Dienstag, 18. Oktober 2022

Pipeline-Panne: Vorsicht, Staatssicherheit

Inspektionsüberflug deutscher Kampftauchermittler am Tatort. (Symbolfoto)

Es war ein Anschlag, der die Welt erschütterte, zumindest die westliche. In Deutschland, traditionell eine der schlimmsten betroffenen Regionen, grummelte es besonders heftig, als mehrere Explosionen die beiden Erdgas-Pipelines Nord Stream I und II zu drei Vierteln lahmgelegt hatten. Wer war das? Warum? Wieso wusste niemand, dass die Rohre dort unten auf dem Boden der Ostsee liegen wie Kamerakabel in der Bundespressekonferenz. Keiner hat ein Auge drauf. Keiner geht Patrouille. Der Donner der Sprengung war kaum verhallt, da ging ein Echo durchs Land. Ganz schön verletzlich sei die "kritische Infrastruktur", die doch eigens und vor nicht allzu langer Zeit mit einem Berg aus Papier  mit dem schönen Namen "Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen" abgesichert worden war.

Größter Schutz aller Zeiten

Natürlich hält der Russe sich nicht an deutsche Verbote, selbst wenn sie "das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Gesundheit, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für Umwelt" erlässt. 

Noch ehe der erste Taucher den Ort des Geschehens erreicht hatte, war klar, dass der Kreml dahitler steckte. Statt die Rohrleitungen weiter auf- und zuzudrehen wie der Folterknecht den Wasserhahn bei der chinesischen Wasserfolter, wollte Wladimir Putin klare Verhältnisse schaffen. Ein paar kleine Explosionen, und schon war er die Sorge los, dass Deutschland mit dem nächsten Machtwort des Kanzlers eine neue Zeitenwende zurück zu den Fossilen ausrufen könnte. 

Kommando Columbo

Die deutsche Marine lief dennoch aus, um den Ermittlern aus Schweden und Dänemark zur Hand zu gehen. Die Tauchanzüge hatte das Kommando Columbo zwar vergessen. Aber ohnehin stellte sich vor Ort heraus, dass die Skandinavier lieber allein auf Tätersuche gehen wollen. Die Bundespolizei des Landes, dem die Pipelines zumindest zu einem guten Teil gehören, dampfen ab und beendeten ihre Täterfahndung, ehe sie begonnen hatte. Die Schweden und die Dänen machten weiter, der Westen sandte einmal mehr ein starkes Zeichen großer Einigkeit nach Moskau. Zumal auch die deutschen Ermittler nun wieder einstiegen in die Aufklärungsarbeit: Beim BKA wissen sie, dass 24 Stunden nach der Tat kaum mehr Gefahr besteht, den Getanhabenden auf frischer Tat zu ertappen.

Warum das "Joint Investigation Team" nicht zustandekam, war schon geheim. Noch klandestiner aber wurde es, nachdem schwedische Ermittler zur Überzeugung gekommen waren, dass Nord Stream nicht von ganz allein, nicht durch ein spontanes Seebeben und nicht durch einen Dumme-Jungen-Streich, sondern durch "schwere Sabotage" beschädigt wurde. Mit bangen Blicken wartete Deutschland nun auf die Mitteilungen der Schweden darüber, was genau, wer und wie. Denn "auch ohne das „Joint Investigation Team“ würden Ergebnisse der Untersuchungen mit den Partnern geteilt" hatte das Bundesinnenministerium nach dem erzwungenen Abdrehen der deutschen Unterwasserforensiker vom Tatort noch mitgeteilt.

Glück für alle

Nun also nicht mehr, oder doch nicht jetzt. Gottergeben geht die schwedische Begründung durch, dass die Sicherheitseinstufung der offenbar mittlerweile erlangten Informationen "zu hoch sei, um sie mit anderen Staaten wie Deutschland zu teilen". was das genau für das deutsch-schwedische Verhältnis bedeutet, ob Deutschland sich bedanken werde oder Wirtschaftssanktionen erwäge, dazu könne die Bundesregierung "an dieser Stelle nicht sagen", zitierten SPD-nahe Quellen die omnipräsente Nachrichtenagentur DPA.

Vermutlich ist das für alle besser so. Wie vor Gericht für jeden Staatsanwalt und jeden Verteidiger die eiserne Regel gilt, Zeugen grundsätzlich nur die Fragen zu stellen, auf die es keine überraschenden Antworten geben kann, ist auch bei der Tätersuche im Bereich des Staatsterrorismus Vorsicht angebracht. Übereifer schadet nur, ungute Ergebnisse können weitreichende Folgen haben und das Verhältnis zu anderen Staaten nachhaltig belasten. Staatsmännisch elegant hatte der Generalbundesanwalt deshalb vor Jahren nach einer gewissen Schamfrist alle Ermittlungen gegen die Unbekannten eingestellt, die Medienberichten zufolge selbst die deutsche Bundeskanzlerin abgehört hatten.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Man hat also festgestellt, dass die Pipeline ein Loch hat. Nun ist es halt da. Ansonsten ist die Antwort auf die Fragen 'Cui bono?' so eindeutig, dass man es mit den Ermittlungen lieber nicht übertreiben möchte.

Anonym hat gesagt…

OT T.Acheles 17. Oktober 2022 at 13:46
WARUM werden die grünen DeutschlandHasser nicht einfach im Parlament überstimmt, z.B. CDU + FDP + AfD?
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Warum - ist die Banane krumm?

Anonym hat gesagt…

Antwort auf die Fragen 'Cui bono?' so eindeutig ...

Die spielen derartig mehrfach über Bande, dass die Frage, cui nocet, hin und wieder eher angebracht ist.