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| Im Subtext behauptet auch Andreas Audretsch, dass China seine E-Auto-Erfolge einem Verbrenner-Verbot verdankt. Das allerdings existiert nicht. |
Elektromobilität ist die Zukunft, nicht nur in Europa. Überall steigen die Zahlen verkaufter E-Autos kräftig. Teilweise liegen die modernen, geräuschlosen und zumindest auf der Straße rückstandsfreien Modelle auch in Deutschland schon bei einem Viertel der Verkaufszahlen, die Verbrenner immer noch erzielen. Nur noch ein wenig gesetzgeberischer Druck, dann muss sich die überlegene Technologie von selbst durchsetzen, so ist es geplant.
Der "Anschluss an China"
Dass die EU ihr Verbrennerverbot, das ab 2035 gelten soll, nun schon zehn Jahre vor Inkrafttreten aufweicht, empört Umwelt- und Klimaschützer gleichermaßen. Als "Irrsinn" hat der anerkannte Berliner Klimaprofessor Volker Quaschning die Bestrebungen der EU-Kommission bezeichnet, eine der tragenden Säulen der Transformation einzureißen. "So verlieren wir den Anschluss an China bei der Elektromobilität und damit auch große Teile unserer Autoindustrie", argumentiert der Experte für Erneuerbare Energien, Energiewende und Klimaschutz, der an der HTW Berlin Energieausstieg lehrt.
Auch Andreas Audretsch, der durch die Geldhaar-Affäre bundesweit bekanntgewordene stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, schlägt in diese Kerbe. Obgleich eigentlich nur für Finanzen, Haushalt, Wirtschaft, Arbeit und Soziales zuständig, ist der studierte Politikwissenschaftler, Soziologe und Publizist empört über die EU.
Die war nach einem Bittbrief von Bundeskanzler Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder nach nur wenigen Tagen Überlegung zum Schluss gekommen, dass sie Europa doch lieber auf einen "Irrweg beim sogenannten Verbrenner-Aus" führen wolle, als konsequent am einmal eingeschlagenen Weg festzuhalten, whatever is costs.
Im Industriemuseum
Das Aus für das Verbrenner-Aus mache "Europa zum Industriemuseum", wetterte Audretsch im ZDF, und er warnte: "Derweil setzt China auf Zukunftstechnologien!" Wer wie seine Partei an die Technologie-Spitze wolle, "tausende Jobs in Europa sichern und mit guter E-Mobilität das Klima schützen", der müsse festhalten an der Vorschrift, die festgelegt hat, dass Neuwagen in der EU ab 2035 im Betrieb kein klimaschädliches Kohlenstoffdioxid (CO2) mehr ausstoßen dürfen. Es drohe der "Rückschritt", warnt der um die Früchte jahrelanger Lobbyarbeit bangende Quaschning: "So werden wir den Anschluss an China verlieren, weiter von Ölimporten abhängig bleiben und unsere Klimaziele reißen!"
So schon droht die Planerfüllung auch im E-Auto-Bereich zu scheitern. Die Ampelregierung hatte beschlossen, dass bis zum Jahr 2030 mindestens 15 Millionen Deutsche ein Elektroauto fahren müssen. Als die rot-grün-gelbe Koalition antrat, gab es rund 350.000 E-Autos auf deutschen Straßen. Als sie drei Jahre später vom inneren Streit zerrissen wurde, waren es 1,65 Millionen. Doch dieses Deutschland-Tempo reicht nicht aus. Ein Jahr später sind immer noch nur vier Prozent des Pkw-Bestandes elektrifiziert.
Umstellungsdauer bis zum Jahr 2136
Gelingt es nicht, ein exponentielles Wachstum künstlich zu erzeugen - etwas durch Kaufprämien oder ein Verbot aller anderen Antriebsarten - droht eine komplette Umstellung von wenigstens 15 Millionen Fahrzeugen auf E-Antrieb noch mehr als 30 Jahre zu dauern, also bis zum Jahr 2055. Der Austausch des gesamten Fahrzeugbestandes von 50 Millionen Pkw wäre bei gleichbleibenden Wachstumsraten sogar erst im Jahr 2136 beendet. Denn die Stromer-Neuzulassungen steigen zwar. Doch einfach nicht schnell genug, so lange den Käufern die Wahl zwischen E-Auto und Verbrenner bleibt.
Der Verweis auf die chinesische Planwirtschaft darf deshalb mittlerweile nirgendwo mehr fehlen, wo das "Geraune über Deutschlands Niedergang" und die "Unfähigkeit der Regierung", wie es der "Spiegel" nennt, mit dem "neidvollen Blinzeln in Richtung Autokratie" und einer "mehr oder weniger offenen" "Bewunderung des chinesischen Modell wegen seiner Effizienz" eine verhängnisvolle Allianz eingehen.
Die Hohepriester des Autokratismus
China erscheint den Quaschnings, Audretschs, bekannte Klimaideologen und einer ganzen Division anderer Bewunderer von Verbotslösungen als leuchtendes Vorbild für entschiedene Problemlösungen, obwohl "es keinen Widerspruch duldet und auf Ausbeutung von Mensch und Natur gründet", wie der "Spiegel" richtig anmerkt.
Diesmal werden die Klimaschutzziele angeführt, die ein Aus für das Verbrenner-Aus "gleich mit über Bord kippen" werde. Selbst der Umstand, dass die EU-Kommission eher eine sogenannte "Bürgergeld"-Lösung plant - also keine Rücknahme des Verbrenner-Aus, sondern eine Umbenennung - vermag die Kritiker nicht gnädig zu stimmen. Die sogenannte Technologieoffenheit sei ein fataler Rückschritt, wenn "jetzt von Ausnahmen mindestens für Hybridfahrzeuge gesprochen" werde, könnten auch nach 2035 noch Neuwagen mit Verbrennertechnik zugelassen werden.
Männer im Hinterzimmer
Was bisher vorbildlich auftretende europäische Vordenker wie den zuletzt überall interviewte Manfred Weber, ehemals gescheiterter EVP-Spitzenkandidat für die Übernahme des EU-Kommissionsvorsitzes, dabei reite, sei unklar. Weber hatte lange für ein Verbrennerverbot mit Augenmaß eingesetzt, nach der Mehrheitsentscheidung im EU-Parlament aber nie aufgehört, gegen die mit den Stimmen von Linken, Grünen und Sozialdemokarten getroffenen Beschluss zu agitieren.
Weber sieht sich als führenden europäischen Lobbyisten der Verbrenner-Vergangenheit. Britta Haßelmann, die für die Zukunft nach chinesischem Zuschnitt antritt, hat das mit einem prägnanten Foto illustriert: Als in einem Hinterzimmer Frauen über die Aufweichung des Verbrenner-Verbots entschieden wurde, saßen acht Männer am Tisch. "Dabei sind Frauen mehr als die Hälfte dieser Gesellschaft", wetterte Haßelmann, "wen soll das hier repräsentieren?!"
Die China-Lüge
Die Zukunft sei elektrisch, China zeige das, betont die grüne Fraktionsvorsitzende im Bundestag. Wie Volker Quaschning, Andreas Audretsch, die Klimaökonomin Claudia Kemfert und die Zentralorgane die "Oberflächen-Journalismus" (Roland Tichy) geht auch Haßelmann offenbar davon aus, dass Chinas Elektroauto-Erfolge einem Verbrennerverbot zu verdanken sind. Öffentlich behauptet das niemand. Doch die Argumentation der Bewunderer des Autokraten Xi setzt das Verbot quasi voraus: Wer keins hat, falle hinter China zurück. Wer Verbrenner weiter dulde, sei nicht annähernd so fortschrittlich wie das diktatorisch regierte Reich der Mitte.
Das Problem: Ein Verbrenner-Verbot in China existiert nicht. Im Gegensatz zur anderen großen Planwirtschaft in Europa hat die chinesische Zentralregierung nach langen Erwägungen bereits 2017 entschieden, den Verbrennungsmotor, synthetische Kraftstoffen und dem Antrieb durch Brennstoffzellen weiterhin als Teil der nationalen Mobilitätsstrategie zuzulassen. Einzig in der kleinsten Provinz Hainan, einem Inselreich mit zehn Millionen Einwohnern ganz im Süden, dürfen ab 2030 an keine neuen Verbrenner mehr gekauft werden.
Wettbewerb der Antriebssysteme
Das kommunistische Regime setzt auf den Wettbewerb der Antriebssysteme und darauf, dass der Elektroantrieb sich ähnlich wie früher erfolgreiche Technologien durch seine Vorteile durchsetzt. Auch die Compact Disc hatte ihren Siegeszug nicht einem Schallplattenverbot zu verdanken, heißt es in Peking. Ebenso wenig sei das Streaming zum dominierenden Vertriebsweg für Musik geworden, indem ein CD-Verbot erlassen wurde.
Doch anstatt sich von diesem Beispiel bestärken zu lassen, das China zu einer Quote von annähernd 50 Prozent Elektrofahrzeugen bei den Neuzulassungen verholfen hat, verschließen die Kritiker der Abkehr vom Verbrenner-Verbot die Augen vor der Realität. Ihrer Ansicht nach braucht die kriselnde Autobranche gerade Richtlinien, Ausstiegsszenarien und Deadlines, um eigene Batteriefabriken aufzubauen und in die bessere Antriebstechnologie zu investieren.
Das Bessere durch Zwang durchsetzen
Statt Strom billiger zu machen, so dass die Kostenvorteile den Umstieg für jeden Autokäufer ökonomisch rational erscheinen lassen, beharren die Planwirtschaftsgläubigen darauf, dass das Bessere sich allein durch Zwang durchsetzen lässt. Nach dem angekündigten Einknicken der EU-Kommission vor den Bitten mehrerer Regierungen der Mitgliedsstaaten, im Zuge der umfassenden Rückabwicklung vieler wegweisender EU-Planvorgaben auch Verbrenner wieder eine Chance zu geben, könnte die deutsche Autoindustrie zufrieden sein. Der Markt wird entscheiden. Doch dieser Eindruck täuscht, denn die Vorgaben der sogenannten CO₂-Flottengrenzwerte bleiben mit einer nur sehr geringen Senkung der Zielvorgaben bestehen.
Die Kommission erhofft sich davon ein Erreichen ihrer Planziele, ohne dass sie für den weiteren Niedergang der Branche verantwortlich gemacht werden kann. Die Bundesregierung freut sich über einen symbolischen Sieg, der öffentlich gefeiert werden kann.


2 Kommentare:
OT: ...und einem frappierenden Defiziten an geschichtlicher Bildung erklären ...
DAS hat dieser "Kurschatten" gerade nötig, abzusondern.
Ich höre immer China. Wochenarbeitszeit hoch, Urlaub und Löhne runter, Kündigungsschutz in den Mülleimer. Dann können wir reden. Was sagt die marxistisch-leninistische Theorie eigentlich über Raubtierkommunismus?
P.S. geschätzt 90% von dem, was Linksgrüne über China wissen, kommt direkt aus den Propagandakanälen Pekings
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