Auf gigantischen Kreuzfahrtschiffen soll die globale Klimaelite beim COP30 in Brasilien Unterschlupf finden. |
Sie werden wieder zusammenströmen, getragen von Linienmaschinen, Privatfliegern und Flugzeugen von Regierungsflotten. Die Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém findet erst im November statt, wenn in Südamerika langsam Sommer wird und die zweitwichtigste Stadt des brasilianischen Amazonasgebietes ihren Besuchern zeigen kann, warum sie die "Cidade das Mangueiras", also "Stadt der Mangobäume" genannt wird. Entlang der Straßen der Innenstadt erstrecken sie sich, die endlosen Reihen an Mangobäumen, die ihre Existenz ebenso wie die prächtigen Villen dem grausamen Kautschukhandel vergangener Zeiten verdanken.
Zehntausende Teilnehmer erwartet die Metropolregion der Bucht von Marajó, zu den 1,4 Millionen Einwohnern werden zeitweise bis zu 100.000 Klimatouristen. Nicht nur ein Faktor, der die Klimaerwärmung weiter anzuheizen droht. Sondern auch einer, der den Organisatoren Kopfzerbrechen bereitet.
Kreuzfahrt ins Klima
Wohin mit all den Menschen? Wie die Experten, Wissenschaftler, Aktivisten und Entscheider aus Politik standesgemäß unterbringen? Schließlich soll auch die COP30 wieder ein unübersehbares Zeichen in die Welt senden, dass es mit den Klimaschutzkonferenzen weitergehen muss, damit es mit dem Klimaschutz weitergehen kann. Die Idee des Organisationskomitees erscheint im ersten Moment überraschend, doch sie liefert genau das, was angesichts einer Klimakampfmüdigkeit in den westlichen Gesellschaften gebraucht wird: Zur Unterbringung der Gipfeltouristen setzt Brasilien auf Kreuzfahrtschiffe.
Deren Existenz und ihre wachsende Beliebtheit gilt als ein Grund dafür, dass die Menschheit ihren vielfach beschlossenen und beeideten Klimazielen nachhaltig hinterherläuft. Kreuzfahrten sind eine anerkannte Klimasünde und dennoch weltweit beliebter denn je. Die enormen Belastungen für die Umwelt, die die rund 400 Kreuzfahrtschiffe darstellen, die auf den Weltmeeren unterwegs sind, haben der Branche den Ruf eines ökologischen Albtraums verschafft.
Ein symbolischer Gegner
Zwar belasten die rund 30 Millionen Menschen, die jährlich per Schiff über die Weltmeere reisen, um exotische Ziele komfortabel und bequem zu erkunden, die Ökobilanz der Erde nicht einmal so stark wie die japanische Hauptstadt Tokio allein. Doch auf der Suche nach symbolischen Gegnern im Klimakampf rückte Kreuzfahren als Reiseform ins Visier, die umweltschädlicher sei als alle anderen.
Kreuzfahrten verursachten hohe Emissionen, sie verschmutzten die Meere und überforderten die Hafenstädte, weil die schwimmenden Städte pro Passagierkilometer deutlich mehr CO₂ als ein Flugzeug erzeugten – und teilweise das Drei- bis Vierfache einer Zugfahrt. Als Faustregel gilt: Wer eine Woche auf einem Kreuzfahrtschiff verbringt, der verursacht so viel CO₂-Emissionen als würde er 9.000 Kilometer mit dem Auto fahren würde.
Pools und Klimaanlagen
Schuld ist der Energiebedarf, den der Betrieb von Pools, Klimaanlagen, Restaurants und anderen Entertainmenteinrichtungen erfordert, die wie in jeder Stadt weltweit auch auf Kreuzfahrtschiffen betrieben werden. Oft laufen Beleuchtung und Belüftung, Warmwasseraufbereitung und Entsorgungstechnik rund um die Uhr, angetrieben nicht von Kohle-, Gas- oder Kernkraftwerken und schon gar nicht durch Erneuerbare.
Kreuzfahrtschiffe nutzen Schweröl, einen Treibstoff, für den sich anderweitig kaum Abnehmer finden. Dieses Heavy Fuel Oil (HFO) ist ein Rückstandsöl, das bei der Erdölverarbeitung anfällt. Bei der Verbrennung durch Kreuzfahrtschiffe entstehen Mengen Schwefeloxide und Feinstaub, die Wissenschaftlern zufolge bei fünf Tonnen pro Schiff und Tag liegen.
Notbetten für die Klimaelite
Zur COP30, dem langerwarteten Nachfolgetreffen zur COP29 im sonnigen Dubai und 29 im diktatorisch regierten Aserbaidschan, das seinerzeit gerade seinen Nachbarstaat Armenien überfallen hatte, nimmt die Gipfelregie nun mit den Kreuzfahrtschiffen "MSC Seaview" und "Costa Diadema" zumindest zwei der Klimakreuzer vom Markt.
Die beiden Schiffe werden eingesetzt, um 6.000 zusätzliche Schlafplätze für Klimatouristen zu bieten. Auf der Insel Outeiro, die nahe der Stadt an der Mündung des Flusses Guajará-Açú liegt, wird dazu eigens ein kleiner Hafen gebaut, in dem die beiden Kreuzfahrtschiffe anlegen werden. Es ist an alles an umfangreiche Umweltschutzmaßnahmen gedacht, auch eine eigene Verkehrsanbindung zu den Konferenzorten solle entstehen, berichtet das Umweltportal "Climate Home News". Die Geologin Aline Meiguins da Silva von der Bundesuniversität des Distrikts Pará, in dem Belém liegt, äußert dort klare Erwartungen an die Festivalausrichter: "Die Behörden müssen darauf achten, eine angenehme Umgebung für die Ankunft der Kreuzfahrtschiffe zu schaffen und gleichzeitig ein nachhaltiges COP30-Erbe zu hinterlassen."
Ein hoher Preis
Natürlich zahlen die Meere - in diesem Fall der Atlantische Ozean - einen hohen Preis für die ungewöhnliche Idee. Kreuzfahrtschiffe produzieren täglich Hunderttausende Liter Abwasser, von dem ein Teil – trotz internationaler Vorschriften – ungeklärt ins Meer geleitet wird. Auch Abfall, Ölreste und Reinigungsmittel belasten die Umwelt. Zusätzlich verursacht der Unterwasserlärm der Schiffsmotoren, die meist auch im Hafen weiterlaufen, Stress für Wale und Delfine, der weit über das Maß hinausgeht, das für Weltklimakonferenzen typisch und üblich ist.
Die sind bekannt als "monströse Konferenzmaschinen", wie es im Fachjournal "Climate Mobility" heißt. Eine dort erstveröffentlichte Studie unter dem Titel "Environmental Burdens of the Climate Nobility" rechnete bereits im vergangenen Jahr zusammen, dass bedeutsamen globalen Gipfel in den zurückliegenden fast 30 Jahren weit mehr als eine Million Klimatouristen angezogen haben, die überwiegend im Flugzeug anreisten. Größer noch ist der ökologische CO₂-Klimafußabdruck der in Permanenz tagenden Klimakonferenzvorbereitungskonferenzen. Hier zählten die Forscher weitere sieben Millionen Teilnehmer, die ohne Rücksicht auf Natur und Umwelt um die Welt jetteten.
Anstieg um die Hälfte
Vor allem in den letzten Jahren, so wiesen die Forschenden des Climate Watch Institutes (CWI) im sächsischen Grimma in ihrer weltweit vielbeachteten Studie "Environmental Burdens of the Climate Nobility" nach, stieg der CO₂-Ausstoß durch die Flüge der sogenannten Klimaelite um fast die Hälfte an. Grund ist ein Wandel in der Klimakonferenzkultur: Wurden die ersten Klimagipfel noch im kleinen Kreis von Staatschefs und ihren Fachberatern abgehalten, strömen seit Jahren regelmäßig Zehntausende offizieller Teilnehmer an die Gipfelorte.
Forscher und Entscheider werden inzwischen regelmäßig begleitet von einem unübersehbaren Tross aus Lobbygruppen, PR-Experten, hauptberuflichen Klimakämpfern, Spendensammlern und Gefälligkeitsjournalisten. Zahlen, die die CWI-Experten zusammengetragen haben, verdeutlichen die wachsende Beliebtheit des Klimatourismus: Zur COP24 im polnischen Katowice kamen seinerzeit noch 20.000 Teilnehmer.
Gigantische Rettungstreffen
Die COP28 in Dubai besuchten dann
bereits 84.000 Klimaretter. Die Kritik an der dadurch verursachten Klimabelastung war so groß, dass der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz ebenso wie US-Präsident Joe Biden und der französische Staatschef Emmanuel Macron auf eine Reise zum Nachfolgetreffen in Aserbaidschan verzichtete. Dennoch versammelten sich in Baku wieder 40.000 engagierte Vertreter der globalen Klimaelite.
Zwischen 2018 und 2023 stiegen die direkten Emissionen der Klimarettungskonferenzen dadurch um 400 Prozent. Eine weit höhere Steigerung als etwa der vielkritisierte deutsche Verkehrssektor oder die umstrittene private Hundehaltung zu verantworten haben. Zum Gipfel in Belém werden ungeachtet aller Schwüre mehr als 50.000 offizielle Teilnehmer erwartet, darunter erneut Staats- und Regierungschefs. Dem Großaufgebot an politischen Delegationen werden erfahrungsgemäß Heerscharen von weiteren Klimaakteuren auf dem Fuße folgen, um eigene Interessen unter dem Vorwand zu vertreten, in Sorge um Klimakrise und Amazonas-Regenwald zu handeln.
Ansturm der CO₂-Schleudern
Für die Gastgeberstadt ist das ein logistischer Albtraum. Belém verfügt derzeit nur über rund 36.000 Unterkünfte, die sich zur Unterbringung der an hohe Standards gewohnten Konferenzteilnehmer eignen. Bis November sollen weitere 15.000 Ferienwohnungen und Hotelzimmer gebaut werden. Außerdem werden Schulgebäude zu Notunterkünften umfunktioniert.
Verheerend wirken auch die Preissignale, die die Organisatoren aussenden: Damit möglichst viele Teilnehmer die lange Anreise im Flugzeug auf sich nehmen, lockt die Gipfelregie mit Rabatten für Abgesandte der 98 ärmsten Länder, die für eine Nacht auf einem der Kreuzfahrtschiffe nicht mehr als 220 US-Dollar zahlen müssen.
Allein solche notwendigen Vorbereitungen führen nach Überzeugung der CWI-Forscher regelmäßig dazu, dass der CO₂-Ausstoß der COP-Gipfel weitaus dreimal höher liegt als notwendig wäre. Bezeichnend: Während andere Sektoren ihre Emissionen in den zurückliegenden Jahren verringerten, ist die Belastung des Weltklimas durch die Klimagipfel seit dem kurzzeitigen Einbruch während der Pandemiejahre fortwährend gewachsen.
Ein relevanter Faktor
Die Zusammenkünfte der Klimaelite würden dadurch ein "immer relevanterer klimaschädlicher Faktor", zumal alle Versuche, demonstrativ auf alternative Weise anzureisen, aufgegeben worden seien. Greta Thunberg hatte vor Jahren versucht, ihren Klimagipfel-Fußabdruck durch eine Anreise in einem Karbonsegelschiff zu minimieren. Nachahmer hat die aufwendige Aktion jedoch keine gefunden.
Auch die abenteuerliche Reise mit öffentlichen Verkehrsmitteln, die eine Gruppe von Aktivsten über mehrere Tage nach zur COP27 in Scharm elScheich in Ägypten führte, verpuffte ohne dass die Masse der Gipfeltouristen Anstalten machte, sich auf Verantwortung vor künftigen Generation ebenso zu verhalten. Bisher hat keine Klimagruppe eine Zugreise nach Brasilien angekündigt.
Die neue Normalität
CWI-Forschungsleiter Herbert Haase zeigt sich enttäuscht von der fehlenden Vorbildwirkung. "Viele einfache Menschen aus der hart arbeitenden Mitte haben den Eindruck, dass Angehörige der Klimaelite einen riesigen CO₂-Fußabdruck haben, das aber für vollkommen normal halten", klagt der bekannte Klimaforscher.
Schon länger gilt in der Klimawissenschaft
insgesamt als erwiesen und bestätigt, dass die Weltklimagipfel einen
bislang weitgehend unterschätzten Einfluss auf die sich beschleunigende
Erderwärmung haben. Je größer die Gipfel und ehrgeiziger die dort
ausgehandelten Klimaziele, desto rascher erhitzte sich die Erde: Nach
den beiden Konferenzen COP 4 und COP 5, ausgetragen 1998 und 1999 mit
bescheidenen 5.000 Teilnehmern, hielt sich der Temperaturanstieg noch
bei plus 0,4 Grad. Nach COP10, mit 54.000 Teilnehmenden veranstaltet im
japanischen Nagoya, zeigten Erwärmungsgrafiken ein anderes, erschreckendes Bild.
3 Kommentare:
Als ehemaliger Tretbootkapitän wollte ich das mit dem Schweröl mal gegenchecken.
Mal schauen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Icon-Klasse
Maschine dieselelektrisch
Genau.
Die Icon-Klasse hat Wärtsilä 14V46DF. Das sind die größten Viertakter (es gibt größere Zweitakter).
Können (schwefelhaltigen) Marine-Diesel, Schweröl und Erdgas. Die Icon-Klasse fährt mit Erdgas.
Kleinere Kreuzfahrer haben nur Diesel.
Internationaler Gerichtshof erklärt “Klimaschutz” zum Völkerrecht
Gerichtspräsident Yuji Iwasawa habe betont, dass Treibhausgasemissionen eindeutig auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen seien und dass der Klimawandel eine dringende Bedrohung darstelle. Das Gericht erklärte, dass das Völkerrecht Staaten verpflichte, das Klima und die Umwelt vor von Menschen verursachten Emissionen zu schützen. Unterließen Staaten dies, stelle das laut Gerichtshof eine völkerrechtswidrige Handlung dar, die rechtliche Konsequenzen wie Wiedergutmachungszahlungen nach sich ziehen könnten.
https://www.achgut.com/artikel/igh_macht_klimaschutz_zum_voelkerrecht
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Der Ablaßandel ist die neue Deutschmark.
Klimakonferenz im November. Ich rechne mit einem zeitigen Wintereinbruch mit Schneechaos um diese Zeit.
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