Freitag, 13. Juni 2025

EU-Coronageld: Es ist noch Suppe da

Von der Leyen Corona-Fonds Maske Kümram
Ursula von der Leyen kann selbst mit Maske Gelegenheiten erkennen, die sich eignen, der EU mehr Geld oder neue Zuständigkeiten zu erobern. Abb: Kümram, Buntstifte auf Wachspapier

Schneller war die Europäische Union nie zuvor gewesen. Die Corona-Pandemie hatte noch nicht einmal richtig begonnen, da war die Kommission mit einem Rettungsplan zur Stelle. Am 26. Mai vor fünf Jahren schlug sie den Mitgliedsstaaten den Europäischen Aufbauplan vor, ein Geldmonster mit 750 Milliarden Euro Inhalt, gerechnet nach Preisen von 2018, so dass eigentlich mehr als 800 zusammenkamen. So stabil war der Euro gewesen und so eilig hatten es die Staats- und Regierungschefs, dass sie nur zwei Monate brauchen, um dem bis dahin größten Gemeinschaftsprojekt der größten Staatengemeinschaft der Welt ihr Okay zu geben. 

Europas größter Geldtopf 

Der im Europadeutsch "Aufbau- und Resilienzfazilität" genannte Geldtopf bekam für die bessere Außenwirkung den schönen Namen "NextGenerationEU", als sollte er die EU der vorigen Generation ablösen. Und nun war er "mehr als nur ein Aufbauplan!", wie die Kommission sich selbst  überschwänglich lobte. 

NextGenerationEU sei "eine einmalige Gelegenheit, gestärkt aus der Pandemie hervorzugehen, unsere Volkswirtschaften umzugestalten sowie neue Chancen und Arbeitsplätze für unser Europa von morgen zu schaffen", begründete EU-Kommissarin Ursula von der Leyen den Schritt vom Ich zum Wir. Erstmals war nicht mehr jeder Mitgliedsstaat für seine eigenen Schulden zuständig, sondern jeder auch für die aller anderen. 

Seit der Finanzkrise zehn Jahre zuvor waren gemeinsame Schulden, gegen die kein nationales Parlament  mehr Einspruch einlegen kann, der große Traum der Brüsseler Bürokraten gewesen. Regierungsuntauglich, wer nicht die nächste Krise nutzt, um durch die Hintertür einen Vorschlag durchzusetzen, für den er zuvor schon mehrere Male durch die Vordertür aus dem Haus geschickt wurde. Ursula von der Leyen kennt das weder Scham noch Schüchternheit. Die deutsche Kommissionschefin weiß, dass die EU so lange funktioniert, wie sie Geld hat, das sich verteilen und den Bürgern daheim als warmer, kostenloser Regen von den Nachbarn verkaufen lässt.

Ausnahme! Ausnahme! 

Endet der warme Strom an pekuniärer Zuneigung, endet auch die Langmut der Bürgerinnen und Bürger mit Bürokratie, Vorschriftenunwesen und einer Überregulierung, die den selbsternannten Weltfriedenskontinent mehr und mehr von sämtlichen Fortschrittstechnologien abklemmt. Danach endet aber als Nächstes die Beliebtheit des Apparates. Und damit über kurz oder lang dessen selbstgenügsame Existenz. Von der Leyen setzte auf Sieg. Und sie gewann: Erstmals bekam die EU gemeinsame Schulden. Ausnahme! Ausnahme! Nur diesmal, so wurde der Sündenfall, den die Väter der Europäischen Verträge ausdrücklich ausgeschlossen hatten, entschuldigt.

Jede Krise ist so nicht nur im Chinesischen zugleich eine Chance, sondern erst recht im Europäischen. Hektisch werden Krisenpakete geschnürt und Rettungsschirme aufgespannt, das Europäische Amt für einheitliche Ansagen (AEA), Pendant zur Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin, tüftelt emsig hübsche Namen: NextGenerationEU (NGEU), Covid-19-Aufbaupaket,  "Horizont Europa", "rescEU" und "EU4Health". Manche etwas unglücklich, andere missverständlich, immer ein Sprachquark wie aus dem Setzkasten.

Mangel an Fachpersonal 

Doch seit dem Austritt der Briten fehlt es auch beim AEA an englischen Muttersprachler. Um die Internationalität und Weltgeltung der Brüsseler Beschlüsse zu untermauern, besteht Ursula von der Leyen aber dennoch auf Programmnamen, die zumindest dem nicht Sprachkundigen wie Englisch vorkommen sollen.

Als der Name stand, hatten "wir alles, was dafür nötig ist -  klare Vorstellungen, einen Plan und die Abmachung, gemeinsam 806,9 Mrd. EUR* zu investieren", hieß es vor fünf Jahren. Sofort machte sich Europa an die Arbeit, es galt Anträge zu schreiben und Coronaschäden nachzuweisen, Anträge nachzubessern und Formulare so auszufüllen, dass es wenigstens den Anschein erweckte, Europa werde "grüner, digitaler und krisenfester" sein, wenn es das Geld endlich los ist.

Es hilft, egal wogegen 

Kurz machten die italienischen Aufbaupläne Furore. Der mit EU-Geld gepolsterte Wiederaufbaufonds der Regierung in Rom (auf Italienisch "Piano Nazionale di Ripresa e Resilienza", kurz PNRR) umfasst 194,4 Milliarden Euro. Italien sanierte damit ein denkmalgeschütztes Stadion, es baute Paddelstrecken gegen das nächste Virus, die Sportanlage "Bosco dello Sport" bei Venedig und Olivenpressen. Es war der Glaube, dass das helfen wird, der die Frage verhinderte, wogegen es wohl helfen könne.

Letztlich ist aber doch alles gut ausgegangen. Lange schon war nur noch wenig vom größten Wurf der Gemeinschaft zu hören, die letzten Meldungen tröpfelten allenfalls und Triumphnachrichten waren nicht darunter. Nach vier Jahren, hieß es 2025, seien die Kommission jetzt 150 Milliarden irgendwie doch losgeworden. Die Fazilität schien doch Chancen zu haben, noch vor dem Jahr 2058 leer zu werden, wenn die 800 Milliarden plus Zinsen zurückgezahlt sein sollen.

"Befristetes Aufbauinstrument" 

Aber gar so schnell schießen die Blütenträume nicht ins Kraut. Auch zu fünften Jubiläum des Starts des "befristeten Aufbauinstruments" (EU) liegt mit 335 Milliarden Euro noch fast die Hälfte der ursprünglich für den Wiederaufbau der Gemeinschaft lebensnotwendigen Summe im Tresor. Keiner will es haben, weil, niemand weiß, wofür. Die Mehrzahl der von Brüssel aus attestierten "unmittelbar coronabedingten Schäden für Wirtschaft und Gesellschaft" hat es nie gegeben oder aber sie waren von einer Art, die sich mit EU-Geld nicht "abfedern" (EU) ließ.

Für viele Organisationen, Unternehmen oder Privatleute wäre es ein Problem, sich bei der eigenen Finanzplanung derart verrechnet zu haben. Ein Häuslebauer, der für 335.000 baut, aber 800.000 als Kredit aufnimmt? Schlecht beraten, denn der benötigte Kredit kostet ihn etwas mehr als 700.000 Euro, der höhere hingegen 1,6 Millionen. Für eine EU-Kommission aber, die mit sechs Nullen mehr rechnet, ist das keine große Sache. 

Ausnahme! Ausnahme! 

Zum Glück war die nächste Krise pünktlich zur Stelle, Ursula von der Leyen war eine der Ersten, die sie für sich entdeckte. Den Namensvorschlag "ReArm Europa" für die große Rüstungssause auf Kosten einer neuen Gemeinschaftsfazilität (Ausnahme! Ausnahme! Nur diesmal!) musste die Deutsche zwar zurückziehen. Einige wankelmütige Mitglieder hatten sich an der krawallgierigen Bezeichnung gestoßen. Aber das "Stählerne Stachelschwein", in das die Kommission EU-Europa verwandeln will, darf gezüchtet werden - Codename jetzt "Readiness 2030", so getauft nach dem Jahr, in dem der Russe kommt, weil er weiß, dass Europas Armeen jetzt bereit sind zur großen Endschlacht.

Das Corona-Geld kommt so auch noch unter die Leute. Was an Milliarden übrig ist, und das sind nicht wenige,  wird "umgewidmet", wie es im Behördendeutsch heißt. Weg mit Schaden, egal warum, Hauptsache ausgegeben. Die EU hat es gut, denn sie ist nicht Deutschland: Dort hatte das Bundesverfassungsgericht die Verwendung übriggebliebener Corona-Milliarden aus Angela Merkels letzter Amtszeit zu Klimazwecken verboten.


Keine Kommentare: