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Der Ausbau der EU-Planwirtschaft stößt immer wieder an die Grenzen der Logik. |
Die deutsche Wirtschaft kommt nicht aus der Krise. Die Wirtschaftsweisen schrauben ihre Wachstumserwartungen wie immer herunter. Ein Experte warnt vor Massenentlassungen in der zweiten Jahreshälfte und die Europäische Kommission reagiert prompt: Auch sie hat ihre Erwartungen an die Wirtschaftsentwicklung auf dem größten Binnenmarkt der Welt nach unten angepasst.
Diesmal soll Donald Trump an allem schuld sein, nicht der Ukrainekrieg, nicht die steigenden Energiepreise und nicht der Fachkräftemangel. Trumps Zölle, die es noch gar ncht gibt, vermasseln Friedrich Merz den bis zum Sommer versprochenen Stimmungsumschung. Alles sei zu unsicher, niemand wisse noch, wo er investieren dürfe und welche Gewinnspannen in der Zukunft noch erlaubt seien. Reißt Ursula von der Leyen das Klimaruder herum? Setzt sie künftig auf Wachstum? Oder stolpert die mächtigste Frau der Welt gar schon in Kürze über ihre einzigartige Amtsführung per SMS?
Strafen und erziehen
Es geht um alles und die Kommission in Brüssel weiß das. Mit einer neuen Steuer auf chinesische Billigartikel will Handeslkommissar Maroš Šefčovič den gemeinsamen Markt abschotten, um einheimische Produzenten vor der Konkurrenz zu schützen. Für Kunden wird es teuer, den Staaten winken neue Einnahmen, das Klima profitiert. Vorbild sind die Strafzölle auf Elektroautos, mit denen von der Leyens erste Kommission eine Erhöhung der Preise bei Elektrofahrzeugen um 20 bis 38 Prozent durchgesetzt hat.
Die EU-Kommission, Wächter der europäischen Verträge, steht unter Druck. Auch sie hat die Konjunkturprognosen für die frühere Industrielokomotive des Kontinents senken müssen. Auch sie versucht, die Lage mit dem Terminus einer "schwächelnden Konjunktur" in Deutschland aufmunternd zu umschreiben, kommt aber nicht umhin, von einem Land im dritten Jahr einer Rezession zu sprechen, dem Massenentlassungen bevorstehen, einbrechende Steuereinnahmenbrechen und eine Ausweitung der seit Monaten rollenden Pleitewelle. Ohne Deutschland aber kann die EU nicht wachsen und die von der Gemeinschaftswährung Euro profitierende innere Zone noch weniger.
"Mäßiges Wachstumstempo"
Was tun? Wieder ein Wiederaufbauprogramm? Mit wessen Geld? Oder alles auf Rüstung, ein Konzept, das vor Jahrzehnten erfolgreich erprobt wurde? Fakt ist, dass "erneut ein mäßiges Wachstumstempo" ins Haus stehe, sagt die Kommission voraus, was die Spatzen von den Dächern pfeifen. In der gesamten EU erwartet die Kommission ein Wachstum von 1,1 Prozent für das laufende Jahr, im - traditionell schwächer wachsenden - Euroraum geht sie von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,9 Prozent aus.
Der große Wachstumsschub Deutschlands, den der neue Kanzler Frridrich Merz bereits bis "zum Sommer" hatte manifestiert sehen wollen, wird nach den Berechnungen aus Brüssel allenfalls zu einem unveränderten deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) führen. Früher wäre das "Stagnation" gefallen.
Verpuffte Milliarden
Es ist alles verpufft, was die höchste Planungsinstanz der Staatengemeinschaft in den zurückliegenden fünf Jahren angeschoben, versucht und unternommen hat. Der Wiederaufbauplan für Europa, nach der Corona-Pandemie als willkommener Anlass genutzt, um mit neuen Schulden gegen eine Wirtschaft anzugehen, die aufgrund von immer höheren Bürokratie- und Verwaltungslasten überhaupt nicht mehr auf die Strümpfe kam, hat sich als Luftnummer herausgestellt. Sagenhafte 800 Milliarden Euro Volumen rechnete die um keinen Trick verlegene Kommission für "NextGenerationEU" zusammen.
Das Geld, pro Kopf jedes EU-Europäers immerhin fast 2000 Euro, sollte das "größte Konjunkturpaket aller Zeiten" (EU) sein und "mehr als nur ein Aufbauplan! Mit spitzen Stift wurden daraus sogar rund zwei Billionen Euro, eigentlich genug, um Europa nach dem Wirtschaftseinbruch in der Pandemie nicht nur "wieder auf die Beine kommen" (EU-Kommission) zu lassen, sondern aus dem drögen Schrumpfkontinent etwas schickes Neues zu machen.
Nie weniger als mehrere Ziele zugleich
Weil die EU nie weniger als mehrere Ziele zugleich verfolgt, war das Geld auch dafür gedacht, "ein grüneres, stärker digital ausgerichtetes und krisenfesteres Europa" aufzubauen. "NextGenerationEU war die "einmalige Gelegenheit, gestärkt aus der Pandemie hervorzugehen, unsere Volkswirtschaften umzugestalten sowie neue Chancen und Arbeitsplätze für unser Europa von morgen zu schaffen", verdeutlichte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die geschichtliche Dimension eines Vorhabens, dessen Auswirkungen heute nicht zu übersehen sind. Der größte Teil der 800 Milliarden Euro aus neuen Schulden ist investiert oder zumindest verplant. Europa hat es mit Hilfe dieser astronomischen hohen Summen geschafft, ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich einem Prozent zu produzieren.
Mit dem Schinken nach der Pelle
Der Schinken hat die Wurst getroffen, doch wo es gebratene Gänse regnen sollte, sind nur leere Pellen vom Himmel gefallen. Für die EU ist das weniger ein Problem als eine neue Chance, die nächste Stufe der Überregulierung anzuvisieren. Diesmal will die EU-Kommission die Hürden für Einfuhren aus Drittstaaten hochziehen – erst vor zwei Jahren hatte sie begonnen, die bis dahin geltenden Zollfreigrenzen nach und nach zu drücken, so dass immer mehr Kleinimporte mit Abgaben belegt werden konnten. Jetzt soll mit Hilfe einer neuen, als "Abgabe" bezeichneten Steuer verhindert werden, dass Billiganbieter wie die chinesischen Großkonzerne Temu und Shein die Europäer weiterhin mit Billigware versorgen.
Pro Paket will die EU bis zu zwei Euro Zuschlag erheben - im Grunde entspricht das einer Einführung der schon länger geplanten CO2-Grenzausgleichsabgabe (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM), die Unternehmen zahlen sollen, die kohlenstoffintensive Produktion in Ländern mit "weniger ehrgeizigen Klimastandards" (EU) verlagern, um wettbewerbsfähig zu bleiben oder ohnehin dort produzieren. Importe kohlenstoffintensiver Produkte sollen so verteuert werden.
Höhepunkte der Regulierungsfreude
Das Vorhaben aus dem mittlerweile in aller Stille verschollenen "Fit für 55"-Paket der EU zielte eigentlich auf Eisen, Stahl, Aluminium, Wasserstoff, Strom, Düngemittel, Zement oder daraus produzierte Vorprodukte und sollte Wettbewerbsnachteile heimischer Unternehmen, die vergleichbare Waren herstellen, ausgleichen. 2023 auf dem Höhepunkt der Regulierungsfreude der Kommission beschlossen, sollte die 53-seitige Verordnung (EU) 2023/956 vom Tag ihrer Veröffentlichung an "für in das Zollgebiet der Union aus Drittländern eingeführte Waren gelten". Lange Listen waren dazu erstellt worden, wer was anmelden muss, was als welche Ware gilt, wie das zu berechnen ist und wer das kontrolliert.
Die Idee nach dem Muster "ich muss dich bestrafen, um dich vor dir selbst zu beschützen" entpuppte sich erwartungsgemäß als bürokratisches Monster, dass die, die entlastet werden sollten, mit neuen Anmeldungs-, Statisktik und Überprüfungsroutinen überzog. Unmittelbar nach dem Inkrafttreten verhängte die EU ein Moratorium und verschob dern Start. Polen klagte vor dem EuGH gegen die Einführung. China und andere Staaten wandten sich an die internationale Handelsgerichtsbarkeit. Ärger liegt in der Luft.
Bürokratie gegen Bürokratie
Zugleich fiel den Müttern und Väter der Idee auf, dass die neue Klimaabgabe auf kohlenstoffintensive Importwaren nur mit einem enormen Aufwand eingezogen werden kann: Bei Grundstoffen wie Stahl oder Zement ist die Ermittlung der Emissionen pro Größeneinheit einfach, aber nur theoretisch. Aufgrund von Schwierigkeiten bei der einzelfallbezogenen Messung der CO2-Intensität der Produktion im Ausland müssen Durchschnittswerte je Produktmenge als Bemessungsgrundlage herangezogen werden - die aber verhindern wirksam jeden Anreiz zur Effizienzsteigerung. Sie bringen es zwangsläufig mit sich, dass neben der Belastung der Importe auch Exporte besteuert werden müssen, um den Verlust von Weltmarktanteilen zu vermeiden.
Bizarr: Die Einnahmen aus diesem Teil der Zuschläge würden dann als Rabatte an die Firmen zurückgegeben. Eine echte Europalösung, die steigende Kosten für produzierende Unternehmen mit völkerrechtlichen Bedenken kombiniert, den Freihandel behindert und nach ihrer endgültigen Umsetzung im Jahr 2026 dazu führen wird, dass andere Wirtschaftsräume sich mit ähnlichen Regeln revanchieren werden.
Unlösbare Probleme
Völkerrechtlich ist die Sache klar: Ein Importprodukt darf allen internationalen vereinbarungen nach nicht mit höheren Kosten belastet werden darf als ein gleichartiges in der EU produziertes Produkt. Zudem dürften gleichartige Produkte aus WTO-Staaten vor diesem Hintergrund nicht unterschiedlich behandelt werden, sei es mit oder ohne CO2-Bepreisung durch die EU. Dank der europäischen Logik unlösbare Probleme, die die EU deshalb auf ihre bekannte souveräne Weise vor sich herschiebt.
Noch ehe die neue Abgabe überall erhoben werden soll, teilte die Herrschaft in Brüssel mit, sie werde nun dem Großteil der Unternehmen in Europa die geplanten CO2-Grenzabgaben erlassen und die Masse der Importeure von CO2-Grenzabgabe befreien. Erfasst würden nach den neuen Plänen nur Firmen, die mehr als 50 Tonnen pro Jahr importieren - ein Beitrag der Kommission zum sogeannnten "Bürokratie-Abbau", der Ursula von der Leyen derzeit gemeinsam mit der Aufrüstung anstelle der Klimarettung als wichtigstes Thema gilt.
Aufgeschobene Abschottung
Aus Angst, dass die CO2-Grenzzölle europäische Firmen mehr noch als bisher ins Ausland treiben, schreckt die EU vor dem geplanten historischen Schritt zur Abschottung des Marktes für Aluminium, Zement, Strom, Düngemittel, Eisen, Stahl oder Wasserstoff zurück. Eine Rolle spielte hierbei wohl auch die Ankündigung des US-Präsidenten, dass er auch Fantasieabgaben wie die auf Kohlendioxid als Zölle begreife und mit Gegenzöllen beantworten werde.
Die Angst der Kommissare ist groß, eines Tages doch dafür verantwortlich gemacht zu werden, dass EU-Europa bereits seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr mit dem Wachstum der Weltwirtschaft Schritt halten kann. Derzeit kommt sie immer noch davon, denn Medien vermeiden es tunlichst, Zusammenhänge herzustellen, wo sie ins Auge springen. Und die strategisch erfahrene EU-Chefin weiß, dass sie nur vor der Lage bleiben muss, um Kritik zu verhindern: Wer regelmäßig neue Vorhaben ankündigt, neue Maßnahmen verhängt und neue, immer gigantischer Programme ankündigt, vermeidet zuverlässig, dass seine früher angekündigten Großreformen, Heldentaten und Wirtschaftsprognosen an der Wirklichkeit gemessen werden.
Mit der Temu-Abgabe löst sie die Aufgabe souverän, eimmer dann einfach irgendwo anders anzufangen, wenn man dort, wo man ist, nicht weiterkommt.
1 Kommentar:
Wie ich mir den Post so durch die Hirnwindungen durchschleichen lasse, tröpfelt die Lösung des dräuensten europäischen Willenskoalitiosnproblems an die Stirnlappen.
Der schnellste effizienteste und wirksamste Weg, Rußland im Ostfeldzug zu besiegen, wäre doch, dieses Land im Schnellverfahren in die EU aufzunehmen. Das ist hunderte Male besser als die Sanktionspaketkumulation und Trumps Strafzölle.
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