Mittwoch, 21. Januar 2015

Tabaksteuerschwindel: Feinschnitt mit falschen Zahlen

Jubelgeschrei aus dem Finanzministerium, Jubelgeschrei auch bei den Leitmedien. „Raucher in Deutschland haben 2014 so wenige Zigaretten gekauft wie noch nie seit der Wiedervereinigung, der Staat nahm aber trotzdem mehr Geld damit ein“, freut sich der „Focus“. Das zeige, „die höhere Tabaksteuer für Zigaretten und Feinschnitt greift also“.

Und wie! Die im vergangenen Jahr in Deutschland versteuerten Zigaretten spülten rund 12,3 Milliarden Euro in die Staatskasse, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte, 100 Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. Das ist umso erstaunlicher, als das Statistische Bundesamt für 2013 einst nicht die vom „Focus“ genannten 12,2 Milliarden Euro Einnahmen aus der Tabaksteuer vermeldet hatte, sondern 13,8 Milliarden.

„Mehr Geld eingenommen“ hat der Finanzminister, der die Tabaksteuer auch im Januar 2014 wieder erhöht hatte, um Raucher abzuschrecken und die Einnahmen zu erhöhen, also nur, wenn er die richtigen neuen Zahlen mit den falschen alten vergleicht, wie das der Focus tut. Langfristig hingegen ist der Versuch, Erziehungsarbeit für Erwachsene mit der Steuerschraube durchzuziehen, eine Pleite in allen Belangen. Auch die einst von einem heute längst vergessenen Finanzminister namens Hans Eichel erwarteten "Mehreinnahmen in Milliardenhöhe" sind die Fantasie geblieben, die sie immer waren.

Die Tabaksteuer, anfangs zur Finanzierung von Maßnahmen zur Terrorabwehr, später zur Rettung der Krankenkassen, zur Finanzierung von Steuervereinfachungen, zur Entlastung energieintensiver Betriebe von der Ökosteuer und zur Erhöhung der durch die Steuererhöhungen fortlaufend rückläufigen Tabaksteuereinnahmen in insgesamt 14 Stufen erhöht, hat 2014 die niedrigsten Einnahmen seit 2001 erbracht – trotz einer Erhöhung des Steueranteils auf mittlerweile rund 75 Prozent des Kaufpreises.

Schon nach der dritten Stufe der Tabaksteuererhöhung, die den Steueranteil pro Zigarette von 8 auf 14 Cent erhöhte, hätten die Einnahmen aus der Tabaksteuer um 4,5 Milliarden Euro höher liegen sollen als 2003. Stattdessen liegen sie elf Jahre später - der Steueranteil pro Zigarette liegt nun bei 19,63 Cent - um mehr als zwei Milliarden niedriger. Statt 145 Milliarden wie 2002 kauften deutsche Raucher im Inland zuletzt nur noch 79 Milliarden Zigaretten – die fehlende Menge wird steuerfrei aus dem europäischen Ausland bezogen.

Ein Förderprogramm für die EU-Partnerländer, in denen die Deutschen inzwischen rund ein Viertel ihrer Rauchware kaufen. Polen freut sich, Tschechien freut sich, der Zoll hat endlich wieder zu tun. Weil auch nach der 14. Stufe der geplanten Erhöhung der Tabaksteuer keinerlei Mehreinnahmen fließen, hat der ratlose Finanzminister die legal einführbare Zigarettenmenge zuletzt von 800 auf 300 Stück reduziert. Bei offenen Grenzen eine Aktion, die erwartbar ohne Erfolg bleiben musste.

Die Politik verfährt daraufhin wie immer. Wo kein erfolg ist, wird einer verkündet: "Der Staat nahm mehr ein, heißt es von "Spiegel" bis LVZ, weil alle wortgetreu eine Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur dpa drucken, ohne auch nur einen Moment zu verschwenden, um die Angaben zu prüfen.

Neben dem völlig neuen Massenphänomen des Privatimports, der 2013 zu einem Steuerschaden von vier Milliarden Euro führte, kommen auch noch Probleme mit Zigarettenschmuggel und organisierter Kriminalität, die Billigware per Lkw einführen. Preiserhöhungen führen bereits seit Jahren kaum noch zum Rückgang des offziellen Verbrauchs. Nicht weil weniger geraucht wird. Sondern weil weniger in Deutschland eingekauft wird.

Steuerfrei in den Mai

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