Mittwoch, 17. Februar 2021

Corona-Pandemie: Das Märchen von den Impfzentren

Das im badischen Wolmirshausen errichtete Impfzentrum (IZTr) überzeugt mit klinisch kalter Architektur.

Sie sind groß, schön und luftig, viele von ihnen überzeugen mit der kalten klinischen Kompetenz, die auch normale Krankenhäuser auszeichnen. Seine besten Architekten, Innenausstatter und Schlangenplaner hatte Deutschland am Ende des vergangenen Jahres auf die Mammutaufgabe angesetzt, überall in Stadt und Land  neue, prächtige Impfzentren aufzubauen - eingedenkt der Erfahrung, die zuletzt mit den wenigen überhaupt noch möglichen Großbaustellen gemacht worden waren, ein unglaubliches Wagnis, denn mehrere Dutzend mit High Tech und Toiletten ausgestattete Volksimpfpaläste zu errichten, schien nicht nur ausgewiesenen Skeptikern ein Ding der Unmöglichkeit zu sein.

Ein symbolischer Sieg über die Seuche

Doch es gelang. Unter dem gewaltigen Druck, den nach Monaten im lockdown, nach Monaten voller regierungsamtlicher Fehlprognosen, Versprechen wie "wenigstens Weihnachten" und dem absehbaren Streit mit der EU, wer denn nun für was den Kopf hinhält, bestand riesiger Bedarf nach einem symbolischen Sieg über die Seuche, und sei er auch nur rein architektonischer Art. 

Und die verrückte Wette, die Angela Merkel, Jens Spahn und die Ministerpräsidenten eingingen, wurde nicht nur zum Gewinn, sondern zum doppelten Volltreffer: Wochenlang berichteten begeisterte Kamerateams über die gelungenen Großanlagen, die Impfbesatzungen wurden in manchem Landstrich komplett durchinterviewt und investigative Reportagen zeigten nicht nur die Ruhelandschaften, auf denen sich Rentner nach dem "Piks" (Bundesgesundheitsministerium) auf eine sorglose Zukunft freuen dürfen. Sondern auch kostenlose Parkplätze, Bestuhlungsvorräte und hellwaches Wachpersonal, das auf Terror und Vakzinraub sinnende Corona-Leugner handfest abzuschrecken versprach.

Die Reisen der mobilen Tiefkühlteams

Integraler Bestandteil aller urbanen Mythen über Rolle und Bedeutung der Impfzentren war von Anfang an die Tatsache, dass sich die raren Vakzine der verschiedenen Hersteller nur bei äußert tiefen Temperaturen gebrauchsfertig halten ließen. Minus 70 Grad sind für den Impfstoff von Biontech Vorschrift - minus 70 Grad, die es unmöglich machten, die lebensrettenden Spritzen unauffällig in den 55.000 Hausarztpraxen in Deutschland zu verimpfen. Obschon es gelungen war, mit mobilen Tiefkühlteams von Altenheim zu Altenheim zu reisen, um in der sechsstündigen Auftauphase Menschen der Risikogruppe 1, Pflegekräfte und zufällig anwesende Politiker zu immunisieren, blieben die gerade im Winter oft überheizten Wald- und Wiesenpraxen außen vor: In vielen herrscht einfach zu schlechtes Licht für Filmaufnahmen. 

Die Medien waren also gleich mit im Boot. Niemand fragte, weshalb Impfstoffe einen Tag lang aus einem VW-Bus verimpft werden können, nicht aber aus einem Isolierbehälter, der in einer Arztpraxis steht. Eine offene Antwort wäre zu schwer gefallen, hätte vielleicht sogar Teile der Bevölkerung verunsichern können: Es ging nie um das massenhafte schnelle Impfen, denn zu gut wussten die Verwaltungen von Anbeginn an, dass es auf absehbare Zeit nur symbolische Impfstoffmengen und prekäre Nachschublinien geben würde. Genau deshalb wurde meistenteils bei jeder Vergabe jeder Dosis eine zweite für die Nachimpfung zurückgelegt - ein Verfahren, das vollkommen unsinnig wäre, rechnete man damit, dass die Liefermengen vom ersten Tag an kontinuierlich steigen werden.

Trost aus dem Impfpalast

Wo aber das Impfen selbst nicht als symbolisches Zeichen für aufdämmernde bessere Zeiten taugt, müssen die Impfpaläste leisten, was notwendig ist, um die trotz sichergestellter Fernsehsportversorgung mit Fußball, Handball und Biathlon zusehends ungeduldiger werdende Bevölkerung im lockdown-Zaum zu halten.  Großzügig geplant, gebaut, ohne auf die Mark zu schauen, und von professionellen Sanitärpflegediensten jede Nacht erneut auf Hochglanz poliert, gelten Deutschlands Impfzentren inzwischen weltweit als vorbildlich.

Der Brite mag schnell impfen, der Amerikaner seit dem Ende von Donald Trump gar kein Corona-Problem mehr haben, und aus Afrika mögen auch weiterhin überhaupt keine neuen Nachrichten über die sich seit mehr als einem Jahr ankündigende große Katastrophe kommen - Deutschland zeigt mit seinen bundesweit fast 500 prächtigen Impfzentren, wie es geht. Nachdem sechs Wochen nach den ersten nun auch die letzten Vakzinvergabestützpunkte eilig in Betrieb gegangen sind, gibt es kein Vertun mehr: Täglich werden in den eigens für die Medienkampagne errichteten Märchenstuben des deutschen Kampfes gegen Corona inzwischen manchmal knapp über 100.000 Menschen geimpft.

Nach Abzug der Impfungen in Pflegeheimen heißt das: Es werden täglich im Durchschnitt bis zu 60 Impflinge durch jedes Impfzentrum geschleust.


4 Kommentare:

Florida Ralf hat gesagt…

> Es werden täglich im Durchschnitt bis zu 60 Impflinge durch jedes Impfzentrum geschleust.

insider-info aus dem dunstkreis der huelse, gestern abend in der nachbardorfkneipe aufgeschnappt: in erwartung der erhoehten medialen praesenz dieser zahl hat der wochenenddienst der BWHF proaktiv den provokativen prototyp "fuenffachdutzend" entwickelt, der wohl in der turbovariante als "ein ganzes fuenfachdutzend" montiert werden soll. die unterschrift des alten steht aber noch aus. er soll wohl die position vertreten, dass, mit jeder woche, die die krise andauert, sich die wetterkonditionen fuer versuchsballons drastisch verschlechtert. da will man nich naeher drueber nachdenken, was das heisst, wenn schon schawidow nervoes wird...

Die Anmerkung hat gesagt…

Ab Wochenende werden alle Deutschen auf einen Schlag mit der ersten Impfdosis versehen. Der Frühling erledigt das einfach mal so nebenbei mit lecker 15 Grad. Kann man als älterer Bürger getrost auf Merkels Todesspritzen verzichten.

Die Anmerkung hat gesagt…

Dr. Campbell referiert die höhere Todesrate unter disabled persons.

https://www.youtube.com/watch?v=ApiGENgkcm0#t=10m

Ist ja hierzulande nicht anders, wo die Alten, Gebrechlichen und Dementen mit der Glücksspritze bedacht werden.

Anonym hat gesagt…

>> Politiker müssen Lösungen für gesellschaftliche Probleme herbeiführen. Das ist deren Job, nichts anders. <<

@ Anmerkung: Bei aller ehrlichen Wertschätzung Deinereiner, der Ansicht bin ich nicht.
Deren "Job" ist es vielmehr, dem gemeinen Volk vorzugaukeln, es könne etwas bewirken, und sei es auch nur ein klein wenig. Durch "Wahlen" (Denkzettel, bitter lach), oder seinem zuständigen Abgeordneten verbal auf die Pelle zu rücken.
Es sind Schauspieler, vereinzelt sogar recht gute, dann gibt es durchschnittliche, und dann auch zweitklassige Schmierenkomödianten.(= Kein feiner Pinkel! Einer von uns! Den "wähle" ich!) -------------