Donnerstag, 12. Juni 2025

Plötzlich Außenpolitiker: Pöbel-Ralles neue Kleider

Ein Mann bekommt nach einer Veröffentlichung eines "Manifestes" im Internet im Morgengrauen Polizeibesuch. Die Szene ist nachgestellt.

"Nun ist Ralf Stegner in der SPD keine besonders wichtige Figur", watschte das ehemalige Nachrichtenmagazin Der Spiegel ihn ab, als er gerade im Begriff war, sich neu zu erfinden. Ralf Stegner hatte vieles ausprobiert und manches erreicht, jetzt galt er als "das Symptom" seiner Partei.

Die völlige Abwesenheit jeglichen Bemühens um eine diplomatische Lösung für den Krieg Russlands gegen die Ukraine nannte er "verstörend". Einen "Vorrang für Diplomatie" hielt er für unumgänglich. Es war die Zeit einen Monat vor dem russischen Einmarsch. Als einer der ersten deutschen Politiker warnte der Mann aus Schleswig-Holstein vor einer "Militarisierung der Politik", die noch nirgendwo zu sehen war.

Er war schon alles 

Stegner konnte sie spüren. 40 Jahre war er in der SPD, fast 25 Jahre lang bekleidete er schon Ämter in Partei und Staat. Nicht die, die er sich gewünscht hatte. Aber die, die ihm zufielen. Stegner war Parteivorstand und Innenminister gewesen, Fraktionsvorsitzender im Landtag und SPD-Spitzenkandidat, Kronprinz seiner Partei in Schleswig-Holstein und Stabschef einer Ministerin, einer von sechs Stellvertretern des Parteivorsitzenden und einmal trat er sogar selbst an, Parteichef zu werden.

Die Mitglieder wollten ihn nicht. Doch aus Niederlagen gestärkt hervorgehen, das kann dieser Mann. Stegner hatte sein ganzes Leben in der politischen Provinz verbracht, er war immer gescheitert, wenn es nach oben gehen sollte. Einmal schien er kurz davor zu sein, als ein Mann anrief und fragte, ob er das Amt des Vizekanzlers annehmen werde, wenn die Parteiführung es ihm anböte. Das Ja, es kam aus ganzem Herzen, eingebettet in den Satz "Vorstellen kann ich mir das". Doch am anderen Ende war nur ein Komiker, der den Mitschnitt höhnisch unter dem Titel "Pöbel Ralle Vizekanzler" veröffentlichte.

Vom Osthang der Egge 

Vielleicht genau in diesem Moment, als er ganz unten war, beschloss Ralf Stegner, nach Berlin zu gehen. Nicht mehr länger als Parteiclown der SPD verlacht werden. Nicht mehr als bärbeißiger Wahlnorddeutscher mit herabhängenden Lefzen erst sprechen und dann - vielleicht - denken.

Bei der Bundestagswahl gewann er das Direktmandat, bei der nächsten reichte es noch über die Landesliste. Dass er in den Medien allenfalls als "SPD-Urgestein" bezeichnet wurde, obwohl er sich einen Platz im Auswärtigen Ausschuss hatte sichern können, focht Stegner nicht an. Der "MdB für Pinneberg" beschickte die Republik mit seinem "Moin vom Osthang der Egge!" und klassischen alten Popsongs. Zur Abwechslung grantelte und dichtete er deutlich weniger - ein linker Flügelmann der deutschen Sozialdemokratie, der endlich angekommen schien.

Natürlich wäre Ralf Stegner gern Minister geworden. Als der Ruf zum zweiten Mal ausblieb, besann er sich allerdings auf eine Kernkompetenz, die öffentlich allzulange verkannt worden war. Der in Medienbeiträgen gern als "früherer SPD-Parteivize" vorgestellte "SPD-Rambo" (Mopo) war jetzt, nach mehr als 30 Jahren im Kieler Landtag, Außenpolitiker geworden. Zuerst einmal für sich selbst, denn als ganz junger Bursche hat Stegner seinen Doktor mit einer Arbeit unter dem Titel "Theatralische Politik made in USA - Das Präsidentenamt im Spannungsfeld von moderner Fernsehdemokratie und kommerzialisierter PR-Show" erlangt. 

Geduldiges Warten 

Nach fast fünf Jahren des geduldigen Wartens aber, einer Zeit, in der die Aufmerksamkeit des Publikums sich mehr und mehr von ihm abwandte, ist es jetzt so weit: Wo über ihn geschrieben wird, ist Ralf Stegner nicht mehr Pöbel-Ralle oder SPD-Rambo, nicht mehr der ehemalige Parteivize und nicht "keine besonders wichtige Figur", für die Trump der dickste Stamm, an dem sie sich reiben kann, ohne Ärger zu bekommen. Pöbel-Ralle hat sich neu erfunden. Als das, was er immer hatte sein wollen: Der "Außenpolitiker Ralf Stegner" nennen sie ihn ehrfürchtig und auf allen Kanälen.

Für jemanden, der 65 Jahre alt ist und sein Leben lang allenfalls mit der dänischen Minderheit außenpolitisch grundierte Gespräche führen durfte, ist das ein Ritterschlag. Mag das von Stegner initiierte "Manifest" - Ältere erkennen im Titel den feinen historischen Humor des Federführenden - als "Angriff auf die schwarz-rote Bundesregierung und auf die eigene Parteiführung rund um Vizekanzler Lars Klingbeil" gewertet werden - für Ralf Stegner hat es sich schon gelohnt. 

Noch ein Aufstand alter Männer 

So gering die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Aufstand der alten Männer um ihn, Ex-Fraktionschef Rolf Mützenich und den früheren halben Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans die Bundesregierung, die Nato oder den Kreml zu einer "Abkehr von der Aufrüstungspolitik" bewegt, so groß ist doch die Chance, dass die Bezeichnung bleiben wird.

"Außenpolitiker", wie stolz das klingt. Nicht mehr nach Osthang der Egge, sondern die Welt als Feld. Nicht mehr in Gummistiefeln durch Bordesholm, sondern in geheimer Mission nach Aserbaidschan, das Land, aus dem Deutschland sein russisches Öl bezieht. Stegner ist für "direkte diplomatische Gespräche mit Russland", von Anfang an. Dafür ist er lange belächelt und links außen liegengelassen worden. Erst mit dem "Manifest" hat der frühere Stipendiat der Stiftung Volkswagenwerk einen Treffer gelandet: Nicht nur, dass ihm die aktuelle Parteiführung zumindest leise widerspricht und die andere Regierungspartei laut. Nein, die Medien, sein eigentliches Publikum, kennen ihn jetzt nur noch als den "SPD-Außenpolitiker", der er immer hatte sein wollen.

Der Pöbel-Diplomat 

Stegners Warnung vor "militärischer Alarmrhetorik" und der Stationierung neuer amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland, vor hunderten von Milliarden für neue Waffen ohne Plan, wer sie dereinst bedienen soll, ist selbst beim Kreml-Flügel der SPD nicht mehrheitsfähig. Spät, aber dann doch haben dort die übernommen, die für die klar ist, dass nicht geredet werden kann, ehe nicht Wladimir Putin selbst um Gehör bittet. Dass es ausgerechnet der so lange als "Pöbel-Ralle" verlachte Wahlholsteiner ist, der auf einmal nach Diplomatie ruft, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. 


6 Kommentare:

Trumpeltier hat gesagt…

Ein dermaßen langatmiger Beitrag über 'Pöbel-Ralle' alias Ralf Stegner schenkt dieser langjährigen SPD-Dreckschleuder mehr Aufmerksamkeit, als dieses Subjekt verdient.

Totschweigen, einfach totschweigen halte ich bei vielen dieser Kreaturen darum für die bessere Wahl, denn mit Geschwätz wird man solche scheinheiligen Missionare des westwertigen Sozialismus sicher nicht stoppen.

Im Gegentum: je änger die journalistisch im Gespräch sind, um so mehr blasen die sich als wichtig auf.

Manchmal ist Ignoranz also durchaus vorteilhaft.

Hase, Du bleibst hier... hat gesagt…

Nee nee, seine Häscher werden Ralle diesen Text vorlegen. Und Pöbel-Ralle wird kochen vor Wut. Gut sooooo !

Trumpeltier hat gesagt…

Dear Bunny, Einspruch.

Meinst Du wirklich, dass diese Klientel sich mit von schnüffelnden Erfüllungsbütteln zugetragenen PPQ-Texten befasst? Oder sich dadurch sogar emotional beeinflussen lässt? Der wird sich eher denken: "Was kümmert es mich Eiche, wenn verlaustes Niederwild sich an mir reibt?" ... und seinen linken Grölemeierkurs weiterverfolgen.

Die Realität beweist leider täglich, dass weder moderne Cäsaren noch ihre Wählerlegionen Kritiken kleiner Barbarenhorden ernst nehmen. Kriegsertüchtigender Siegheilmittel-Größenwahn-Herdentrieb hat nämlich auch bei der Piefke-Plebs wieder Hochkonjunktur und wird notfalls juristisch durchstrafgestetzt. Es empfiehlt sich für jeden frei denkenden Menschen im besten aller Detschlands zukünftig also voll bekleidet zu schlafen und den Kulturbeutel für Urlaub auf Staatskosten bereit stehen zu haben.

Ralle und sein erneut mitregierendes Rotsocken-Gepöbel wird keinesfalls das entlarvte Rumpelstielzchen spielen, sondern eher satanisch über so viel Naivität lachen.

In einem zunehmend analphabetischen Mischvolk werden ausführliche Schriften außerdem immer weniger Einfluss haben. Lernt aus der TV-Werbung: Ultrakurze Verhaltensbefehle mit Ohrwurm-Gedudel. So erreicht man die modernen Kleinhirne Unsererdemokratie.

Anonym hat gesagt…

Jetzt weiß der Deepstate-Flügel der SPD, wie es uns jahrelang mit dem ging.

Anonym hat gesagt…

Es sind doch alle Schießbudenfiguren, einige von ihnen halt etwas mehr, seltener andere weniger. Und alle der sogenannten Parteien haben ihre Pseudovernünftigen, welche ab und zu eine schwache Andeutung von Verstand äußern - was dem Wahlpöbel eingeht wie Honigseim. (Nun sehet: Man kann die ja DOCH wählen - das eben ist der Sinn der Übung. )

ppq hat gesagt…

jede bemühung um unterhaltung verdient beachtung. zumal wenn jemand wie er sich so lange so sehr anstrengt. da heißt es einfach mal respekt zeigen, wie wir alter sozialdemokraten sagen