Samstag, 17. November 2012

Im Europa der neuen Unübersichtlichkeit

Staatsverschuldung von Griechenland 2013
Anhaltend spannende Rätsel der Mathematik, irrwitzige Wunder der Wissenschaft. Vor zwei Jahren, als alles in Griechenland eben noch alles prima gewesen war, stand das Land bekanntlich mit einem Schlag vor dem Staatsbankrott. Die Gesamtschulden beliefen sich damals, Ende 2009, auf 300 Milliarden Euro – das waren sagenhaft irre 112,6 Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts.

Es begann, was späteren Generationen als die Rettung bis zur Bahre bekannt sein wird: Europa, der Kontinent, der nur mit einer einheitlichen Währung existieren und Frieden halten kann, schnürte Rettungspakete, so schnell die staatlichen Bindfadenfabriken Garn spinnen konnten 2010 erließ die Solidargemeinde Griechenland die Hälfte seiner Schulden – nach übereinstimmenden zeitgenössischen Berichten von Qualitätsmedien waren das allerdings nicht 150, sondern 100 Milliarden Euro. Im Jahr 2011 bekam die Regierung in Athen noch einmal 100 Milliarden Euro, um weiterwirtschaften zu können.


Nun hätte das Land nach Ansicht vieler deutscher Grundschüler eigentlich nur noch 100 Milliarden Schulden haben können. Wir nehmen die Finger und schauen nach: 300 Milliarden minus 100 Milliarden minus weitere 100 Milliarden. Ja, 100 Milliarden!

Allerdings stimmte das eben schon damals nicht. Griechenland hatte seinen Schuldenstand mit Hilfe von 200 Milliarden Euro Schuldenhilfe und emsigen eigenen Sparanstrengungen nicht um 200 Milliarden gesenkt. S

Sondern von 300 auf 355 Milliarden Euro hochkatapultiert. Mit dem nächsten Rettungspaket bekam Griechenland dann noch einmal 100 Milliarden Schuldenhilfe, auch der Verzicht solcher privater Gläubiger wie der staatlichen Hypo Real Estate Bank auf mehr als 50 Prozent ihrer Forderungen reduzierte die Schulden um weitere 107 Milliarden Euro.

Die Staatsverschuldung betrug nach dieser Geldspritze in Höhe von 207 Milliarden Euro tatsächlich aber wieder nicht die erwartbaren 148 Milliarden Euro, die eine Gleichung 355 – 207 ausgespuckt hätte. Sondern doch noch 343 Milliarden Euro. Also nicht 207, sondern nur 12 Milliarden weniger. Und im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt war die Verschuldung nun – so viel Effekt immerhin hatte die ganze Retterei – von 112 auf 181 Prozent gestiegen.

Staatsverschuldung von Griechenland in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2013


Wieder ein Jahr später klafft nun im Finanzplan der Griechen eine neue Lücke von 32 Milliarden Euro. An der Kreidetafel einer Grundschulklasse hätte sich die Ursprungsschuld eigentlich inzwischen in ein fettes griechisches Staatsguthaben von sagenhaften 237 Milliarden Euro verwandelt. Im Europa der neuen Unübersichtlichkeit aber ergibt nicht Minus plus Plus Plus, sondern Minus plus Plus noch mehr Minus und immer neues Minus.

Die Troika aus EU, EZB und IWF bezifferte den zusätzlichen Geldbedarf der Regierung in Athen in den kommenden vier Jahren derzeit auf fast 33 Milliarden Euro. „Um die Finanzlücke für die Etappe bis Ende 2014 zu schließen, ist kurzfristig eine Programmfinanzierung von zusätzlich rund 15 Milliarden Euro nötig“, heißt es in der FAZ. Die auf 343 Milliarden Euro gesunkene Staatsverschuldung steigt damit im kommenden Jahr auf den neuen Rekordwert von 358 Milliarden – ein Rettungsbilanz, die Lust auf mehr macht.

Her mit dem Haircut

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Alles gut und schön die Rechnerei, aber die Rechner der EU-Bürokratie hat andere Zahlen! Aber damit ist nachgewisen, dass Griechenland benützt wird, um das EU-Geld zu waschen, das heisst die Kopierten EU-Scheine werden dort durchgeschleust....und landen wo denn, eben bei den Banken.So schliesst sich der Kreislauf. Wir alle wissen es die EU ist eine absolut kriminelle Mafia

Thomas hat gesagt…

Ich schlage vor - auch um die verwirrend hohen Zahlen zu vermeiden - zu Heap Mathematics überzugehen: Wenn man einen Haufen (Geldes) auf einen anderen Haufen (Geldes) draufwirft, hat man nicht zwei, sondern wieder einen Haufen (Geldes).
Im Sonderfall Griechenlands hat man, nachdem man einen Haufen Geld auf einen Haufen Schulden kippt, wieder einen Haufen Schulden.
q.e.d