Montag, 29. Juni 2009

Noch mehr fremde Federn

Eckart D. Stratenschulte hat leider einen Namen, der klingt wie ein abgespreizter Finger aussieht. Der Mann ist überdies Leiter der Europäischen Akademie Berlin und hat deshalb Zeit, über Dinge nachzudenken, die unsereins einfach hinnimmt. In der Frankfurter Rundschau, die sich selbst als "linksliberal" bezeichnen würde, tät' sie denn noch jemand fragen, hat Stratenschulte gerade über die unterschiedliche Versuche, den angeschlagenen Kapitalismus zu beseitigen, nachgedacht. Denn der sei gar nicht so leicht aus der Welt zu schaffen, schreibt der Mann, der sich mit seinem öffentlichen Denken einreiht in die Reihe mutiger Männer und Frauen, die das Wort "Kapitalismus" wieder in den Mund zu nehmen wagen, obwohl es doch schon abgeschafft war, wie die Statistik von Google (oben) unbestechlich ausweist.

Das System war das nicht - und wird es wohl auch nicht werden. "Die Linksradikalen beispielsweise bekämpfen in sogenannten "action weeks" das System, indem sie in Berlin Mittel- und Luxusklassewagen in Brand stecken. Damit tragen sie allerdings lediglich dazu bei, dass die Konjunktur wieder anspringt, denn die Besitzer dieser Wagen werden vermutlich nicht fortan Fahrrad fahren, sondern ein neues Gefährt erwerben. Der Neuwagen wird von der Versicherung bezahlt, aber wirklich geschädigt hat man die damit auch nicht, weil solche Vorfälle gleichzeitig gute Werbung für den Abschluss eines Vollkasko-Vertrags sind.

Ein anderer Versuch, dem Kapitalismus den Garaus zu machen, ist der der Linkspartei, die am Wochenende ihr Programm für die Bundestagswahl verabschiedet hat. Sie will den Kapitalismus durch Überforderung zerstören. Im Gegensatz zu den Autonomen kann sie hier immerhin schon einen Erfolg vorweisen. 40 Jahre benötigte die SED, aus der "Die Linke" ja zu guten Teilen besteht, um den Sozialismus mit der Strategie "Viel ausgeben, wenig investieren" an den Wand zu fahren. Das könnte jetzt auch mit der Bundesrepublik Deutschland klappen. Bedauerlicherweise ist allerdings weit und breit kein Staat in Sicht, der dann den Insolvenzverwalter spielen und durch Milliarden-Transfers die Folgen bewältigen könnte.

Sehr populär ist ein dritter Versuch, nämlich das System durch Ignoranz zu Fall zu bringen. Die Menschen tun einfach, als gehörten sie nicht mehr dazu, frei nach dem oft abgewandelten Motto: Stell Dir vor, es ist Gesellschaft und keiner geht hin. Die Wahllokale bleiben leer, wie nicht nur die Europa-, sondern auch andere Wahlgänge der letzten Zeit gezeigt haben, das Engagement in Parteien und Gewerkschaften geht zurück. Mögen die Menschen in anderen Ländern abends auf den Dächern ihrer Häuser stehen und sich mit dem Ruf nach freien Wahlen die Kehle heiser schreien, uns ist das egal.

Blöderweise ändert auch dieser Rückzug ins Private nichts, alle Hoffnungen, dass der Kapitalismus, durch die Verachtung der Massen gestraft, schluchzend ins Grab sinkt, bleiben unerfüllt.

Die vierte Variante ist die klassische Waffe der Ausgebeuteten, der Streik. Aber selbst der hilft nicht viel, wenn Unternehmen unter Überproduktion leiden und sich über jeden freuen, der zu Hause bleibt. Eine besondere Form der Auseinandersetzung haben wir gerade erlebt, den "Bildungsstreik". Eine Woche lang ließen die Studenten Seminare ausfallen, was den Professoren Zeit für ein Frühstück im Café gab. Vorlesungsstreik ist leider ein bisschen so, wie wenn Pensionäre aus Protest ihre Rente nicht abholen, aber immerhin haben die Studenten sich gerührt.

Irgendwie werden wir den Kapitalismus einfach nicht los",
sollte der Autor jetzt eigentlich schließen und es dabei belassen. Aber es war noch Platz übrig, so dass er noch eine Runde auf dem Hof entlangkehrt. Das ist jetzt nicht mehr so schön, deshalb lassen wir das Ende weg, das auch gar kein richtiges ist. Wer es lesen will, findet es hier..

1 Kommentar:

nwr hat gesagt…

Hat er aber gut beobachtet und zusammengefaßt. Nur der Schluß ist wirklich lau.