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Die EU kümmert sich in Europa um alles, jetzt auch um kritische Moleküle. |
Kaum hatte der nächste Großkonzern angekündigt, seine Geschäftstätigkeit in Deutschland im Sinne der Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit zurückfahren zu wollen, reagierte Brüssel wie immer, wenn es zu spät ist. Eine "Allianz für die Chemieindustrie" wollen die Kommissare diesmal gründen, wenn auch erst, nachdem "kritische Moleküle identifiziert" worden sind. Danach sei Brüssel bereit, die Produktion zu fördern. Europa soll so unabhängiger von Lieferungen aus anderen Staaten werden, die die Reste der hierzulande verbliebenen Chemieproduktion mit Vorprodukten füttern.
Fingerabdruck der EU
Es ist der Fingerabdruck der EU, der sich im nun auch in dieser Branche zeigt. So lange es irgendwo gut läuft oder auch nur halbwegs erträglich, ist es Brüssel mit seiner gigantischen Bürokratiemaschine, das für immer neue Lasten sorgt, die Industrieunternehmen, der Handel, das Handwerk und die Kunden tragen sollen, um die hochfliegenden Pläne einer Gesellschaftsumgestaltung von oben zu finanzieren.
Von der DSGVO-Verordnung und den Ökodesign-Vorschriften über die Verordnung über entwaldungsfreie Produkte und die Verordnung über entwaldungsfreie Produkte führt ein gerader Weg zur CO2-Abgabe, die Lieferkettensorgfaltspflichten und den KI Act, der die europäische Wirtschaft wirksam daran hindert, im globalen Wettbewerb um eine Zukunftstechnologie bestehen zu können.
Klagen kommen nie an
Das geht alles lange gut, weil die Regeln in den meisten Mitgliedstaaten eher salopp umgesetzt werden. In den anderen knirschen die Zähne, doch eine Wirtschaft wie die deutsche kann zusätzliche Bürokratiekosten durch Informationspflichten und entgehende Wirtschaftsleistungen tragen, obwohl sie nach Schätzungen des Ifo-Instituts mittlerweile bei bis zu 146 Milliarden Euro pro Jahr liegen. Klagen kommen in Brüssel ohnehin nicht an, darauf haben die Konstrukteure der europäischen Wertegemeinschaft großen Wert gelegt.
Mit der Schaffung einer neuen Verantwortungsebene, die weit weg liegt und weder für Bürger noch für Politiker der unteren Kategorien in den Mitgliedsstaaten erreichbar ist, entstand ein gottesgleiches Wesen. Bis hin zum Bundestag und den von ihm getragenen Bundesregierungen können heute sämtliche Entscheidungen, die irgendwem wehtun, auf jene ferne, für normale Menschen undurchschaubare Mechanik in Brüssel und Straßburg geschoben werden. Das hat die Kommission beschlossen. Das hat das EU-Parlament abgenickt. Dem hat der Europäische Rat zugestimmt. Das muss also so. Es tut allen leid. Aber niemand kann dagegen etwas machen.
Unmittelbare Gesetzeskraft
Niemand außer der Kommission, die im Unterschied zum teildemokratisch gewählten Parlament das Recht hat, sich Gesetze auszudenken, die keine sind, aber in den Mitgliedsstaaten unmittelbare Gesetzeskraft erlangen, ohne dass es dazu noch einer Bestätigung demokratisch gewählter Abgeordneter bedarf.
Der Schaden richtet sich per Fernbedienung selbst an und die Trauergemeinde steht schulterzuckend ringsum, betrachtet das Desaster und wenn alles richtig dumm läuft, lässt sich die EU von einem alten Kollegen wie dem Multifunktionär Mario Draghi bescheinigen, in Europa die Produktivität schwach, sehr schwach" ausfalle, sich "zwischen der EU und den USA eine große Lücke im Bruttoinlandsprodukt aufgetan" habe und das "verfügbare Pro-Kopf-Einkommen in den USA seit 2000 fast doppelt so schnell gestiegen" sei wie in der EU.
Zweifel eines Sozialdemokraten
Wenn nur jemand wüsste, warum. Klaus von Dohnanyi, ein Sozialdemokrat alter Schmidt-Schule, hatte schon vor Jahren einen gelinden Verdacht. "Wer die Zuständigkeitskataloge der Europäischen Union und das "Protokoll (Nr. 2) zur Anwendung" liest, kann das Buch nur verwirrt schließen", hatte von Dohnanyi bemerkt, wenn auch erst nach seinem Eintritt in den Ruhestand. Der große alte Mann der Hamburger Sozialdemokratie war verwirrt: "Alle können für alles zuständig sein. Vermutlich sieht die Kommission in ihrem Selbstverständnis deswegen auch alles als ihre Zuständigkeit an."
Sie fährt recht gut damit, denn wer für alles zuständig ist, dem kann niemand in die Parade fahren. Die EU tut das am Ende immer selbst: Nachdem sie dafür gesorgt hatte, dass sich in Europa keine nennenswerte Chipindustrie mehr befand, erließ sie den "Chips Act", um ausländische Halbleiterhersteller mit Milliarden und Abermilliarden Euro Steuergeldgeschenken anzulocken.
Rückwärtsgang für regulierung
Nachdem es ihr gelungen war, die Regulierung im Internet so weit zu treiben, dass selbst die Fans der Datenschutzgrundverordnung Veränderungen forderten, signalisierte sie die Bereitschaft zu zarten Erleichterungen. Und kaum war nicht mehr zu leugnen, dass die Klimaziele nicht mehr erreichbar sind, um die herum sich alles Leben in der Gemeinschaft in den kommenden Jahrzehnten hatte abspielen sollen, gab es "mehr Spielraum" und geheimnisumwitterte "Möglichkeiten, die Ziele jetzt einfacher zu erreichen" (Der Spiegel).
Auf Europa ist Verlass. Sobald ein Kind im Brunnen liegt, versammeln sich die, die es hineingestoßen haben, am Rand des tiefen, kalten, dunklen Lochs, um Rettungspläne zu besprechen. Als die Corona-Pandemie bewies, dass die EU nicht einmal simple OP-Masken selbst herstellen kann, wurden Strategien entwickelt, das schnell zu ändern. Es wurde schnell vergessen. Als es aufgrund der weltweiten Lockdowns an simplen Alltagsmedikamenten fehlte, sollten große neue Fabriken entstehen, die Hustensaft und Kochsalzlösungen regional anbauen und frisch ausliefern. Das gelang nicht ganz, sondern im Gegenteil. Der Good Manufacturing Practice (GMP)-Leitfaden der EU löste eine neue, noch größere Kochsalzkrise aus.
Kommission am Brunnenrand
Folgenlos bleibt das alles nicht. Immer wieder reagiert die EU-Kommission mit Aktionsplänen und Förderversprechen, sobald die Lage aussichtslos geworden ist. Kaum war die Gewinnung von Metallen in der EU zum Erliegen gekommen, schuf sich die Gemeinschaft eine "Allianz für kritische Rohstoffe", die nun schon im fünften Jahr "einen Pfad hin zu größerer Sicherheit und Nachhaltigkeit absteckt".
Nachdem sie die europäischen Autobauer mit dem angekündigten Verbrennerverbot gezwungen hatte, übereilt auf Elektroautos zu setzen, sprang sie hilfreich mit Zöllen ein, um die chinesische Konkurrenz draußen zu halten. Als das nicht reichte, gab es "mehr Zeit" dazu. Im März war sie dann drauf und dran, die Stahlbranche krisensicher zu machen, zuvor schon war aufgefallen, dass Kernkraft vielleicht doch grün gelesen werden muss, sollen auf dem alten Kontinent nicht alle Lichter ausgehen.
Plötzlich angeschlagen
Jetzt ist die nach segensreichen 32 Jahren seit der Umwandlung der Europäischen Gemeinschaft in die Europäische Union "angeschlagene europäische Chemieindustrie" dran. Der gemeinsame Binnenmarkt, jenes bedeutende wirtschaftliche Integrationsobjekt der EU, das den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen zwischen den Mitgliedstaaten ermöglicht und so zumindest der Theorie nach "zu größerer wirtschaftlicher Dynamik" geführt hat, kann es allein nicht mehr schaffen.
Es braucht oben am Brunnenrand eine "Allianz für kritische Chemikalien", die "kritische Produktionsstandorte identifiziert", herausbekommt, welcher Rohstoff "politische Unterstützung benötigt" und dann "Handelsprobleme wie Abhängigkeiten in den Lieferketten angeht".
Die Erfolge der als "Europäische Rohstoffallianz" gegründeten Sondereinheit zur Sicherung des Nachschubs an kritischen Rohstoffen zeigen, was möglich ist. In nur fünf Jahren hat die Allianz "bereits 14 Industrieprojekte zur Sicherung des Abbaus Seltener Erden in Europa ermittelt". Abgebaut werden die vorhandenen Vorräte nirgendwo, weder im sächsischen Storckwitz (Sachsen) noch im schwedischen Kiruna, wo eine Million Tonnen Seltenerdoxide im Boden liegen.
Noch eine Rohstoffallianz
Die Rohstoffallianz selbst tut gar selbstverständlich sowieso gar nichts. Sie hat alle Hände voll zu tun, um "die infolge der Versorgungsengpässe des Jahres 2021 getroffenen Maßnahmen" zu koordinieren. Und "Möglichkeiten für weitere internationale Rohstoffpartnerschaften" zu prüfen.
Für die Chemie und deren neue Freunde von der "Allianz für die Chemieindustrie" sind das gute Nachrichten. Wenn erst die Arbeit am Vorhaben beendet ist, zu ermitteln, bei welchen Molekülen Europa genau "von ausländischen Importen abhängig ist", wie Industriekommissar Stephane Sejourne das erste Etappenziel umrissen hat, wird klar sein, dass es ein "Gesetz für kritische Moleküle" braucht.
12 Kommentare:
Die EU-Kommission will darum kritische Moleküle identifizieren und die Produktion fördern
Dazu brauchen wir schnell eine Behörde für die Identifikation kritischer Moleküle, die dann bei alten Studienkumpels schnell die benötigten Studien in Auftrag geben kann. Als nächstes steht die Produktionförderungsbehörde in den Startlöchern.
Klingt alles ein wenig nach Kishon.
welt.de warnte schon 2024, woher die wirkliche Gefahr droht: In Nordrhein-Westfalen versucht bereits die AfD, die Lage auszunutzen. ...
In einer guten deutschen Zeitung täte man versuchen
versucht die AfD bereits
zu formulieren und sich bei der Kopie ins Internet gegenüber dem weisungsbefugten Redakteur durchzusetzen. Aber es ist halt Springer, da ist gutes Deutsch völlig wumpe.
Der Fingerabdruck der Linken. Rackete flüchtet aus der EU-Geldoase.
"Ihr Nachfolger Martin Günther aus Bernau in Brandenburg kündigte an, insbesondere Racketes "Kampf für Klimagerechtigkeit" weiterzuführen."
einer,d er schon lange in die erste reihe wollte, wie ich lese. beim warten hat er eine menge politische schwungmasse angesetzt
OT Lauterbachs hunderte Länder via Dr Danisch
Mit dieser Argumentation könnten hunderte Länder den Klimaschutz sofort beenden.
Lauterbach auf X.
Abgesehen von der Pluralform der 'hunderte' Länder: Lauterbachs 'hunderte Länder' scheißen schon heute auf den Klimaschutz und schütteln figurativ ihre Köpfe über die bescheuerten Deutschen.
hat er hunderte gesagt? mehr als es gibt?
>hunderte
Aber klar. Er ist zwar Professor,, aber nicht der Mathematik.
https://x.com/Karl_Lauterbach/status/1942925600894652835
wenn es nicht so traurig wäre: https://www.armstrongeconomics.com/international-news/europes-current-economy/kohls-dream-for-the-euro-1998-speech-to-bundestag/
https://www.armstrongeconomics.com/wp-content/uploads/2019/05/1-Kohl-Dictator.jpg
"Kritische Moleküle" - Unteroffizier Boeck: Hilfe! Ich! schiff! mir! in! die! Hose! Je nun, die Interpunktion habe ich etwas umgestaltet.
tausende spd-bundestagsabgeordnete sehen das zweifellos wie lauterbach
@anmerkung: im kleingedruckten steht "mit dpa" und glaub es oder nicht - die weltfrau hat es geschafft, den irren sound der schwachsinnsfabrik noch zu verschrillen
Das ist peinlich genug, daß sich erwachsene Redakteure einer Welt-Zeitung von der dpa unter die Arme greifen lassen müssen und das auch noch verkacken.
Es geht in dem Wurstblatt noch schlimmer, wie ich am Beispiel der an Berlin herannahenden Windkraft erläutert habe.
Der Kopf des ursprüpnglichen Artikels wurde komplett ausgetauscht, neu bebildert und neu betextet.
https://die-anmerkung.blogspot.com/2025/07/die-windkraft-ruckt-naher-berlin-heran.html
https://die-anmerkung.blogspot.com/2025/07/herannahende-windkraft.html
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