Montag, 5. Februar 2024

Wahlumfragen: Das Bröckeln wird zum Beben

Der Absturz der AfD wird viel besprochen und analysiert. Der Absturz von Linkspartei und FDP findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Der Absturz der AfD wird viel besprochen und analysiert. Der Absturz von Linkspartei und FDP findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Es ist ein nur kleiner Haken, ganz weit Rechtsaußen in den Stimmungsgrafiken der Wahlumfragen: Der gelbe und der rote Strich knicken plötzlich ins Nirgendwo ab. Um die drei oder sogar unter drei Prozent gestehen die Demoskopen der Linkspartei und der FDP nun nur noch zu. Weit, weit weg von jeder Chance, in den nächsten Bundestag einzuziehen. Für die Linke, die seit fast zwei Jahrzehnten stabil auf dem Rückzug aus der politischen Relevanz ist, kommt das nicht überraschend, wenn auch der Absturz nach langer Agonie jetzt mit verheerender Gewalt hereinbricht. In manchen Bundesländern sogar so zerstörerisch, dass vom bisherigen Parteiensystem nichts mehr übrigbleibt.  

Ein Todesurteil ohne Trauerreden

Doch auch für die Liberalen, die sich seit zwei Jahren trotz aller Kritik an ihrem Kurs relativ stabil hielten, kommt es einem Todesurteil gleich. Ohne die beiden Parteien wäre die Republik, wie sie seit dreieinhalb Jahrzehnten aufgeteilt ist, nicht mehr dieselbe.

Dessenungeachtet konzentrieren sich die Analysten auf den Knick Rechtsaußen. "Warum die AfD plötzlich schwächelt", untersucht nicht nur die "Zeit", die den "deutlichen Verlust" an "Zuspruch" auf das Erwachen der schweigenden Mehrheit zurückführt. Auch in anderen Blättern und Programmen wird ein "echter Trend" herbeigehofft, noch mit Fragezeichen zwar, aber doch erwartungsfroh. 

Das unbesungene Beben

Die schändliche Remigrationsberatung in Wannseenähe, der nach zehn Jahren Existenz der Rechtspartei einmal mehr unübersehbare Rechtsdrall der Rechten und die neue Resilienz der Zivilgesellschaft werden als "Erklärungsansätze" (Die Zeit) herangezogen. Das eigentliche Beben in der deutschen Politik, das auf einen Schlag gleich zwei Traditionsparteien aus dem Parlament zu schütteln verspricht, bleibt weitgehend unbeachtet.

Erstaunlich, weil drei verlorene Prozentpunkte für die AfD ärgerlich sind, für Linkspartei und FDP aber lebensbedrohlich. Selbst durch eine grafikkosmetische Darstellung, wie sie das "RTL/n-tv-Trendbarometer" bietet, in dem der AfD-Absturz ein steiler Fall ist, der gleich große Rückgang bei Linkspartei und Liberalen aber wie ein kleiner Knick nach unten anmutet, ändert nichts an den Tatsachen:  Im nächsten Bundestag wären nur noch fünf Parteien vertreten, womöglich sogar nur vier, falls die CSU am neuen Wahlrecht mit der Bevorzugung der Zweitstimmen scheitern sollte.

Freier Fall ohne Aufmerksamkeit

Vor einem Jahr noch, die FDP stand bei sieben Prozent, ergingen sich die Auguren in Erwägungen über  den "Absturz" der kleinsten Ampelpartei. Ein "freier Fall" (Die Zeit) sei zu beobachten, eine "Strafe fürs Regieren" wohl. Noch einmal lasen die Kommentatoren im Herbst 2023 im Kaffeesatz Nachrichten über den "Absturz der FDP". Seitdem nie mehr.  Der Absturz der Linkspartei ist, ganz im Gegensatz zum im dunklen Wald gepfiffenen Aufschwung nach dem Abgang des Wagenknecht-Lagerserst recht kein Thema. Er geschieht, ohne dass er auch nur notiert wird.

Dabei wird die Halbierung des "Zuspruchs" (Die Zeit) für die beiden kleinsten Bundestagsparteien die die politische Landschaft weit mehr verändern als zwei, drei oder fünf Prozente, die die AfD weniger oder mehr zu bekommen hoffen kann. Koalitionsfähig wären im nächsten Bundestag eigenem Bekunden zufolge nur noch drei der vier Parteien, die Deutschland schon immer regieren. 

Da wird es dünn mit den Koalitionskombinationen, aber deutlich einfacher, mit dem Durchregieren für den kommenden Kanzler Friedrich Merz. Was ihm die SPD nicht gibt, werden ihm die Grünen zugestehen, und umgekehrt. Auf den Oppositionsbänken sitzen denn in jedem Fall zwei - oder mit den Wagenknechten auch drei - Parteien, die nicht einmal mit einander reden werden. 

Natürlich wird die CDU auch mit den Grünen koalieren. Mit irgendwem muss sie ja und viel sind nicht mehr da.



4 Kommentare:

Spaziergänger hat gesagt…

Wahlumfragen sind ein beliebtes Werkzeug im Kampf gegen Rechts. Ihren letzten großen Erfolg verzeichneten sie 2013, als sie den Einzug der AfD in den Bundestag verhinderten.
Danach wurde das Schwert allerdings ziemlich stumpf. Auch die aktuellen AfD-Ergebnisse wirken irgendwie wie bestellt.

Anonym hat gesagt…

Der Wähler, schrieb einst eine, käme ihr vor wie ein Vierjähriger, der im Kinderkarussell in der Spielzeugfeuerwehr hockt und mit vor Eifer roten Bäckchen am Pseudolenkrad kurbelt. Ist inzwischen auch meine Überzeugung - damals wähnte ich Einfältiger, man müsse doch was tun - winzige Nadelstiche wenigstens - Kleinvieh macht auch Mist - papperlapapp.

Anonym hat gesagt…

Die Wähler werden es der Ampel zeigen, indem sie das Blackrock-Irrlicht Merz wählen.
Södertruppe raus wäre natürlich ein Schmankerl.

Anonym hat gesagt…

Die Fehlertoleranz bei solchen Umfragen liegt bei ca. 3%. Noch Fragen?