Freitag, 3. Februar 2017

Eliten-Bashing: Je ferner, desto fester drauf

"Jähe Wendungen sind nicht ausgeschlossen." (Erich Honecker)

Da macht der „Spiegel“ keine Gefangenen. „Gier kennt keine Grenzen“, heißt es im ehemaligen Nachrichtenmagazin – und dann einschränkend „in Frankreich“. Dessen Eliten, hat das Blatt ermitteln können, seien so verdorben, dass „das Gebaren des Konservativen mit dem Habitus eines ländlichen Honoratioren kein Einzelfall ist“. Vielmehr pflege die politische Elite oft ein Selbstverständnis, „das an die Gepflogenheiten in einer Monarchie erinnert“.


Demokratie-Bashing, wie es wunderbar in die Zeit passt. Und hier auch gut mal gemacht werden kann, weil Frankreich den Spiegel-Redakteuren ausreichend weit weg scheint, so dass Korruption, Vetternwirtschaft und schamlose Bereicherung schonungslos angeprangert werden dürfen, ohne dass der Vorwurf des regierungsfeindlichen Populismus erhoben werden darf.

Obwohl französische Verhältnisse doch auch in Deutschland anzutreffen sind: Noch gar nicht so lange her, da wurden zahlreiche Landtagsabgeordnete der CSU dabei ertappt, dass sie jede Menge Verwandter aus ihren Aufwandsentschädigungen für Mitarbeiter bezahlten. Auch SPD-Politiker mischten mit, ebenso konnten Grüne nicht widerstehen, dem eigenen Fleisch und Blut mit einer Anstellung weiterzuhelfen. Ein Satz wie „Gier kennt keine Grenzen“ fiel in diesem Zusammenhang nirgendwo. Auch an die Gepflogenheiten einer Monarchie erinnerte sich niemand in keiner deutschen  Redaktionstube.

Thema ist aber Frankreich und dort der tiefe Fall eines Mannes, in dem die "Zeit" eben noch einen "Saubermann" erkannt haben wollte. Offenbar gezielt gestreute Fake News, denn keine drei Monate später outet dasselbe Blatt den Konservativen, der die in Frankreich gesetzlich zulässige Möglichkeit der Beschäftigung von Familienangehörigen nutzte, als mutmaßlichen Scheinarbeitgeber.



8 Kommentare:

Wolfgang Riepe hat gesagt…

Man darf nie vergessen, daß schon in "Regierung" das Wort "Gier" versteckt ist.

Gernot hat gesagt…

Gut, wenn es sich um "Scheinarbeitgeber" handelt, vermag ich das nachzuvollziehen. Wenn ich aber ansonsten einen verantwortungsvollen Posten zu vergeben habe, sehe ich nicht ein, diesen einem Fremden überlassen zu sollen statt einer (kompetenten) Person, der ich vollkommen vertraue.

Anonym hat gesagt…

Gernot hat sich ja schon als Demokrat geoutet, und nun noch als Knechtsseele - was die Obrigkeit tut, ist wohlgetan...

Sauer hat gesagt…

@ Wolfgang Riepe: Eine scharfsinnige Feststellung, die viele Rätsel um das Wesen von Regierungen schlagartige löst.

In Frankreich heißt die Regierung Gouvernement. Zur Herkunft dieses Wortes heißt es bei Wikipedia:

Das der Regierung entsprechende angelsächsische Wort government und das französische gouvernement haben ihre Wurzeln im Begriff des gubernator, der seinen Ursprung im griechischen κυβερνήτης hat, was so viel wie Steuermann bedeutet.

Was ist also die raison d'être des Gouvernement? Steuern einzutreiben!

Die Anmerkung hat gesagt…

Brinkbäumer gibt den Joffe.

https://twitter.com/DerSPIEGEL/status/827562802571251712

Das wird eine spannende Kiste, wenn die beiden zum Interview ins ovale Büro geladen werden.

J'ai pas envie ... hat gesagt…

Herrgott nochmal......
Fillon beschmutzt (o.k. seine Frau). Sarkozy weg. Manuel Valls weg.
WEN sollen wir Deutschen denn für Frankreich nun als Präsident wählen???
In den United States haben WIR ja Hillary Clinton gewählt. Gefühlt zu 88 Prozent. Ganz sicher. Geworden isses dann aber Donald Trump.
Man weiß jetzt gar nicht mehr...................
J'ai pas envie de choisir le président français.

Gernot hat gesagt…

Selbstreflexion erfolgt manchmal unbewusst.

Anonym hat gesagt…

Brinkbäumer heute im Presseclub. Thema "Angriff auf Europa". Nein, nicht die Machetenschwinger und LKW-Fans sind Thema, auch nicht mehr der böse Russe, sondern natürlich der "Gottseibeiuns" der Neustzeit, Mr. Trump.
Die Dramaturgie wählte -wie zuletzt üblich- die Besetzung vier gegen einen; statt Kissler darf diesmal Weimer ein bisschen Widerspruch leisten und halbes Feigenblatt für ein "ausgewogenes" Meinungsbild spielen. Bei 5 Leuten mit Washingtoner/New Yorker "Prägung" sehr glaubhaft, oder?
Die transatlantisch gewendete TAZ ist gleich mit 2 Ex-"Damen" vertreten. Abermals ein schlagender Beweis für den 68er-Marsch durch die Institutionen.
Mal sehen, ob "PC-nachgefragt" bei Phoenix wieder nur westdeutsche SPD-Omas ins Studio schaltet oder ob auch mal mehr als ein subversiver Nachfrager durchkommt.