Sonntag, 15. Juni 2025

Unwürdig beim Veteranentag: Fremde Heere Ost

NVA-Soldaten, Veteranentag, DDR-Wehrdienst, Zwangsrekrutierte, Bundeswehr, Opfergruppe, Deutsche Wiedervereinigung
Alle, nur niemand aus dem Osten: Wenn Deutschland Veteranentag feiert, bleiben 2,5 Millionen frühere Soldaten ausgeschlossen.

Sie sind alt, sie wurden vielleicht im Einsatz verletzt, in vielen Fällen aber unter grausamen Bedingungen von brutalen, übergriffigen Offizieren gequält und im EK-System gebrochen. Sie sind alt, zum Teil sehr alt, und sie gelten als die Opfergruppe aus den Zeiten der früheren DDR, die im neuen, größeren Deutschland noch keinen einzigen Moment an Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnten. Soldaten der NVA, bis vor 35 Jahren von Staat gezwungen, 18 Monate ihres Lebens für die Verteidigung des sozialistischen Vaterlandes zu opfern, sind dabei nicht einmal eine Gruppe, nicht einmal eine große.

Ein Millionenheer 

Sie sind ein Heer, 2,5 bis drei Millionen Mann stark. Gerade mal knapp elftausend NVA-Soldaten, darunter 3.000 frfeiwillig dienende Berufsoffiziere und -unteroffiziere, wurden nach dem Beitritt der neuen Länder auf dem Territorium der DDR zu Berufssoldaten der Bundeswehr ernannt. Alle anderen schieden aus dem Militärdienst aus, die letzten Grundwehrdienstleistenden unter ihnen mit einem erleichterten Aufatmen. 

Es war vorbei, endlich. Der Drill, die unbeholfenen Indoktrinationsversuche, das Schleifen und das Quälen, die Allmacht von Offizieren, denen Rekruten in vielen Einheiten und Standorten hilflos ausgesetzt waren. Der Wehrdienst in der DDR kannte keine bequeme Verweigerung wie im Westen. Allenfalls einen Dienst ohne Waffe konnte in den 80er Jahren als Ersatz antreten, wer auf keinen Fall für die kommunistische Führung kämpfen und schießen wollte. Zu zahlen war allerdings ein hoher Preis: Kein Studium, keinerlei Karriere.

Die Lobby ist die Trachtentruppe 

Wer den Kompromiss einging und die Uniform anzog, hat später außerhalb ostalgischer Trachtentruppen nie eine Lobby gefunden wie all die anderen Opfergruppen. Stattdessen wurden die Opfer des von der Schule mit ihrem Wehrpflichtunterricht an durchmilitarisierten DDR-Sozialismus totgeschwiegen. Und bis heute werden sie zu den Tätern gerechnet: Wenn die Bundesregierung zur Feier des 1. Nationale Veteranentages einlädt, dann werden "Vielfalt. Menschlichkeit. Zusammenhalt"  deutschlandweit gleich 123 Mal mit bunten Festen, Benefizveranstaltungen und "Blaulichttagen" gefeiert.

Aber die Veteranen, die das angebliche "Ehrenkleid" der Nationalen Volksarmee tragen mussten, bleiben außen vor. "Wer für unsere Freiheit alles gibt, verdient unser aller Respekt", begrüßt Julia Klöckner die, die übrigbleiben. Wer das damals nicht durfte, sondern dienen musste, verdient ihn nicht.

Das ist es "was die Veteraninnen und Veteranen in Deutschland so besonders macht und wofür der 1. Nationale Veteranentag ein Zeichen setzt", wie das Bundesverteidigungsministerium schreibt. Ehemalige NVA-Soldaten zählen heute nicht als Veteranen, weil sie "keinen Eid auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung geleistet haben", heißt es zur Erklärung. Schon seit dem Tag der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 gelten ehemalige Soldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) nicht als "wehrwürdig".

Misstrauen gegen die Zwangsrekrutierten

Ein Makel, der von der Mehrheit achselzuckend hingenommen wurde, denn er ersparte es den Betroffenen, der Bundeswehr abzusagen, wenn die sie eines Tages zum Reservedienst hätte einberufen wollen. Reservisten sind in Deutschland ausschließlich die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr inklusive der Berufsoffiziere, die nach dem Tag der Deutschen Einheit in die Bundeswehr übernommen worden sind. Alle anderen wurden zwar bereits 20. Juni 1990 durch einen Tagesbefehl des damaligen DDR-Ministers für Abrüstung und Verteidigung von ihrem Fahneneid auf "mein Vaterland, die Deutschen Demokratischen Republik" entbunden.

Aber so richtig getraut hat der Westen den Zwangsrekrutierten nicht. Die hatten immerhin geschworen, "allzeit treu zu dienen" und die DDR "auf Befehl der Arbeiter-und-Bauern-Regierung gegen jeden Feind zu schützen", ausdrücklich und mit "Ich schwöre" besiegelt an "der Seite der Sowjetarmee und der Armeen der mit uns verbündeten sozialistischen Länder". Das macht sie bis heute zu Deutschen zweiter Klasse. Zu viel Vielfalt. Zu wenig Zusammenhalt.

Gedient in fremden Streitkräften 

Warum auch. Vom 4. Oktober Oktober 1990 an galten alle Soldaten der aufgelösten NVA, die aus der DDR-Armee ausgeschieden waren, als sogenannte "Gediente in fremden Streitkräften". Der in der NVA erworbene Dienstgrad existiert nicht mehr, er darf auch nicht wie ein Bundeswehr-Dienstgrad mit dem Zusatz ,der Reserve' oder ,außer Dienst' geführt werden. Dass Berufssoldaten der Wehrmacht ihre letzte Dienstgradbezeichnung mit dem Zusatz "a. D." weiterführen durften, setzt die NVA-Soldaten nicht zurück, jedenfalls nicht sehr. 

Deren Recht, einen Dienstgrad zu führen, war eine gesetzliche Folge der Reservistenordnung der DDR. Die fiel mit dem Einigungsvertrag weg. Für die Weiterführung von Dienstgradbezeichnungen der ehemaligen NVA gab es damit - kein böser Wille! - keine Rechtsgrundlage mehr. 

Keine deutsche Armee 

Die Nationale Volksarmee des Staates, der der  Bundesrepublik Deutschland vor 35 Jahren beitrat, war aber sowieso keine deutsche, sondern nach Paragraf 8 des Wehrpflichtgesetzes eine "fremde Streitkraft". Ihre Soldaten werden in Deutschland behandelt wie alle, die "außerhalb der eigenen Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland (Bundeswehr)" gedient haben. Auch die Bezeichnung, die ein bisschen an Hitlers Militärgeheimdienstabteilung Fremde Heere Ost  (FHO)erinnert, ist nicht gar böse gemeint. 

"Sie bringt, ohne dass damit eine Diskriminierung verbunden ist, lediglich zum Ausdruck, dass die Dienstleistung nicht in der Bundeswehr erfolgte", beschwichtigte die Bundesregierung schon 1993 Nachfragen der damals als PDS firmierenden DDR-Staatspartei SED. Dafür spricht, dass Hitlers Generalmajor Reinhard Gehlen, letzter Leiter von Fremde Heere Ost, nach 1945 nicht nur seine Rangbezeichnung weiterführen durfte, sondern ab 1947 auch Chef der nach ihm benannten Organisation Gehlen wurde, ehe der ab 1956 zum ersten Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) aufstieg. 

Gute Ungleichbehandlung 

Die Ungleichbehandlung hat auch ihr Gutes, tröstete das Verteidigungsministerium die Betroffenen
in einem Bericht an den Bundestags-Unterausschuß "Streitkräftefragen in den neuen Bundesländern". Nach § 8 Abs. 2 des Wehrpflichtgesetzes könne Wehrdienst in fremden Streitkräften auf den in der Bundeswehr zu leistenden Wehrdienst angerechnet werden, um Härten zu vermeiden, die ansonsten in einer doppelten Heranziehung zum Wehrdienst liegen könnten. Wie jeder Militärdienst, "den ein Deutscher mit einer weiteren Staatsbürgerschaft in Streitkräften eines anderen Landes geleistet hat, wird auch der in der ehemaligen NVA geleistete Wehrdienst nach dieser Vorschrift auf den Grundwehrdienst angerechnet."

Für Erich Honecker und seine Genossen wäre das ein Grund, die Krimsekt-Flaschen zu öffnen. So lange die DDR existierte, hatte die Bundesrepublik die Staatlichkeit des kleineren Deutschland nicht anerkannt. Nach der Hallstein-Doktrin, besser bekannt als Alleinvertretungsanspruch, war die Bundesrepublik die einzige legitime Vertretung des gesamten deutschen Volkes. Alles DDR-Bürger waren nach Überzeugung der Bonner Regierungen Deutsche im Sinne des Grundgesetzes, Bundesbürger, die durch die Teilung nur eben daran gehindert waren, ihre staatsbürgerlichen Rechte auszuüben.

Nicht-Staat mit Armee 

Dass dieser Nicht-Staat DDR mit der Nationalen Volksarmee eine Armee hatte, deren Rechtsstellung der aller anderen "Streitkräfte eines anderen Landes" entspricht, anerkennt die Existenz der DDR im Nachhinein. Doch seit die damalige Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Bundeswehr vor acht Jahren straff auf den Kampf gegen rechts orientierte, ist die NVA zugleich fremdes Heer und Träger einer schädlichen Ideologie.

Im Traditionserlass der Bundeswehr, der die amtliche Vorbildwelt der Parlamentsarmee beschreibt, fällt die NVA wegen ihres Charakters als "sozialistische Klassen- und Parteiarmee", die "maßgeblich zur Herrschaftssicherung" der SED beigetragen habe, durch den Rost. "In ihrem eigenen Selbstverständnis war sie Hauptwaffenträger einer sozialistischen Diktatur", heißt es in den "Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege", die damit den 18- und 19-Jährigen, die gezwungen wurden, als solche "Hauptwaffenträger" zu fungieren, eine unverzeihliche und untilgbare Mitschuld zuweist. 

Nur die Hundertprozentigen 

Nur die wirklich überzeugten ehemaligen NVA-Berufsoffiziere, die in der DDR freiwillig dienten und nach der Wiedervereinigung gelenkig den Sprung in der Bundeswehr schafften, sind heute Veteranen, so hat es Ursula von der Leyen im Zuge der Neuzeichnung der Traditionslinien damals festgelegt. 

Ein Versprechen, das alle ausschließt, die keinen Eid oder wenigstens ein Gelöbnis "auf den Schutz und die Verteidigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik geleistet" haben. Diese Veteranen sind keine, sie sind womöglich nicht einmal gute Demokraten. Zum ersten Veteranentag sind sie natürlich trotzdem herzlich willkommen, sagt ein Sprecher des Veranstalters. 

Mit der Gelben Schleife 

Niemand muss sich schämen, wenn er nicht unter die offizielle Definition fällt. Niemand muss traurig sein, wenn ihm sein Zwangsdienst im feldgrauen Waffenrock der sozialistische Klassen- und Parteiarmee heute den Ruf beschert, wehrunwürdig und nicht traditionswürdig zu sein.

Die Gelbe Schleife als Zeichen der Verbundenheit "zur Bundeswehr" dürfen sie trotzdem tragen, die unter ihnen, die sich "im Zuge der Wiedervereinigung zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekannt haben" dürfen vermutlich sogar mitsingen, unbeobachtet einen Kranz niederlegen, beim virtuellen Veteranenlauf mitmachen oder in der ehemaligen Hainbergkaserne des Panzergrenadierbataillons 352 in Mellrichstadt einen alten Panzer aus den Zeiten des kalten Krieges  erklettern.


2 Kommentare:

Trumpeltier hat gesagt…

Auch bei der erneut medial glorifizierten Soldateska, die den Ideal-Standard-Blödmichel vor den selbstmörderischen Folgen seiner aktuellen großmäuligen Säbelrassel-Führer beschützen sollen bzw. uniformverliebt sogar wollen, was sie bei der Verteidigung unserer Freiheit am Hindukusch ja bereits super unter Beweis gestellt hatten: in 20 Jahren über 59 Tote , etwa 12 Milliarden Kosten und als Krönung eine panikartige Flucht mit tausenden dortigen Helferlein im Humanitäts-Schlepptau, die hier alle lebenslange Vollversorgungs-Zuflucht erhalten.

Eine Premiumbilanz für Schildbürger, eine Totalpleite für Normalbegabte.

Diese buntkostümierte Karnevalstruppe hat im besten Detschland aller Zeiten aber Millionen närrische Fans, die bei jeder Militärshow samt Happymeal vom neuen Blitzkriegsieg träumen, um die Stalingradschmach ihrer Väter und Großväter, die sie den Russen nie verziehen haben, mit mindestens Doppelwumms zu rächen.

Dazu Gratisbratwürste im Schützengraben, und fertig ist der dritte Jecken-Abenteuerurlaub im Osten.

Der frisch gekrönte neue Große Fritz (1,98m) fordert Kriegsertüchtigung, und Klein Fritzchen rennt aufgeregt sabbernd zur Aufrüstung in die Waffenkammer seiner neuen Wohnadresse Westwerte-Kaserne.

Moslems kann man mit solchem Schweinkram in Gurkenform allerdings nicht motivieren, für ihre kampflos eroberte neue Islamheimat ihr Leben zu opfern. Die betreiben Teilhabe an Ressourcen lieber ungefährlich an der buntnaiven Heimatfront zwischen Deppendemokratur und Korankalifat.

Scheinen recht vernünftige Leute zu sein.
Im Vergleich zu den Pinscher-Piefkes zumindest.

Anonym hat gesagt…

Also, mit diesem Gesindel will ich eh nicht gesehen werden.