Donnerstag, 7. Dezember 2023

Gegen Stigmatisierung: Borna-Virus wird umbenannt

Die sächsische Kleinstadt Borna ist heute vor allem bekannt für ihre glasklaren Bergseen.

Die Menschen hier, sie hatten es wahrlich nie leicht. Kinder, Alte, Alternde, früher war die Luft verschwefelt, das Wasser schwarz. Aus den Hähnen daheim kam mit Östrogenen vergiftete Brühe, Braunkohle per Lkw, rücksichtslos vor die Türen gekippt. Mehr Grus als Heinzmaterial. Und als hätte die Bewohner der sächsischen Kleinstadt Borna, eine Insel zwischen weitflächigen Tagebaulöchern und Chemiefabriken, nicht genug gelitten, nun auch noch das Virus.  

Problem mit Patient Null

Im mittelfränkischen Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen tauchte es zuerst auf, Patient Null starb, doch der Name des Krankheitserregers, der sein Leben gefordert hatte, ging um die Welt: Das Borna-Virus beherrschte plötzlich die Schlagzeilen. Ein neuer Unheilbringer, den nun die ganze Welt assoziieren wird mit der kleinen Kreisstadt in Sachsen, mit noch einmal 20.000 Bürgerinnen und Bürgern, die zumeist als Allerletzte erfuhren, was ihrer Heimatstadt nachgesagt wird.

Heimat auch einer Tierseuche zu sein, nur weil die beiden Forscher Ernst Joest und Kurt Degen 1885 angesichts der Erkrankung der Pferde eines ganzen Kavallerieregiments in der Stadt nichts besseres zu tun hatten als der bis dahin unbekannten Krankheit den erstbesten Namen zu geben. Als Orthobornavirus bornaense hat die Wissenschaft die Bezeichnung kritiklos übernommen - und so lange nur Tiere an der Krankheit litten, regte sich auch kaum Protest. 

Es regt sich Protest

Doch nachdem sich nun ein Mensch mit der Tierseuche Borna Disease-Virus (BoDV-1) infiziert hatte, regte sich Protest. Menschen aus Borna, aber auch Bornaer, die auswärts leben oder arbeiten und selbst Sachsen, die als Bornaer gelesen wurden, beklagten zunehmend, dass sie immer öfter mit Vorwürfen konfrontiert werden, irgendetwas mit der Seuche zu tun zu haben. Um Diskriminierungen zu vermeiden, will die Weltgesundheitsorganisation WHO nun wie schon bei Corona auch den bisherigen Borna-Virus neu benennen. Statt nach der immerhin schon 800 Jahre alten Stadt Heinrichs des Erlauchten sollen Erreger der Familie Bornaviridae ab Januar mit  unverfänglichen Namen aus der Märchenwelt bezeichnet werden.

Die WHO ist da beinhart - und sie hat wie bei den früheren Affenpocken gute Gründe für die Entscheidung. Es gehe darum, eine Stigmatisierung des Ortes zu vermeiden, an dem das Virus erstmals aufgetaucht ist, teilte die Weltgesundheitsorganisation in Genf mit. Die neue Regelung gilt für Varianten, die als "besorgniserregend" oder als "von Interesse" eingestuft worden sind. 

Neues Namenssystem

Dabei werden die neuen Bezeichnung nach "König Drosselbart", "Kleinem Muck" und "Schneewittchen" nicht die wissenschaftlichen Bezeichnungen ersetzen, sondern ausschließlich "in der öffentlichen Diskussion helfen". Nach dem neuen System werde das ursprüngliche Borna-Virus dann wahrscheinlich "Rotkäppchen" heißen, abweichende  und nachfolgende Mutanten sollen jeweils abwechselnd männliche und weibliche Namen tragen, so etwa "Dornröschen", "Hänsel", "Aschenputtel" und "Rumpelstilzchen".

In Borna ist das Aufatmen groß. So lange der genaue Übertragungsweg des Virus von der sächsischen Feldspitzmaus auf den Menschen und aus dem Labor in freie Wildbahn ungeklärt sei, bleibe immer der Hauch eines Verdachtes, die Bornaer könnten damit zu tun haben. Selbst die wissenschaftlichen Bezeichnungen legten das ja bisher nahe, denn sowohl Bornaviridae als auch Borna Disease-Virus spielten hörbar auf die Heimatstadt vieler Unschuldiger an, heißt es auf dem Marktplatz der betroffenen Stadt. 

Hier müsse die WHO dringend nachschärfen, fordern die Menschen. "Es ist eine Unsitte, Viren nach dem Ort zu taufen, wo sie entdeckt wurden, denn es wirkt stigmatisierend und diskriminierend, sagt ein sichtlich empörter Passant. Um dies zu verhindern und die öffentliche Kommunikation zu erleichtern, ermutige er die WHO, nationale Behörden, Medien und andere Beteiligte aufzufordern, schon vor dem Stichtag 1. Januar nur noch die neuen Namen zu benutzen.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Warum bringen die (Selbstzensur) gerade JETZT Dähdwisches?* Wollen die, dass einer flippt, und zwar aus? Ich werde diesen (Selbstzensur) den Gefallen mitnichten tun.

*Ganz nebenbei - (((Jeff Goldblum))) sehr glaubwürdig als unappetitlicher Strolch ...