Donnerstag, 16. Dezember 2021

Vom wunderbaren Werkzeug des Widerstandes zum Bundeshetzkanal

Aus dem Angebot der Tageswahrheit verschwunden: Die Lobeshymne auf "Telegram", die nun gar nicht mehr wahr ist.

In jenen herrlich leichten Sommertagen, als das Virus besiegt war und Weißrussland in aller Aufregung umbenannt werden konnte in Bjelorusslanddasfrühereweißrussland, um sich auch sprachlich abgrenzen zu können von seinem schrecklichen Nachbarn Russland, zumindest auf Deutsch, hatte die plötzlich bjelorussische Opposition nicht nur einen großen Freund in den deutschen Medien, sondern auch einen auf dem Smartphone. "Telegram", eine sogenannte Messenger-App, entzog sich wie Jahre zuvor schon in Russland allen Nachstellungen, Zensurversuchen und Einschüchterungsmaßnahmen des letzten Diktators Alexander Lukaschenko. Und so wurde das kleine Programm auch für die Menschen in Minsk zum Werkzeug des Widerstandes.

Reklame für die Bundeshetzapp

Jan-Henrik Wiebe, ein junger, mutiger Reporter des Jugendfernsehsender Funk, stellte die vor allen Nachstellungen der Macht sichere, aber in Deutschland noch "eher wenig genutzte App" (Wiebe) den Gebührenzahlerinnen und -zahlern daheim vor. In Belarus sei "Telegram" ein Massenmedium und "nun ein wichtiges Instrument der Opposition", lobte Wiebe. Wegen der Sperrung von "freien Medien, Facebook und Twitter" (Wiebe) habe es für viele Belarussen nur eine einzige Informationsquelle gegeben: die Messenger-App mit ihrem Kanal "Nexta". Die App habe einen Weg gefunden, um die staatliche Netzsperre zu umgehen. "So können die Ersteller der Videos anonym bleiben und riskieren nicht, dass der Geheimdienst KGB sie verhaftet."

Das revolutionäre Potenzial wird erkennbar, wenn Jan-Henrik Wiebe bei "Tagesschau Investigativ" die Dimensionen beschreibt, in denen Telegram gegen die Lukaschenko-Diktatur zu mobilisieren kann. Neben dem populären Nexta-Kanal, der Fotos und Videos von Demonstranten teile,  wichtige Information in kurze Textnachrichten verpackt bis ins Ausland transportiere und inzwischen 2,1 Millionen Follower habe, existierten zahlreiche weitere Sammelpunkte der Opposition, "denen jeweils mehr als 200.000 Accounts folgen". 

Sie alle, die Namen trügen wie "Belarus unter Schock!", "Belamova", "Mein Land Belarus" oder "Belarus jetzt"  funktionieren alle nach einem ähnlichen Modell: Protestler schicken Bilder oder Videos und gleichzeitig wird Material aus regionalen Gruppen mit dem eigenen Logo versehen. Dieses Material wird von Bloggern gesichtet, teils verifiziert und dann weitergeleitet. Mit Hilfe von Telegram könnten "die Protestler sich untereinander verständigen und die Welt um Hilfe rufen", lobt der Reporter auf der Internetseite der "Tagesschau". 

Löschung im Dienst der Aufklärung

Lobte, besser gesagt.  Denn selbstverständlich konnte weder der junge Nachwuchskader für den Gemeinsinnfunk noch die Chefredaktion in Hamburg zu jener Zeit wissen, dass Deutschland 16 Monate nach der Eloge auf die freiheitsschaffende Kraft der Vernetzung Andersdenkender per Telegram eine reinigende Aufklärungskampagne über die gefährliche Hetzwirkung der App Telegram benötigen wird. Doch nun ist es soweit: In Deutschland hat sich das wunderbare Werkzeug der bjelorussischen Freiheitsfreunde in die "zentrale Plattform der Impfgegner" (Stephan Kramer) verwandelt. "Über Telegram werden offen einsehbar Straftaten geplant und angedroht" (Der Spiegel), obwohl im Schutz der App "Ungeimpfte in eine Parallelwelt flüchten " (BR) und "Staatsfeindlichkeit und Onlien-Radikalisierung" (SR) hier an der Tagesordnung sind.

Wie aus dem Kanzleramt mit einem Schalter angeknipst, beraten die deutschen Leitmedien nun, "was die Politik gegen Telegram unternehmen kann" (Spiegel), "warum die Regierung machtlos ist" (T-Onlien) und wie tricky und smart Maßnahmen aussehen müssten, mit denen das "Werkzeug des Widerstandes" (Tagesschau) trotz aller rechtlichen Hürden "strenger geregelt" (ZDF) werden könnte.  Endlich tritt der wahre Charakter von "Telegram" zutage: Jeder macht da, was er will. Alle schreiben, was sie gerade denken. Das ist wie bei der Post, früher, als jeder Briefen anvertraute, was immer er zu glauben dürfen meinte. Im sicheren Gefühl, dass eine Postkontrolle nicht stattfindet. Ungeheuerlich.

Der verlachte Staat wird wehrhaft

Wenn die Betreiber der App nichts gegen all das tun, was nach deutschem Recht auch Hass, Hetze und Zweifel sein könnte, wenn sie zudem für deutsche Behörden nicht erreichbar sind - was sind dann die Optionen eines Staates, der nicht mehr hinnehmen will, dass er verlacht und gezwungen wird, sich bei der Verfolgung der virtuell Vermummten ganz auf mutmaßlich strafbare Einzelfälle zu konzentrieren?

Zuerst einmal muss, weg was dem kriminellen Gesamteindruck  widerspricht. Wo eben noch die Hymne auf die befreiende Wirkung von "Telegram" in Weißrussland stand, hat die "Tagesschau"-Redaktion jetzt Platz geschaffen, um aktuelle Fahndungsaufrufe unterzubringen. Mit einer Begradigung des Tageswahrheit habe das nichts zu tun, so hat Investigativreporter Wiebe entsprechende Vorwürfe widerlegt. Grund für die Löschung seiner Lobeshymne auf Telegram" sei nur "das Verweildauerkonzept im Telemediendienst" , das die Gemeinsinnsender leiderleiderleider zwinge, selbst allerbeste Investigativware aus dem Archiv zu nehmen, selbst wenn sie gar nicht mehr wahr sei, sondern im Gegenteil. 

Wer nach Informationen über die segensreiche Wirkung von "Telegram" in Bjelorussland sucht, landet nun auf einer Sammelseite, die alle Artikel präsentiert, bei denen falsche Wirkungen derzeit noch ausgeschlossen sind. Darunter sind natürlich auch Beiträge aus dem August 2020, die inhaltlich nach wie vor der Generallinie entsprechen und damit nicht unter das strenge Verweildauerkonzept fallen mussten. Auch auf "Telegram" macht die "Tagesschau" da keinen Unterschied. Jeder bekommt alles, was gerade stimmt. 


10 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Die Seite wurde ausgelagert, da die Serverkapazität der Tagesschau nahezu erschöpft ist.

Die Anmerkung hat gesagt…

Oha, doch eine Extremistenkanal?
-----
Russland droht mit "angemessener Antwort"

Das schrieb die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Mittwochabend im sozialen Netzwerk Telegram.

https://www.sueddeutsche.de/politik/russland-deutschland-tiergartenmord-diplomatie-1.5489084
-----
Wie kann das Telegram extremistisch sein, wenn es doch sozial ist? Da muß die BWHF für den Süddeutschen Beobachter ein wenig nachjustieren, notfalls eine Zwangsschulung organisieren, so eine Art Impfpflicht für die Füllfederhalter im Grabenkampf.

Anonym hat gesagt…

Die Anmerkung for president!!

Anonym hat gesagt…

Die Phantome des Jan-Henrik Wiebe, funk c/o tagesschau.de

Der entsorgte Artikel:
Auch auf der Seite der Opposition wird versucht, ...vor allem Agenten des gefürchteten Geheimdienstes KGB zu enttarnen.
...
...Fotos von Sicherheitskräften veröffentlicht, die besonders brutal vorgegangen sind oder für den KGB filmen.


Wikipedia:
Große Teile der Strukturen des KGB gingen nach Zerfall der Sowjetunion in die heute noch in Russland existierenden Geheimdienste FSB und SWR auf.

Qualitätskräfte leisten Qualitätsrecherche für Ihre GEZ-Steuer

Die Anmerkung hat gesagt…

https://www.sueddeutsche.de/medien/markus-lanz-tv-kritik-1.5488736?reduced=true

Lanz' Jahresrückblick

Aua, aua, aua

"Die Welt ist ein Problem": Gnadenlos rechnet Markus Lanz mit diesem Elend namens 2021 ab. Er sucht Verantwortliche und Schuldige. Und befragt als Zeugen die fies-traurigen Emotionen.

Von Marlene Knobloch
-----
Lanz, ist das nicht dieses Schoßhündchen der ÖR? Der will doch nur labern.

Wondertool hat gesagt…

Bei all dem Gelaber hier muss man eines lobend erwähnen: Ihre Wachhunde sind hochmotiviert zur Stelle, wenn es ums wegbeißen geht.

Andere niederschreiben finden sie toll, selber kritisiert werden dagegen animiert sie zur Rückkehr in alte DDR-Verhaltensweisen.

Und sowas will uns die heutige Welt erklären?

ppq hat gesagt…

danke, ich hatte das ja so versprochen, nicht?

Anonym hat gesagt…

ja so versprochen, nicht?

Sei mir nicht gram, Blogwart, aber dieses Etwas ist weder Argumenten, noch Ironie, noch scharfer Ablehnung zugänglich - all das erlabt ihn, macht ihn munter und spitz.
Wegputzen, sobald es geht, scheint ihn als einziges zu verdrießen, aber noch nicht einmal da wäre ich mir völlig sicher.

ppq hat gesagt…

ich sehe, was du meinst, aber ich lasse stehen, was nicht gegen die - hier ja immer NOCH weitgehend weit und breit definierten regeln stinkt.

Anonym hat gesagt…

KGB wurde FSB. Hätte ich nicht gedacht . wenn das so ist sollten sich die west spitzel bei rotrotgrün warm anziehen