Mittwoch, 24. März 2010

Per Haustausch in den siebten Himmel

In die Wiege gelegt worden ist ihm der geschäftliche Erfolg jedenfalls nicht. Nein, Ronny Kustenberg schüttelt den Kopf. Der großgewachsene Mittzwanziger lächelt breit: "Eigentlich", sagt er, "fing alles mit einer ziemlich bescheuerten Fernsehsendung an". Damals war der gebürtige Fienstedter gerade ganz unten. Zwei Jahre nach Abschluß seines Jurastudiums hatte Kustenberg noch immer keine Festanstellung gefunden, das mit Freundin Susanne und Söhnchen Mark-Gabriel gekaufte Einfamilienhaus im schönen Benkendorf war immer noch nicht fertig saniert, "doch die Raten liefen und liefen", erinnert sich der frühere Kreisklassefußballer, "und eigentlich sah ich kein Licht mehr".

Bis zu jenem Abend, als zufällig der Fernseher lief. Kustenberg saß am Schreibtisch und brütete über dem Haushaltbuch seiner kleinen Familie, Freundin Susanne schaute ihre Lieblingssendung "Frauentausch" und Ronny Kustenberg ärgerte sich einmal mehr, dass Erhaltungs- und Sanierungsaufwendungen für das bescheidene Anwesen seiner Familie "nach den steuerrechtlichen Regularien einfach mein Privatvergnügen waren, während mein Nachbar jeden Cent steuerlich gelten machen kann". Und das nur, erklärt der Fienstedter, "weil wir unser Haus selbst bewohnen, der Nachbar seines aber vermietet hat". Ursache dafür sind die vom Gesetzgeber vorgesehenen Möglichkeiten zur Abschreibung von Kosten bei vermietetem Wohneigentum, die nicht gelten, wenn das Wohneigentum selbst genutzt wird.

Plötzlich war sie da, die Idee, die das Leben der Kustenbergs für immer verändern sollte. "Ich dachte mit einem Mal", erinnert sich Anwalt Kustenberg, "was denn wäre, wenn ich mein Haus auch vermieten und dafür ein anderes mieten würde". Über "zwei, drei, vier Bier" hangelte sich der Hobbyangler mit dem markanten Kinnbart (Foto) dann immer weiter, "mir spukte irgendwann auch der Begriff "Frauentausch" durch den Kopf", sagt er. Nach ein paar Stunden, verbracht mit Lesen in dickbändigen Steuerrechtsvorschriftenordnern und ausgiebigem Googeln der Rechtsvorschriften im Internet, war Kustenberg dann zu einer Wahrheit vorgestoßen, die zahllosen Beobachtern in In- und Ausland bis dahin entgangen war. "Ich war mir sicher", sagt er, "dass ich die von Kommunen über Jahre genutzten Möglichkeiten des Sale- and Lease-Back genannten Cross-Border-Leasing endlich auch für den kleinen Häuslebauern nutzbar machen kann." Und das einfach, übersichtlich und ohne klafterdicke Verträge.

Kustenbergs ungewöhnliches Erfolgrezept ist eine Internetbörse namens Haustausch.cn, über die der inwzischen im schweizerischen Zug residierende Jungunternehmer eine ganz besondere Dienstleistung anbietet. "Einfach gesagt geht es darum", beschreibt er, "Hausbesitzern die Gelegenheit zu geben, ihr eigenes Haus steuerlich als Abschreibungsobjekt zu aktivieren". Was kompliziert klingt, ist in der Realität recht einfach: Über sein vielfrequentiertes Portal bringt Kustenberg Menschen zusammen, die Häuser besitzen, in denen sie selbst wohnen, was ihnen die Möglichkeit nimmt, die Kosten für Reparaturen oder Sanierungsarbeiten steuerlich geltend zu machen. "Wir sorgen nun gemeinsam mit namhaften Notaren dafür, dass der Besitzer des einen Hauses das Haus eines anderen Hausbesitzers kauft - und im Gegenzug umgekehrt", sagt Ronny Kustenberg.

Der Clou dabei: Gleichzeitig mit dem Haustausch, der notariell beglaubigt und im Grundbuch vermerkt wird, werden Mietverträge abgeschlossen, die dafür sorgen, dass jeder der beiden früheren Eigentümer in seinem früheren Eigentum wohnen bleiben kann. Der einzige Unterschied, der sich für beide am Tausch beteiligte Partner ergebe, sei der, dass vom Zeitpunkt des Verkaufs an alle Kosten steuerlich geltend gemacht werden können. "Das spart", erklärt Anwalt Kustenberg, "leicht ein paar tausend Euro pro Jahr". Über die gewöhnliche Abschreibungszeit eines neuen Hauses von 25 Jahren ergebe sich ein Zugewinn von zwischen 150.000 und 250.000 Euro. "Das schubst niemand einfach von der Bettkante", scherzt der Rechtsanwalt und Steuerexperte.

Entsprechend groß war der Ansturm, den sein kleines Internet-Vermittlungsportal vom ersten Tag an erlebte. "Nachdem einige Fachzeitschriften über uns berichtet hatten", erläutert er, "musste ich die ersten Mitarbeiter einstellen". Bis heute sind es 23 junge Leute, zum größten Teil ausgebildete Immobilienkaufleute und Rechtsanwaltsfachgehilfinnen, die bei Kustenbergs Firma Swinging Home Inc. eine Anstellung gefunden haben.

Bis zum 50 Häusertausche wickelt die im US-Bundessstaat Delaware in unmittelbarer Nachbarschaft von zahlreichen Tochterfirmen an gesehener großer öffentlich-rechtlicher deutscher Banken angesiedelte Internetfirma inzwischen ab - mehr als Ronny Kustenberg sich selbst jemals hatte vorstellen können.

Soviel Engagement wird belohnt. Inzwischen ist Ronny Kustenberg mehrfacher Millionär, zuletzt verlieh die Industrie- und Handelskammer dem innovativen Geschäftsmodell des Mannes aus Sachsen-Anhalt einen selbstgestifteten Preis. Anfänglich aufgekommende Kritik daran, dass haustausch.cn zur Steuerhinterziehung auffordere und anleite, ist glücklicherweise längst verstummt, mittlerweile hätten sogar einige Politiker mit seiner Hilfe Häuser getauscht, verrät der Jungunternehmer, ohne Namen zu nennen.

"Wir hatten ja auch einige Prüfungen durch die Finanzämter hier", lächelt Kustenberg, "und alle Prüfer haben uns anerkennend bescheinigt, dass wir völlig legal und im Sinne der deutschen Gesetzgebung handeln". Es sei vom Gesetzgeber beabsichtigt und vom Bundesverfassungsgericht auch so gefordert, dass Besitzer von vermieteten Immobilien die ihnen durch die Vermietung entstehenden Kosten von ihrer Einkommensssteuerschuld abziehen könnten. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Hausbesitzer selbst zur Miete wohnen und das vielleicht sogar in einem Haus, das dem Mieter ihres eigenen Hauses gehört. Derzeit tüftelt Ronny Kustenberg übrigens mit Experten aus großen Steuerkanzleien an einer weiteren Erleichterung für Häuslebauer. "Es geht darum, eine Möglichkeit zu schaffen, wie jemand sein eigenes Haus kaufen kann, ohne es danach noch zu besitzen", verrät der quicke Jungunternehmer augenzwinkernd. Er verspreche sich davon eine noch größere Nachfrage. Im Herbst soll es losgehen - parallel dann übrigens auch in Spanien, Portugal und Norwegen, die ähnlich Rechtsvorschriften haben. "Eine innovative Idee aus Deutschland macht Furore - wann hat es das schon zum letzen Mal gegeben", staunt Kustenberg selbst.


Notwendiger Nachsatz: Da die Haustausch-Seite von Ronny Kustenberg aufgrund des Ansturms von Interessenten nach dem PPQ-Berichtes zur Zeit häufig überlastet ist, bieten wir Haustausch-Interessenten einen Remailer-Service an. Anfragen können anonym und SSL-gesichert an politplatschquatsch@gmail.com geleitet werden, von hier aus gehen sie automatisiert an Herrn Kustenberg weiter.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Oh Yeah ! Dass riecht gewaltig nach einer PPQ-Feldforschungsfalle. Sollen jetzt die fleisigen Häuslebauer auf's Glatteis geführt werden?

Oder sind diese Zeilen für die abschreibenden Kollegen gedacht ?

ppq hat gesagt…

da ist sie wieder, die deutsche unart! innovationen anzuzweifeln ist ja hier volkssport. also uns hat das konzept überzeugt! wir haben alle häuser inzwischen zum verkauf gestellt, werden dafür andere bekommen und glücklich werden

nwr hat gesagt…

...Inzwischen ist Ronny Kustenberg mehrfacher Millionär, zuletzt verlieh die Industrie- und Handelskammer dem innovativen Geschäftsmodell des Mannes aus Sachsen-Anhalt einen selbstgestifteten Preis. ...

Das ist doch wohl Quark mit Soße. Ich glaube ja sehr wohl, daß dieser Steuerirrsinn einem Irrenhaus geziemt, aber daß der Blödsinn schon so weit geht, bezweifle ich doch. Gibt es außer ppq sonst noch seriöse Quallen?

nwr hat gesagt…

...Inzwischen ist Ronny Kustenberg mehrfacher Millionär, zuletzt verlieh die Industrie- und Handelskammer dem innovativen Geschäftsmodell des Mannes aus Sachsen-Anhalt einen selbstgestifteten Preis. ...

Das ist doch wohl Quark mit Soße. Ich glaube ja sehr wohl, daß dieser Steuerirrsinn einem Irrenhaus geziemt, aber daß der Blödsinn schon so weit geht, bezweifle ich doch. Gibt es außer ppq sonst noch seriöse Quallen?

Anonym hat gesagt…

Kommt Jungs (und Mädels): Heute ist nicht der 1. April.
Aber ist eine nette Idee.

ppq hat gesagt…

seriose quallen sprechen von einer differentialanalytischen systembeschreibung