Freitag, 16. Mai 2025

Von der Leyens Löschvorliebe: Never change a winning trick

Traditionell verschwinden die Kurznachrichten von Ursula von der Leyen, sobald ein Dritter sie lesen will. Abb: Kümram, Öl auf Aktendeckel
Es war nichts mehr zu holen, als die Neugierde wuchs. Die Berateraffäre um möglicherweise windige Deals im Bundesverteidigungsministerium kochte seinerzeit mit Anlauf hoch, so hoch sogar, dass ein Bundestagsausschuss sich mit Vorwürfen wie unkorrekter Auftragsvergabe und Vetternwirtschaft im Verteidigungsministerium beschäftigte.

Doch als die Abgeordneten von Ministerin Ursula von der Leyen wissen wollten, welche Aufträge an externe Beratungsfirmen sie vielleicht per Handy-SMS besprochen oder sogar vergeben hatte, war keine Spur mehr zu finden. So leid es der Ministerin tat, im Zuge der Aufklärung waren die Daten ihrer Mobiltelefone bereits gelöscht worden.  

Sie wusste von nichts

Ohne Wissen der Frau, die sie benutzt hatte. "Ich habe beide Handys, die ich als Verteidigungsministerin verwendet habe, im Ministerium abgegeben", schwor Ursula von der Leyen. Die Frage, was mit ihnen passiert ist, müsse dort gestellt werden, sie habe von der Löschung nicht einmal Kenntnis gehabt. "Das weiß ich auch nur aus der Zeitung."

Eine glückliche Fügung, so schien es, bis sich herausstellte, dass die Frau aus Niedersachsen selbst entschieden hatte, was besser aus den Handyspeichern verschwinden sollte. Als das bekannt wurde, hatte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre lange als Kronprinzessin gehandelte Vertraute bereits in Sicherheit gebracht: Aus der glücklosen Verteidigungsministerin, unter deren Leitung die Bundeswehr weitere Reste noch vorhandener Kriegstüchtigkeit abbaute, wurde mit Hilfe einer Blitzrochade die neue Führerin Europas. 

Bärendienst für Europa

Ein "Bärendienst für die Demokratie", wie n-tv seinerzeit klagte, der allerdings verhinderte, dass wichtige Staatsorganen Schaden nahmen. Mochten Kritiker auch über das "falsche Signal" schimpfen, dass wer daheim seinen Laden nicht in den Griff bekomme, nun Europa fit für die Zukunft machen dürfe. 

Von der Leyen war die richtige Frau am richtigen Platz, einem Ort, weit weg von Berlin. Merkel war eine affärenbelastete Ministerin los, Europa konnte sich freuen, dass erstmals eine Frau an der Spitze der Brüsseler Behörde steht. Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron war glücklich, es nicht mit einer starken Persönlichkeit zu tun zu bekommen, sondern mit einer Frau, die froh sein musste, eine Anschlussverwendung gefunden zu haben, die weit, weit über der Nachnutzungsstufe liegt, die auf sie gewartet hätte, wäre irgendwann alles herausgekommen was an Beweisen vorsichtshalber "sicherheitsgelöscht" (BMVG) worden war.

Glanzstück der Kanzlerin

Ein strategisches Glanzstück der Kanzlerin, ein großer Schritt für die EU und eine Lehrstunde für die mit allen politischen Wassern gewaschene Christdemokratin. Die hatte anfangs noch behauptet, ihre Nachrichten seien leider durch die Unachtsamkeit eines Sacharbeiters gelöscht worden, obwohl die Ministeriumsmitarbeiter explizit darauf hingewiesen worden, dass die dienstlichen Kurznachrichten Beweismittel für den Untersuchungsausschuss in der Berateraffäre darstellen. 

Eine Ausrede, die trug, bis von der Leyen ihre Zelte in Berlin abgebrochen und ihr bescheidenes "25 Quadratmeter großes Zimmer" direkt neben ihrem Büro im Brüsseler Amtssitz Berlaymont bezogen hatte. Nach einem Umbau für 72.000 Euro - immerhin 2800 Euro pro Quadratmeter und damit fast so teuer wie der Neubau der opulenten Zentrale der EU-Grenzschutzagentur Frontex in Warschau.

Mutter der Gesundheitsunion

Von der Leyen saß die Kritik aus. Kaum war sie eingezogen in ihre Kemenate, kam Corona. Sie rief ungebeten die Gesundheitsunion mit dem Codenamen "Hera" aus, ein erstes wegweisendes Zeichen, wo es langgehen sollte. Danach folgten der Wiederaufbauplan und der Green Deal, allerlei Acts und Ansagen bis hin zur aktuellen Spar-, Rüstungs- und Investitionsunion.

Niemand sprach mehr von den verschwundenen SMS, keinen interessierten die gelöschten Daten und der Untersuchungsausschuss des Bundestags kam nach der Lektüre von 4.700 anderen Akten, 17 öffentlichen Beweisaufnahmesitzungen und der Einvernahme von 42 Zeuginnen und Zeugen zu den Vorgängen  zum Schluss, dass alles nicht so wild gewesen sei.

Gezielt vernichtet

FDP, Linke, Grüne und AfD hingegen gaben ein Sondervotum ab: Es seien zweifellos Beweismittel gezielt vernichtet worden, anschließend habe das Ministerium versucht, die Vernichtung als Irrtum zu vertuschen. Die Vorgänge im Ministerium, soweit sie dennoch hätten aufgeklärt werden können, erinnerten an Zustände wie bei Hempels unter Sofa mit freihändigen Vergaben, dienstpostenähnlichen Konstrukte und scheinselbstständigen Mitarbeitern, die über Hausausweise und Dienstadressen der Behörde verfügten. 

Was genau wie schief gegangen sei und wovon die Ministerin wusste, wissen man nicht, aber durch die ermittelten Rechtsverstöße sei "der öffentlichen Hand definitiv finanzieller Schaden entstanden".

Ihr größter Trick

Eine Lektion, die Ursula von der Leyen nicht vergessen hat. Auch Brüssel regiert sie mit Hilfe von Handynachrichten. Und das mit großem Erfolg: Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise ordert Ursula von der Leyen bei Pfizer-Chef Albert Bourla 1,8 Milliarden Dosen Corona-Impfstoff zum Preis von 35 Milliarden Euro. Der Vertrag wurde freihändig geschlossen und als großer Erfolg gefeiert. Das Verfahren erinnerte an die Abläufe im Verteidigungsministerium, aber weil es um die Rettung der europäischen Bürgerinnen und Bürger ging, beschwerte sich niemand, jedenfalls kein großes europäisches Medienhaus.

Bis auf die "New York Times". Die klagte und gewann. Der Europäische Gerichtshof ließ sich drei Jahren Zeit, entschied aber nun, dass die Weigerung der Kommission, die Chats herauszugeben, keine ausreichende Begründung habe (Az. T-36/23). Die EU hatte zuvor argumentiert, dass sie die Textnachrichten nicht finden könne, weil sie nie archiviert worden seien. Das genutzte Handy sei außer Dienst, es wisse nicht einmal jemand, wo es sich befinde.

Hypothesen und ungenaue Informationen

Am Ende überzeugte das die Richter nicht. Bei den Angaben handele es sich "Hypothesen oder ungenaue Informationen", dass es die Nachrichten gegeben habe, sei erwiesen, dass sie wie alle Dokumente aller EU-Organe hätten aufbewahrt werden müssen, stehe fest. Also müssten sie vorgelegt werden.

Dazu aber wird es nie kommen. Was weg ist, ist weg und was gelöscht ist, kann niemand mehr zeigen, selbst wenn das höchste Gericht es will und selbst die deutsche Presse nun danach verlangt.. Niemand weiß das besser als Ursula von der Leyen, die vermutlich genau aus diesem Grund am liebsten per SMS kommuniziert.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Und wenn irgendein Betrieb oder Selbständiger nicht jeden Arschwisch seiner Buchungen zehn Jahren lang vorzeigen kann, ist er dran.

Anonym hat gesagt…

OT
<<< Mit Weisband kann nie ein Spitzengespräch stattfinden. Ist unmöglich. >>>
Natürlich nicht! Mit ihrem Volksgenossen, dem großem Charmeur Pomaden-Michel, doch genauso wenig! Und so einigen anderen von der Sorte mehr ...

Was für Greueltaten übrigens? Der unprovozierte Überfall auf das engelgleiche Polen? Katyn?
Oder gar der Terrorluftangriff auf den Hafen von Bari ???
Nicht so viel Guido Bekloppt gucken! Da kriegt man Kopfmatz von.

Schon wahr: Vergleichen und gleichsetzen sind zweierlei.
Leugnen und bestreiten desgleichen.

Anonym hat gesagt…

sobald Bernd herrscht bekommt die Frow v.d.L ein Bundesberndhändy mit Ferndatenabfrage und wenn da was auffällt ( ergänzen Sie den Satz und denken Sie dabei an schlaue Mössaddmasznahmen