Mittwoch, 19. Oktober 2016

Hohe Geburtenrate: Wie man mit der Wahrheit lügt

Unter den zwei Möglichkeiten, unschöne Realitäten bekannt zu machen, ist die des Lügens mit der Wahrheit die elegantere. Statt Dinge zu erfinden, zu schwindeln und reinen Quatsch zu erzählen, wird bei dieser, in der Weltgeschichte erfolgreich von Meistern wie Goebbels, Stalin und Karl-Eduard von Schnitzler benutzen Methode darauf vertraut, dass ein Stück erzählte Wahrheit glaubwürdiger ist als ein frei erfundenes Märchen. Selbst wenn das Stückchen Wahrheit in Wirklichkeit so klein ist, dass es falschere Informationen vermittelt als eine reine, frisch gezapfte Lüge.

Ein Beispiel bieten die alljährlichen Feiern zur "höchsten Geburtenrate", bei denen sich Statistisches Bundesamt und unabhängige Medien vom Staatssender ZDF über sterbende Holzmedien wie den "Tagesspiegel" bis hin zur linken Stimme aus München einig darüber sind, dass "deutsche Frauen mehr Kinder bekommen" (Tagesspiegel), "in Deutschland mehr Kinder geboren werden " (SZ) und die "Geburtenrate weiter ansteigt" (Spiegel).

Wir werden immer mehr

War es letztens noch der Wert von 1990, der übertroffen wurde, ist es jetzt schon der von
1982. Von wegen, Deutschland schafft sich ab! Von wegen, in tausend Jahren ist alles vorbei! Ein Aufbruch findet statt! Vor allem Deutsche mit ausländischem Pass sorgen dafür, dass in Deutschland "das vierte Mal in Folge mehr Kinder kommen zur Welt als im Vorjahr", wie die SZ analysiert.

"Zum ersten Mal seit 30 Jahren ist im vergangenen Jahr in Deutschland die sogenannte Geburtenziffer wieder auf den Wert von 1,5 je Frau gestiegen", versichert der "Spiegel" allen Zweiflern und . Ähnlich hoch sei sie zuletzt 1982 mit 1,51 gewesen, habe das Statistische Bundesamt in Wiesbaden erklärt.

Eine klare Botschaft der Bundesregierung. Wir werden immer mehr! Deutschland wächst! Und wie!

Wer jetzt den Eindruck hat, dass in Deutschland wieder so viele Kinder geboren werden wie anno 1982, der hat allerdings nicht richtig hingeschaut. Sowohl der "Spiegel" als auch die Staatssender als auch alle anderen 500 Organe der vierten Gewalt sprechen übereinstimmend von "Geburtenrate" und "Geburtenziffer" - zwei Kennzahlen, die sich ausschließlich auf die Anzahl der geborenen Kinder pro Frau im gebärfähigen Alter beziehen.

Nicht auf die Gesamtzahl der zur Welt gekommenen Babys.

Das aber wäre die Zahl, auf die es ankommt. Und die wird genau deshalb in keinem einzigen von hunderten Artikel erwähnt.

Die frei erfundene "Trendwende"

Zu schnell wäre der offenbar erwünschte Eindruck einer "Trendwende" (Statistisches Bundesamt) beim Aussterben verflogen, schaute man sich die absoluten Zahlen der Geburten an.

737.000 waren es nach Angaben der Statistiker im vergangenen Jahr. 1982 dagegen, angeblich das Jahr, in dem in Deutschland nach Medienangaben zuletzt "so viele" Kinder geboren wurden, waren es noch 866.000 gewesen. Und 1990 sogar mehr als 905.000.

Ein Rückgang um stolze 15  beziehungsweise sogar um mehr als 20 Prozent. Der dennoch selbstbewusst und im Jubelchor als "Anstieg auf den höchsten Wert seit 30 Jahren" (Süddeutsche) verkauft wird.

Ein Stück Wahrheit, das falscher ist als jede Lüge sein könnte.



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