Dienstag, 24. April 2018

Spiegel Daily: Verdummung versagt als Geschäftskonzept

Ein "smarte Abendzeitung", gepäppelt mit den Resten des in besseren Zeiten Angesparten und verbreitete über ein Medium, für das sichtlich jedes Verständnis fehlte. Das war "Spiegel Daily", eine Art Deutschland-Kurier aus dem Spiegel-Hochhaus, ideologisch, unpraktisch und nach sagenhaften vier Jahren Vorbereitungszeit mit großen Erwartungen gestartet. Nun wird sie schon wieder eingestellt - ein Sieg des gesunden Menschenverstandes.

Hier, das war schnell klar, wurde nicht nach Wahrheit gesucht, sondern nach Bestätigung von Vorurteilen. Hier wurde alter Wein in alte Schläuche gefüllt, es zeigte sich die Spiegel-DNA eines durchdesignten Puppenstubenjournalismus: Alle Rollen waren übersichtlich besetzt, die Welt eine Seifenoper mit Gut und Böse. Wie Dantes "Göttlicher Komödie" erzählte "Spiegel Daily" von einer Gegenwart, in der wir immer grundgut und die aus purer Gemeinheit abgrundtief verdorben sind. Wer genau "die" sind, wechselte zwischen USA, Russland, Türkei, je nachdem, was gerade gebraucht wurde. "Wir" aber das waren immer die Leute beim Spiegel, ihre Freunde im Bundestag und die Regierung, selbstverständlich.

Dass ein täglicher Newsletter, der seine ersten 100 Ausgaben mit geifernden Berichten über "Trumps Klimawahnsinn", "Das Trump-Prinzip" und "Europa gegen Trump" füllt, sich vermutlich nicht so lange am Markt halten wird die der US-Präsident in dem Amt, aus den ihn um andere Einfälle arg verlegenen die Spiegel-Daily-Leute schon in der dritten Woche siebenmal herausgeschrieben hatten, war abzusehen. Zwar hatte die Redaktion versprochen, ihren Lesern immer zum Feierabend zu berichten, "was heute wichtig ist".

Doch nach einem ersten Aufmerksamkeitssturm im Internet legte sich nach der überschaubaren Begeisterung bald auch die Kritik. Nicht einmal mehr der Schwund an Werbebemühungen des immer noch mächtigen Spiegel-Mutterschiffs für sein neues Baby machte Schlagzeilen. Irgendwie war "Spiegel Daily" zu sehr Spiegelbild der grassierenden Journalismuskrise, in der der Verlust an Lesern mit einem Verlust an Relevanz korrespondiert, gegen den ein Zuwachs an Propaganda, Hetze, Hass und Seo-Optimierung helfen soll, der allerdings zu nur immer weiterem Verlust an Relevanz und Lesern führt.

Kein ganzes Jahr hat der "Spiegel" die neue Form der dumpfen Tagesbeschimpfung durchgehalten. Am Vorabend langer Tage knallte Hamburger Propagandapeitsche und brachte die frohe Botschaft in ein paar tausend Haushalte, von denen nicht einmal klar war, ob sie die neue Folge der Seifenoper vom fiesen, miesen Trump, dem Hoffnungsträger Macron, dem kriegslüsternen Putin, den armen Syrerern, den dummen Amis, dem bedrohten Klima, den verseuchten Meeren und Deutschlands Aufgabe, das alles durch Angela Merkel geradezurücken, noch ernsthaft zu folgen vermochten. Dann zog der "Spiegel" die Notbremse und beendete das Experiment, eine Kinderzeitung für Erwachsene machen zu wollen.

Schuld am Scheitern seien technische Probleme damit, dass "Daily als digitale Zeitung ein höchst problematisches Konzept" gewesen sei, das es schwierig gemacht habe, Abos zu gewinnen. Ach? Mit Inhalten dagegen hat die Pleite nichts zu tun. Wörtlich heißt es in der Einstellungsverfügung dazu: „Eine Konstruktion, die nach dem gesammelten Leserfeedback des ersten Jahres so unlogisch ist wie der Umstand, dass wir zu ein- und demselben Thema öfters künstlich zwei Geschichten schreiben: einen elaborierten Text für unsere Haupt-Nachrichtenseite und einen mindestens so elaborierten für Daily.“

Die Vokabel "öfters" sagt alles, was man über die Rettung des Journalismus vor seinen Rettern wissen muss.



4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

https://www.facebook.com/afdnwm.de/photos/a.744603078938266.1073741828.680517605346814/1558083567590209/?type=3&theater

DAK fällt mit pol. korrekter Bereicherungswerbung voll auf die Schnauze und die journaille jammert herum

https://www.google.de/search?q=DAK+Werbung+aktuell&rlz=1C1CHBF_deDE736DE736&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwiyh4GL2NPaAhUMXCwKHf1LA50Q_AUICigB&biw=1920&bih=974#imgrc=i5rpoLmGoyd5mM:

Volker hat gesagt…

Wie Dantes "Göttlicher Komödie" erzählte "Spiegel Daily"

Dante mit SPIEGEL auf eine Stufe stellen?
Ich muss doch sehr bitten!

ppq hat gesagt…

ehre, wem ehre gebürt!

mein lieblingszitat dazu: "ich habe spiegel daily nie, aber dafuer immer gerne gelesen"

Gernot hat gesagt…

Anonym 1, da ist von "braunem Shitstorm" die Rede. So sollte man das Bild einer weißen Mutter mit einem korrekten schwarzen (braunen) Vater aber nicht nennen dürfen, das ist rassistisch.