Dienstag, 11. Mai 2010

Ende vom Anfang des Endes

Das Ende vom Anfang des Endes kam am 11. Mai 330. Vor 1680 Jahren, länger als jedes Rettungspaket trägt, wurde aus der griechischen Weltstadt Byzanz die Ost-Metropole Konstantinopel, der letzte Versuch der Lateiner, Weltgeltung zu behaupten und dem westlich gelegenen Rom etwas Größeres, Prächtigeres und Mächtigeres entgegenzusetzen.

Die Geschichte der Stadt hatte schon in der griechischen Antike, um 600 vor Christus. Der Aufstieg in die erste Liga geschah allerdings erst in römischer Zeit und er endete mit dem Versuch, einen Gegenkaiser gegen den von Rom bestimmten Kaiser Septimius Severus zu unterstützen. Da der dem römischen Original unterlag, plante Septimius eigentlich, die Stadt zu zerstören, nur sein Sohn Caracalla hielt ihn davon ab.

Byzanz wurde zur vordersten Feste des zivilisierten Westens gegen die Barbaren, die in der Zeit der Völkerwanderung immer wieder einzubrechen drohten. Da die Osthälfte des römischen
Reiches immer mehr an Bedeutung gewann, zog Kaiser Konstantin I. hinüber - am 11. Mai 330 wurde die Stadt als neue Residenz eingeweiht, sie trug nun den Namen Konstantinopel.

Beinahe ein Jahrtausend lang wurden Eroberungsversuche anderer Völker abgewehrt, Konstantinopel überstand Stadtbrände und Epidemien und behauptete sich als eine der wichtigsten Weltstädte. Zugleich aber schrumpfte die ehemalige griechische Vorzeigegründung, das Osmanische Reich schwappte immer näher an die Stadtmauern, die byzantinischen Kaiser mussten mehr und mehr Fläche ihres Reiches gegen Ruhe und Frieden eintauschen. Im 15. Jahrhundert bestand Konstantinopel nur noch aus dem eigentlichen Stadtgebiet und ein paar umliegenden Dörfern, die Einwohnerzahl sank auf etwa 40.000, der Kaiser war nur noch ein Mann ohne Macht, angewiesen auf Hilfe der christlichen Glaubensbrüder aus Venedig, die knauserig waren mit Rettungsgeldern und sich gern mit Pfandrechten auf byzantinische Besitzungen bezahlen ließen.

Am 29. Mai 1453 traten die Truppen des Osmanen Mehmed II. zum letzten Sturm an, die Verteidiger aber hielten einmal mehr stand. Allerdings hatte ein Soldat beim nächtlichen Reparaturgang vor die Mauer vergessen, eine kleine Pforte zu schließen. Durch diese strömten die Angreifer in die Stadt, in den Rücken der Verteidiger. Konstantinopel fiel, das Abendland wurde ein Stück kleiner. Etwa hundert Jahre später avancierte Konstantinopel zur Hauptstadt des Osmanischen Reiches, das von Ungarn über Belgrad bis und Bagdad bis weit nach Nordafrika reichte. Im März 1930 änderte sich der Name noch einmal: Aus Konstantinopel wurde Instanbul. Die ehemals griechische Stadt, die ein Weltreich hatte sein wollen, aber existierte nicht mehr.

6 Kommentare:

derherold hat gesagt…

Sehr schönes Beispiel !

Für den Untergang mache ich im übrigen spätoströmische Dekadenz verantwortlich.

P.S. Hätte es in Konstantinopel das Frauen-Wahlrecht gegeben, wäre der Untergang ein paar Jahrhunderte vorher eingetreten. :-)

ppq hat gesagt…

ahhhh, da bin ich gar nicht drauf gekommen! danke für den hinweis. steckt doch immer die fdp dahinter, wenn was schiefgeht

Pisaner hat gesagt…

Ob sich die IWF-Leute so lange in Griechenland halten können wie König Otto I.?

http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_(Griechenland)

Schätze nein, obwohl sie und die EU wohl binnen 4 Jahren Schulden erlassen werden.

Eisenschwein hat gesagt…

Am 13. April 1204 wurde das christliche Byzanz übrigens vorsorglich schon einmal von christlichen Kreuzfahrern erobert und geplündert.

Kreuzberg-Jakob hat gesagt…

@derherold ist ein Chauvischwein - er hat keine Ahnung davon, daß sogar Männer Menschen sind!
Und Konstantinopel wurde von den Katholiken auf dem 4.Kreuzzug 1204 nahezu völlig zerstört - und sogar solche Ignaranten werden wissen, daß die ganz sicher keine Frauen dabei hatten. Das sind noch schlimmere Ignoranten und Chauvisäcke als @derherold!
Denen war sowieso schnurz, was jemand für 'ne Religion hatte - die wollten plündern und morden - damals wie heute. Jedenfalls zerstörten sie einen großen Teil der gewaltigen Befestigungsanlagen von Konstantinopel. In den folgenden Jahren des lateinischen Reiches hatten sie natürlich fortwährend Ärger mit den beraubten und vertriebenen Griechen, die seit dem 4. Jhd. uneingeschränkt über das Byzanthinische Reich herrschten und während der römischen Besatzung / Besetzung in Nicäa residierten, bis es ihnen gelang, 1261 ihre Stadt zurückzuerobern. Sofort begannen sie mit dem Wiederaufbau, denn die eindringenden Turkvölker hatten sich schon Armeniens bemächtigt und Dshingis Khan hatte die Adria erreicht - während versplitterte Turkvölker über die Südgrenze des Byzanthinischen Reiches vorgedrungen waren und das Reich bedrohten. Aber anstatt sich um die vordringenden Ostvölker zu kümmern, hatte Karl I v. Sizilien nichts anderes zu tun, als unter enormem Aufwand eine Flotte auszurüsten, um Konstantinopel den Rest zu geben. Da hatte er allerdings Pech, denn er wurde com Scirocco erwischt und sein Raubzug fiel ins Wasser. In den folgenden 4 Jahren überkam den Papst angeblich die Einsicht, seine Ritter lieber zum Schutz der Reichsgrenzen einzusetzen als zur völligen Zerstörung der letzten Bastion des Christentums - deren Mauern allerdings keiner Belagerung standhalten konnten. Jedenfalls erklärte er sich bereit, mit seinen Truppen Anatolien zu durchqueren ohne Schaden anzurichten - wer weiß, was er getan hätte, wenn er den Raubzug erlebt hätte - was er jedoch nicht tat! Aber er erklärte noch die Einigung mit der Ostkirche, bevor er verstarb.
Karl der I. fuhr deshalb in seinen Bestrebungen fort, Konstantinopel zu erobern. Diesmal wurden seine Pläne von einem Volksaufstand in Sizilien durchkreuzt - vermutlich von Konstantinopel unterstützt. Nach dessen Niederwerfung war Karl mit innereuropäischen Kriegen und Intrigen beschäftigt, was Konstantinopel eine Aufbauphase ermöglichte, aber die Türken waren mittlerweile weit nach Kleinasien vorgedrungen, während die osteuropäischen Grenzen von Awaren, Magyaren und Slawen überschritten wurden, die von den vorrückenden Turkvölkern vertrieben worden waren. Bis 1285 war Karl mit Kriegen innerhalb Europas beschäftigt - vornehmlich gegen Aragon, in dessen Verlauf er fiel.

Die politischen Umstände in Europa eskalierten - die Päpste residierten in Avignon, es kam zur 2. Kirchenspaltung und an einen Kreuzzug war nicht zu denken. Die Häupter Europas bekämpften sich gegenseitig, der Papst (bzw. die Päpste, denn es gab vorübergehend sogar 3 zugleich, die sich jeweils nicht anerkannten un vom jeweiligen Besitzer gesponsort wurden) verfolgte die Templer und ließ diverse Gemetzel an Abweichlern abhalten - in Spanien wurde die einzige europäische Hochkultur von den katholischen Truppen zerstört - die Inquisition wütete, die Scheiterhaufen brannten, während die Türken Konstantinopel von beiden Kontinenten aus einkreisten.

Kreuzberg-Jakob hat gesagt…

Konstantinopels Ende wurde dann auch durch die Katholische Kirche besiegelt, denn der Kaiser Johannes von Konstantinopel war bereit, die Unfehlbarkeit des Papstes als Vertreter Gottes anzuerkennen und den katholischen Glauben anzunehmen, in der Hoffnung auf Rettung für die die Stadt. Als er jedoch nach Rom kam, um dort um Hilfe für die bedrängte Christenheit zu bitten, wurde er eingekerkert und der Papst und die europäischen Fürsten sahen seelenruhig zu, wie die Türken vollendeten, was ihnen nicht gelungen war - die Zerstörung des Byzantinischen Reiches.
Allerdings war das Reich nur politisch zerstört. Seit 1373 wurde der Kaiser von Byzanz Vasall des türkischen Sultans Murad. Da er den kath. Glauben angenommen hatte, fehlte ihm die Unterstützung des Volkes. Es kam zu Intrigen und Verschwörungen - erst mit den Türken dann gegen die Türken. Das war ein entscheidender Fehler, der auch das physische Ende des Reiches herbeiführte. Der Sultan besorgte sich eine riesige Kanone aus Deutschland und im Mai 1453 durchbrachen die Türken die Mauern, plünderten die Stadt und verkauften 60.000 Einwohner (also Menschen! ) in die Sklaverei.