Er war schon radikal, als links noch nicht der Schick einer ganzen Ära war. Er plädierte mutig dafür, die Grundrechte je nach Gesamtlage zu gewähren. Und er war sich nie zu schade, seinen Forderungen auch mit Gossen- und Fäkalsprache, persönlichen Beleidigungen Andersdenkender und unter Zuhilfenahme von Fake News Gehör zu verschaffen.
In seinen großen Tagen als "Internetaktivist" schaffte es Mario Sixtus so, eine Figur von öffentlichem Interesse darzustellen. Er beschallte große Räume beim damaligen Twitter. Er saß als Experte für Allerlei im Gemeinsinnfunk. Er schrieb für die großen Blätter auf, was die gern hören wollten. Und für das ZDF drehte er Dokumentationen, die seinen Glauben vom Lauf der Welt in Bilder übersetzten, wie sie sie in Mainz im Kopf haben, wenn sie ans Internet denken.
Der totalitäre Aktivist
Dass Sixtus, der Name klingt erfunden, soll aber echt sein, in seinen privaten Ansichten ganz, ganz weit am Rande dessen lebt, was hierzulande als gerade noch nicht verfassungswidrig gilt, störte beim Zweiten Deutschen Fernsehen niemanden. "Krise ausrufen, Krisenregierung einberufen, die allein das Ziel hat, diese Krise zu lösen", hatte der "Elektrische Reporter" schon gefordert, als noch niemand von Pandemie sprach. Sixtus war damit ein Pionier der Kommandodemokratie, die in der Coronazeit Realität wurde: "Alles andere ist nachrangig, inklusive privatem Eigentum und persönlichen Lebensplanungen", lautet der Vorschlag des "Netzaktivisten", der damit allerdings seiner erträumten Ökodiktatur das Wort redete, die keine Gefangenen macht.
Grundgesetz? Weg damit! Grundrechte? Aus Sixtus' Sicht war 2019 schon Klimanotstand, gegen den getan werden musste, was vielleicht nicht nützt, aber doch zeigt, dass der gute Wille da ist. Der Preis, allen alles zu nehmen, war von seiner Warte aus betrachtet angemessen. Menschen, die von einem eigenen Einfamilienhaus träumen, arbeitete er heraus, sind anfällig für einen "Pakt mit den Faschisten", weil die ihnen versprechen, "noch viel mehr klimagiftige Einfamilienhäuser ins Nichts zu kotzen, deren Bewohner*innen dann mit steuergeldfinanzierter Pendlerpauschale die Klimakrise noch weiter anheizen".
Der König des Blockierens
Auf Widerworte reagierte der Mann aus Ratingen konsequent: Er antwortete pampig und persönlich beleidigend. Er blockierte, bis ihn Beobachter zum König des Blockens ausriefen - als erster Mensch weltweit, hieß es, habe es Sixtus geschafft, mehr als 97 Prozent der Erdbevölkerung von Lektüre und Kommentierung seiner Einlassungen auszuschließen.
Aber auch das reichte nicht. Immer noch verschafften sich Fremde Zugang. Immer noch schmuggelten sie Bildschirmfotos von Sixtus' antisemitischen, die Grundrechte verhöhnenden und die Hitlerdiktatur verharmlosenden Einträgen in die Öffentlichkeit. Als Elon Musk Twitter übernahm und die Grenzen der Meinungsfreiheit wieder weiter zog, pestete der Mitgründer des SPD-Vereins "D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt" noch eine kurze Zeit gegen den Verlust der Meinungshoheit an. Dann verschwand er sang- und klaglos in die Unsichtbarkeit eines Paralleluniversums namens Bluesky, wo er seitdem unter Gleichgesinnten Selbstgespräche führt.
Ein bösartiger Polterer
Nicht völlig unbeobachtet freilich, denn die Fangemeinde des bösartigen Polterers, der die Bedrohung der Einschränkung der Meinungsfreiheit durch Elon Musk mit einem seiner rituellen Hitler-Vergleiche angeprangert hatte, ist auch außerhalb der ideologischen Reinsträume groß. Immer wieder drangen ausgesucht totalitäre, freiheitsfeindliche und herabwürdigende Tagebucheinträge des eingeschworenen Feindes freier Berichterstattung und einer funktionierenden Landesverteidigung ins Freie.
So auch der, der den "Barbaren an der Tastatur" (Sixtus) jetzt sein Visum für die Vereinigten Staaten kostet: "Wenn Faschisten sterben, jammern Demokraten nicht", hatte der in Fachmagazinen immer noch als Filmemacher, Moderator, Journalist und nicht zuletzt reichweitenstarker Twitterer beworbene ZDF-Autor Mario Sixtus nach dem Mord am US-Influencer Charlie Kirk zusammengefasst, wie die Dinge aus Sicht des ordentlichen Klassenkämpfers liegen. Für Sixtus war Kirk ein Faschist, wie jeder, der nicht an dieselben Verschwörungstheorien glaubt wie der Klassenkämpfer, der zuletzt mit "Picknick auf der Autobahn" ein Buch vorgelegt hatte, das er zusammen mit Katja Diehl verfasste, Deutschland bekanntester und beflissenster Bekämpferin des Individualverkehrs.
Ausländer raus
Womit der 60-Jährige sicher nicht rechnete: Bis in die USA, nach Washington und ins Weiße Hause wurde sein höhnischer und gehässiger Eintrag zum Attentat an Charlie Kirk gelesen. Und dort sitzen mittlerweile Leute, die das Konzept der akzeptierenden Sozialarbeit im Umgang mit beinharten Ideologen ablehnen. "Die Vereinigten Staaten sind nicht verpflichtet, Ausländer aufzunehmen, die Amerikanern den Tod wünschen", teilte das US-Außenministerium mit, ohne Sixtus' Namen zu nennen. Seine bösartige Kirk-Notiz allerdings wurde zitiert, als "Beispiel für "aliens who are no longer welcome in the U.S." Der Blockierkönig wird geblockt. Doch wenn ein erklärter Pöbler sein US-Visum verliert, jammern Menschen mit Anstand nicht.
Sixtus, dem das ZDF seinen "kaltem Hass auf alle Tarnanzüge" ebenso nachgesehen hatte wie seine Aufrufe, Mitarbeiter des Springer-Verlages auszugrenzen, verliert damit allerdings nichts, was er nicht entbehren kann. Für den erklärten Fortschrittsskeptiker, der in seinem aktuellen Film "KI: Der Tod des Internets" seiner Leidenschaft für düstere Zukunftsprophezeiungen und Weltuntergangsszenarien frönt, sind die USA unter Donald Trump das Reich des Bösen. Ein Staat, wie er schlimmer nicht sein könnte. Sixtus weiß das, denn er für seine Gemeinde aus Gläubigen ist er ein anerkannter Kenner der amerikanischen Verhältnisse. Kurz vor Trumps Wahl im letzten Jahr hatte er sich auch noch einmal ausdrücklich festgelegt: "Trump hat keine Chance gegen Kamala Harris."
Diese Expertise, sie wird schmerzlich vermisst werden.
1 Kommentar:
Hab mal sein Opus 'KI: Der Tod des Internets angeklickt' und etwas laufen lassen. Ich würde es als Sendung mit der Maus für Boomer einordnen, und natürlich GEZ-Einkommensquelle für einen ethisch fluiden Deepstate-Soldaten.
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