Freitag, 7. Dezember 2007

Abriss-Exkursionen: Zug in die Zukunft

Jahrzehntelang drückten sich jeden Tag Zehntausende in die Bahn, die aus der Chemiearbeiterstadt Halle-Neustadt nach Leuna und Buna fuhr. Die Luft war schmutzig, die Waggons zu kalt oder zu heiß und die besten Plätze für die reserviert, die da sitzen wollten, wo sie immer schon gesessen hatten. Es wurde Skat gespielt, Rauchen war nicht erlaubt, aber auch noch nicht verboten.

Ebenso wenig wie ein Schluck Klarer vor Dienstbeginn und ein trübes Bier zum Feierabend. Seit die großen Werke zu "Zukunftsclustern" geschrumpft sind, schmolz die Schar der Mitfahrer des sogenannten "Pelzerzuges" wie der Saaleschaum in den Zeiten der stetig wachsenden Feinstaubgefahr. Zuletzt sanken die Fahrgastzahlen nicht mehr, weil die Großchemie immer weniger Mitarbeiter beschäftigt, sondern weil die verbliebenen Mitarbeiter der Großchemie der Fahrt mit dem eigenen Auto den Vorzug gaben. Mitte des Jahres hat das Land Sachsen-Anhalt den Traditionszug, wie es heutzutage heißt, bei der Bundesbahn "abbestellt". Heute ging der letzte Doppelstockwagen auf die Strecke, auch er war beinahe leer. Der Zug, der einst in eine lichte sozialistische Zukunft fuhr, in der Chemie noch Arbeit, Wohlstand und Brot für alle versprach, ist Vergangenheit.


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