteren Rückbau der industriellen Basis zur Bedingung hat.

Weichen auf Minuswachstum 

Die Weichen sind auf Minuswachstum gestellt. Im September erst hatte Merzens Wirtschaftsministerin Katherina Reiche bekanntgegeben, dass der Stromverbrauch in Deutschland künftig weniger stark steigen wird noch als in der letzten Prognoserechnung angenommen. Die war noch vor dem Start der Welle an energiehungriger Künstlicher Intelligenz entstanden und hatte den deutschen Strombedarf auf  750 Terawattstunden im Jahr geschätzt. Nach dem von der EU geplanten "Aufholen des Innovationsrückstands gegenüber den USA und China bei KI" (von der Leyen) wird er bei nur noch  600 Terawattstunden erwartet.

Gut für die Welt, gut für die Umwelt. Im beim World Climate Leaders‘ Summit im brasilianischen  Belém hat Friedrich Merz mit seiner bemerkenswerten "Ich bin ein Indianer"-Rede klargestellt, dass er trotz Hader und Streit in seiner Koalition, trotz Syrien-Dissens mit seinem Außenminister und trotz der auch nach der Stadtbild-Debatte weiter desaströsen Umfragergebnisse "Klimaschutz, wirtschaftliche Stärke und internationale Zusammenarbeit" Hand in Hand gehen müssen. Deutschland und Europa haben, so verriet Merz den anderen Weltklimaanführern, dazu einen Weg gefunden: Sie setzen ganz einfach "auf Innovation und Partnerschaften, um Wohlstand und Klimaschutz zu vereinen".

Überzeugen durch Erfolg 

Noch spürt auch Friedrich Merz die Zweifel, von denen viele Bürgerinnen und Bürger nicht lassen können. Doch der Bundeskanzler, vielleicht schon der letzte der CDU für viele Jahre, lässt den Mut nicht sinken. "Wir werden dann Erfolg haben, und wir werden vor allen Dingen im Klimaschutz vorankommen, wenn wir ihn mit ökonomischem Erfolg verbinden können", hat er aus dem brasilianischen Regenwald wissen lassen. Ist das erst gelungen, "dann werden auch Unternehmer mehr investieren, und dann werden Bürgerinnen und Bürger auch überzeugter sein, den Weg mitzugehen."

Jetzt wohin: Roberts Reise ins Herz der Macht

Habeck Film Jetzt. Wohin. Jessen
Er ist wieder da: Mit seiner offenherzigen Lebensdoku "Jetzt. Wohin." bereitet Robert Habeck seine Rückkehr in die deutsche Politik vor.


Für die ersten paar Monate hatte er sich zurückgezogen. In Maxwell Creek im US-Bundesstaat Iowa kam Robert Habeck zur Ruhe. Nach anstrengenden und aufreibenden Jahren ihn hoher und höchster Verantwortung  wollte der frühere Grünen-Chef, Klimawirtschaftsminister und Kanzlerkandidat ganz neu anfangen. Zu sich kommen, zu sich finden, neue Kraft entdecken, reflektieren, was gewesen ist - als Obst- und Gemüsehändler im Mittleren Westen blieb Habeck lange unerkannt und unbehelligt.

"Robert is here" 

Sein Laden "Robert is here" lief gut, der Charme des schon mit nur 56 Jahren an seinen eigenen Ansprüchen gescheiterten deutschen Spitzenpolitikers wirkt auch über die Sprachbarrieren hinweg. Doch in Habeck grummelte es, je mehr Zeit verging, desto sicher war er sich, dass seine Mission daheim in Deutschland noch längst nicht beendet ist. 

Weit weg im Westen vernahm der Unvollendete, als den viele Deutsche Habeck sehen, wie es dahin schimpft, wie es meckert und die Verunsicherung so vieler immer weiter steigt. Natürlich sieht auch der Mann aus Schleswig-Holstein, dass die neue Regierungskoalition sich mangels eigener Ideen, Vorstellungen und Pläne konsequent im Visionenregal der Grünen bedient. Klimaschädliche neue Gaskraftwerke, Subventionen für billigen Strom für fossile Industrien, Festhalten an den hohen Steuer- und Abgabenbelastungen des Flugverkehrs, um Deutschland weltweit abzukoppelt... 

In den stillen Stunden 

Habeck fragte sich oft, vor allem den in stillen Stunden, wenn der Kundenstrom im "Roberts" nachließ, warum die anderen und nicht er, der sich das alles doch ausgedacht hatte. Es wurde Zeit für Plan B, das Comeback, das Habeck schon im Wahlkampf bei seinen Auftritten als "Bündniskanzler" vorbereitet hatte. Als umsichtiger Planer ließ sich die als "grüner Messias" gerühmte Lichtgestalt bei seinen Reisen durch die gespaltene Republik von Filmemacher Lars Jessen begleiten, einem Filmemacher, Freund, Berater und langjährigen Weggefährten. 

Der hat jetzt mit "Meine Reise mit Robert Habeck" einen sehr persönlichen Dokumentarfilm vorgelegt. Das Werk blickt hinter die Kulissen des Wahlkampfs 2025, es porträtiert die mit großen Erwartungen gestartete #habeck4kanzler-Kampagne, für die Habeck eine Armee von Trollen, Sockenpuppen und gutwilligen Freiwilligen gewonnen hatte. Trotz der großen Erwartungen und der hohen Summen, die seien Partei investiert, verliert Robert Habeck die Wahl, sogar so deutlich, dass er demonstrativ mit Freund und Feind bricht.

"Macht euern Dreck alleene!" 

Um Wählerinnen und Wähler für ihren Fehler zu bestrafen, zieht sich Habeck aus der Politik zurück. Ein Rätsel und ein Verlust, an dem Millionen zu knabbern haben. Die Sonderausstellung "Macht euern Dreck alleene!", noch bis Dezember im Schloss Pillnitz bei Dresden zu sehen, geht schon seit Juni anhand von Originalunterlagen, mit Dokumenten, Fotos und dem originalen Schreibtisch, an dem Habeck sein berühmtes Wahlkampfmotto "Ein Mensch, Ein Wort" erstmals niederschrieb, der Frage nach, wie der Traum von grüner Transformation zusammenbrechen konnte und was aus dem ersten und letzten deutschen Klimawirtschaftsminister wurde. 

Doch erst Lars Jessens Film veranschaulicht, wie der Hoffnungsträger vor und nach der Wahl lebte und wie er mit dem einschneidenden Umsturz umging. Halb Dokumentation, halb Hymne dockt der Streifen an Habecks Menschenfängertalent an. Seit Karl Theodor von Guttenberg und Annalena Baerbock hat ein deutscher Politiker in den letzten Jahren mehr Emotionen ausgelöst: Für die einen ist er Hoffnungsträger, für die anderen Projektionsfläche all dessen, was sie an der Wirklichkeit ablehnen. 

Der Himmel auf Erden 

Habecks Bereitschaft, offen zu sprechen und zu sagen, woran er glaubt, wird hier gelobt, aber auch problematisiert. Anderswo fahren Populisten Siege ein, indem sie den Himmel auf Erden versprechen. Jessen sucht Antworten: Warum hat Robert Habeck nicht so gearbeitet? Was ist schiefgelaufen und wie kann progressive Politik in Zeiten einer von Energiemangel, Wehrunwilligkeit und Stadtbildangst wieder gelingen?

Auf seiner Suche spricht Jessen mit den üblichen Verdächtigen. Neuro- und Kommunikationswissenschaftler:innen erklären, was bei denen schiefläuft, die nicht verstehen wollen, dass Freiheit aus der Einsicht in Notwendigkeiten besteht. Denker:innen, Erzähler:innen, Schauspieler:innen, Moderator:innen und Journalist:innen kommen zu Wort, um die Frage zu beantworten, wie fast 90 Prozent der Deutschen Habecks Charme widerstehen konnten. 

Das Stadtbild-Milieu 

Noch einmal hat das stadtbildbestimmende Milieu der frühen 20er seinen Auftritt. Die unumgängliche Luisa Neubauer ist das, Markus Lanz, der Musiker Jan "Monchi" Gorkow, der Schauspieler Charly Hübner und die Transformationsforscherin Maja Göpel. Auch der Küstenmerkel Daniel Günther hält einen lobenden Vortrag, zu gern wäre er Vizekanzler unter Habeck geworden.

Samira El Ouassil, Gleichstellungsbeauftragte des Instituts für Zeitgenossenschaft, lässt keine Zweifel. Der Funk-Moderator Friedemann Karig legt einen souveränen Auftritt vor der Kamera hin. Der Kognitionspsychologe Christian Stöcker erklärt Habecks Körpersprache. Und der Wahlkampfspezialist Arun Chaudhary beschreibt, warum sowohl Kamala Harris also auch Robert Habeck ihre Wahlen eigentlich hätten gewinnen müssen. Flankierend beschreiben Menschen aus Habecks Zeit als Schüler, dass sie immer schon wussten, dass aus ihrem Klassenkameraden einmal etwas Großes werden würde. 

Eventkinostart des Streifens ist am 7. Dezember bundesweit in allen großen Multiplexen. In ausgewählten Kinos wird zudem eine Duftfilmversion gezeigt und nach dem Abspann findet ein live kuratiertes Zwiegespräch zwischen Lars Jessen und Robert Habeck statt.

Einige Auszüge aus dem spannenden Drehbuch veröffentlicht PPQ hier allerdings exklusiv bereits vorab.

"Jetzt. Wohin."

Fade in, Nordsee-Deich im Morgengrauen
Wellen peitschen gegen den Deich. Rober Habeck, zerzaustes Haar, grüne Regenjacke, steht allein am Ufer, starrt ins Wasser. Sein Gesicht erzählt von Fragen, die er sich stellt. Wie weit wird die Flut steigen? Wie viele Leben wird sie kosten, in drei Jahren, in zehn und in 20? Neben ihm: Regisseur Lars Jessen, Freund, Beobachter, harscher Kritiker, Berater. Jessen trägt Kappe, Kamera in der Hand.

Dialog: Habeck, leise

Weißt du, was das Schlimmste ist?
Ich hab’s versucht. Wirklich. 

Jessen, nach einer Pause
Dann erzähl’s mir. Von Anfang an.  

Cut, 730 Tage zuvor, Deutscher Bundestag. Plenarsaal

Habeck am Rednerpult. Applaus der Grünen, Buhrufe der AfD.  Habeck, jungenhaft, frisch und unverbraucht am Mikro:
...und deshalb: 100 Milliarden für die Energiewende!
Kein Gas mehr aus Russland. Ab heute.  Kamera zoomt auf ein Handy: Push-Nachricht – "Nord Stream 2 gestoppt". Es ist Applaus zu hören. Der Mann am Pult sitzt stehend an den schalthebeln der unumschränkten Macht über Millionen.  

Cut, ohne Zeitangabe, Habecks Büro, nachts

Robert Habeck allein am Schreibtisch, eingemummelt in eine grobgehäkelte Strickjacke, Aktenberge um ihn herum. Wenn er spricht, bildet sich eine Wolke aus seinem Atem. Es ist kalt, ein zittertende Berater steht vor ihm, nervös.

Berater: Robert, die Gaspreise explodieren.
Die Industrie schreit. Die Bürger frieren. 

Habeck: Dann bauen wir LNG-Terminals. In Rekordzeit. In Wilhelmshaven, da kenne cih eine gute Stelle.

Berater: Wilhelmshaven? Das dauert Jahre!  

Habeck, lächelt verträumt: Nicht, wenn wir die Regeln... kreativ interpretieren.  Wir zeigen, was geht. Zeit, dass sich was dreht.

Smash Cut, Wilhelmshaven, eine Baustelle, Einblendung sechs Monate später

Schweißbrenner zischen. Kräne drehen sich. Robert Habeck, in Sicherheitsweste, schneidet ein Band durch. Hinter ihm: ein Transparent – "Floating LNG in nine Months!"  Getuschel auf der Tonspur, langsam schiebt sich die Stimme Habecks nach vorn. 

Habeck: Sie nannten es Wahnsinn. Ich nannte es Notwendigkeit. Hier stehen wir und wissen jketzt, wir können aus anders.

Act I, der Pakt, Kanzleramt, Geheimtreffen, nachts

Habeck, Kanzler Scholz, Verteidigungsministerin, verschwiegene Berater auf Stühlen an den Wänden, namenlos. Auf dem Tisch: ein Vertrag mit Katar.  

Scholz: Es ist ein unmenschliches Regime. Sie sind gegen Frauenrechte. 

Habeck: Sie haben Gas, jede Mnege, sie holen aus den USA.

Scholz: Die Mneschenrechte sind mir wichtig. 20 Jahre Gas. Gegen... was genau?  

Habeck: Gegen Stillschweigen. Aber sie wollen es auch bezahlt haben.

Scholz: Ich fahre da nicht hin.

Habeck: Ich kann das übernehmen. Ich kann schweigen. Über Menschenrechte. Über alles.  

Scholz nickt. Habeck schluckt und lächelt.

Cut. Habecks Wohnung (vermutlich), irgendo in Berlin, drei Uhr morgens

Habeck am Laptop. Eine verschlüsselte Drohmail, Absender anonym. "Sie haben den Teufel geküsst. Bald küsst er zurück." Habecks Blick geht zum BKA-Beamten, der in einer Zimmerecke sitzt. Der Mann, unauffäliig, mit Gut, nickt. Kollegen sind informiert. "Bis sechs haben wir ihn", sagt er.

Act II, Die Verzweiflung, Energiekrise von innen.

Bürger demonstrieren im Internet. Das Heizungsgesetz wird von rechten Medien als Knüppel gegen den grünen umbau genutzt. der Russe marschiert. Annalena Baerbock ist nach Kiew gezogen, sie absorbiert, was an positiver Aufmerksamkeit für Habecks Partei noch zu gewinnen ist. Dem Minister, der das Land am Laufen hältm bleibt die Kirtik. Zu wenig. Zu teuer.  Zu falsch.

Bundestag, Plenum. Habeck danach im TV: "Wir schaffen das."
Industriebetriebe schließen. Ein Windrad brennt. Verschleißt oder Sabotage rabiater Öko-Feinde? Ein Beknnerschreiben der AfD sei nicht nachweisbar authentisch.

Act III: Krisenstab, tagsüber.

Habeck vor Landkarte. Rote Kreuze: ausgefallene Gaslieferungen. Trotz Kniefall in Katar kommt nicht genug rein. Schwedt steht vor dem Aus. Berlin ohne Benzin? Unvorstellbar, sagt Habecks rechte Hand. Pragmatisch, unauffällig, graue Maus,  so wird Philipp Nimmermann  beschrieben. 

Herr Minister, die Chinesen bieten subventionierte Solarpanels an. 50 Cent pro Watt.

Habeck: Können wir die nicht selbst? Ich sage immer Resilienz! Die Fabriken im Solar Valley müssen doch nioch da sein. Ich denke an die Lieferkette?  

Nimmermann: Die Maschinen stehen jetzt in Xinjiang.

Habeck starrt auf die Karte. Er sagt leise: Wir nehmen sie. 

Act IV, Die Jagd und der Gejagte

Nachts, Fähre, Schleswig. Schneeregen. Dicke Luft.

Habeck an Steuerbord. Wortlos. Renintente Bauer brüllen enthemmt. Habeck wendet sich ab. Aus dem Off: "Die wollen nicht reden, die wollen Blut sehen." 


Cut. Im Ministerauto, Fahrt durch - vielleicht - Berlin. Es regnet.

Habeck sitzt selbst am Steuer. Radio: ...Ermittlungen gegen Wirtschaftsministerium..."  Sein Handy klingelt. Unbekannte Nummer.  Stimme, verzerrt: Fahren Sie nach Wilhelmshaven.
Allein. Oder die Akten gehen online. Der Anrufer legt auf.  

Wilhelmshaven, zwei Stunden später, drei BKA-Beamte in Bauerarbeiterwesten. Ihnen zu Füßen ein Mann. Telefongespräch. "Herr Minister, wir haben ihn." Dumpf zu hören:, leise: "Und die Unterlagen?" Der Beamte nickt. Alles da. Ein Sturm zieht auf, der Himmel über Berlin ist bleigrau. Habeck atmet auf. Hier ist alles dicht, sagt er zu Nmmermann. Niemand wird uns mehr verraten. Für Gas. Für Macht.  

Der Staatssekretär nickt kaum merklich. Es waren die Sozialdemokraten, Robert, wieder die Sozialdemokraten.

Habeck nickt. Ich habe Deutschland gerettet. Vor dem Blackout. Vor dem Krieg.  Warum, verdammt, will das niemand sehen.  

Epilog. Nordsee-Deich, Morgengrauen, Habeck und Jessen schauen auf die See. Die Kamera läuft.  

Jessen: Und jetzt? Wohin? Wie geht es weiter. Du bist noch so jung.

Habeck. Ich suche das Ungewisse. Wie immer. Manchmal rettet man ein Land, indem man seine Seele opfert. Manchmal muss man sich retten, indem man das Land verlässt.

Jesse: Werden wir uns wiedersehen?

Habeck: Die größte Angst ist nicht der Feind – sondern die eigene Entscheidung. Es kommt auf alles an. Immer und jetzt.

Fade out. Titeleinblendung: JETZT. WOHIN.

Weiterlaufend: Basierend auf wahren Ereignissen. Namen geändert. Triggerwarnung für den Verleih: Spannungsbögen, Energiekrise, Kälteerscheingen: Erpressung, Sabotage, BKA. 

Dahinter als visuelles Motiv: Windräder im Sturm, brennende Akten, LNG-Terminals bei Nacht.  
Sounddesign: Herzschlag unter Presseterminen, Meeresrauschen als Bedrohung.  

Montag, 10. November 2025

Auf, auf zum Kampf: Der Dreiviertel-Präsident

Der Präsident von drei Vierteln aller Deutschen hat die Arme weit geöffnet und allen, die er dezeit nicht vertreten kann, die Möglichkeit zur Umkehr angeboten. 

Das Gesicht ist bekannt, der Name ist Programm. Frank-Walter Steinmeier ist ein Mann, der das letzte Vierteljahrhundert der ersten stabilen deutschen Demokratie nicht nur miterlebt, sondern federführend mitgestaltet hat. Er war es, der dem sozialdemokratischen Gaskanzler Gerhard Schröder als treuer Knappe diente. Er ging als Außenminister auf Konfrontations- und Kuschelkur. Er war den einen zu Diensten und den anderen Feind, je nach Tageslage. Trotz seiner körperlichen Erscheinung wendig. Trotz aller Verhöhnungen als Schneeeule der deutschen Sozialdemokratie ein echter Weiser, dem die Realität nichts anhaben kann.  

Nachkomme von Steinmelkern 

Nachträglich wusste der frühere SPD-Kanzlerkandidat wenig oder auch nichts. Frank-Walter Steinmeier ist seinem Namen nach Nachkomme einer Familie, die eine Molkerei betrieb. Eine der ungewöhnlichen Art, denn sie verarbeite nicht Milch, um Produkte wie Käse, Butter, Quark und Joghurt herzustellen. Sondern wohl Steine, mutmaßlich, glauben Ahnenforscher, um die erste deutsche Brandmauer zu errichten, jenes Bauwerk, das heute als eine der tragenden Wände der deutschen Demokratie gilt. 

Neben ihm fielen sie, die Wegbegleiter, Konkurrenten und Genossen. Manchen schafften es noch in ein Auffanglager. Andere verloren Ruf, Büro und alles Ansehen. Steinmeiers Kunststück: Er wurde als einziger Minister wegen eines Verfassungsbruchs verurteilt. Und doch schaffte er es von Krankenbett des gescheiterten Kanzlerkandidaten ins Schloss Bellevue, jenen Traumort der Politiker, die durch Reden wirken wollen, nachdem sie mit Tun nichts erreichen konnte.

Die Teflonpfanne spricht 

Steinmeier, wegen seines makellosen Lebenslaufes gerühmt als die Teflonpfanne der Bundespolitik, tut das auf dei ihm eigene Weise. Jahr für Jahr und immer weder hält er so vielbachtete Ansprachen, dass ihn die "Tagesschau" einmal sogar zeigen konnte, wie er sich selbst verzückt zuhört, vberzaubert vond erschieren Kraft seiner Wort. Steinmeier verlangt nie nach einem "Ruck", er fordert keine Neuanfang und er bricht nicht den Stab über Jahrzehnten einer Politik, die das Land, dem er nominell vorsteht, in eine Dauerkrise gestürzt hat. Der Sozialdemokrat, der das überparteilich amtierende Staatsoberhaupt im Herzen immer noch ist, will keinen Stab brechen. Er will alle mitnehmen. Alle, die guten Willens sind.

Auch Steinmeier ist freilich nach rechts gerückt. "Jede, wirklich jede Anstrengung" müsse unternommen werden, um den "Zustrom zu verringern", forderte der Präsident schon, als die Ampel noch lavierte. Er war es, der das Thema Zuwanderung "das Thema Begrenzung der Migration" begriffen sehen wollte. Vor einem Jahr sagte Steinmeier klipp und klar: "Das muss Priorität haben in den nächsten Jahren" und er leitete damit eine Normalisierung der rechten Radikalisierung ein, vor deren Trümmern er jetzt steht.

Verteidiger der Brandmauer 

Für jemanden, der als junger Mann so linksradikal war, dass er das Interesse des Verfassungsschutzes geweckt hatte, ist das eine entsetzliche Bilanz. Angetreten als Verteidiger der Brandmauer, hat Frank-Walter Steinmeier den Menschen in Sachsen, den Leugnern, Verhöhnern und feinden der Energiewende mit seiner Rede vom september 2024 Prokura gegeben, zu denken, zu meinen und zu glauben, was sie wollen. Dass einer wie er sich aus purem Eigennutz an die Spitze der von Rechten befeuerten Migrationsbegrenzungdebatte setzte, war ein Freibrief, das hat Frank-Walter Steinmeier auch begriffen. 

Spät. Aber nicht zu spät. Als er jetzt anlässlich des deutschen Schicksalstages am 9. November zusammenkam, um "zu erinnern", erfüllten ihn "gemischte Gefühle", denn die sind vorgeschrieben. "Wir müssen sie haben", sagte Steinmeier ganz offen, denn "der 9. November – 1918, 1938, 1989 – er markiert fast ein ganzes Jahrhundert unserer Geschichte". Nicht alles war gut, was andiesem datum geschah. Nicht alles war schlecht. Widersprüche aber erschweren die Deutunng. "Licht und Schatten" (Steinmeier) sind etwas, das sich einer gemeinsamen Erklärung entzieht. So dass Frank-Walter Steinmeier dankbar war, als ihm seine Redenschreiben vorschlugen, doch einfach zu sagen: "Es geht am 9. November um den Kern unserer Identität."

Das Phänomen Steinmeier 

Nicht erklärt das Phänomen Steinmeier besser als dieser Satz. Ein Tag im Kalender des Präsidenten als "Seismograph", der "uns darüber erzählt, was uns verbindet und was uns auseinandertreibt, wie wir zusammenleben und was uns wichtig ist". Selbst der "klare Kompass", mit der Bundeskanzler ums Überleben navigiert, verblasst neben der "Erschütterungen und Friktionen, Ausschlägen und Rissen in unserer Gesellschaft", die das sensible Staatsoberhaupt in der grafischen Darstellung der Bodenbewegungen erspüren kann, die durch gesellschaftliche Diskussionen um Stadtbilder, die russische Bedrohung oder die Wehrdienstdebatte verursacht werden. 

Als Mann deutlicher Worte scheut sich Steinmeier nicht, eine Linie zu ziehen zwischen denen und uns. nach allem, was die großen demokratsichen Volksparteien geleistet haben, ist 107 Jahre nach dem 9. November 1918, der Ausrufung der ersten deutschen Republik, vieles infragegestellt. "Unsere liberale Demokratie steht unter Druck", prangert der Mann an, dessen Amtssitz gerade für eine Milliarde Euro aufpoliert wird, um der Welt zu zeigen, was Deutschland sich alles leisten kann. 

Im Land kommt die Argumentation leider auch nach hartnäckiger Wiederholung nicht an: "Populisten und Extremisten verhöhnen die demokratischen Institutionen, vergiften unsere Debatten und betreiben das Geschäft mit der Angst", hat Frank-Walter Steinmeier in seiner kämpferischen Rede zusammengefasst. besonders entsetzlich: "Das Tabu, sich offen zu solcher Radikalität zu bekennen, gilt für viele Menschen nicht mehr." 

Eine Definition, welche Art von Radikalität er meint, ersparte sich der Bundespräsident. Keine Partei wird genannt, keine Namen überhaupt. Jeder weiß, wer sich angesprochen fühlen muss: Die "Antidemokraten", die nach Kenntnis Steinmeiers ein "Drehbuch" haben, das "mühelos aufgeht". Statt verfilmt zu werden.

Der Letzte der Generation Hartz IV 

Was den letzten noch aktiven Politiker der Ära Hartz IV, Nord Stream und uneingeschränkte Solidarität mit den USA betrifft, ist die Frage, wieso alles ist, wie es ist. Der Antisemitismus. Die Fremdheit zwischen Ost- und Westdeutschen. "Wenn wir auf unser Land blicken, reiben wir uns die Augen: Sind wir nicht ein starkes Land, eine gefestigte Demokratie, ein stabiler Rechtsstaat, ein wohlhabendes Land mit einer leistungsfähigen Wirtschaft?" So hat Frank-Walter Steinmeier das in Erinnerung. 

Woher also die "große Unruhe in einer Gesellschaft, die tief verunsichert wirkt"? Da draußen, das beschreibt er als Erkenntnis aus seinen inkognito absolvierten Ausflügen in die kleinen Städte, in Dörfer und abgehönget Neubauvuiertel, höre er besorgte Gespräche: "Wie wird es hier für uns weitergehen" – wenn extreme Parteien stärker werden, wenn Menschen mit Einwanderungsgeschichte, wenn Jüdinnen und Juden nicht mehr sicher sind?" Das sind die Sorgen, die die Mehrheit nicht gut schlafen lassen.

Seine "übergroße Mehrhheit"

Es ist eine "übergroße Mehrheit der Menschen in unserem Land", für die Steinmeier spricht. Sie wolle "in Demokratie und Freiheit leben". Eine Minderheit will das offenbar nicht. Sie sehnt sich nach Despotie, Gängelung und Unterdrückung. Und sie ist Schuld am aktuellen Zustand von Stadtbild und Wirtschaft. "Nie in der Geschichte unseres wiedervereinten Landes waren Demokratie und Freiheit so angegriffen." Die Formulierungen des Bundespräsidenten ermangeln nicht einer gewissen Originalität: Waren. Nicht wurden. Neben dem "russischen Aggressor, der unsere Friedensordnung zertrümmert hat", sind da auch noch "rechtsextreme Kräfte, die unsere Demokratie angreifen und an Zustimmung in der Bevölkerung gewinnen". 

Einfach abwarten, "dass der Sturm vorbeizieht und solange in sichere Deckung zu gehen", reiche nach seiner Überzeugung nicht. Auch "Zeit zu verlieren haben wir nicht", sagt Steinmeier. "Wir müssen handeln. Wir können handeln! Unsere Demokratie ist nicht dazu verurteilt, sich auszuliefern! Die Demokratie kann sich wehren!"

Instrumente im Grundgesetz 

Es folgen längliche Passagen über Wehrhaftigkeit, die immer gern bemühten "Mütter und Väter unseres Grundgesetzes", die Weimarer Demokratie und ihre inneren Feinde und die Instrumente im Grundgesetz wie im Strafrecht, die "festgeschrieben" seien, "um unsere Freiheit zu schützen vor denen, die sie angreifen". Wir haben diese Instrumente in der Hand, sagt Steinmeier. Wer dieses Wir ist, sagt er nicht.

Ein Mann des entschlossenen "Wir können handeln, wenn wir wollen", der nicht bereit ist, erklärte Gegner der Demokratie in Schaltstellen der Politik und des öffentlichen Dienstes eindringen zu lassen. Wo "diejenigen Dienst leisten, die unsere demokratische Ordnung im Inneren und nach außen zu schützen haben", gibt es kein Vertun. Auch könne "nicht Richterin, Lehrer, Landrätin, Bürgermeister oder Soldat sein", wer als  Verfassungsfeinde erkannt werde. Diese Menschen auszuschließen, sei "nicht per se undemokratisch. Im Gegenteil: Er ist Ausdruck der wehrhaften Demokratie!"

Der Präsident der klaren Kante

Da steht ein Bundespräsident, der die klare Kante predigt. Die oder Wir. Alle oder keiner. Er lobt das Instrument des Parteienverbots. Aber er öffnet auch die Arme für die, bereit sind sich zu besinnen und umzukehren. Wer "schreie", es sei doch undemokratisch, ein Viertel der Wähler auszugrenzen, dem könn er nur sagen: "Sie haben es selbst in der Hand!" Von ganz oben, der ersten Adresse im Staate werden die Alternativen deutlich gemacht. "Greifen sie unsere Verfassung an, stellen sie sich gegen sie, wollen sie ein anderes, nicht-freiheitliches System? Da ist die Antwort unserer Verfassung klar: Eine Partei, die den Weg in die aggressive Verfassungsfeindschaft beschreitet, muss immer mit der Möglichkeit des Verbots rechnen."

Jedem steht es frei, sich an die Regeln zu halten, "die für alle gelten, die sich in Deutschland um politische Macht bewerben". Bis zum Verbot aber, das kommen werde oder auch nicht, könne nicht gewartet werden. "Auf keinen Fall dürfen wir tatenlos sein, bis diese Fragen geklärt sind." das Wir, das die Kräfte der politischen Mitte umfasst, müsse die Frage beantworten, wie "jetzt mit Demokratieverächtern und Extremisten" umzugehen sei. "Wie überzeugend ist die eigene politische Erzählung? Wie fest stehen die demokratischen Parteien?"

Eine feste Burg 

Nicht wo, nicht wie gramgebeugt und ratlos. Nur wie fest als organisierte Brandmauer. "Wenn dadurch ein Teil des demokratisch gewählten Parlaments von der Gestaltung ausgeschlossen wird, so ist dieser Ausschluss doch selbst gewählt", begegnet Frank-Walter Steinmeier dem Vorwurf, durch den cordon sanitaire würden namhafte Teile der Bevölkerung von der politischen Willensbildung ausgeschlossen.  Jeder habe doch "die Möglichkeit, auf das demokratische Spielfeld zurückzukehren, dort aktiv zu werden und wirksam zu sein". Vorbedingung sei nur die "gemeinsame Haltung aller Demokraten: Freiheit, Verantwortung, Gemeinschaftssinn, Vernunft, Augenmaß."

Eine große, eine weitere große Rede ist das, die den Extremisten ihre Grenzen zeigt. Steinmeier steht für eine bürgerliche Politik, wie sie seit vielen Jahren Vertrauen aufbaut und Zusammenhalt stiftet. Während Extremisten ausweichen, nennt er "machbare Lösungen", die das Leben der Menschen  verbessern. Verborgen in wolkigen Worten verstecken sich elementare Gegensätze einer Präsidentschaft, über deren Nachfolge noch nicht entschieden ist. 

Eine Frau soll es sein, eine Mehrheit muss sie finden und einen muss sie, was aus Steinmeiers Sicht mitten in der Mitte gespalten ist, weil die Linke "unliebsame Äußerungen pauschal als rechtsextrem" diskreditiert und  an der Brandmauer rüttelt, indem sei jede Debatte um Migration und Sicherheit zu verhindern suchten. Steinmeier ruft denjenigen zu: "Wir lassen nichts liegen. Wir verschweigen nicht, wo gehandelt werden muss. Tatsächliche Probleme gehen wir an!"

Vorglühen auf der COP 30: Rendite aus dem Regenwald

Frierich Merz startete seine erste Klimakonferenz mit einem klaren Kompass: Die Idee der Rendite aus dem Regenwald hat den früheren Blackrock-Manager überzeugt.

Der Chinese Xi hat mal gerade keine Zeit. Donald Trump hielt es nicht einmal für nötig, abzusagen. Europa aber ist ein Divisionsstärke angereist zum Treffen der Verlierer des weltweiten Wohlstandswettbewerbs. Emmanuel Macron konnte endlich den Zank zu Hause hinter sich lassen. Keir Starmer teilte sich mit Prince William einen Flieger. Ursula von der Leyen kam und warnte: "This must be the COP that keeps 1.5 degrees within reach!" Deutschlands Außenkanzler Friedrich Merz darf bei so viel Reichweite nicht fehlen. Beherzt bekannte er sich in Belém zum "Kampf gegen die Erderwärmung".

Mit guten Worten für gutes Wetter 

Wie Starmer und Macron ist der deutsche Bundeskanzler froh über jeden Tag, den er nicht mit Stahlgipfel, Chemiegipfeln und Gipfeln zur Rettung seiner Koalition verbringen muss. Daheim schwimmen die Felle davon, bei der UN-Klimakonferenz aber lässt sich noch mit guten Worten gut Wetter machen.  Hier im Regenwald sind die Staatsführer, Kommissionschefs, Sherpas, Verhandlungsführer, Diplomaten und Aktivisten unter sich. Hier lässt sich Tatkraft simulieren, die bis in die "Tagesschau" ausstrahlt. Hier werden neue Ideen geboren, die das Scheitern der alten übertünchen können.

Die COP30, erneut eine Veranstaltung des Klimaadels für den Klimaadel, lebt vom Ruf der Klimakonferenzen, etwas "bewegen" zu können. Seit dem ersten Treffen - damals ebenfalls in Brasilien - ist aus der Sicht der Alarmisten viel erreicht worden, zuletzt mit dem Klimaabkommen von Paris und seinen verbindlichen Zielen. Zugleich ist alles viel schlimmer geworden. Das 1,5-Grad-Ziel wird verfehlt werden, obschon "verbindlich" vereinbart. Auch das ersatzhalber damals gleich mit verabschiedete Zwei-Grad-Ziel wird kaum mehr zu erreichen sein.

Reisender Klimazirkus


Dem Glauben daran, dass die Menschheit sich über alljährliche Großkonferenzen, die als eine Art Klimazirkus um die Welt reisen, vor dem Untergang retten kann, hat das nicht geschadet. Diesmal ist die Zusammenkunft sogar aussichtsreicher als zuletzt, prognostiziert der "Spiegel". Denn weil im Weißen Haus ein rücksichtsloser Klimawandelleugner sitze, der "sich immer wieder öffentlich mit Tiraden gegen erneuerbare Energien lächerlich macht", könne der Rest der Welt endlich ohne Sabotage "der verblendeten Regierung" in Washington "deutlich besser vorankommen". 

China, mit einer 300-köpfigen Delegation unter Leitung von Ding Xuexiang angereist, einem Sonderbeauftragter des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping, werde "in eine globale Führungsrolle hineinspazieren", prophezeit der "Spiegel". Der größte globale Emittent von CO₂, der mit 15,5 Milliarden Tonnen CO₂-Äquivalenten stolze 20 Mal mehr Klimagas ausstößt als Deutschland, gilt neuerdings als Hoffnung der großen grünen Transformation. 

Das Klimavorbild ist kommunistisch


Obwohl die 1,4 Milliarden Chinesen die 84 Millionen Deutschen mittlerweile beim Pro-Kopf-Ausstoß an CO₂ nicht nur eingeholt, sondern überholt haben, genießen sie den Ruf, bei Solarenergie, Elektromobilität und Umweltschutz führend zu sein. Ganz leise nur noch klingt das Echo früherer Aufwallungen wegen der Menschenrechtsverletzungen des kommunistischen Regimes nach. Es ist das Norwegen-Syndrom: Auch die Skandinavier, die ihren Wohlstand ausschließlich dem Export fossiler Energieträger verdanken, genießen in Klimakreisen einen ausnehmend guten Ruf als Vorbild, weil sie die Billioneneinnahmen aus Öl und Gas dazu verwenden, ihr eigenes Land auf grüne Energie und Elektroautos umzustellen.  

Die EU hat kein Geschäftsmodell mehr, mit dem sich genug Geld einspielen ließe, um den kostspieligen Umbau von Industrie, Verkehr und Unterbringung von 440 Millionen Menschen zu finanzieren. Selbst in Brüssel, der Zentrale der neuen Klima-Planwirtschaft, grassierte zuletzt panische Angst, beim Festhalten am bisherigen Ausstiegspfad aus Kohle, Erdöl und Gas noch vor dem Verpassen des anvisierten Zieles der Klimaneutralität von Wählerinnen und Wählern aus dem Amt gefegt zu werden. 

Angst im "Wohnklo" 

Denen, vermutete selbst die Kommissionschefin in ihrem "Wohnklo" (lostin.eu) im 13. Stock des Brüsseler Kommissionsgebäudes, könnte es womöglich am Ende wichtiger sein, ihre Heizungsrechnung heute bezahlen zu können als mit dem guten Gefühl zu frieren, das Weltklima des Jahres 2050 gerettet zu haben. Im privaten Raumschiff fiel der Entschluss, das alles nicht mehr so ernst zu nehmen, bis die Lage sich stabilisiert hat.

Die EU ist nun schon aufgrund ihrer Wesensart kein Gebilde, das zu Fehlerkorrekturen imstande ist. Statt die eigenen Klimaziele kritisch daraufhin zu überprüfen, ob der mutmaßlich vergebliche Versuch, sie zu erreichen, es wert ist, den Kontinent zu deindustrialisieren, wollen ihre Führer sich damit über die Runden retten, alles ein klein wenig zu verzögern. 

Unter dem Druck der wachsenden Zahl der Unwilligen in den 27 Mitgliedsstaaten, die nicht noch mehr Wohlstand für einen Plan aufgeben wollen, dem außerhalb der EU längst niemand mehr folgt, wurden Zeitpläne einmal mehr verschoben, "zusätzliche (sic!) Schlupflöcher" (Spiegel) geschaffen und  Versprechen gedehnt. Es sei um "die internationale Glaubwürdigkeit" gegangen, hieß es, und man habe "nicht mit leeren Händen" nach Brasilien kommen wollen.

Ein neuer Fonds statt des alten Klubs

Da das allein bestimmt nicht hilft, haben die Gäste aus Europa den brasilianischen Gastgebern Geschenke mitgebracht. Brasilien, ein Land, das als zehntgrößte Wirtschaftsnation der Welt und achtgrößten Exporteur von Öl und Gas mit 2,1 Milliarden Tonnen CO₂-Äquivalenten mehr als dreimal so viel Klimagift produziert wie Deutschland, bei einer Bevölkerung, die keineswegs dreimal so groß ist, durfte sich freuen. Bundeskanzler Friedrich Merz war noch nicht richtig angekommen bei der COP30, da hatte er schon die erste Milliarde in einen neuen Fonds von Brasiliens Präsident Lula gezahlt, der künftig "Länder belohnen soll, die ihre Urwälder schützen".

Es ist ein neuer Klub, aber e werden dies dieselben Länder sein, die schon Olaf Scholzens "Klimaklub" motivieren wollte, sich an die in Paris gemeinsam vereinbarten Regeln und verbindlichen Ziele zu halten. Eine Handvoll Industriennationen gewann der damalige deutsche Kanzler für die Idee, eines "inclusive high-level forum for industry decarbonisation" könne für "eine schnelle Umsetzung des Pariser Klimaabkommens" sorgen, wo es bis dahin nicht einmal mit einer langsamen geklappt hatte. 

Die Papierfabrik  

Seitdem hat der Klimaklub, "global breit getragen" (Olaf Scholz), eine Menge Papier produziert. Die jüngste Ausarbeitung trägt den schönen Titel "Summary report of the Strategic Dialogues on causes and relevance of spillovers from mitigation policies" (im Deutschen etwa: Zusammenfassender Bericht über strategische Dialoge über Ursachen und Relevanz über Folgewirkungen aus Minderungsmaßnahmen"). Es war die erste wuchtige Wortmeldung nach sechs Wochen Pause. 

Die vorhergehende Veröffentlichung der "Kartierung der finanziellen und technischen Unterstützung für die Dekarbonisierung der Industrie in Schwellen- und Entwicklungsländern und Bestandsaufnahme der Trends in schwer zu dekarbonisierenden Sektoren" mit schlanken 78 Seiten war allerdings auf keinerlei öffentliches Interesse gestoßen..

Ganz anders als Merz` geldwertes Gastgeschenk. Das gilt nicht der "Emissionsverringerung im Industriebereich", indem Unternehmen aus Ländern belohnt werden, "die sich ehrgeizige Ziele beim Klimaschutz setzen" (Tagesschau) und nicht mit "unfairer Konkurrenz aus Staaten mit niedrigen Umweltstandards" zu kämpfen haben. Stattdessen soll Deutschlands "namhafter Betrag zum Gelingen" der Initiative des brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva einen "der wichtigsten Kohlenstoffspeicher weltweit und Lebensraum für Menschen und unzählige Tier- und Pflanzenarten" behüten helfen. 

Rendite aus dem Regenwald 

Das Geld wird nicht weg sein, es wird angelegt. Der "Tropical Forest Forever Facility" (TFFF)  soll  insgesamt 25 Milliarden Dollar von Geberstaaten einsammeln, dazu ist geplant, dass private Investoren weitere 100 Milliarden einzahlen. Das Geld wird nicht ausgezahlt, sondern an den Kapitalmärkten angelegt, um Gewinne zu erwirtschaften.

Geplant ist, dass nicht nur die privaten Investoren langfristig eine ordentliche Rendite einfahren, sondern auch noch genug abfällt, um Staaten, die ihre Tropenwälder nicht abholzen, zu prämieren. Vorgesehen ist nach Angaben der "Tagesschau" eine Prämie von vier US-Dollar pro Jahr und erhaltenem Hektar. 

Bei einer Milliarde Hektar Regenwald, von den sieben bis acht in Brasilien liegen, wird der Fonds ordentlich gemanaged werden müssen. Bei vier Dollar für den Erhalt eines Hektar werden im Erfolgsfall schon im ersten Jahr vier Milliarden Dollar fällig - zufällig genau die Summe, die TFFF nach Berechnungen der brasilianischen Regierung für den Waldschutz generieren wird. Etwa 80 Prozent der Summe flössen nach Brasília.

Das meiste Geld fließt nach Brasilien 

 Um die privaten Investoren auszuzahlen, bliebe nach Lage der Dinge nur das Geld übrig, das als Strafe für jeden zerstörten Hektar fällig werden soll. 140 US-Dollar sollen das pro Hektar sein, sobald durch Satellitenbilder der Beweis erbracht ist. Um die Anleger der 100 Milliarden wenigstens mit einer festgeldähnlichen Stillhalterprämie von drei Prozent locken zu können, müssten 20 Millionen Hektar tropischer Regenwald im Jahr fallen.

Wie der deutsche Kanzler, ehemals Blackrock-Manager, ist auch Norwegen überzeugt, dass die Rechnung aufgeht. Das Öko-Vorzeigeland mit der finsteren fossilen Seite hat gleich 2,5 Milliarden Euro für den Tropenwald-Fonds zugesagt. Vorausgesetzt, der Rest der Welt bringt mindestens 8,5 Milliarden Euro auf, um "Regierungen und lokalen Gemeinschaften zu ermöglichen, ihre Wälder zu erhalten, anstatt sie für kurzfristige Gewinne auszubeuten" (Guardian).

Besser als Klimaschutz 

Der TFFF hat noch keinen Cent ausgezahlt, hilft Brasilien aber jetzt schon, die früher geplanten drastischen Reduzierungen der Treibhausgasemissionen zu verzögern und die Verantwortung für die Klimarettung ganz auf die Industrieländer zu schieben. Die globale Erwärmung auf höchstens 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu halten sieht Ursula von der Leyen als letzte Politikerin weltweit "in Reichweite". Alle anderen schachern nur noch, wie sie selbst das Problem lösen, etwas tun zu sollen, aber nichts tun zu können, ohne bald zu gar nichts mehr in der Lage zu sein.n

Nach den verbindlichen Vereinbarungen des Pariser Abkommen von 2015 hatten die Nach Brasilien gereisten Regierungen zum zweiten Mal nach 2020 ihre aktualisierten Pläne zur Emissionsreduzierung vorlegen müssen. Die Frist für diese nationalen Klimaschutzbeiträge (NDCs) war im Februar abgelaufen. Bis Ende Oktober hatten nur etwa 60 Länder Pläne vorgelegt, deren  Umsetzung nach Schätzungen der Uno bis 2035 zu einer Emissionsreduktion von etwa 10 Prozent. führen würde.

Verglichen mit 60 Prozent, die noch fehlen, um die Erderwärmung "in reichweite" (von der Leyen) zu halten.