Donnerstag, 8. Juli 2021

Angriffe auf Annalena Baerbock: Die miesen Attacken der Klimafeinde

Aufgeben verboten: Annalena Baerbock widersteht den Angriffen von rechts.

Schön, jung und strahlend, mal was anderes! Kein Mann, keine alte Frau, kein konservatives Knittergesicht und kein Macho. Nachdem Annalena Baerbock ihre Bereitschaft erklärt hatte, deutsche Bundeskanzlerin zu werden, war sie es auch fast schon. Doch wer an ein gutes Ende für das Weltklima geglaubt hatte, machte die Rechnung ohne das ancient regime, die Kräfte der Beharrung und des "Sie kennen mich". Niemand kannte Annalena Baerbock, und jeder hätte sie im Herbst gewählt. Doch binnen weniger Tage gelang es einer breiten Front von Frauenhassern, russischen Trollen und neidischen Konkurrenten, die auch gern einmal ein Buch egschrieben hätten, das Beste zu verhindern, was Deutschland an der Schwelle zum Klimakterium hätte passieren können.

Eine intensivmedizinische Kolumne von Svenja Prantl.

Svenja Prantl schreibt Klartext
Ja, man muss es sich eingestehen. Es wird wieder niemand von uns. Keine Frau, keine oder keiner, der nicht schon am Leben war, als Willy Brandt in Bonn den Bundeskanzler machte. Wir, die wir dachten, die Gesellschaft sei schon weiter, sind alle tief enttäuscht. Doch mit den koordinierten Angriffen auf Annalena Baerbock, aus dem Ausland, aus dem Internet vor allem, konnte so niemand rechnen. Dass der Wahlkampf hart und schmutzig werden würde, das haben alle geahnt. Schließlich geht es diesmal wie immer um eine Richtungsentscheidung, wieder einmal, alle Jahre wieder. Weiter so oder weiter so? Klimarettung oder Klimatod?

Die "Hysterie der Konservativen", die mein Kolumnistenkollege Sascha Lobodiagnostiziert hat, ist nicht gänzlich unangebracht. Deren Felle schwimmen nicht weg. Nein, dank neuer Tierwohlbestimmungen könnte es unter einer Kanzlerin Baerbock bald gar keine frischen Felle mehr geben. Hinter den Angriffen auf die Grünen und ihre Kanzlerkandidatin, Lobo hat es mit einem feinen Meißel herausgearbeitet, steckt deshalb auf konservativer Seite vor allem wirklich eines: Angst, pure, schlichte Angst. Selbst wenn Annalena Baerbock aus von der CDU abschreibt, macht sie nichts richtig.

Furcht vor dem Machtverlust

Natürlich nicht. Wäre Baerbock Kanzlerin, müssten die Betreffenden fürchten, aus ihren Ämtern gejagt, ihrer Privilegien und dicken Dienstwagen beraubt und auf ein menschliches Maß zurückgestutzt zu werden. Die neue Kanzlerin würde überall ihre Leute platzieren, die Experten von Fridays for Future im Wirtschaftsministerium, die Deutsche Umwelthilfe im Verkehrsministerium, die AG Nato-Ausstieg jetzt bei der Bundeswehr. Keine Rentenversicherung auf Unternehmenskosten mehr, keine luxuriösen Abfindungen beim Jobwechsel, keine FAZ auf Firmenrechnung und kein Erste-Klasse-Ticket. Es war zu erwarten, dass sich dagegen Widerstand regt, dass das alte Deutschland der Verbrenner und Klimaverbraucher sich ein letzten Mal gegen die Zukunft stellt.

Doch wie brutal das dann geschah, mit welcher vernichtender Kraft ein junger Mensch angegangen wurde, eine Frau zumal, die im Leben noch nicht so viel Widerstand erfahren hat, das zeigt schon, wie wichtig es gewesen wäre, "Jetzt" (Buchtitel)  etwas anderes zu tun, neu anzufangen und sich auf den Aufbau wenigstens einer demokratischen Region in einer Welt zu konzentrieren, die immer mehr vom Glauben abfällt, dass es der Konsens ist, der den Kompromiss für alle glücklich macht.

Absturz von 2013

Sascha Lobo hat es ganz richtig bemerkt. Mit all den Think Tanks im Hintergrund, mit den ernüchternden Absturzerfahrungen der Generation 2013, mit den Machtmaschinen der Verbände, dem Zugriff auf doch die Ressourcen zumindest vieler Landesministerien hätte es möglich sein müssen, vorzubeugen. Die Grünen, anfangs die Partei der Strickerinnen und Säuger, haben zuletzt laut behauptet, sie seien professioneller, professioneller sogar als CDU, CSU und FDP. Die Fans verließen sich darauf, sie glaubten dem in aller Stille wirkenden Spitzenduo Baerbock/Habeck, dass da nicht nur ein ganz vorzügliches Wahlprogramm in der Hinterhand war, sondern auch Wahlkampfmunition für die eine oder andere Attacke. Und natürlich Schutzbunker und Verteidigungsstrategien, falls der Feind Gleiches plant oder ausführt.

Nun aber wirken sie "überrascht", wie Lobo schreibt. Und sie "laufen in eine Falle". Kaum hatten die gewaltigen Meinungsgeneratoren der Tichy, Danisch und des österreichischen "Bloggers" (RND) Weber begonnen, das Internet mit Zweifeln an Annalena Baerbocks Qualifikationen zu fluten, fiel der Parteiführung nichts weiter ein als abzustreiten, zu dementieren und die eigene Kandidatin aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Hinter den Kulissen der grünen Partei, auch im allernächsten Umfeld der Kandidatin, soll Panik ausgebrochen sein. Es gab für diesen Fall keine Sprechzettel, die Baerbock hätte nutzen können. Und was sie sich spontan als Entschuldigung einfallen ließ - "niemand schreibt ein Buch allein" - klang, als glaube sie selbst daran. 

Ein verlorene Schlacht

Die erste große Schlacht dieses Wahlkampfes, die Schlacht um die Zukunft nicht nur Deutschlands sondern der Welt und - vor allem - des Weltklimas, sie wird ohne die angeschlagene Heerführerin geschlagen, ohne die Jeanne de Arc aus Hannover, ohne eine wichtige Frau im Führerstand. Aber auch Robert Habeck, der treue Sancho Pansa an der Seite der Frau, die nach Angela Merkel kommen sollte und wollte, ist weitgehend abgetaucht. Rückzugsgefechte statt Klimaoffensive, ein grüner Kummerbund statt entschlossener Angriffe gegen die Klimafeinde und Zukunftszerstörer. Deren Triumph ist zu riechen. Es stinkt nach fossilem Rauch, nach Schweröl, nach brennenden Wäldern in Kalifornien und den aufgeblähten Klimahitzetoten von Kanada.

Selbst die solidarischen Gemeinsinnmedien, eben noch eine feste Front hinter den grünen Zukunftsversprechen, befallen nun Zweifel. In den Funkhäusern und Redaktionsstuben, in denen Klimaglaube und das Bewusstsein der deutschen Sendung als Signalgeber für die ganze Welt zu den Einstellungsüberzeugungen gehören, mehren sich tichyhafte, danischartige Predigten. Baerbocks "Abschreiberei" sei nicht zu leugnen, schreibt der Deutschlandfunk. Der "Tagesspiegel" aus dem Holtzbrink-Verlag, für den auch Baerbocks Buchautor arbeitet, nennt die Verteidigungslinie der grünen Führung, dass ein bisschen Abpinseln noch niemandem geschadet habe, "kühn". 

Ein Stuhl in Ankara

Ein Todesurteil. Zwei Wochen nach Start der konzertierten Angriffe aus dem rechten Lager haben die Hintermänner - natürlich sind es Männer! - ihr erstes Ziel erreicht. Selbst Menschen aus der Mitte, Angehörige des Bionadeadels und Anhänger linker Enteignungsideen glauben mittlwerweile, Annalena Baerbock sei tückisch, in sich selbst verliebt, bereit, zu fälschen, zu tricksen und schon von ihrer Rolle als Kandidatin vollkommen überfordert. Wer nicht einmal selbst ein Buch schreiben könne, heißt es da, wie solle der Geschichte schreiben? Wer seinen Ghostwriter nicht im Griff habe, wie solle der Putin, Orban oder Erdogan in den Griff bekommen? Dann lieber doch Laschet oder Scholz, die bekämen in Ankara wenigstens einen Stuhl angeboten.

Noch schlimmer aber ist der Umstand zu bewerten, dass es nur noch die gescheiterten Granden von früher und selbst nach der Jauche jämmerlich gescheiterter Betrugsversuche stinkenden Frauenpolitikerkolleginnen sind, die zur Verteidigung in die Bütt springen. Hier zeigt sich, wie verloren Annalena Baerbocks Husarenritt ins Kanzleramt heute schon ist: Wer Jürgen Trittin an seiner Seite reiten hat und an dessen Seite die frühere Berliner Politikerin Franziska Giffey weiß, der hat nichts mehr zu gewinnen.


6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Um das Ding zu drehen, müsste ACAB ihrer Partei den ultimativen Dienst erweisen und den Weg des (ehrverletzten) Samurai gehen. Das würde einen Mitleids-Tsunami auslösen ( "die arme Frau", "die armen Kinder", "beliebte Politikerin in die Verzweiflung getrieben"), der die Grünen sicher in den Wahlsieg spült.

Thomas Leske hat gesagt…

Hat sie schon ein Angebot fürs Dschungelcamp?

Die Anmerkung hat gesagt…

@Thomas Leske

Das Wenige, was über Svenja bekannt ist, läßt vermuten, daß sie nicht ins Dschungelcamp geht. Angebote spielen da keine Rolle.

Klimakterium hat gesagt…

Man mag die Gallionsfigur deinstallieren können, aber der grün lackierte Seelenfänger schippert bis zur neu montierten auch ohne weiter durch das Michelmeer. In diesem streng nach nur noch Resteverwertung konservativer Politik müffelnden Globalisierungstümpel treiben ziemlich viele orientierungslose Schiffbrüchige und suchen neue Retter und Heilsbringer, die ihnen eine sichere Überfahrt ins erträumte Paradies versprechen.

Es hängt also weniger von dieser aktuell demontierten Richtungsweiserin ab, wohin die Pauschalreise der Piefkes gehen wird, sondern von den vielen verunsicherten Planschbeckenexperten mit knapp geschafftem Seepferdchendiplom, die in ruppig peitschenden Wellen panisch umher dümpelnd auf Hilfe warten und aus dem Angstozean in einen sicheren Hafen gebracht werden wollen.

Ob die Grünen dafür das richtige Kapitänspatent vorzuweisen haben, ist zweifelhaft. Doch auch alle anderen Menschenfischer behelfen sich gerne mit teuren Lotsen aus der Wirtschaft. Ein Schwarzkittel-Steuermann kann uns darum ebenfalls aufs nächste Riff lenken und dann zu Schöpfarbeiten verpflichten, um ein Sinken des Fliegenden Deutschländers zumindest zu verlangsamen.

Der einzige Lichtblick bei dieser wegen zweitklassigen Personals kaum noch abzuwendenden Havarie ist Svenja Prantl mit ihren prächtigen äußeren Lungenflügeln.

Sauer hat gesagt…

Ist das echt?
https://annalena-baerbock.de/leichte-sprache/

Die Anmerkung hat gesagt…

@Sauer

Vermutlich ja. Das könnte der erste öffentlich verfügbare Text sein, der ihrem Hirn entfleuchte und von ihr selber geschrieben wurde, so authentisch liest sich das. Das ist das Intelligenzniveau der grünen sehr gut auf den Punkt gebracht.