Mittwoch, 28. Mai 2025

Handelskrieg mit Amerika: Die EU will zollfähig werden

Zoll EU Besteuerung an Innengrenzen
Vom Grundprinzip her gesehen ist die EU eine Zollunion, allerdings belegen sich die Mitgliedsstaaten gleichwohl mit zahlreichen  Zöllen, die wegen der Rechtsstaatlichkeit aber nicht so heißen. 

250 Milliarden Überhang, jedes Jahr. 250 Milliarden, die aus den USA mehr nach EU-Europa fließen als aus Europa in die Vereinigten Staaten. Eine Überschussrechnung, die den amerikanischen Präsidenten schwer verärgert. Donald Trump ist überzeugt, dass sein Land diese Summen nicht dauerhaft aufbringen kann, um so viel mehr Waren vom alten Kontinent zu kaufen, als der in den Staaten shoppen geht. Zumal die Vereinigten Staaten ja auch noch Chinas Massenproduktion aufsaugen müssen, um das Gleichgewicht in der Weltwirtschaft zu bewahren.

Je länger, je schlimmer

Je länger, je schlimmer, hat Trump mit Blick auf die Staatsschulden der USA beschlossen, die es dem mächtigsten Land der westlichen Welt unmöglich machen würden, erfolgreich um die Aufnahme in die EU zu bitten. Die USA reißen alle Maastricht-Kriterien, schlimmer sogar als viele EU-Staaten, die diesbezüglich freie Hand haben - wer einmal drin ist, fliegt nicht raus, selbst wenn er nicht einzige Regel einhält und das für immer.

Mit einer Zolloffensive ohne Beispiel verschreckte der ohnehin gefürchtete Republikaner im April Freund und Feind. Nicht nur gegen fremde Mächte mit unlauteren Absichten schwang er den "Zoll-Hammer" (Bild). Sondern auch gegen die Partner in Europa. Trump drohe mit Mega-Zöllen für alle, die nicht die Knie beugen und einen Deal anbieten.

Werte im Visier   

Neben China besonders im Visier: Die europäische Wertegemeinschaft, die es mit über 450 Millionen Einwohnern auf einen Anteil von gut sieben Prozent an der Weltbevölkerung bringt und damit ein Bruttoinlandsprodukt von knapp 18 Billionen Euro erzeugt. 340 Millionen US-Amerikaner schaffen 25 Billionen Euro, ein Phänomen, das in Brüssel immer wieder bestaunt wird, dort aber auch als Beweis dafür gilt, dass sich Amerika den Einkauf in Europa durchaus leisten kann.

Es polterte überall nach der Zollkriegserklärung aus Washington. Aber nirgendwo poltert es so lange wie im Handelsstreit zwischen den Wertepartner dies- und jenseits des Atlantik. Mit den Briten kam Trump flott überein. Man schloss ein Abkommen, über das nicht viel bekannt wurde, außer dass es existiert. Die Chinesen zeigten die Instrumente, aber auch mit Peking fand sich ein Kompromiss, der beiden Seiten Zeit erkauft, um sich in der Mitte oder wo sonst auch immer zu treffen. Nur mit EU-Europa, das vom ersten Tag an bekundete, seine Interessen "verteidigen" zu wollen, geht es nicht voran.

Strafzölle für China

Die Staatengemeinschaft, die seit Oktober vergangenen Jahres Strafzölle von bis zu 35 Prozent auf chinesische Elektroautos erhebt, um die lahmende eigene Autoindustrie zu schützen, hat zuletzt einen Aufschub von vier Wochen ausgehandelt. Die für den 1. Juni vorgesehenen Zölle auf aus der EU eingeführte Waren in Höhe von 50 Prozent treten erst am 9. Juli in Kraft. Bis dahin lebt die Hoffnung, dass es so schlimm vielleicht doch nicht kommen wird. 

Denn die Kräfteverhältnisse sind klar: Deutschland, das außer Puste geratene Zugpferd der lahmenden EU-Wirtschaft, exportiert doppelt so viel in die USA, wie es dort bezieht. Was die USA nicht abnehmen, bleibt liegen, denn die gelegentlich geäußerte Hoffnung, Indien, die Philippinen und Kenia könnten doch als neue Märkte einspringen, entstammen eher einem wirren Fiebertraum als wirtschaftlichem Kalkül. Alle diese Staaten täten das und viel mehr andere täten es auch. Könnten sie es denn bezahlen.

Keine Alternative

Können sie aber nicht. Die EU ist ein Hochpreisstandort, der über Jahrzehnte darauf trainiert wurde, den US-Markt zu beliefern. Im Tausch gegen Medikamente, Medizintechnik, Ausrüstung und Kraftfahrzeuge bezieht Europa aus den Staaten vor allem Rohstoffe - selbst das von Robert Habeck auf dem Höhepunkt der Energiekrise eilig georderte Flüssiggas aus Katar stammt nicht aus dem South-Pars-Gasfeld im Persischen Golf, sondern aus Texas. Der Rettungsschirm, den Habeck heldenhaft spannte, war Made in USA.

Aber die Menge reicht nicht, sie reicht Trump überhaupt nicht. Erstmals hat ein US-Präsident nicht nur beklagt, dass die stets über Handelshemmnisse empörte EU seit Jahrzehnten höhere Zollsätze auf importierte US-Waren aufschlägt als sie selbst beim Export in die Staaten zahlen muss. Nein, zum ersten Mal hat ein Präsident erkennen lassen, dass es damit vorüber ist. 

Ein Kommunist am Verhandlungstisch

Was EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič bei seinen Verhandlungsversuchen in Washington anbieten konnte, reichte bisher offenbar nicht. Was genau der frühere Kommissar für Interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau der EU-Kommission von der Leyen I den Amerikaner vorschlug, ist allerdings geheim. 

Nicht geheim ist, dass der Slowake Ende der 80er Jahre am Moskauer Staatlichen Institut für Internationale Beziehungen ausgebildet wurde, damals ein Kommunist, heute "Kommissar für Handel und wirtschaftliche Sicherheit, institutionelle Beziehungen und Transparenz". US-Handelsminister Howard Lutnick, studierter Wirtschaftswissenschaftler und Jahrzehnte Chef der Investmentbank Cantor Fitzgerald, weiß damit sofort, womit er es zu tun hat. 

Die Geldquelle der EU

Die EU, die seit Jahren versucht, sich eine eigene Steuerhoheit von den Mitgliedsstaaten einräumen zu lassen, hat selbst höchstes Interesse an hohen Einfuhrsteuern. Der ursprünglich als Zollunion gegründete Stattenfamilie fließen die Zolleinnahmen auf Importe aus dem außereuropäischen Raum zu. In Brüssel heißt das "Eigenmittel". 5,7 Milliarden Euro macht das im Jahr. Zölle bedeuten gutes Geld für die Kommission, die aus dieser ständig sprudelnden Geldquelle 14 Prozent ihrer Ausgaben deckt.

Das geht nur, weil die Einfuhrabgaben auf amerikanische Autos viermal so hoch sind wie die, die US-Importeure auf EU-Fahrzeuge zahlen müssen. Wegen Trump wird die Kommission nicht ablassen von der einzigen Einnahmequelle, über die sie selbst verfügen kann, ohne bei den notorisch klammen Mitgliedsstaaten betteln zu müssen. 

Dumm nur, dass der, der mehr verkauft und weniger kauft, bei Importabgaben immer weniger einnimmt als der, der mehr kauft und weniger verkauft. Schlechte Karten für Europa - denn hohe Einfuhrzölle auf Öl und Gas oder ein Google- und Apple-Zoll wäre im Inland schwer zu erklären. Und sehr viel mehr ist es nicht, was Europa aus Amerika bezieht. Um ernsthaft zollfähig zu werden, müsste die EU tun, was Trump fordert: Mehr importieren.

Europa setzt auf Härte

Trump weiß das und er zeigt sich kompromisslos. Während die EU stolz verkünden lässt, sie setzte "auf Härte", agiert der US-Präsident wie ein Angler. Mal zieht er die Rute an, mal lässt er Leine. Mittlerweile sind es nur noch altgediente Dauerfunktionäre wie der Sozialdemokrat Bernd Lange, die von "EU-Gegenmaßnahmen" schwärmen und davon, wie Trump mit Harley- und Whiskey-Zöllen in die Knie gezwungen werden wird. Peanuts.

Etwas einfallsreicher geht Friedrich Merz vor, der die alte Baerbock-Idee aus dem Keller holte, Europa könne ja die US-Techkonzerne für die Politik des US-Präsidenten haftbar machen und die eigenen Bürger zur Kasse bitten. Für die Bundeswehr keine guten Nachrichten, denn deren funkelnagelneue Cloud-Strategie mit dem wunderbaren Namen pCloudBw baut auf digitale europäische Souveränität mit Hilfe der Google Cloud. 

Geschlossene Gemeinschaft

Deutschland aber hat mit dem allem nichts zu tun. Angesichts der Gefahr, dass die Wirtschaft im Land im dritten Jahr der Rezession noch heftiger abschmiert, wenn Trumps 50-Prozent-Zollsätze in Kraft treten, verweist die Regierung des EU-Staates, der am stärksten von einem Zoll-Tsunami getroffen werden würde, auf die Zuständigkeit der EU für Handelsfragen. Auch Finanzminister Lars Klingbeil sieht in der "Geschlossenheit" der Gemeinschaft die stärkste Waffe gegen Trump. Zusammen zuschauen. Zusammen scheitern. Zusammen leiden.

Geht sie nach hinten los, droht den Experten der Bundesregierung zufolge so viel Schaden nicht. Mindestens "die Hälfte des erwarteten Wachstums" falle damit weg, wollen  Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln berechnet haben. Weniger geht gar nicht, denn nach der letzten Prognose des DIW wird das BIP in Deutschland im Jahr 2025 ohnehin nicht wachsen.


2 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

>> Bruttoinlandsprodukt

Müßte das BIP bezüglich Europa nicht eher Bruttoinkontinenzprodukt heißen?

Anonym hat gesagt…

Eitel, eitel, alles ist eitel.
Andreas Gryphius