Donnerstag, 1. August 2019

Großer Rauschangriff: Privatisierung von Brauereien gefordert

Noch zeigen sich ostdeutsche Ministerpräsidenten gern mit einem Glas klimaschädlichen Biers, aber das soll sich bald ändern.
Nach dem Vorschlag von Linken-Chef Riexinger zur Verstaatlichung von Airlines hat das politische Berlin trotz Sommerpause verblüffend schnell reagiert: Die Grünen applaudierten, forderten eine Enteignung aber noch vor der Rückkehr der zahlreichen deutschen Urlauber aus dem Auslandsurlaub. CSU-Chef Markus Söder zeigte sich ebenfalls einverstanden, schlug aber vor, zudem in allen Schulen morgens ein Klimagebet für alle Kinder verpflichtend zu machen. Der Staat sei immer der bessere Unternehmer, hieß es in der Arbeitnehmerunion.

Aus dem Klimakabinett kam zudem die Forderung der SPD, Haushaltsstromgroßverbraucher wie Wasch- und Spülmaschinen zu privatisieren. Die Linke erweiterte ihre in Berlin gemeinsam mit der SPD verfolgten Privatisierungspläne von Immobilien auf private Pkw. Aus der CDU kamen erste Stimmen, die es dabei nicht belassen wollen - wichtig sei jetzt vor allem, hieß es unter Verweis auf den nahe bevorstehenden Untergang der Welt, dass große und durchgreifende Lösungen gefunden würden. "Da hilft eine Verstaatlichung von Fluglinien allein nicht, da müssen wir auch an Busse, Lkw und Motorräder, an Bäckereien, Brauereien und Supermärkte ran", sagte ein mit den Verhandlungen vertrauter Abgeordneter.

Höhere Preise nutzen allen


Das Thema Verstaatlichung polarisiert – alle Politiker fordern inzwischen, Tätigkeiten, die "CO2 verbrauchen", wie es die als SPD-Notvorstand amtierende rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer ausgedrückt hat, mit spürbar höheren Preisen zu versehen. So könnten Flüge zu Gunsten der Bahn teurer gemacht werden, gekochtes Essen würde preislich anziehen, so dass gesunde Rohkost billiger erscheint, und durch die Einführung von Klimazöllen, wie sie Grünen-Chefin Annalena Baerbock angekündigt hat, könnten auch die Preise für importierte Kleidung in einem Maße steigen, dass es wieder lukrativ würde, selbst zu stricken, per Hand zu nähen und abgetragene Kleidung mit anderen zu tauschen, wie es Baerbocks Grünenkollegin Robert Habeck vorgeschlagen hatte.

Linken-Chef Bernd Riexinger geht aber nun noch weiter: Er fordert nun auch eine Verstaatlichung von Brauereien. Die bei der Bierherstellung gelten als sehr energieintensiv, weshalb die richtigen energetischen Maßnahmen eine beträchtliche Reduktion der großen Kostenblöcke bewirken könnten. Der Anteil der Energiekosten im Brauereiwesen liegt derzeit etwa bei zehn Prozent der Gesamtkosten; in kleinen Brauerbetrieben sind es sogar 20 Prozent. Eine Verstaatlichung dieses wichtigen Lebensbereiches könne unter Berücksichtigung kluger staatlicher Investitionen Effizienzeinsparungen von 30 bis 60 Prozent erzielen.

Thomas Schäuble, Chef der Bierbrauerei "Tannenzäpfle", hatte schon vor Jahren eine Umsatzrendite von 29 Prozent verkünden können, weil der Staat immer noch der beste Brauer ist. Die Brauerei in Süddeutschland, die kleine Fläschchen für Besserverdienende abfüllt, befindet sich in baden-württembergischen Landesbesitz und pulverisierte die von Josef Ackermann für die Deutsche Bank ausgerufenen Renditeziele von 25 Prozent geradezu. Die deutsche Arbeiterbewegung, von Ackermann zum ersten Mal seit der Vereinigung von KPD und SPD zur SED wieder geschlossen zu einer Meinung bekehrt, die das 25 Prozent-Ziel der Deutschbanker als menschenverachtend und "völlig unmöglich" (Müntefering) brandmarkte, akzeptierte die 29 Prozent der Staatsbrauerrei freudig schweigend.


Staat ist der beste Brauer

Niemand braut so gutes Bier wie der Staat, der sich die Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs und den Kampf gegen Komatrinker auf die Fahnen geschrieben hat. Und niemand macht so viel Geld damit.

Bei Tannenzäpfle gibt es alles aus einer Hand: Den Rausch und die Rendite, die auch in Zukunft höher sein wird, als es sich Joseph Ackermann auch nur erträumen kann. Belastet worden sei die Vorjahres-Bilanz ja durch einen ungewöhnlich starken Anstieg der Malzkosten, sagte Brauereichef Schäuble, der als Staatsbrauer in der großen Tradition der sozialistischen Alkoholwesens der Sowjetunion steht.

Die hatte schon kurz nach der glorreichen Oktoberrevolution unter großen Alkoholproblemen gelitten.  "Wenn das so weitergeht wie bisher", warnte Leo Trotzki seinen Kampfgenossen Stalin damals, "dann erreichen wir weder eine sozialistische noch eine kapitalistische Akkumulation." Das Volk nämlich, zur revolutionären Masse ernannt, befleißigte sich keinesweg einer höheren Moral. Es soff. Und es soff vor allem Selbstgebrannten - Zar Nikolai II. hatte Jahre zuvor ein Alkoholverbot ausgesprochen, das die Bolschewiki nach ihrer Machtergreifung einfach beibehielten. Lenin hatte ein Machtwort gesprochen: "Ich glaube, dass wir im Unterschied zu den kapitalistischen Ländern, die Schnaps und sonstige Betäubungsmittel in Umlauf bringen, solche Dinge nicht zulassen werden, weil sie uns zurück zum Kapitalismus führen würden, nicht aber zum Kommunismus."


Schnaps, das war ihr letztes Wort


Doch die Worte des Säulenheiligen der Revolution scherten die Massen kaum. In einem Bericht der Geheimpolizei, die das Schwarzbrennen im Bezirk Pskow untersucht hatte, ist die Rede von 35 Prozent der Bevölkerung, die sich im Jahre 1924 ausschließlich vom Wodkabrennen ernährte. Die Profite waren enorm: Der Herstellungspreis eines Eimers Wässerchen, Samogon genannt, lag bei zwei Rubel, der Verkaufspreis bei 11 Rubel. 350.000 Pud Getreide, schreibt die Geheimpolizei, würde so für das Brennen von Alkohol verbraucht, der ausschließlich auf dem Schwarzmarkt verkauft werde. Das führe zu Getreidemangel und Exportausfällen, habe aber auch fatale Folgen für den Gesundheitszustand der Bevölkerung. Außerdem sei die Kriminalität enorm gestiegen.


Was tun? Lenin wollte dennoch am Schnapsverbot festhalten. "Wenn der Bauer den freien Handel braucht, dann müssen wir ihn gewähren lassen", legte er fest, "aber das heißt nicht, dass wir ihm erlauben, mit Fusel zu handeln." Dabei hatte ein anderer Block in der Parteiführung den Schnaps schon längst als Rettungsanker für die Revolution entdeckt. Die Einführung eines staatlichen Alkoholmonopols würde, so die Kalkulation, helfen, den Staatshaushalt zu sanieren und Mittel generieren, um die marode Wirtschaft auf die Beine zu bringen.

Gegen diese Argumente kämpften Trotzki und Lenin vergeblich. Stalin hob das Alkoholverbot auf. Eine staatliche Firma stellte 20-prozentigen Wodka her und verkaufte ihn. Der Fünfjahrplan von 1928 sah dann schon eine Steigerung des Schnapsverbrauchs um 227 Prozent vorg - und das, nachdem der Konsum ohnehin schon von 0,6 Flaschen im Jahr anno 1924 auf 4,3 Flaschen im Jahr 1927 gestiegen war. Viel Geld für Vater Staat. Schon im September 1930 schrieb Stalin an seinen alten Vertrauten Molotow: "Meiner Meinung nach müssen wir die Wodkaproduktion so weit wie möglich erhöhen. Wir müssen die falsche Scham abwerfen, direkt und offen eine maximale Erhöhung der Wodkaproduktion anzustreben, um eine wirklich solide Verteidigung unseres Landes gewährleisten zu können."

Die Auswirkungen waren beeindruckend. Die Rote Armee konnte 68.000 Soldaten zusätzlich in Uniform stecken. Dass die Trunkenheit im Lande zur Volkskrankheit. wurde, ließ sich verschmerzen.  "Mit dem Verkauf des 40-prozentigen Wodkas", meldete die Geheimpolizei, "lässt sich ein starkes Anwachsen der Trunkenheit unter den Arbeitern verzeichnen." Besonders an den Zahltagen erreiche die Trunkenheit Massencharakter, die Arbeitsbummelei wachse und eine Vielzahl von Arbeitern erscheine betrunken am Arbeitsplatz. In einer Fabrik hätten an drei Tagen nach dem Zahltag ganze 1300 Arbeiter nicht gearbeitet. Das Ganze werde begleitet von "amoralischen Erscheinungen": Prügeln von Ehefrauen, Rowdytum und Verelendung. Aber es war ja nun auch Geld da, sich um die Betroffenen zu kümmern.

Viel Geld, das auch Bernd Riexinger gern hätte. Der ehemals westdeutsche Aebeiterführer verwies  auf die gesellschaftliche Bedeutung des Brauereiwesens für die Biernation Deutschland: Brauer lieferten die Einstiegsdroge für rund 1,77 Millionen alkoholabhängige Männer und Frauen im Land und sie töteten alljährlich etwa 74.000 Menschen. „Was so dramatische gesellschaftliche Folgen haben kann, darf nicht marktwirtschaftlich und unreguliert bleiben“, sagte Riexinger. „Brauereien gehören in staatliche Hand - genauso wie die Energieversorgung oder die Bahn.“


Alkohol ist Klimaschädling Nummer 1


Dass das ebenso klima- wie gesundheitsschädliche Herstellen und Trinken von Alkohol unverantwortlich billig geworden seien, hänge auch damit zusammen, dass Brauereien sich in privater Hand befänden und auf Profitmaximierung orientiert seien. Umsatzrediten von 29 Prozent seien dadurch keine Seltenheit, die Rechnung aber zahle unser geplagter Planet, argumentierte Riexinger. „Saufen war ja mal besser reguliert und überwiegend in öffentlicher Hand", erinnerte er an gute Erfahrungen der volkseigenen Alkoholproduktion, die dafür sorgte, dass es vor allem im Sommer bei hohen Temperaturen kein Bier in den Läden gab. Nun aber "hat einen wilden Konkurrenzkampf auf dem Biermarkt zugelassen - zum Nachteil der Trinkenden und zu Lasten des Klimas.“

Widerspruch kam unter anderem vom stellvertretenden SPD-Fraktionschef Karl Lauterbach, der sich auch um den Parteivorsitz bewirbt. Als Gesundheitspolitiker sei er grundsätzlich gegen den Alkoholgenuss und als Klimaschützer verurteile er die klimaschädlichen Praktiken im Brauereiwesen. Aber Klimaschutz in Gastronomie und bei privaten Feiern könne besser erreicht werden, indem der Staat Bier teurer und gesunde Alternativen billiger mache, „nicht indem man Brauereien verstaatlicht“, schrieb er auf Twitter. „Wir brauchen grüne Marktwirtschaft, keinen grünen Staatskapitalismus.“ Der Staat sollte besteuern, um zu steuern. "CO2-freie Alternativen sind notwendig."

Klimagift in des Deutschen liebstem Getränk 


Ein Glas Bier enthält derzeit bis zu neun Gramm des Klimagiftes CO2 - wer sein Leben lang regelmäßig Bier trinkt, verursacht nach Berechnungen des Umweltbundesamts pro Person eine Klimawirkung von fast einer halben Tonnen Kohlendioxid. Damit könne man mit einem Mittelklassewagen mehr als 1000 Kilometer fahren. Dennoch gab es auch Kritik an Riexingers Vorschlägen. CSU-Generalsekretär Markus Blume nannte die Pläne „gruselig“, die „DDR 2.0“ scheine durch. „Die SED lässt grüßen“, schrieb AfD-Vize Georg Pazderski auf Twitter. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP im Bundestag, Marco Buschmann, warf Riexinger vor, er missbrauche „die ökologische Sensibilität der Menschen für neosozialistische Gedankenspiele“.

4 Kommentare:

Florida Ralf hat gesagt…

es erscheint immer denkbarer, dass die geheime weltregierung den fruehen, pre-gez olaf schubert engagiert hat, um deutsche politik zu scripten. ein hoerspiel auf bundesebene, mittels gigantischen budgets als realsatire ins werk gesetzt. der meister zurueck in grosser form. schoen.

Anonym hat gesagt…

http://www.luebeck-kunterbunt.de/

http://www.luebeck-kunterbunt.de/TOP100/Freimaurer-Kritik.htm

Anonym hat gesagt…

http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=573

Anonym hat gesagt…

Weg von der Satire, hin zu den Fakten: die wirtschaftliche Stärke der Bundesländer wird bei der Berechnung des Länderfinanzausgleich berücksichtigt. Die beiden großen Geberländer Bayern und Baden-Württemberg besitzen jeweils Staatsbrauereien (Weihenstephan bzw. Rothaus). Beim kleinen Geberland Hessen reicht es gerade noch zu einem Staatsweingut. Das +/-0 Land Hamburg hat sich vertraglich den Fortbestand von Astra sichern lassen (ob die Marke selbst staatlich ist, weiß ich nicht). Aber alle zwölf Nehmerländer besitzen keine Brauerei und sind an keiner beteiligt. Der Zusammenhang ist offensichtlich. Wir brauchen Staatsbrauereien in den ärmeren 12 Bundesländern.