Dienstag, 4. August 2020

Atomstrom für die Emirate: Deutscher Ausstieg macht Schule


Kernkraftwerke fügen sich in manchen Staaten organisch in die Landschaft ein.

Deutschland schritt entschlossen voran, die Welt war erst zögerlich, schickt sich nun aber an, dem, Beispiel des vor neun Jahren von Bundeskanzlerin Angela Merkel verfügten Atomausstieges immer rascher zu folgen. Das deutsche Vorbild, die Energieversorgung radikal auf neue Beine zu stellen und statt der gefährlichen Kernspaltung künftig grüne Physik und speichernde Netze zu nutzen, machte weltweit Schule - so stiegen nach den Empfehlungen der seinerzeit neu eingesetzten Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung auch und aus der Nutzung der Kernkraft aus.

Nun folgt der nächste Schritt, denn mit den Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) hat das erste Land der arabischen Welt erfolgreich einen eigenen zivilen Kernreaktor in Betrieb genommen. Das gilt als wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Atomausstieg nach deutschem Vorbild, vor allem, seit  ein 2017 im Rahmen der globalen Allianz für den Kohleausstieg von Angola verkündete Ausstieg aus der Braunkohlenutzung von Kohleleugnern kritisiert worden war, weil Angola in seiner Geschichte noch nie ein Braunkohlekraftwerk betrieben hatte.


Reaktorbau als erster Schritt zum Ausstieg


Die Arabischen Emirate wollen es besser machen. Nach dem Start der Kernspaltung in dem sonnenverwöhnten Land, das über die siebtgrössten Erdölreserven und die sechstgrössten Erdgasreserven der Welt verfügt, soll es nicht mehr lange dauern, bis der erste von vier Reaktoren des Atomkraftwerks Barakah Strom ins Netz liefert. Die VAE gelten als Welthauptstadt der Klimaanlagennutzung, im Energieverbrauch pro Kopf liegen die Emirate weltweit auf Platz 10. 98,5 Prozent ihres Energiebedarfs decken die Scheichtümer durch die Verbrennung fossiler Energieträger, nur 1,5 Prozent werden aus Sonnen- und Windenergie gespeist.

Verläuft alles nach Plan, soll die Kernenergie bald 25 Prozent des gesamten Energiebedarfs der Emirate abdecken - aber nur vorübergehend. Das Ziel sei wie in Deutschland ein sicherer, verlässlicher und auf den Ersatz durch strahlungsfreie Alternativen und speichernde Netze orientierter Energieausstieg, schrieb Scheich bin Rashid auf Twitter, der als Kopf hinter der Modernisierungsoffensive der absoluten Monarchien am Golf gilt. "Die VAE spalten das Atom, sie wollen die Galaxie erforschen. Es ist unsere Botschaft an die Welt, dass die Araber wieder fähig sind, ihre wissenschaftlichen Ambitionen zu verfolgen und mit den anderen großen Nationen mitzuhalten", ließ er nur acht Jahre nach dem Baustart der Barakah One genannten koreanischen Meiler wissen, die damals unmittelbar nach dem deutschen Atomausstieg im Juni 2011 beschlossen worden waren.

Vorbild doppelter deutscher Ausstieg


Die Emirate haben bei der Entwicklung ihres Atomprogramms eng mit der deutschen Ethikkommission für den Ausstieg zusammengearbeitet. Als einziges Land der mittlerweile zehn Staaten weltweit, die öffentlich erklärt haben, weiterhin oder aber künftig aus Kernkraft verzichten zu wollen, ist Deutschland gleich zweimal aus der Hochrisiko-Technologie ausgestiegen, die nach Berechnungen der Bundesregierung und der früheren grünen Frontfrau Claudia Roth allein im japanischen Fukushima 16.000 Menschenleben gefordert hatte.

Skeptischen Stimmen aus Deutschland, die Arabern offenbar prinzipiell nicht zutrauen,  das Atom zähmen zu können, steht die Beispielwirkung von Barakah One in der arabischen Welt entgegen: Auch die Türkei, Ägypten und Saudi-Arabien planen den Bau großer Atomanlagen, um sich perspektivisch am Ausstieg beteiligen zu können. Im Nachgang könnten die Emirate ihr gewaltiges Potenzial für die sogenannte Erzeugung von Sonnenenergie nutzen, die den Vorteil hat, dass die Sonne keine Rechnung schickt wie die Erbauer von Barakah One, das nach Schätzungen eine Investition von mehr als 24 Milliarden Dollar erforderte.

Auch beim Kohleausstieg sind die Emirate, deren Energiebedarf jährlich um etwa acht Prozent steigt, auf Kurs: Erst im Mai wurde ein gemeinsam mit einer chinesischen Firma gebautes Kohlekraftwerk in Betrieb genommen, das als erster Schritt zu einem erfolgreichen Braunkohleausstieg nach deutschem Muster gilt.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

How dare you. Die Scheichs, die buchstäblich auf dem Öl sitzen, gehen sogar die Extrameile und importieren Kohle von weit her, um später beim Kohleausstieg mitmachen zu können.
Das Kraftwerk arbeitet übrigens mit ultra-superkritischem (USC) Dampf, was noch kritischer klingt als die kritische Masse bei der Kernspaltung. Ich hoffe, dass die deutsche Regierung den Emiraten finanziell beim Ausstieg aus dieser Technologie helfen wird.

Anonym hat gesagt…

https://www.eike-klima-energie.eu/2020/08/06/herzlos-befuerworter-erneuerbarer-energien-lieben-die-reichen-und-halten-die-armen-arm/