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Auf zusätzliche Belastungen für Minderheiten kann sich eine Mehrheit in Deutschland immer schnell einigen. |
Mit den sinkenden Steuern, das wird vorerst nichts. Auch die Abgaben müssen bleiben, wo sie leider sind. Bei den Renten wird es etwas teurer, bei der Krankenkasse auch. Die Grundsteuer ist nirgendwo höher, das war so versprochen. Es zahlen jetzt nur viele etwas mehr. Irgendwo zu sparen, hätte allerdings keinen Zweck, weil so viel Geld fehlt, dass es auf ein paar Milliarden gar nicht mehr ankommt. Weg ist weg, es hat jetzt ein anderer, bestenfalls ist es die EU, die auch viel besser mit viel Geld umgehen kann.
Hektische Suche nach Auswegen
Die Not ist groß, die Suche nach Auswegen wird zunehmend hektisch. Woher nehmen und wem stehlen? Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder hatte zuletzt die Streichung des Bürgergeldes für die ins Spiel gebracht, die per definitionem keine Bürger sind. Er nannte Ukrainer, aber nicht die vielen heute noch empfangsberechtigten Frauen, obwohl die nachweislich auch keine Bürger sind, sondern Bürgerinnen.
Und zwar welche, denen der Gesetzgeber mit Erleichterungen bei der Witwenrente schon vor Jahren weit entgegengekommen ist. Wurde die früher ohne zeitliche Begrenzung gezahlt, fällt sie als sogenannte "kleine Witwenrente" für alle jüngeren Hinterbliebenen heute nach Ablauf von zwei Jahren weg, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Witwe dann selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen kann. Sie benötige somit keine Einnahmen mehr aus den eingezahlten Beiträgen ihres Gatten - meist ist es der Gatte - mehr benötigt. Die "große Witwenrente" betrug überdies 55 Prozent bis 60 Prozent der Rente des Verstorbenen. Jüngere Hinterbliebene erhalten nur 25 Prozent der Rente des Verstorbenen.
So viel gespartes Geld
So viel Gerechtigkeit, so viel gespartes Geld. Mit 120.000 Euro Kosten über 20 Jahre Witwendasein schlug eine Seniorin früher für die gesetzliche Rentenversicherung zu Buche. Heute sind es nur noch lächerliche rund 5.000 Euro. Bei mehr als fünf Millionen Hinterbliebenen im Land - 4,5 Millionen Witwen und 700.000 Witwer - sind das runde 500 Milliarden Euro, die dauerhaft eingespart werden, 25 Milliarden im Jahr, von denen kein Leitblatt schreibt und kein empörtes Gemeinsinn-Magazin Notiz nimmt. Die sind beschäftigt mit dem Nachweis, dass die Einführung einer Mütterrente fast fünf Millionen kosten würde und damit viel zu teuer wäre.Mit seiner schleichenden Abregelung der Ansprüche Hinterbliebener, auch über den Tod des Partners hinaus von dessen durch Beitragszahlung erworbenen Rentenrechten profitieren zu können, ist der Staat deshalb anstandslos durchgekommen. Die deutsche Liebe zum Sozialneid half: warum soll Frau Müller 400 Euro mehr Rente bekommen als Frau Meier, nur weil ihr Mann vor seinem Tod 40 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt hat? Und sie, wäre er im Heim gelandet statt auf dem Friedhof, alles, was sie hat, für seine Pflegeheimkosten hätte ausgeben müssen?
Schuldtatbestand Reichtum
Überreichtum ist schon im Kleinen ein deutscher Schuldtatbestand. Mehr haben ist noch schlimmer als mehr wollen. Nehmen gilt dementsprechend als seliger denn Geben, nicht mehr nur in linken Kreisen, in denen Sozialneid mit religiösem Eifer gepflegt wird. Von der Linken über die Grünen und die SPD bis in die Hautevolee der Wirtschaftsweisen ist die Sehnsucht nach Steuererhöhungen groß. Und bei der ratlosen Suche nach gesellschaftlichen Gruppen, die sich trotz rekordhoher Steuereinnahmen noch mehr melken lassen könnten, ohne lautes Protestgeschrei zu provozieren, fällt der Blick fortgesetzt auf eine ganz kleine Gruppe.
Deren Angehörige, die sogenannten "Reichen", "Überreichen" oder auch "Reichsten" genannt, werden kaum jemals genau definiert, niemand weiß genau, wer dazugehört oder dazugehören sollte. Das wird die Kassenlage erst am Ende ergeben. Weil die Lage so verfahren und die Schuldenlast so extrem ist, dass selbst ein höheres Wirtschaftswachstum die Finanzlage Deutschlands nur leidlich verbessern, aber die riesige Finanzlücke nicht schließen würde, dürfe nicht gespart und der Staat "zurechtgestutzt" werden. Das, sagt der Wirtschaftsweise Achim Truger, Professor für Sozioökonomie mit Schwerpunkt Staatstätigkeit und Staatsfinanzen an der Universität Duisburg-Essen, sei es doch, was die "Kettensägen-Fanatiker" mit Blick auf die Erfolge Argentiniens verlangten.
Lieber mehr als weniger
Die Lage ist so aussichtslos, dass selbst in den treuesten Medien die Hoffnung auf ein großes Wirtschaftswunder schwindet. Kaum ein paar Wochen langten die Durchhalteparolen, dass die neue E-Auto-Prämie für Firmen und die besseren Abschreibungsregeln für Investitionsausgaben einen neuen Boom auslösen werden. Auch Merzens Wumms ist verhallt wie der von Scholz. Niemand weiß mehr, was getan werden könnte.
Gar nichts tun gehe auch nicht, sagt Truger, weil dann "massive Kürzungen zu Lasten der Mehrheit" drohen. Und so bleibe als einzige Alternative nur der Gesang zur alten Müntefering-Melodie: Um die lästigen Lasten zu umzuverteilen, sei eine als "Vermögensabgabe" oder "Krisen-Solidaritätszuschlag" getarnter neuer Aufschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer der beste Weg.
Lieber wenige als viele
Dort nehmen, wo man gerade gegeben hat - eine Idee, die sehr gut zur bisherigen Strategie von Schwarz-Rot passen würde. So hatte Wirtschaftsministerin Reiche die Entlastung der Unternehmen beim Strompreis von den privaten Stromkunden finanzieren lassen, denen aber dafür staatliche Zuschüsse aus der Steuerkasse versprochen, mit denen die Preise des fossilen Erdgases künftig gesenkt werden. Was an Geld dafür fehlt, will die studierte Chemikerin aus Luckenwalde durch eine neue Abgabe einnehmen, mit der private Stromkunden den Bau von flexiblen Gaskraftwerke finanzieren sollen, "die dann Strom liefern, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint", wie Reiche sagt.
Politpraktisch gesehen trifft die "Stromabgabe für Gaskraftwerke" allerdings zu viele. Das Protestgeschrei gegen die als neue fossile Steuer geschmähte Kassiergenehmigung ist selbst in einer Medienlandschaft laut, die im Normalfall fest zur gemeinsamen Sache mit der Regierung steht, wie immer die auch gerade aussieht. Machttaktisch betrachtet ist eine zusätzliche Belastung, die viel Geld einbringt, das wenige bezahlen, stets einer vorzuziehen, die viele tragen müssen, selbst wenn dabei tendenziell viel mehr eingenommen wird.
Kassieren, wo es niemand merkt
Kassieren, wo es keiner merkt - im Englischen als "Cashing, where no one notices" (Cwnon) bekannt - ist das Prinzip, nach dem moderne Rechtsstaaten geführt werden. Statt Steuern oder Abgaben zu erhöhen, werden lieber neue Steuern und Abgaben eingeführt, anfangs mit Beträgen, die niemand spürt. Ein legendäres Erfolgskapitel des Cwnon hat die vor 30 Jahren erfundene Pflegeversicherung geschrieben: Der anfängliche Beitragssatz betrug ein kleines, symbolisches Prozent des Bruttoentgelts. Er stieg seitdem beständig und liegt für Kinderlose heute bei 4,2 Prozent.
Zugleich wurden immer mehr Leistungen aus dem Versicherungsumfang herausgelöst. Die vermeintliche "Pflegeversicherung" bezahlt Bedürftigen heute am Ende eines langen Lebens mit hohen Beitragszahlungen allenfalls noch den Rollator, ein Bett und einen Stuhl in einer kargen Aufbewahrungszelle in einem Pflegeheim, das so lange alle privaten Ersparnisse und Rücklagen absaugt, bis am Ende das Sozialamt die Finanzierung des Betreuungsbedürftigen übernimmt - ebenso wie von Anfang an bei der Dame im Nachbarverschlag, die zu den Nochnichtsolangehierlebenden gehört und deshalb nie einen Cent in die Pflegeversicherung einzahlen konnte.
Nichtsahnend und wehrlos
Es trifft nur eine Auswahl an Menschen, die sind eine Minderheit, sie sind nichtsahnend und wehrlos - und damit die ideale Gruppe, unauffällig ausgenommen werden zu können. Immer abwechselnd greift der Staat mit dieser Strategie allen in die Tasche. Gerade waren es die Grundstücksbesitzer, die blechen mussten. Vorher wurden die Rentnerinnen und Rentner als Steuerzahler mobilisiert. Wer privat vorsorgt und spart, steht schon seit Jahren immer wieder vor neuen Beteiligungswünschen der Politik. Das Beispiel des so tragisch gescheiterten "Bündniskanzlers" Robert Habeck aber zeigt: Wer zu vielen zugleich ans Portemonnaie geht, den brüllt die Menge nieder.
Die smarte Lösung ist es, nicht vielen alles, sondern abwechselnd wenigen etwas zu nehmen. Und am besten eigenen sich dazu die, denen andere zutrauen, zu viel zu haben. Auch die Umsetzung würde nach Dafürhalten des Ökonomen selbst einem Staat keine Schwierigkeiten machen, der das versprochene Klimageld über drei Jahre hinweg nicht auszahlen konnte. Ein Krisen-Soli "könne schnell und unbürokratisch erhoben" und "gezielt auf die oberen fünf bis maximal 10 Prozent der Einkommensverteilung zugeschnitten werden", umschreibt der Ökonom das "seine Anti-Kettensägen-Strategie".
Breite Mehrheit
Truger weiß die breite Mehrheit all derer hinter sich, die davon ausgehen, nicht zu diesen fünf bis zehn Prozent gehören zu müssen. Aus seinem Vorschlag klingt das bekannte Echo so vieler Ideen von SPD, Grünen und Linkspartei, hießen sie Vermögensabgabe oder Reichensoli, Übergewinnentzug oder Umsatzüberschusszusatzsteuer.
Eine gesellschaftliche Spaltung zu vertiefen war niemals gemeinschaftsdienlicher als heute, wo die Parteien der Mitte nicht nur unter dem Druck stehen, Geld aufzutreiben, um ein Land zu reparieren, das sie selbst kaputtregiert haben. Sondern auch noch Verantwortliche dafür zu präsentieren, denen die Schuld für die multiplen Miseren in die Schuhe geschoben werden kann.
Rückbau des Überreichtums
Zum langen Suchen ist keine Zeit. Ins Visier geraten die, die traditionell immer wieder herangezogen wurden, um dem Staat aus seinen Finanznöten zu helfen. Ein Rückbau des Überreichtums ist aus Sicht der herrschenden Parteien gleich doppelt wirksam: Einerseits verspricht er zusätzliche Geldströme zu mobilisieren. Andererseits setzt er ein Zeichen für mehr Gerechtigkeit, weil die "unsere Demokratie" beweist, dass sie Überwohlstand, überhöhten Lebensstandard und Spitzengehälter nur in sehr engen Grenzen duldet.
In Berlin, der Hauptstadt des gefühlten Wohlstandsstaates Deutschland, will die SPD noch entschiedener vorgehen und Unternehmensgewinne vorab deckeln. Gut gemeint, aber letztlich eine Form von Reichenschutz, die vorbeugend verhindert, dass es zu Reichtum kommt, der sich zusätzlich besteuern lässt. Allerdings sieht Raed Saleh, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Berliner Parlament mit Blick auf das in der deutschen Hauptstadt geltende Grundgesetz erklärt hat: "Es gibt kein Recht auf Maximalprofit", stehe da. Und wenn manche trotzdem glaubten, sie könnten nehmen, was der Markt hergebe, dann, so Saleh, "sage ich Stopp!"
5 Kommentare:
Ich bin nicht grenzenlos ein Freund der Reichen, die oft nix geleistet, sondern nur geerbt haben, was Ahnen in grauer absolutistischer/diktatorischer Vorzeit zusammen geraubt hatten.
Dennoch bin ich dagegen, die wegen einer nassauernden Sozialistenbande, die jeden von Deutschen mühsam erarbeiteten Cent sofort weltweit verschenken will, um sich Zustimmung/Wählerstimmen im Parasitenmilieu zu erkaufen, über Gebühr zu besteuern. Das gleiche gilt übrigens für die miese Abzocker-Tour mit trotz Rente weiterarbeiten wollenden/müssenden Senioren. Auch bei denen langt der unproduktiv nichtnutzige, aber herrschen wollende Staatsdienerkrake nimmersatt zu.
Wieso kommen andere Länder/Völker mit allgemein deutlich niedrigeren Steuersätzen als wir Protzokraten klar?
Nur das deutsche Nutzvieh lässt sich devot wie Sklaven ausbeuten und fühlt sich dennoch andere global belehrend überlegen. Beweis der unendlichen Ignoranz und Arroganz des Michel-Dummys?
"Es gibt kein Recht auf Maximalprofit"
So isses! Schön, dass die Sozialisten zu ihren Wurzeln zurückkehren.
Wie lange wird es wohl dauern, bis wir wieder solche Meldungen lesen dürfen?
Ich habe mir den Bundeshalt mal als PDF gezogen und schnell durchbeglättert.
Da klafft keine Lücke.
Es giibt grad dieses nervige Remake der Langenese-Werbung 'Lllllaahk Ice in the Sunshine'.
Genau so wird das Extrageld wegschmelzen.
Ach, das könnte doch alles soooo einfach sein: Bitte endlich den "kill-code" an die gen optimierten senden!
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