Sonntag, 15. Juni 2025

Europa und die Mullahs: Mein Freund, der Feind

Trump Niederlage Iran Israel
Zumindest die Einordnung ist verlässlich: Mag auch die Welt brennen, die Verantwortlichen sind bekannt.

Diese Sanktionspakete tragen keine Nummer. Sind werden nicht laut eingeklingelt und in der "Tagesschau" vermeldet wie andere. Sie haben meist nicht einmal etwas mit dem Land zu tun, das sie treffen sollen, oder gar mit dessen Bestreben, sich selbst durch die Entwicklung einer eigenen Atombombe unangreifbar und kriegstüchtig für den großen Endkampf mit dem verhassten kleinen Teufel Israel zu machen.  

Wenn die EU in den zurückliegenden Jahren Sanktionen gegen das Regime in Teheran verhängte, dann in der Regel wegen der Unterstützung der Mullahs für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die "proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten", so nennt die EU-Kommission das Bemühen des Gottesstaates um eigene Kernwaffen, spielen eine Nebenrolle. 

Europas äußerste Besorgnis 

Hin und wieder bekräftigt die Europäische Union ihre feste Überzeugung, dass Iran niemals Kernwaffen entwickeln oder erwerben darf. Sie ist dann immer mal wieder "äußerst besorgt über die Reihe von Berichten der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), in denen dokumentiert ist, dass Iran sein Nuklearprogramm alarmierend schnell vorantreibt und damit weit von seinen Zusagen im Rahmen des Gemeinsamen umfassenden Aktionsplans (JCPOA) abweicht, insbesondere im Hinblick auf den Ausbau seiner nuklearen Anreicherungskapazitäten und die Herstellung von hochangereichertem Uran". 

Doch Folgen für die gegenseitigen Beziehungen hat das nicht. Als Donald Trump in seiner ersten Amtszeit angesichts des "alarmierenden nuklearen Kurses" (EU) der Mullahs den sogenannten Atom-Deal mit Teheran aufkündigte, weil er vom Iran vielfach und systematisch gebrochen worden sei, hielt Europa zur Stange. Was für Trump der "schlechteste Deal aller Zeiten" war, halt Europas Wertegemeinschaft als immerhin besser als nichts. Die EU zeigte sich unverbrüchlich solidarisch mit den Bemühungen der Mullahs, militärisch endlich auf Augenhöhe mit der mutmaßlichen Atommacht Israel zu kommen. 

Die Rettung des Atompakts 

Die "Rettung des Atompakts mit Iran", offiziell "JCPOA" (Joint Comprehensive Plan of Action), inoffiziell aber das Schutzmäntelchen, das das Regime in Teheran seinen nuklearen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten umgehängt hat, sei so "wichtig für die Stabilität in der Region", befand der damalige EU-Außenbeauftrage Josep Borrell. Selbst der Umstand, dass Trumps Nachfolger Joe Biden keinerlei Bemühungen erkennen ließ, zum Vertragszustand zurückzukehren, hielt Europa nicht davon ab, sich Jahr für Jahr von den Mullahs vorführen zu lassen. 

Nach dem Muster der Verhandlungen um Nordzypern, die seit 50 Jahren erfolgreich ohne Ergebnis geblieben sind, mühte sich die EU um eine sogenannte "Rückkehr zum Abkommen mit Teheran". Für jeden Auftritt eines europäischen Politikers, der Israel die unverbrüchlichen Solidarität Europas versicherte, gab es eine nette Geste für die islamistische Diktatur. Deutsche Nachrichtenmagazine  unterfütterten das mit der Behauptung, der Iran habe ja nichts Böses getan, sondern alle seine Verpflichtungen in vollem Umfang erfüllt

Vorübergehende Irritationen 

Irritationen wie die nach der Niederschlagung der Frauenproteste wegen des Todes der Frauenrechtlerin Jina Mahsa Amini in einer Teheraner Polizeizelle waren vorübergehender Natur. Die Einschränkung von Geschäften mit dem Iran folgte nicht innerer Überzeugung. Sondern allein der Angst, die USA könnten europäische Firmen und Politiker sanktionieren, die US-Sanktionen zu umgehen versuchen. 

Die EU bemühte sich, das Abkommen zu retten, indem sie trickreiche Mechanismen wie INSTEX (Instrument in Support of Trade Exchanges) entwickelte, um den Handel mit dem Iran trotz US-Sanktionen zu ermöglichen. Ohne Erfolg, weil viele europäische Unternehmen den Handel mit dem Iran aus Angst vor US-Strafmaßnahmen von sich aus einstellten. 

Und der Iran, wie die Instex-Gesellschafter Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, die Niederlande, Norwegen, Spanien, Schweden und das Vereinigte Königreich nach vier erfolglosen Jahren klagten, "aus politischen Gründen systematisch verhindert, dass INSTEX sein Mandat erfüllen kann". Das Regime  hatte bis dahin nur einer einzigen Transaktion zur Umgehung der US-Sanktionen zugestimmt, nämlich der Einfuhr medizinischer Güter aus Europa Anfang 2020. Alle weiteren Vorschläge für Transaktionen seien blockiert worden. 

Prinzip Hoffnung 

Europas Prinzip war einmal mehr die Hoffnung, mit einer entschieden unentschiedenen Haltung durchzukommen. Mit wiederholten Bekundungen großer Besorgnis über die mutmaßliche Fortführung des iranischen Anreicherungsprogramms wurde Verständnis für die israelischen Sorgen simuliert, eines Tages könne der Iran die Bombe haben. Als die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) feststellte, das dass der Iran seine nuklearen Verpflichtungen keineswegs einhält, gab es sogar richtiggehende Kritik. 

Doch an der Chimäre, das Wiener Abkommen gelte weiter, hielt die EU-Position fest, wenn auch gepolstert dadurch, dass sie es meist vermeidet, israelischen Angriffe auf den Iran zu verurteilen. Wenn, dann werden sie zu hart oder als "völkerrechtswidrig" bezeichnet. Wiederum ohne Konsequenzen, denn dass die EU Israel sanktioniert, ist ebenso unvorstellbar wie der Fall, dass die Gemeinschaft anerkennt, mit dem Versuch der Herbeiführung einer friedlichen Lösung durch Verhandlungen mit den Mullahs gescheitert zu sein.

Alles ohne Brüssel 

Alles, was geschieht, geschieht, ohne dass Brüssel gefragt oder auch nur informiert wird. Die moralische Weltmacht sitzt einmal mehr am Katzentisch. Von dort aus bekräftigt sie Israels Recht auf Selbstverteidigung,  fordert aber gleichzeitig Zurückhaltung von der Regierung in Jerusalem, "um eine Destabilisierung der Region zu vermeiden". Für Deutschland Außenminister - ob sie Baerbock heißen oder Wadephul - ist das Bücken nach beiden Seiten Hauptaufgabengebiet. Für sie gibt es zwei Staaten, die verfeindet sind. Man weiß nicht genau warum, ist aber besorgt.

Nicht lange mehr, dass Bundespräsidenten den Männern, die die Auslöschung Israels zum einzigen Staatszweck Iran gemacht haben, unterwürfigste Glückwünsche" auch im Namen meiner Landsleute" zum Jahrestag ihrer blutigen Steinzeit-Revolution schickte. Unausgesprochen klingt dabei immer die grundsätzliche Überzeugung mit, auf der auch Israels Handlungen beruhen - und die des Iran: So lange Israel über Atombomben verfügt, kann sich Teheran sicher sein, dass sie nicht eingesetzt werden. Haben erst beide Konfliktparteien Zugang zu Nuklearwaffen, ist das nicht mehr garantiert.

Gegen Zweifel daran, dass sich dauerhaft auf beiden Seiten spielen lässt, hilft nun nur noch die Suche nach anderen Schuldigen. Immer wieder taucht in deutschen Medien der Vorwurf auf, dass es Benjamin Netanjahu keineswegs um sein Land gehe, dem die Teheraner Führung vielmals die Vernichtung versprochen hat. Nein, der israelische Ministerpräsident zündele aus innenpolitischen Gründen, aus Angst vor dem Machtverlust und einer anschließend auf ihn wartenden Anklage wegen Betrug, Untreue und Bestechlichkeit. 

Zweiter Mann auf der Anklagebank ist Donald Trump, der einen neuen Atomdeal mit dem Iran hatte haben wollen, diese Hoffnung aber nun  "nach Israels Angriffen vermutlich begraben" müsse, wie der "Spiegel" süffisant analysiert. In der "Tagesschau" stand der wahre Verlierer der gegenseitigen Angriffe im Nahen Osten schnell fest: Das Ganze sei "eine Niederlage für die Diplomatie der USA".

Also keinesfalls eine für die der EU. 


7 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Seit 20 Jahren nun, oder sind es schon derer 30?, begleitet mich die apokalytische Tagesschaumeldung, der Iran werde in 6 Monaten eine funktionsfähige Atombombe haben. Wer's glaubte, wurde auch nicht selig (gesprochen).

Nun kann man ruhigen Gewissens alle Ukraine-Artikel umdichten und die Worte Ukraine und ukranisch durch Iran und iranisch ersetzen und liegt definitiv zumindest nicht falsch. Ob richtig, das überlasse ich jedem selber.

Früher nannte man die aktuelle Situation übrigens Entsatz. Nichts Neues unter der Sonne.

Anonym hat gesagt…

Ewig nicht bei Tangsir gelesen. Er macht noch hin und wieder was:

Kotlets with no end for everybody! More to come!

Sehr schön. Es gab Mullahkotelett, sicher auch reichlich Ragout.
Führende politische und wissenschaftliche Köpfe sind gerollt, und schlimmer als ein kaputte Zentrifuge ist ein kaputter Zentrifugenbauer. Da dreht sich erstmal nichts mehr.
Aufrichtigen Glückwunsch nach Jerusalem an das schlimmste Volk und das schlimmste Regime aller Zeiten.

Anonym hat gesagt…

>Nun kann man ruhigen Gewissens alle Ukraine-Artikel umdichten und die Worte Ukraine und ukranisch
>durch Iran und iranisch ersetzen

Bei Leuten, die sich weismachen lassen, 'wir' hätte in Syrien etwas erreicht, dringt sowas nicht durch.

Anonym hat gesagt…

Wenn der Iran erst mal die Demokratie hat, wird er richtig aufblühen. Wie Libyen, Syrien, der Irak u.s.w.. Wir kriegen dann viele neue Flüchtlinge, die unser Leben bunter machen und bereichern.

Anonym hat gesagt…

Höcke: "Natürlich bin ich persönlich mit dem Herzen auf der Seite von allen kleinen Völkern, die ihre Unabhängigkeit behaupten und in Selbstbestimmung leben wollen und ich leide mit, wenn ihr Land durch manipulierende Einflußnahme von außen, die das Selbstbestimmungsrecht und die Volkssouveränität unterläuft ..."

Was' denn mit Björni los? Die Ukranen (kleiner Scherz) hatten die volle Souveränität - aber nee, man will in die EU, da fließt Milch und Honig, und in die Nato, um mit den Russen über neunzig Jahre alte Hühnchen zu rupfen.

Anonym hat gesagt…

Bettina Sauer: "Thüringens Ministerpräsident, der Sozialist Bodo Ramelow hat eine Morddrohung erhalten, die diesmal mit Anspielungen auf die NS-Konzentrationslager in Auschwitz und Dachau sowie auf Gaskammern versehen war ..."
Dann kann das nicht von sogenannten "Nationalisten" gekommen sein, denn die wissen natürlich, dass ...

Anonym hat gesagt…

>Thüringens Ministerpräsident, der Sozialist Bodo Ramelow

Das ist witzig. Dass man nichts von M. Voigt hört und keine Sau weiß, wer das ist, werte ich aber als gutes Zeichen.