Donnerstag, 18. Dezember 2025

Russengeld in Brüssel: Es hat nur ein anderer

Was ist die Gründung einer Bank, hatte schon Bertholt Brecht gelobt, gegen die Einziehung russischer Vermögenswerte.

Der Nikolaus stand noch vor dem Haus, da erlitt die Europäische Zentralbank (EZB) einen Anfall von Unabhängigkeit. EZB-Chefin Christine Lagarde sei gegen den Plan von Ursula von der Leyen und Friedrich Merz, der Ukraine mit sogenannten eingefrorenen russischen Geldern zu helfen, die nächsten beiden Jahre zu finanzieren. Sie wolle das Reparationsdarlehen nicht absichern, da das gegen EU-Vertragsrecht verstoße, hieß es. 

Belgien, die Slowakei, Ungarn und Italien schienen eine mächtige Verbündete erwachsen zu sein. Lagarde gilt als enge Vertraute von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron. Wenn sie die belgischen Zweifel an der Rechtssicherheit des geplanten Zugriffs öffentlich teilt, heißt das, dass ihr keine anderen Anweisungen vorliegen.

Der Krieg ist nicht verloren 

Einen Augenblick lang war der Krieg verloren. Das russische Geld wird gebraucht, um neue gemeinsame EU-Schulden abzusichern, die wiederum benötigt werden, um der Ukraine über die Jahre 2026 und 2027 zu helfen. Was danach wird, weiß niemand. Noch mehr russisches Geld müsste aus dem Kreml geholt werden. Doch was zählt, ist der Moment. Und in dem sieht es so aus, als sei faktisch keine andere Quelle für zusätzliche Milliarden verfügbar. Kein EU-Land kann mehr in den verlorenen Krieg buttern. Nach den Vorgaben der europäischen Verträge dürften es die meisten nicht einmal, weil ihre Schulden schon längst über Maastricht-Niveau liegen.

So bleibt nur das Auslandsguthaben der russischen Staatsbank. Das will die EU aus guten Gründen nicht einfach einziehen und nach Kiew überweisen. Ein solches Vorgehen wäre Diebstahl, vor keinem Gericht der Welt kämen von der Leyen, Merz und Macron mit einem so durchsichtigen Manöver durch. 

Ein ganz einfacher Plan 

Deshalb ist der Trick zur Aneignung um einiges komplizierter, als es die "Tagesschau" verkünden mag, bei der einfach russisches Geld an die Ukraine geschickt wird. Das Gegenteil ist der Plan: Das Geld bleibt russisch. Die EU eignet es sich nur insofern an, dass sie bei Banken als Sicherheit hinterlegt. Die wiederum zahlen frische Milliarden aus, die an die Ukraine gehen. Hat Russland dann  erst den Krieg verloren, der CDU-Wehrexperte Norbert Röttgen hat eben erst noch einmal verkündet, dass es "sehr, sehr unwahrscheinlich" sei, dass dieser Fall nicht eintrete, muss der Kreml in der Kapitulationsurkunde förmlich auf seinen Anspruch verzichten. Das Russengeld löst dann den Kredit ab. Fertig.

Lagardes Bedenken, von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen als "Skepsis der Europäischen Zentralbank" beschrieben, drohten, den größten öffentlich geplanten Eingehungsbetrug der Weltgeschichte  zu verhindern. Mit einer Chuzpe, die selbst für EU-Verhältnisse beeindruckend ausfiel, hatte die frühere deutsche Verteidigungsministerin es eben gerade erst geschafft, einen sogenannten "Mechanismus" in Kraft zu setzen, der das Handeln einfacher macht. 

Die Hände am Russenschatz 

Ohne große Ankündigung entschied eine einfache Mehrheit der Mitgliedstaaten, dass es die bisher notwendige Einstimmigkeit bei der Entscheidung über den Russen-Schatz nicht mehr brauche. Es werde künftig reichen, dass eine Mehrheit einverstanden sei. Und nun quengelte Christen Lagarde, eine in der Regel so zuverlässige Europäerin. Eine offene Bedrohung inmitten einer Situation, die den Europäern ohnehin längst über den Kopf gewachsen ist.

Der Aufstand der vorbestraften Französin endete nach wenigen Minuten. Schon kurz nach ihrer Wortmeldung, den den Coup der EU-Kommission zu durchkreuzen drohte, ruderte Christine Lagarde so eilig zurück, dass die EZB-Chefin in vielen Medien als eine der eifrigsten Enteigner Russlands gefeiert wurde.  Ein von der EU vorgelegter neuer Plan, lobte die 69-Jährige, komme "dem Völkerrecht so nahe wie keine bisherige Lösung". 

Fast im Einklang mit dem Völkerrecht 

Herauszulesen war, dass Lagarde die Aneignung des Vermögens eines Staates durch einen anderen immer noch für nicht ganz konfliktfrei hält. Aber der Raub, den die EU plane, werde ja beschwören, dass niemand Russland "den Eigentumstitel an den Vermögenswerten entzieht". Das Geld habe zwar ein anderer. Es sei aber nicht weg. Christine Lagarde hielt das nun für "rechtlich am ehesten vertretbar".

Das muss sie auch, denn Friedrich Merz und Ursula von der Leyen haben die EU mit ihren Enteignungsfantasien auf sehr dünnes Eis geführt. Gelingt es den beiden nicht, den sogenannten "Reparationskredit" beschließen zu lassen, steht die EU ein weiteres Mal blamiert da. Kein Kredit auf Kosten der russischen Staatskasse, das wären Merz' 5.000 Helme

Keiner will bezahlen 

Gleichzeitig müssten sich die Friedenskrieger ehrlich machen: Der Ukraine kein Geld mehr zu geben, nur weil es nicht da ist, würde schon in absehbarer Zeit den Zusammenbruch des Landes bedeuten. Die Ukraine weiter zu finanzieren, hieße daheim Ärger zu bekommen. Bisher hat der Westen dem angegriffenen Land rund 600 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt, den Großteil davon - etwa ein Drittel - haben die USA und Deutschland mit je 100 Milliarden aufgebracht. Das reicht für etwa ein halbes Kriegsführung auf einem Niveau, bei dem die Ukraine nicht verliert.

Nachdem sich die Amerikaner aber aus der Finanzierung zurückgezogen haben, droht für die verbliebenen Staaten alles noch teurer zu werden, bei gleichzeitige sinkenden Erfolgsaussichten. Niemand in der EU kann den US-Anteil zusätzlich finanzieren. Ohne das amerikanische Geld aber wird auch der Rest an europäischen Zahlungen nicht lange reichen, um die Front zu halten. 

Rechtsbruch als Signal

Deshalb, so eine Idee konnte nur aus dem sagenumwobenen 13. Stock des Berlaymont-Palastes in Brüssel kommen, hat es Ursula von der Leyen auf die russischen Milliarden abgesehen, seien es 90, 140 oder 210. Jeder Cent hilft, noch ein wenig weiterzuwirtschaften. Christine Lagarde wäre einverstanden,  wenn mit der Enteignung ein deutliches Signal an andere Investoren verbunden wird, dass die Beschlagnahmung und Weiterverwendung des Geldes "keiner Enteignung gleichkomme". 

Sie glaube, hat Largarde gesagt, "dass Investoren es zu schätzen wissen werden, dass die EU nicht versuche, Staatsvermögen einzuziehen, nur weil es uns gelegen käme". Man müsse ihnen dazu nur klarmachen, dass die derzeit geplante Einziehung "ein sehr, sehr außergewöhnlicher Fall" sei. So außergewöhnlich sogar, dass er einmalig ist: Weder im Ersten noch im Zweiten Weltkrieg wurde dergleichen versucht. In beiden Kriegen wurde erst der Sieger ausgefochten. Und dann über das Geld des Verlierers entschieden.

Es hätte nur ein anderer 

Aktuell wäre das russische Geld ist nicht weg. Es hätte nur ein anderer. Um so weit zu kommen, haben die Experten der EU-Kommission unter Zuhilfenahme auch quantenphysikalischer Betrachtungsweisen Neuland erkundet. Die Konstruktion, die einen rechtmäßigen Zugriff auf fremdes Eigentum zulassen soll, teilt russisches Vermögenswerte nach ihrem physikalischen Status in "russisch" und "nicht-russisch" auf.

Weil die eigentlichen Guthaben seit Russlands Angriff auf die Ukraine 2022 im Zuge der Sanktionen eingefroren worden sind, indem sie gegen Bargeld eingetauscht wurden, habe Russland seine Eigentumsrechte daran verloren, argumentiert die EU-Kommission. EU-Sanktionen verhinderten ja eine Überweisung der Guthaben an Moskau. 

Bargeld ist kein Vermögen 

Daher habe Russland kein Geld mehr im Ausland, sondern nur noch einen Forderungsanspruch, den die russische Regierung eines fernen Tages gegenüber den EU-Finanzinstituten, die die Gelder verwahren, geltend machen müsse. Nur "dieser Anspruch der russischen Zentralbank ist Russlands Vermögenswert", möchte die Kommission die zweifelnden Mitgliedsstaaten überzeugen. 

Die Methode ist etwa die: Weil A böse auf B ist, verkauft er dessen Auto, das zufällig bei ihm in der Garage steht. Als B insistiert, dass der eingenommene Kaufpreis aber immer noch ihm gehöre, versichert A, dass er sich selbst verboten habe, B das Geld zukommen lassen können zu dürfen. Und dass B deshalb nur noch das Recht haben, auf Herausgabe des Autos zu klagen.

Mit der Idee, dass  "Barguthaben nicht der Zentralbank der Russischen Föderation gehören" und  damit "nicht der Staatenimmunität unterliegen", hat die EU-Kommission sich Beinfreiheit für alle Fälle verschafft. Bisher galt im Geschäftsbetrieb zwischen souveränen Staaten das von allen Seiten anerkannte Grundprinzip des Völkerrechts, dass ein Staat grundsätzlich nicht der Gerichtsbarkeit eines anderen Staates unterliegt. Gleiches kann über Gleiches keine Herrschaft ausüben, das Recht des einen Staates ist nicht besser als das des anderen. Wäre es anders, könnten Regierungen einander fortlaufend wechselseitig vor die eigenen Gerichte zerren. 

Not kennt kein Gebot 

Doch Not kennt kein Gebot. Und der EU öffnet das selbst von der ehemals konservativen FAZ geforderte  "unmissverständliche Signal an Putin" die Chance, das seit den Zeiten des antiken Rom anerkannte Prinzips "Par in parem non habet imperium" über Bord zu werden. Die weltgrößte Staatengemeinschaft hat schon immer den Anspruch gehabt, als eine Art Weltregierung Standards zu setzen, gestützt auf ihre wirtschaftliche Macht in weit entfernte Regionen hineinzuregieren und mit ihrer leidenschaftlich gern geschwungenen Moralkeule Gefolgschaft zu erzwingen. 

Das hat nie geklappt. Gerade in den letzten Wochen musste die EU mit dem Verbrennerverbot und der Lichterkettensorgfaltsrichtlinie eine ganze Reihe ihrer hochfliegenden Pläne beerdigen.

Die Aneignung der russischen Milliarden könnte nun aber ein Zeichen setzen, dass inmitten der Trümmer der großen Planwirtschaft noch Entschlossenheit wohnt und nicht nur Verzweiflung. Bundeskanzler Friedrich Merz, lange ein entschiedener Gegner der offenkundig rechtswidrigen Aneignung des russischen Geldes, hat es als einer der Ersten erkannt. Bei der Enteignung der Russen  "geht um viel mehr als nur um eine Finanzierungsfrage", hatte er gesagt. Die auch als "Mobilisierung der Milliarden" umschriebene Attacke auf 2000 Jahre Völkerrecht seien "ein unmissverständliches Signal an Putin: dass die Europäer ihm entschlossen und geschlossen entgegentreten bei der Verteidigung ihrer Freiheit." 


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Und wen raubt die EU in zwei Jahren aus, um ihre ukrainischen Freunde zu füttern ?

Anonym hat gesagt…

OT: <<< Wie der brandenburgische AfD-Landtagsabgeordnete Fabian Jank auf X berichtet, arbeite einer von ihnen, der 32-jährige Kolja B., nach übereinstimmenden Berichten als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen. Damit ist er Angestellter einer Stiftung des Landes Brandenburg – also Teil einer staatlich finanzierten Erinnerungs- und Bildungsinstitution. Zusätzlich ist er Doktorand an der Humboldt-Universität zu Berlin >>>

Was gilt's? (Hiob 1.11) --- Das Vögelchen bekommt Freispruch aus Mangel an Beweisen - oder im schlimmsten Fall (achtenswerte Motive!) ein halbes Jahr auf Bewährung, und 200 Bernanke-Shekel Buße, an die "Rote Hilfe" zu zahlen.