Sonntag, 6. Februar 2022

Letzte Generation: Storch im Salat

Es gibt Momente, bei denen ich abends im Bett liege und weine, weil ich Angst habe, dass meine Familie stirbt. Dass meine Oma im Sommer nicht mehr rausgehen kann, weil es zu heiß für sie ist. Ich stelle mir dann Unruhen und Kriege vor", so klingt es, wenn die letzte Generation auf der Straße ist und für mehr Klimaschutz durch Essenretten streikt, um auf ihr schreckliches Schicksal aufmerksam zu machen.

Wer kann noch Jura in Bremen studieren, wenn die Klimakatastrophe vor der Tür steht? Wer kann noch in der Altenpflege arbeiten gehen, wenn der Staat Lebensmittelverschwendung erlaubt? Wer schafft es, auf Störungen im Verkehr zu verzichten, so lange die Bundesregierung darauf verzichtet, "die Bürger:innen vor Hunger durch den Klimakollaps zu schützen?  

Ein Schleier aus Betäubung

Frühere Generationen mögen Kriege, Hungersnöte, schlimme Seuchen mit Millionen Toten, Diktatoren und eine verseuchte Umwelt gehabt haben. Familien mögen damals auseinandergerissen und ganz normale Familienväter zu Massenmördern geworden sein, Nachbarn mussten einander verraten, um nicht selbst verraten zu werden, es wurde gefoltert, gegessen, was irgendwie zu bekommen war, und getrunken, bis eine tröstliche Bewusstlosigkeit eintrat und die Wirklichkeit für ein paar Stunden hinter einem Schleier aus Betäubung verschwand. 

Schuhe hatten keine fußgerechte Ergonomie. Fahrräder hatten keinen Elektroantrieb, Vater hatte keine Rechtsanwaltskanzlei. Man flog nicht in den Urlaub, weil man überhaupt nicht flog. Und als Kleber musste Duosan herhalten, der das schwer gesundheitsschädigende polare aprotische Aceton als Lösungsmittel nutzte, das die Haut entfettet, die Bronchien reizt und in großen Dosen narkotisch wirkt. Abends, wenn die Naht den Schmog verdünnte, lagen die Menschen im Bett und  sie weinten, weil sie wussten, dass die Klebstelle wieder nicht lange halten würde.

Die Enkel fechten es besser aus

Sie waren feige damals, sie hatten keine Kraft und keinen Mut, sich einem System entgegenzustellen, das die Specki-Tonne für den Königsweg hielt, auf dem die Menschheit aus Hunger und Essenverschwendung wandeln werde. Ihre Enkel aber fechten es besser aus: Festgeklebt auf Autobahnzufahrten, nachdem auch der neue Kanzler sein Klimarettungsversprechen gebrochen hat, sitzen sie dem Gang der Dinge entgegen, trotzig, aber voller Verachtung für einen Rechtsstaat, der es  Eigentümern von Brot, Butter, Schinken und Wurst einfach so gestattet, seine Vorräte aufzuessen. Sie zu verkaufen. Oder sich zu entscheiden, sie einfach wegzuwerfen.

Ändert sich das nicht, dann "erreichen wir 1,5° bereits 2030", mahnt die letzte Generation, die auch die erste ist, die entdeckt hat, wie weggeworfenes Essen das Klima anheizt und damit die freiheitlich demokratische Grundordnung zerstört. Als prominenter Kronzeuge springt den jungen Leuten Hans Joachim Schellnhuber bei, der herausgefunden hat, dass die Kinder von heute mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit eines Tages sterben werden, getötet von Essenwegwerfern und Kostverächtern, Preppern, Supermärkten und regionalen Biobrotverkaufsstandbetreibern, die ihre abendlichen Restbestände lieber fortwerfen als sie den hungernden Kindern in Afrika zu überlassen.

Breite gesellschaftliche Front

Eine breite gesellschaftliche Front formiert sich da, "Mütter, Väter, Omas, Opas, Menschen gerade aus der Schule, alle kommen hier zusammen" (LG) und mittendrin, unter dem Pseudonym "Miriam2, eine Prominente: Beatrix von Storch, geborene Herzogin von Oldenburg, die bisher dem rechtskonservativen Flügel der AfD zugerechnet wurde. Nun aber engagiert sich von Storch, die "radikale Kraft für die radikalen christlich-konservativen Belange" in der Essenfrage. "Ich finde es unfassbar, dass wir genau wissen was auf uns zukommt, die Möglichkeit hätten es zu verhindern und dennoch weitermachen wie bisher", steht unter einem Bild, das der "Aufstand der letzten Generation" in den sozialen Netzwerken verbreitet. 

von Storch, die auf dem Plakatmotiv als 29-jährige Studentin vorgestellt wird, die gerade ihren Bachelor in Buddhist Studies abgeschlossen habe, scheut jedoch noch das direkte Bekenntnis. Mit ihrem Gesicht aber stärkt sie die Bewegung - und die revanchiert sich. Bisher sind keine Beschwerden über die Beteiligung der Rechtspopulistin am Klimakampf bekannt geworden.


13 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Die letzte Generation (engl. Childhood’s End) ist ein Science-Fiction-Roman von Arthur C. Clarke aus dem Jahr 1953. Er thematisiert das Auftreten einer außerirdischen Rasse.

>> Abends, wenn die Naht den Schmog verdünnte, lagen die Menschen im Bett und sie weinten, weil sie wussten, dass die Klebstelle wieder nicht lange halten würde.

Da habe ich mir noch ein "c" gekauft, um es nächste Woche zu zitieren, denn auf einmal fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Genau so war es früher.

Anonym hat gesagt…

Stand vermutlich im Zweiten Buch Danisch (sinngemäß): Fächer, die 'Studies' im Iitel haben, sind prinzipiell Müll.

Oder, ganz alt, die Editrix zu den 'Studies'-Fächern (sinngemäß): Man kann veröffentlichen, was man will, ohne dass je jemand eine Silbe widerlegen wird.

Und zum Dritten: Bei der Vorlesung, wo es drum ging, dass der Tod im Buddhismus nur der Start in das nächste Leben ist, hat Miriam vermutlich gefehlt.

Anonym hat gesagt…

Duosan war pfuibäh, Kitifix war cool. Die darin verwendete niedrig nitrierte Zellulose ergab 1A Rauchbomben (Tischtennbisbällen weit überlegen).

Die Anmerkung hat gesagt…

Ein Dreieck in Alu gewickelt hat den Flur auch ordentlich vernebelt, und obendrein gestunken wie verbrannte Buttersäure.

erklärbär hat gesagt…

Sicher meint -Die Anmerkung- Zeichendreiecke aus Kunststoff. Die waren damals leicht entflammbar und eine Gaudi auf Schulhof und den Schulfluren. Erst später ging es dann mit Fundmunition aus WK2 weiter, aber das ist eine andere Geschichte.

Hase, Du bleibst hier.... hat gesagt…

Nee Nee, liebe Absolventen der POS. Der absolute Rauchstinker war eine Wunderkerze, umwickelt mit dem PVC-Umschlag des Hausaufgabenheftes. Unerreicht bis heute.

Die Anmerkung hat gesagt…

@Häzer

Selbstverständlich kommt da ein Komma, da es sich um einen verkürzten Hauptsatz handelt.

Mir fällt gerade nicht ein, was Egon anläßlich solcher Gelegenheit sagte. Irgendwann schon.

Darf ein Satz ganz ohne Verb dahergeschrieben sein? Ja. Darf er.

ppq hat gesagt…

ihr radikalisiert euch gerade schnell

Anonym hat gesagt…

@ Anmerkung, die Sache mit dem Hakendingsbums: Ein knappes Dutzend Phrasen der Zunge des Südens Tiếng Việt habe ich noch drauf, also, die Viet-Kurzen ergötzen sich immer sehr, wenn wir darin übereinstimmen, daß es nun einmal ein Segenszeichen ist. Ist aber nichts, verglichen mit dem Entzücken der Melanin-Arier, wenn man zum Thema kommt. (I'm not a christian - I believe in the Gods. And my tribe is Hermundur: The Anglo-Saxons are my enemies.)

Die Anmerkung hat gesagt…

Der französische Mann möchte schon, daß den Nazis auch tief hinten in der Mongolei der Garaus gemacht wird. So liest sich die Geschichte jedenfalls. Den Bandenchef nannte er z.B. Adolf Hitler .

Andererseits hat er auch leicht durchschimmern lassen, also es so geschrieben, daß den Mongolen dieser Herr Hitler am Arsch vorbeigeht, denn Dshingis, das war und ist der Herr der Steppe.

Als ich in Vietnam war, 8,5 Jahre nach Kriegsende, wurden wir wie alle anderen Bleichgesichter überall als solche begrüßt und waren nichts anderes als "Russen" im Norden oder Amis im Süden. Das vereinfachte für die alles.

Die machten auch keinen Unterschied zwischen Nord, Ost, West oder Süd. Das war auch unwichtig, zumindest bezogen auf Fremdlinge. Andere Menschen dieses Schlages kannten die ja nicht.

All das tat dem bombastischen Urlaub keinen Abbruch, denn in Gastfreundschaft waren die unschlagbar.

Die Anmerkung hat gesagt…

Ich denke, ich muß nächste Woche nochmal nachlegen. Der Gegenpol zum Steppen-Adolf ist ja der Yeruldelgger, ein in der Tradition des pazifistischen Buddhismus aufgewachsener Kriminalbursche.

Das Thema nimmt im Roman breiten Raum ein, läßt allerdings auch kein gutes Haar an der Mär der Friedensbuddhas, insonders, was die Handgreiflichkeiten des härtesten Kommissars der Steppe betrifft, seine buddhistischen Handgriffe, mit denen er die Abuddhisten niederstreckt.

Im japanischen Siedlungsgebiet täte man so einen Kata z.B. Heian Shodan „Ruhe und Frieden Stufe 1“ nennen. Heian Godan „Ruhe und Frieden Stufe 5“. Oder Tekki-Kata's „Eisenreiter“, wenn er die Pistole nutzt.

Carl Gustaf hat gesagt…

Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch (darf man das in dem Kontext so sagen)!
https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/deutschlandarchiv/74942/keine-nato-sender

"Essen wegwerfen ...", das haben mir früher schon meine Großeltern stets und ständig gepredigt und dabei sogar recht gehabt.
"Der Aufstand der letzten Generation" ist dagegen die Vorfeld-Organisation der Grünen, denen es nicht um den Müll am Supermarkt, sondern um die Fleischtöpfe aus Steuergeldern geht.

Jodel hat gesagt…

Wie immer man dazu stehen man, vor 80 Jahren haben wir innerhalb kürzester Zeit Europa vom Ärmelkanal bis nach Moskau erobert. Es ist schon faszinierend wie sich die Jugend einer Nation innerhalb von drei Generationen doch verändern kann.

Unsere klebrigen Protagonisten werden wohl wirklich so etwas wie die letzte Generation in diesem Lande sein. Nur komplett anders als es sich diese Schneeflöckchen auch nur erträumen können.

Als alter Besserwessi möchte ich mich noch dafür bedanken, erfahren zu haben, was eine Specki-Tonne und Duosan war, bzw. ist. Man lernt ja wirklich nie aus. Weiterhin ist es sehr interessant zu lesen, was in der Zone alles so brennbar war und wie die dazugehörige Rauchentwicklung war.
Bei uns war ja, dank der Gnade meiner späten Geburt, damals alles schon feuerfest, ungiftig und kindersicher.