Dienstag, 25. November 2025

Tag des Femizids: Siegeszug einer Kamfparole

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Der Begriff "Femizid" ist eine Erfindung jüngeren Datums, ausgedacht, um darüber hinwegzutäuschen, dass die Mehrheit aller Mordopfer in Deutschland männlich ist.

Sprachlich holpert er selbst bei den großen Engagementzentralen herein wie ein Eselskarren mit Achsenbruch. Zum "Orange Day 2025", einem noch recht jungen Aufwallungsanlass der behördlich anerkannten Zivilgesellschaft, ruft der NDR energisch zu "Aktionen gegen Gewalt an Frauen". Auch die Frau im Rheinland kann sich freuen, denn hier wird  viel "gegen Gewalt an Frauen" getan. Nicht genug natürlich, das meldet die Taz aus Berlin. "Übergriffe auf Frauen nehmen zu, Frauenhäuser sind überlastet. Das Gewalthilfegesetz soll helfen", hat es aber nicht.  

Ein Tag Ende November 

Vielleicht kann es nun dieser eine Tag Ende November richten, der "seit 1991 auf Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam macht", wie die UN-Frauenorganisation informiert. Seit 1999 ist der 25. November offiziell der "Internationale Tag zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen". Im Zuge der von den Vereinten Nationen initiierten Orange-the-World-Kampagne verlieh die Weltgemeinschaft dem Tag die Farbe Orange als Erkennungszeichen. Sie symbolisiere wie der berühmte Orange-Man Donald Trump eine Zukunft ohne Gewalt gegen Frauen, hieß es. 

Um die Symbolkraft weiter zu verstärken, erhielt der Gedenktag der Frauengewalt, gelegen zwischen dem "Tag der Hausmusik" und dem "Welttag der Zeitschriften", 2008 noch die Ernennung zum Teil der "UNiTE to End Violence against Women"-Kampagne, die der UN-Generalsekretär neben Israelkritik zu seiner wichtigsten Chefsache gemacht hat. 

António Guterres leidet selbst am schwer unter Nachrichten über On- und Offline-Gewalt gegen Frauen.  "I call on the world to unite to end violence against women everywhere", rief der greise Portugiese den Völkern der Welt zu. Gewalt gegen Frauen sei eine "schreckliche Menschenrechtsverletzung" und eine "globale Krise", die durch Konflikte, Klimawandel und Online-Missbrauch verschärft werde. 

Mut und Einsatz bei der Uno 

Den Finger noch in der Wunde, forderte Guterres Mut und Einsatz von allen Institutionen. Die Welt brauche verstärkte Investitionen in Prävention, eine Beendigung der Straflosigkeit für Täter, die Unterstützung von Frauenaktivistinnen und einen weltweiten, vereinten Einsatz aller Sektoren, um Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu beenden. Die "Überlebenden digitaler Gewalt", so schrieb er, bräuchten zudem mehr Unterstützung.

Die Weltgemeinschaft tut, was sie kann. 2011 erfolgte die zusätzliche Widmung des International Day for the Elimination of Violence against Women zum Roses Revolution Day, an dem nun auch zum Protest gegen Gewalt in der Geburtshilfe aufgerufen werden darf. Und im Zuge der zunehmenden Leugnung von globaler Geschlechtervielfalt durch staatliche Akteure findet der jüngste Festtag des Feminismus informell nun auch als Tag gegen Gewalt an Frauen, Mädchen sowie lesbischen, intergeschlechtlichen, trans, nicht-binären und agender Flinta-Personen statt.

Allerdings ist unter der Last der Menge der symbolischen Mahnungen eben sprachlich alles aus dem Ruder gelaufen. Seit das Bundesministerium für Bildung, Familien, Senioren, Frauen und Jugend das Bundesförderprogramm "Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" und die Bundesservicestelle "Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" als Teil des deutschen Gesamtprogramms zur Umsetzung des  Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ins Leben riefen, läuft alles aus dem Ruder. 

Der "Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen", wie er offiziell heißt, verkam zum "Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen" oder  gar zum "Tag gegen Gewalt an Frauen". Die Bundesregierung betreibt unter dem falschen Titel sogar eine Internetseite.

Verluderte Sitten 

Die Sitten verludern. Die globalen Vorgaben, abgesprochen  mit der Weltgemeinschaft, werden achselzuckend ignoriert. Im Stille-Post-Prinzip wird der Sprache Gewalt angetan: Gewalt, so steht es im deutschen Strafgesetzbuch, wird gegen "Personen oder gegen die öffentliche Ordnung" ausgeübt, etwa durch Nötigung (§ 240 StGB), Körperverletzung (§ 223 StGB) und den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB). Sie wird nicht an Personen angewendet, auch nicht an Frauen. Denn Gewalt ist kein Kleid, das an einer Frau aussieht. 

Doch genötigt durch den selbst Ministerialen einleuchteten Missklang der korrekten Komposition "Tag gegen die Gewalt gegen Frauen" verlegte sich das offizielle Einsatzkommando auf die Konstruktion "Tag gegen Gewalt an Frauen". Ein richtiges Signal wird durch falsche Formulierungen nicht schlechter. Es bestand große Hoffnung, dass das schräg zusammengeschraubte Tagesmotto im Zuge des allgemeinen Kulturabbaus nicht auffallen würde. Und so kam es auch: Der "Tag gegen Gewalt an" hat allgemeine Anerkennung gefunden. 

Geschichte einer Erfindung 

Doch die Geschichte des deutschen Kampfes gegen Femizide ist nicht nur eine der steten Versuchung, die Grundregeln der eigenen Sprache zu ignorieren. Sie ist auch die Geschichte einer Erfindung aus Verzweiflung, die zur medialen Waffe wurde. Noch im Dezember vor zehn Jahren, so zeigen es statistische Daten, war der Begriff "Femizid" in Deutschland ein Fremdwort. Frauen wurden in manchem Jahr häufiger ermordet als Männer, Männer wiederum in anderen Jahren häufiger als Frauen. 

Es gab keinen Anlass Morde an Angehörigen des einen Geschlechts zu einer anderen Art Tat zu erklären als Morde am anderen. Auch die Gesamtzahlen zeigen keineswegs einen beunruhigenden Trend: Die Anzahl der polizeilich registrierten Mordopfer geht seit Anfang der 2000er Jahre zurück. Damals lag sie bei durchschnittlich 400 bis 500 Toten pro Jahr, im Jahr 2024 waren es nur noch 285. Häufiger betroffen waren im zurückliegenden Vierteljahrhundert Männer: Unter den etwa 7.500 Mordopfern seit dem Jahr 2000 waren  55 Prozent Männer und nur zirka. 45 Prozent Frauen.

Nirgendwo ein Maskuzid 

Dennoch gibt es keine Versuche, "Maskuzide" nicht nur als Strafsachen und individuelle Tragödien zu behandeln, sondern als Symptome tiefer gesellschaftlicher Risse zu sehen. Das tut nur der Begriff "Femizid", dessen Siegeszug ausweislich der Daten seiner Verwendung in deutschen Medien im Jahr 2016 begann. Über die >Ursachen können nur Vermutungen angestellt werden. 

In besagtem Jahr fand der Brexit statt, die US-Präsidentschaftswahlen endeten mit dem Sieg von Donald Trump, die WHO rief das Zika-Virus zur globalen Bedrohung aus und in Kolumbien endete der Bürgerkrieg. Was genau das alles womit zu tun haben könnte, müssen spätere Historikergenerationen herausfinden. Fakt ist, dass der Femizid nach 2016 eine Reise antrat, die ihn vom Nischencode zu einem Medienphänomen machte. 

Im Feuer des Zorns 

Ausgedacht hatte sich das Wort die US-amerikanische Soziologin und Aktivistin Diana E. H. Russell bereits 1976. Doch die Erfindung, geschmiedet im Feuer des feministischen Zorns darüber, dass Männer meist Männer umbringen, aber auch Frauen häufiger von Männern umgebracht werden als Männer von Frauen, gebar die aus Südafrika stammende Spezialistin für Vergewaltigungen, Morde an Frauen, Inzest und Pornografie den englischsprachigen Ausdruck Begriff "Femicide". 

Russell präsentierte ihn bei einem Internationalen Tribunal gegen Gewalt an Frauen in Brüssel, vor 2.000 Teilnehmerinnen aus 40 Ländern. Er sei der Schlüssel zur Verbreitung der Behauptung, dass Männer Frauen töteten, weil sei Frauen seien. Diese Art Mord sei "nicht zufällig, sondern strukturell begründet". Wer die Strukturen ändere, so Russell, könne folglich auch Femizide verhindern.

Später stellte sich heraus, dass Russell ihren Kampfbegriff dem englischen Dichter John Corry gestohlen hatte, der bereits 1801 verwendete. Doch zwischen Mitte der 70er Jahre und Mitte der 2010er galt das Wort ohnehin als tot. Es benannte nichts, was deutsche Gerichte nicht im Verlauf jedes Strafverfahrens zu klären versuchen: Welches Motiv hat ein Mörder? 

Das Aus für Ehrenmorde

Erst nach 2016 entfaltete sich die Benennungsmacht eines Begriffes, des pauschal urteilt, indem er Tötungen von Frauen als geschlechtsspezifisch markiert. Anfangs waren es noch "Ehrenmorden" in bestimmten Milieus, die als brutalster Ausdruck von Geschlechtergewalt Entsetzen auslösten. Nach und nach aber umarmte der Femizid alles, was Frauen an Gewalt erfahren. Von Morden in Beziehungen, die inzwischen als "Intim-Femizid" bezeichnet werden, über Kriegsvergewaltigungen die als "Femigenozid" aktenkundig werden, bis zu den gefürchteten Ehrenmorden, die mit Hilfe des neuen Sammelbegriffes abgelöst werden konnten, reicht das Spektrum. 

Nicht einmal eine Frau muss mehr zwingend dabei sein, denn mit der Ausweitung des Orange Day auf "lesbische, intergeschlechtliche, trans, nicht-binäre und agende Flinta-Personen" definiert nicht mehr die traditionelle Geschlechterzuordnung die Chancen einer Anerkennung als Femizid. Sondern deren der strukturelle Aspekt patriarchaler Machtverhältnisse, die Tötungen ermöglichen. Was anfangs in feministischen Kreisen kursierte, in denen viele spürten, welche Möglichkeiten auf mediale Verbreitung der neuen Definition steckte, hat sich mittlerweile durchgesetzt. 

Fast jeden Tag ein Femizid 

Die Lage ermordeter Frauen ist seit 2018 immer wieder Thema im Bundestag, deutlich häufiger als die Sicherheitslage auf deutschen Weihnachtsmärkten, Flughäfen oder in Schulen. Befeuert von Statistiken der UN, nach denen die Anzahl der Frauenmorde um ein Drittel angestiegen ist, nutzen Politiker das Trendthema, um Unsicherheit und Angst zu schüren. Die frühere Innenministerin Nancy Faerser etwa warnte 2023 davor, dass es "fast jeden Tag einen Femizid" gebe. Dazu hatte sie alle 360 in Deutschland ermordeten Frauen zu Opfern von Femiziden erklärt. Und das, obwohl es im gesamten Jahr nur insgesamt 299 Morde gegeben hatte. 

Doch der Femizid heiligt die Mittel. Er hat Gewaltschutzgesetzen in die Welt geholfen, dafür gesorgt, dass Frauenhäuser als probates Mittel gegen Gewalt betrachtet werden und der Glaube, dass mehr Geld mehr nützen würde, mächtiger ist denn je. Die Rettung ist nahe, denn auch die EU-Kommission hat das Thema inzwischen entdeckt: Eine neue EU-Richtlinie weist die Mitgliedstaaten an, Femizid extra zu registrieren. Die Hoffnung ist groß, dass sich aus den eingehenden Zahlen etwas "gegen Gewalt an Frauen" machen lassen wird. 


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Na klar. Laut Hillary Klinten sind Frauen auch durch Kriege am meisten betroffen ('primäre Opfer'), weil ihre Kerle abgeschlachtet werden.

Women have always been the primary victims of war. Women lose their husbands, their fathers, their sons in combat.
https://clintonwhitehouse3.archives.gov/WH/EOP/First_Lady/html/generalspeeches/1998/19981117.html