Sonntag, 29. Juli 2018

Der Ruf der Sprachpolizei nach der "Sprachpolizei"

Erst forderte der Chef des Bundesverfassungsgerichtes mit Nachruck eine achtsamere Verwendung von zugespitzer Sprache in der politischen Auseinandersetzung. Dann beschwerte sich der Heimatminister über diesen Einsatz des Verfassungshüters in der Sprachpolizei. Anschließend analysierte die Süddeutsche Zeitung diese Kritik als Versuch, die Debatte abzuwürgen. Der aus Borna stammende Social Engineer Jens Plotze, der im Auftrag des Bundesblogampelamtes im mecklenburgischen Warin am An-Institut für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung über Sprachstrategien für die post-territoriale Welt forscht, wertet der Versuch der Süddeutschen, gesellschaftlichen Fortschritt durch das verbot von sogenanntem Framing im fortschrittlich denkender Glaubensschulen zu manipulieren, nun allerdings seinerzseits als Versuch, eine abgewürgte Debatte weiterzutreiben. "Die SZ sattelt ein totes Pferd", formuliert Plotze, "es geht offenbar darum, Klick zu zapfen, so lange noch ein Tropfen Blut in der Özil-Debatte flockt."

Jens Plotze, der einer breiteren Öffentlichkeit mit einer wegweisenden Arbeit über die bislang verschwiegene Rolle der Dummheit bei der Re-Violentisierung der Gesellschaft bekanntgeworden war, greift SZ-Autorin Luise Checchin frontal an. Mit ihrer pauschalen Kritik an der Verwendung des Begriffes "Sprachpolizei" schüre die Zeitung die von Rechten instrumentalisierte Angst vor derselben. "Wer Sprachpolizei" verbieten will, der ist selbst Sprachpolizei", sagt der Wissenschaftler.

Wie unsinnig eines solche Forderung sei, zeige allein schon die Genese des Begriffes selbst. Den hatte der österreichische Lehrer Karl Hirschbold für seine Radiosendung "Achtung Sprachpolizei" erfunden, in der er den schludrigen Umgang mit der deutschen Sprache anprangerte. In die deutsche Sprache eingeführt, gilt der Begriff spätestens seit der Angriffe auf Aghata Christies Werk "Zehn kleine Negerlein" als Standarddefinition für eine - physisch ungreifbare - Institution, die aus einem - von niemandem erteilten - Auftrag heraus versucht, ihr unangenehm oder unangebracht scheinende Worte aus dem Sprachgebrauch zu tilgen.

Ein Phänomen, von dem Plotze glaubt, dass es anders kaum griffiger zu beschreiben wäre. "Wo Sprache ist, da ist quasi immer auch Subtext", sagt er, "vor allem dort, wo Sprache politisch wird." Dass ein Verfassungsrichter eben kein Politiker ist und er mit einem Versuch, in einer politischen Diskussion sprachliche Maßstäbe zu setzen, naturgemäß scheitern müsse, scheine ebenso naheliegend wie der Versuch, den Versuch als Einsatz der "Sprachpolizei" zu brandmarken, scheitern müsse, weil allein die Andeutung, es gebe eine solche, denen, sich zu ihrem Personal zählen, als Ruf zu den Waffen gelte. Plotze begründet das mit dem von der SZ verwendeten Argument, der Begriff "Sprachpolizei" werde häufig von Rechtsaußen gebraucht. "Auch der Begriff ,Mutter`, ,Butter` oder ,Bier` wird zweifellos von Rechten benutzt", schildert er, "aber niemand käme auf die Idee, daraus abzuleiten, dass Nicht-Rechte gehalten seien, eine Verwendung zu vermeiden."

Dennoch versuche die SZ-Autorin, die Wahrnehmung ihrer Leserinnen und Leser dahin zu steuern, dass diese in dem zusammengesetzten Substantiv eine Art Trigger sähen: Wer "Sprachpolizei" sage, sage auch "Asyltouristen", wer "Asyltouristen" verwende, sage auch "Ausländer raus". Plotze ist überzeugt: "Dieses Framing ist billig, unbeholfen und es zeigt, wie groß die Verzweiflung in den Großraumbüros inzwischen ist."

Die SZ bedient sich mit ihrer Argumentationsmethode in den dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte und lege Maßstäbe an, wie sie etwa die ostdeutsche Einheitspartei SED verwendet habe. Wer spreche wie der Feind, sei der Feind. Zudem verstärkte das regierungsnahe Blatt mit seiner Suada gegen die Verwendung des Wortes "Sprachpolizei" die Verschwörungstheorie, dass ein ungenanntes Establishment bestimmen wolle, welche Begriffe oder auch Meinungen in der öffentlichen Diskussion zugelassen und erlaubt seien. "Zu dieser angeblichen Herrschaftskaste gehören demnach die etablierten politischen Parteien genauso wie andere staatliche Institutionen und die traditionellen Medien", beschreibt die SZ selbst - Plotze schüttelt den Kopf: "Und genau so sieht es für Leserinnen und Leser des "Sprachpolizei"-Artzikels auch aus."

Wenn ein großes Leitmedium einen Bundesminister zwingen wolle, den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr zu bezeichnen, wie er ihn bezeichnen will, nur weilt ein traditioneller Begriff wie "Sprachpolizist" gefallen sei, stärke es damit bewusst diese verschwörerische Weltsicht und befeuere das Misstrauen gegenüber den etablierten Medien in Deutschland. Plotze: "Man bedenke, der deutsche Innenminister, der dafür verantwortlich ist, das Vertrauen in Demokratie und Rechtsstaat zu befördern hat ja nicht Arschloch, Idiot oder Nazisau gesagt."

Dass ein eigentlich renommiertes Blatt wie die SZ den Anlass dennoch glaubte nutzen zu müssen, um einem Vertreter des Rechtsstaates nahezulegen, bei seinem Versuch, seine Politik zu verteidigen, zuvor bei der - formell regierungsunabhängigen - Presse nach zulässigen Begriffen zu fragen, zeige eine Hybris der SZ-Redaktion. "Dort meint man wohl, man sei trotz sinkender Auflagen und zunehmend unklarere Relevanz der eigenen Arbeit, man sei noch immer die erste Instanz im Land, die über die Zulässigkeit und über die Grenzen gesellschaftlicher Debatten zu entscheiden habe."

4 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Vollkommen richtig, was im letzten Absatz gefordert wird. Das sieht der schreibende Arbeiter genauso.
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"Deshalb muss die Hauptstadtpresse hier dringend besser werden und wieder lernen, dass die vierte Gewalt die Politik eigentlich kontrollieren soll!"

Rasmus Ph. Helt, Hamburg
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Warum nur die Presse der Hauptstadt, beleibt im Unklaren, es sei denn, man begreift München als Hauptstadt der Bewegung und die SZ als Hauptstadtpresse. Dann stimmt es wieder.

Die Anmerkung hat gesagt…

Rasmus Ph. Helt - Forderung eines schreibendes Arbeiters

Anonym hat gesagt…

non smoking woman 29. Juli 2018 at 18:30


Etwas off-topic aber vielleicht kann mir jemand die Frage beantworten:
Die Länder mit EU-Außengrenzen bekommen doch von uns Geld, dass sie diese Grenzen schützen und wir unsere „Grenzkosten“ sparen.
Weiß jemand, wie hoch diese Summe ist?
Wenn diese Länder die Außengrenzen nicht schützen können und das Eindringen von Millionen läßt ja darauf schließen, ist Schengen doch unter völlig falschen Vorraussetzungen geschlossen worden?
Diese Länder haben dann etwas versprochen, dass sie nicht halten können und die ganze Zeit dafür Geld kassiert. Jetzt, wo der Ernstfall eintritt, liefern sie nicht.
Gibt es da in den EU-Verträgen Regressforderungen oder ähnliches?
Es gibt doch auch sonst Strafen wenn man EU-Regeln nicht einhält? ------

O sancta simplicitas!
(Jan Hus)

Anonym hat gesagt…

re Anmerkung / hier : der böse Exportüberschuss .

es ist ja so : hochpräzise Werkzeugmaschinen könnte man auch vom Neger in Mali bauen lassen ( weil alle Menschen gleich sind ) - ABER : der egoistische Schwabenmaschinenbauingenieurkarohemdexperte will das einfach nicht . Gerechte Welt geht anders - so die Hauptstadtmeinung der hübschen Oberschicht.zdfard.töchter.

würde das Morgenmagazin in Zusammenarbeit mit der EKD und antifa regieren wäre alles vermutlich viel besser .


( und ja : die AltbaubewohnerInnen aus Eppendorf mit viel Tagesfreizeit und Papas Kreditkarte glauben genau DAS völlig unironisch ) .


Maßnahme : Frauenwahlrecht abschaffen , hin und wieder ne Backpfeife wenn der hübschen Bürgerdame das Fell juckt , 4 arische Kinder und schon sind die Neurosen weg.


der Sepp

Reichsbrutkastenwart