Dienstag, 12. Juli 2011

Gesänge fremder Völkerschaften: Grunzrock von der Unstrut


Wo man singt, da lass Dich ruhig nieder, doch wo man grunzt, da schweigen alle Lieder. Das ist dann das letzte Kapitel, das aufgeschlagen wird, wenn gar nichts mehr geht und auch die sprichwörtliche "Straße der Gewalt" nur noch aus Schlaglöchern besteht. Nehmen wir die doch als Partitur, dachten sich die wackeren Mannen der aus dem nordthüringen Süd-Sachsen-Anhalt stammenden Kapelle Last Chapter, deren röhrender Betonmischersound ältere Musikliebhaber unwillkürlich an die legendäre Rumpeltruppe MCB Meter erinnert, die den ausgedürsteten Motörhead-Fans des Ostens in grauer Vorzeit eine Ahnung von Heavy Metal kredenzte.

Last Chapter sind schon die übernächste Generation, Musikanten, aufgewachsen in einer Ära, in der Finanzminister sich zum Lemmy Kilmister-Fantum bekennen und Beamte mit ihrem Motorrad zum Motörhead-Konzert fahren. Dort ist es dann immer noch laut, nicht annähernd so stimmungsvoll aber wie bei Last Chapter-Auftritten. Bei denen sammeln sich Fahranfänger und Friseusinnenfreunde, Body-Builder und Berufsschüler, um zu unterirdischen Tönen gemeinsam in die Luft zu springen. So äußert sich Gemeinsinn in den mental ausgetrockneten Gebieten längs von Saale, Pleiße und Mulde, so singt der Ostdeutsche, so er denn kein Sachse ist. Erstmals dokumentiert wird das hier in unserer grenzkulturkritischen Reihe "Gesänge fremder Völkerschaften", ein Stückchen Weltkulturerbe, das es an emotionaler Kraft leicht mit den zerstörten Buddha-Statuen von Bamian aufnehmen kann. Spielen sie erstmal, dann hört man nicht mehr viel. Sonst hätte einem jemand sagen können: Wenn der Tod einen Klingelton hat, dann geht er so ähnlich.

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